Lucia von Syrakus
Lucia (* um 283 in Syrakus, Italien; † 304 ebenda) ist eine frühchristliche geweihte Jungfrau und Märtyrin. Sie wird in der katholischen und der orthodoxen Kirche, den skandinavischen und amerikanischen lutherischen Kirchen und der evangelischen Kirche in Deutschland als Heilige verehrt, beziehungsweise als Glaubenszeugin in Erinnerung gerufen. Ihr Name Lucia bedeutet „die Leuchtende“, von lateinisch lux „Licht“. Die heilige Lucia gehört zu den Heiligen, die im Kanon des ersten Hochgebets genannt werden.
Leben
Eine Grabinschrift um 400 in der Katakombe San Giovanni in Syrakus und ihre Erwähnung in allen Martyrologien lassen es als sicher erscheinen, dass sie gelebt hat. Um 600 gab es bereits Luciaklöster in Syrakus und Rom.
Die frühesten Beschreibungen ihres Martyriums sind aus dem 5. oder 6. Jahrhundert erhalten und wurden mit zahlreichen Wundern ausgeschmückt. Nach diesen Quellen war Lucia die Tochter eines reichen römischen Bürgers von Syrakus, der jedoch früh starb. Ihre Mutter Eutychia wollte sie verheiraten, doch Lucia hatte die Jungfräulichkeit um Christi willen gelobt und schob die Verlobung hinaus. Als ihre Mutter schwer krank wurde, unternahm Lucia mit ihr eine Wallfahrt zum Grab der heiligen Agatha in Catania.[1] Dort wurde die Mutter von den Leiden des Blutflusses geheilt und stimmte dem Gelübde der Tochter, ein Leben als Jungfrau zu führen, zu.
Manche Fassungen der Legende berichten, dass Lucia ihrem Verlobten ihre ausgerissenen Augen geschickt hätte, und die Heilige Mutter Gottes ihr dafür noch schönere Augen zurückgegeben hätte. Lucias zurückgewiesener Bräutigam klagte sie wegen des Verkaufs des Erbteils beim Präfekten, dem die Diokletianische Christenverfolgung unterstand, als Christin an. Der Präfekt wollte sie in ein Bordell bringen lassen, doch nicht einmal ein Ochsengespann und 1000 Männer waren in der Lage, die gefesselte Lucia zu überstellen. Unbeschadet überstand sie auch das Wirken eines Zauberers, das Übergießen mit heißem Öl und die Folter mit Feuer.
Schließlich wurde Lucia ein Schwert in die Kehle getrieben. Sie starb jedoch erst, nachdem ihr eine Hostie durch einen Priester gereicht wurde.[2]
Reliquien
Ihre Reliquien sollen um 1038 nach Konstantinopel und von dort 1204 nach der Erstürmung und dreitägigen Plünderung der Stadt durch den venezianischen Dogen Enrico Dandolo, einen erbitterten Gegner des orthodoxen Byzanz, nach Venedig gebracht worden sein. Dort wurde sie zunächst in der Kirche Santa Lucia beigesetzt. 1860 wurde diese abgerissen, da man Platz für den Bahnhof Venezia Santa Lucia benötigte. Ihre Reliquien wurden in die nahegelegene Kirche San Geremia e Lucia umgebettet. 1955 ließ Angelo Roncalli, damals Patriarch von Venedig, später Papst Johannes XXIII., das Gesicht der Heiligen mit einer silbernen Maske bedecken, um es vor Staub zu schützen. 1981 wurden die Reliquien der Heiligen geraubt, konnten aber noch im gleichen Jahr wiederaufgefunden und in die Kirche zurückgebracht werden.
Nach anderen Berichten kamen die Reliquien Lucias Anfang des 8. Jahrhunderts nach Corfinum und 970 nach Metz.
Gedenktag
Der Gedenktag der heiligen Lucia ist der 13. Dezember. Er ist oft verbunden mit Lichtriten, mutmaßlich da er vor der gregorianischen Kalenderreform zeitweise auf die Wintersonnenwende fiel. Dementsprechend gibt es auch folgende Bauernregeln:
- An Sankt Lucia ist der Abend dem Morgen nah.
- Sankt Luzen tut den Tag stutzen.
Die Heilige wird bei Augenleiden, Blutfluss, Halsschmerzen und Ruhr angerufen. Sie ist die Patronin der Armen, der Blinden, reuigen Dirnen, der kranken Kinder und der Städte Syrakus und Venedig. Auch die Anwälte, Bauern, Elektriker, Glaser, Kutscher, Messerschmiede, Näherinnen, Pedelle, Polsterer, Sattler, Schneider, Schreiber und Weber haben sie zur Patronin.
In der Ikonographie wird die Heilige meist mit dem Schwert und dem Palmzweig (beides Attribute des Martyriums), dem Buch, einem Kranz aus Rosen oder einer Öllampe (beides Attribute der geweihten Jungfrauen) dargestellt, oft auch mit ihren ausgerissenen Augen, die sie in einer Schüssel trägt.
