Louis Cardinaux
Louis Cardinaux (* 16. Mai 1859 in Freiburg; † 11. Mai 1914 daselbst) war ein Schweizer Politiker und Staatsrat des Kantons Freiburg.
Er war katholisch und von Châtel-Saint-Denis. Seine Eltern waren Vincent Cardinaux, Anwalt, Präsident des Bezirksgerichts Saane und Grossrat, und Anne Marie geb. Burdel. Er heiratete Marie Bourquenoud, Tochter des Jean, Grossbauern in Vaulruz.
Nach dem Besuch des Kollegiums St. Michael und des Benediktinerkollegiums in Sarnen (OW) studierte er an der Rechtsschule in Freiburg (1879–1881). Anschliessend arbeitete er als Sekretär der Justizdirektion (1881–1885) und als Schreiber am Bezirksgericht See (1885–1890), bevor er als Präsident des Bezirksgerichts Saane tätig war (1890–1894). Das Jahr 1890 war auch für seine politische Karriere wichtig, da er bei den Ersatzwahlen vom 6. März als Abgeordneter des Saanebezirks in den Grossen Rat gewählt wurde. Im folgenden Jahr wurde er Ersatzrichter am Kantonsgericht.
Am 19. Mai 1894 wurde er als Nachfolger des zurückgetretenen Alfred Chassot in den Staatsrat gewählt. Nach einer Neuverteilung der Direktionen wurde ihm die Baudirektion übertragen, die er während 20 Jahren (1894–1914) leitete. Im Staatsrat setzte er sich rasch durch, um Georges Pythons rechte Hand zu werden. 1904 und 1911 war er Staatsratspräsident. Gleichsam als Baumeister des Regimes setzte er die grossen Vorhaben der «Christlichen Republik» um. Überzeugt, dass der wirtschaftliche Aufschwung und die Modernisierung des Kantons durch die Entwicklung des Verkehrs und die Nutzung der Wasserkraft gefördert würden, konzentrierte er seine politische Tätigkeit auf diese Bereiche. 1902 profitierte er von der Neuverteilung der Departemente, um die Baudirektion zu modernisieren.
Sein Engagement für die Entwicklung des Verkehrs stand in der Nachfolge der von seinem Vorgänger Alphonse Théraulaz in Gang gesetzten Politik. In einem schwierigeren finanziellen Umfeld trieb er zunächst die Verbesserung und Verdichtung des kantonalen Strassennetzes voran. Unter seiner Verantwortung fanden die grossen Strassenbauarbeiten in der Stadt statt, wie die Pérollesallee und die Alpenstrasse oder die Planung der Pérollesbrücke, wobei es zu gelegentlich heftigen Auseinandersetzungen mit den städtischen Behörden kam.
Im Eisenbahnbereich spielte Cardinaux eine Hauptrolle in der Entwicklung und Planung des Streckennetzes. Gegen unterschiedliche regionale Interessen und zahlreiche Konzessionsgesuche setzte er seine eigenen Ansichten durch, indem er die Strecke Freiburg–Murten–Ins unterstützte (er war bereits vor seiner Wahl zum Staatsrat einer ihrer Initianten) und die Elektrifizierung des Greyerzer Streckennetzes an die Hand nahm.
Diese zweite Achse seiner politischen Tätigkeit galt der Entwicklung der Elektrizitätswerke. Dieser Bereich war umso wichtiger, als die Elektrizität den wirtschaftlichen Aufschwung des Kantons und die von ihr erzeugten Einkünfte die Finanzierung der Universität, Pythons Hauptanliegen, sicherstellen sollten. Die Hauptetappen waren der Bau des Werkes Thusy-Hauterive (Inbetriebnahme 1902), die Modernisierung des Werkes Magere Au und der Bau des Ölberg-Werkes (Inbetriebnahme 1910). Auf kantonaler Ebene führten Cardinaux’ Bemühungen um die Erweiterung und Zusammenlegung der Wasserkraftwerke zur Gründung der Freiburgischen Elektrizitätswerke (FEW), die 1915, ein Jahr nach seinem Tod, stattfand.
Seine Tätigkeitsbereiche überschritten die Befugnisse seiner Direktion. Als Pythons rechte Hand war er für die Entwicklung der «Christlichen Republik» und die Umsetzung der Projekte seines Chefs zuständig. 1913 wurden Python und Cardinaux in einer Motion von Emile Gross, Grossrat des Seebezirks, angegriffen, der ihre Machenschaften und ihre Verwicklung in die Skandale der Staatsbank anprangerte und ihren Rücktritt forderte.
Louis Cardinaux sass ebenfalls im Ständerat (1898–1914), in dem er die Interessen des Kantons Freiburg gegen zentralisierende Begehrlichkeiten, insbesondere im Eisenbahnsektor, verteidigte. Im Militär war er von 1887 bis 1895 Kommandant des Bataillons 14.
Er gehörte den Verwaltungsräten zahlreicher staatlicher Regiebetriebe oder Gesellschaften an, die mit öffentlichen Geldern finanziert wurden: Tilgungskasse der Staatsschuld, Staatsbank, Greyerzer Eisenbahnen, Freiburg–Murten–Ins und Dampfschifffahrtsgesellschaft des Neuenburger- und Murtensees, deren Vorstand er präsidierte.
Von Krankheit geschwächt, starb Louis Cardinaux am 11. Mai 1914 im Alter von 55 Jahren. Er war der zweite Staatsrat, der – einige Wochen nach Stanislas Aeby – in Ausübung seines Amtes aus dem Leben gerissen wurde. Seine Nachfolge, die in einem unruhigen politischen Umfeld stattfand, stand im Zeichen des Kampfes zwischen Python- und Musy-Anhängern. Die Wahl von Joseph Chuard führte zu einem Wechsel der Regierungsmehrheit zugunsten von Jean-Marie Musy.
Literatur
- Georges Andrey, John Clerc, Jean-Pierre Dorand et Nicolas Gex: Der Freiburger Staatsrat: 1848–2011. Geschichte, Organisation, Mitglieder. Editions La Sarine, Freiburg 2012, ISBN 978-2-88355-153-4.