Georges Python
Georges Python (* 10. September 1856 in Portalban; † 10. Januar 1927 in Fillistorf) war ein Schweizer Politiker (CVP), der lange Zeit die Politik in Stadt und Kanton Freiburg in katholisch-konservativem Sinne prägte.
Leben und Wirken
Georges Python war streng katholisch und stammte aus dem Broyebezirk. Seine Eltern waren Auguste, Landwirt, Ammann, dann Gemeindeschreiber, und Elisabeth geb. de Castella de Delley. 1889 heiratete er Marie-Elisabeth, Tochter des Louis de Wuilleret, Gross- und Nationalrat, Anführer der Freiburger Konservativen. Damit verschwägerte er sich mit einer der einflussreichen konservativen Familien der Stadt Freiburg. Er wurde Schwager von Charles de Wuilleret (Oberamtmann des Saanebezirks und Nationalrat) und Paul Aeby (Nationalrat und Stadtammann von Freiburg). Sein Sohn José wurde ebenfalls Staatsrat (1951–1966).
Nach dem Besuch des Kollegiums in Schwyz und des Kollegiums St. Michael studierte Georges Python an der Rechtsakademie in Freiburg (1876–1878). Seit Beginn seiner politischen Karriere von Chorherrn Schorderet unterstützt, war er Mitglied des «Cercle catholique» (1876) und Zentralpräsident des Schweizerischen Studentenvereins (1879–1880). Nach einem Praktikum in der Kanzlei seines zukünftigen Schwiegervaters erhielt er das Anwaltspatent (1879). Er war Präsident des Bezirksgerichts Saane (1881–1886) und unterrichtete an der Rechtsakademie (1883–1886). Seine politische Karriere begann mit seinem Einzug in den Grossen Rat als Abgeordneter des Broyebezirks in den Wahlen von 1881, die den Sieg der ultramontanen Konservativen besiegelten. Er blieb Grossrat bis 1921, als die Ämterhäufung verboten wurde. Im Militär bekleidete er zuletzt den Rang eines Hauptmanns.
Am 7. September 1886 wurde Georges Python in den Staatsrat gewählt und übernahm die Erziehungsdirektion (Kultusministerium), die er bis zu seinem Tod im Jahr 1927 leitete. Während dieser 41 Jahre war er viermal, 1895, 1903, 1908 und 1914, Präsident der Regierung. Im Dienst des Ideals eines katholisch-konservativen Staats war er der – eine Zeitlang unbestrittene – Führer der von ihm begründeten «Christlichen Republik», die er mit Autorität regierte.
Pythons erste und visionäre Idee war die Gründung einer Universität. Diese sollte schweiz- und europaweite Ausstrahlung haben und als Bollwerk gegen die moderne Wissenschaftsgläubigkeit Eliten ausbilden, die das Volk vor den Gefahren der Moderne schützen sollten. Um ein solches Projekt in einem ländlichen Kanton mit beschränkten Finanzmitteln zu verwirklichen, plante er, die Hochschule ohne Steuergelder zu finanzieren und mit besonderen Einkünften auszustatten. Dazu erwarb er die Wasser- und Forstgesellschaft (1888, ab 1915 FEW), die dem Staat Erträge aus einem Energiemonopol sicherte, und gründete eine kantonale Bank (1892), die der Alma Mater ein jährliches Einkommen brachte. Parallel zu diesen Staatsbetrieben traf er eine Reihe von finanziellen Arrangements und beteiligte sich an verschiedenen Unternehmen, die sich als defizitär erwiesen. Die Kosten der Universität verstärkten den Widerstand gegen das Regime, und die Affären, die 1912 ans Tageslicht kamen, liessen Pythons Stern verblassen, während Jean-Marie Musy an Macht gewann. Opfer eines Schlaganfalls im Jahr 1912 und der internen Parteizwistigkeiten müde, zog sich Python allmählich zurück, ohne sein Mandat aufzugeben. Auch wenn er in den Wahlen von 1921 und 1926 auf dem letzten Platz landete, zeigten diese dennoch das Ansehen, das er weiterhin im Volk genoss.
Die 1889 gegründete Universität Freiburg bildete den Eckstein des Regimes. Die nach der Rechtswissenschaftlichen, der Philosophischen (1889) und der Theologischen Fakultät (1890) eingerichtete Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät hatte die industrielle Entwicklung des Kantons zu unterstützen. Das Projekt einer Medizinischen Fakultät rückte die Frage eines Kantonsspitals in den Vordergrund, das schliesslich 1920 in Gambach und Pérolles errichtet wurde. Die zentrale Rolle, welche die Erziehungsdirektion spielte, und das Charisma ihres Direktors erlaubten Python, seinen Einfluss in allen Bereichen der Politik geltend zu machen.