Auf der nach der Heiligen genannten Insel St. Lucia ist ihr Gedenktag ein gesetzlicher Feiertag.
Brauchtum
In Schweden und anderen nordischen Ländern ist das Luciafest am 13. Dezember ein fester Bestandteil des vorweihnachtlichen Brauchtums. Es ist geprägt vom Tragen weißer Gewänder und häuslichen Elementen wie traditionellem Gebäck und Gesang. Die Feierlichkeiten beginnen meist am Morgen in der Familie und setzen sich in Kindergärten, Schulen und am Arbeitsplatz fort.
Eine besondere schwedische Ausprägung des Festes lässt sich frühestens für das Mittelalter nachweisen. Aus dieser Zeit gibt es Berichte über Feierlichkeiten, mit denen die Landbevölkerung das Ende der vorweihnachtlichen landwirtschaftlichen Arbeiten und den Beginn des Weihnachtsfastens beging. Zu einem landesweiten Brauch entwickelte sich das Luciafest dagegen erst in den letzten hundert Jahren. Ende des 19. Jahrhunderts griff das Stockholmer Freilichtmuseum Skansen die westschwedischen Luciatraditionen auf, um sie für kommende Generationen zu bewahren. In der Folge fand das Luciafest einen festen Platz im schwedischen Brauchtum.
In Kroatien wird am Gedenktag der hl. Lucia traditionell ein wenig Weizen in einer Schale ausgesät. Der Luzienweizen grünt bis zum Weihnachtsfest und steht als Symbol für das neue Leben und die Hoffnung inmitten des Winters. Manchmal wird der Weizen mit einem Band in den kroatischen Nationalfarben (rot, weiß und blau) umfasst. Teilweise werden ein Apfel oder eine Kerze in der Mitte des Weizens aufgestellt. Nach den Feiertagen wird das Getreide nicht weggeworfen, sondern an Vögel gegeben.
In der oberbayerischen Kreisstadt Fürstenfeldbruck wird jährlich am 13. Dezember das sogenannte Lucienhäuschenschwimmen durchgeführt. Dabei werden über hundert, von Schülern gebastelte schwimmfähige Gebäudenachbildungen mit brennenden Kerzen als Beleuchtung bei Einbruch der Dunkelheit der Strömung der Amper überlassen.
In manchen Gegenden Bayerns, zum Beispiel in der nördlichen Oberpfalz, im Landkreis Wunsiedel in Oberfranken und in der Gegend von Eichstätt und Ingolstadt wurde der Name der Lucia mit heidnischen Perchtengestalten verbunden. Als „Luzie“, „Heuluzi“ oder „Luz“ trat Lucia hier bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts als vorweihnachtliche Kinderschreckfigur auf, ähnlich der Specht.[3][4]
Literatur
- Ottavio Garana: Santa Lucia di Siracusa. Siracusa, 1955.
- Sigebert von Gembloux, Tino Licht (Hrsg.): Acta Sanctae Luciae, In: Editiones Heidelbergenses Band 34, Winter, Heidelberg 2008, ISBN 978-3-8253-5368-1 (deutsch/lateinisch).
- Maria-Barbara von Stritzky: Lexikon der Heiligen und der Heiligenverehrung. In: Lexikon für Theologie und Kirche kompakt Band 2. Herder, Freiburg im Breisgau 2003, ISBN 3-451-28190-2.
- Otto Wimmer, Hartmann Melzer, Josef Gelmi (Bearb.): Lexikon der Namen und Heiligen. Nikol, Hamburg 2002 (Erstausgabe bei Tyrolia Innsbruck 1956), ISBN 3-933203-63-5.
- Ekkart Sauser: Lucia. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 21, Bautz, Nordhausen 2003, ISBN 3-88309-110-3, Sp. 854–856.
- St. Lucia. In: Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik, G. Joseph Manz, 1854 (Wikisource).
Weblinks
- Auszug aus einem Buch von Belski Lagazzi.
- Manfred Becker-Huberti: Lexikonartikel über Lucia.
- Eintrag im Ökumenischen Heiligenlexikon.
- Josef Tutsch: Wie eine Heilige zum Kinderschreck wurde. Sankt Lucia und ihr Festtag am 13. Dezember. In: Scienzz, 12. Dezember 2009.
Einzelnachweise
- Hiltgart L. Keller: Lexikon der Heiligen und biblischen Gestalten. 11. Auflage. Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart 2010, S. 398.
- Hiltgart L. Keller: Lexikon der Heiligen und biblischen Gestalten. 11. Auflage. Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart 2010, S. 398–399.
- Erich Straßner: Berchtengestalten in Ostfranken. Sonderdruck aus Jahrbuch für fränkische Landesforschung, Band 24, Jahrgang 1964.
- Harald Fähnrich über Luz und Specht auf onetz.de.