Schon als Grossrat und Kommissionssprecher nahm Python an der Erarbeitung des Gesetzes über den Primarunterricht (1884) teil. Als Erziehungsdirektor richtete eine Lehrmittelzentrale ein (1889) und setzte sich für die Verbesserung der Ausbildung und Besoldung des Lehrkörpers ein. Mit dem neuen Primarschulgesetz ging ihm nicht allein darum, das Niveau des Primarunterrichts anzuheben, das sich im interkantonalen Vergleich als ungenügend erwiesen hatte, sondern auch darum, im Schulwesen die liberalen Strömungen etwa im Murtenbiet und im Greyerzerland zu unterbinden. Auf Sekundarstufe förderte er die Gründung eines kantonalen Lyzeums für Mädchen (1909). Seine Aufmerksamkeit richtete sich auch auf den Berufsunterricht, der eigentlich Sache der Direktion des Innern war, um einerseits die Landwirtschaft zu fördern (Käsereischule 1888, landwirtschaftliche Winterkurse, aus denen 1900 die Landwirtschaftsschule hervorging), anderseits diejenigen Industriezüge zu begünstigen, die tendenziell konservativ gesinnt waren (Gesetz über die Gewerbeschule oder das Technikum 1903). Im Weiteren wurden der Hauswirtschaftsunterricht für Mädchen für obligatorisch erklärt (1904) sowie eine höhere Handelsschule für Mädchen (1905) und eine Krankenschwesternschule (1913) gegründet.
In Bern sass Python nach den Parlamentswahlen 1884 bis 1893 im Nationalrat. Dort erwies er sich als einflussreicher Parlamentarier. Insbesondere im Eisenbahnbereich mit dem Kauf der Schweizerischen Centralbahn (1891) und im Unterrichtswesen mit seinem Eingreifen in die Diskussion der Primarschulsubventionen (1902) trat er als überzeugter Föderalist auf. Im Ständerat, dem er von 1896 bis 1920 angehörte, war er an der Erarbeitung des Gesetzes über die Krankenversicherungen und Unfälle (1900) beteiligt. Auf Verfassungsebene unterstützte er die Initiativen für eine Volkswahl des Bundesrats (1900) und für die Einführung des Proporzsystems bei den Nationalratswahlen (1900), um seiner Partei eine grössere Vertretung auf Bundesebene zu ermöglichen; auf kantonaler Ebene lehnte er dieses System allerdings ab, da es dort eine Verschlechterung der Situation für die eigene Partei bedeutet hätte. 1915 war er Ständeratspräsident.
Mit der Universität und den anderen Institutionen schuf Python einige Pfeiler des wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Lebens des Kantons. Die Kosten dieser Modernisierung belasteten allerdings das Budget und die spätere Entwicklung des Kantons. Der Vorrang, welcher der traditionellen Wirtschaft eingeräumt wurde – aus Überzeugung und aus Furcht vor dem Sozialismus, der in einer städtischen Industriearbeiterschaft an Gewicht gewinnen könnte –, verzögerte Freiburgs echten industriellen Aufschwung.
Als Vertreter des Sozialkatholizismus beteiligte sich Python mit der Union de Fribourg an der Vorbereitung der Sozialenzyklika Rerum Novarum.[1]
Gedenken
Um den zu seinem hundertsten Geburtstag 1956 als «zweiten Gründer Freiburgs» bezeichneten Politiker entstand ein eigentlicher Erinnerungskult: In der Stadt Freiburg ist der Hauptplatz nach ihm benannt, in der Kapelle von Posieux ist er mit einem Fresko verewigt (1924) und im Chor der Freiburger Kathedrale St. Nikolaus mit einem Fenster (1936). Während die Skandale und die Aneignung des Staatsapparats lange vergessen blieben, erinnerte man sich vor allem an die Erfolge seines Interventionismus und an die Errungenschaften, die physisch wie geistig den Erfolg des Regimes belegten.
Literatur
- Georges Andrey, John Clerc, Jean-Pierre Dorand et Nicolas Gex: Der Freiburger Staatsrat: 1848–2011. Geschichte, Organisation, Mitglieder. Editions La Sarine, Freiburg 2012, ISBN 978-2-88355-153-4.
- Pierre-Philippe Bugnard: Python, Georges. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
Fußnoten
- Francis Python: Die «Union de Fribourg». In: Nicolas Michel (Hrsg.): Rerum Novarum 1891–1991. Cent ans d'enseignement social chrétien / Hundert Jahre Christliche Soziallehre. Universität Freiburg (Schweiz), Fribourg 1991, S. 15–16, hier S. 16.