Joseph Chuard
Joseph Chuard (* 20. Mai 1870 in Cugy FR, Broyebezirk; † 8. Februar 1935 in Zürich) war ein Schweizer Politiker und Staatsrat des Kantons Freiburg.
Leben und Wirken
Er war katholisch und von Cugy. Seine Eltern waren Alphonse Chuard, Landwirt, und Marie Louise geb. Berchier. Er heiratete Maria Agathe Ducotterd.
Nachdem Joseph Chuard zwei Jahre lang das Lehrerseminar Hauterive besucht hatte (1884–1886), wechselte er in die Technische Abteilung des Kollegiums St. Michael (1887–1890). Anschliessend studierte er an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich, wo er 1894 sein Zivilingenieurdiplom erlangte und anschliessend als Assistent tätig war. Er durchlief eine erfolgreiche Karriere in der schweizerischen, französischen und deutschen Privatwirtschaft und erwarb Ingenieur- und Verwaltungskenntnisse in mehreren Eisenbahn- und Bauunternehmen. In Frankfurt gründete und leitete er 14 Jahre lang die florierende Frankfurter Betonbaugesellschaft, eines der ersten Unternehmen, das sich auf die Verwendung von Stahlbeton spezialisierte.
1912 kehrte er nach Freiburg zurück, da er zum Generalinspektor für Hoch- und Tiefbau ernannt wurde. Er trat das Amt am 1. April 1913 an. Ab Ende 1913 leitete er zudem die industriellen Betriebe des Kantons Freiburg. Allerdings konnte er seine Ämter nicht lange ausüben, da er 1914 als Nachfolger seines plötzlich verstorbenen Chefs Louis Cardinaux in den Staatsrat gewählt wurde.
Chuards Wahl fiel in die bewegte Zeit des Machtkampfes zwischen Georges Python und Jean-Marie Musy. Zunächst von Python unterstützt, doch dann zugunsten des Freiburger Stadtammanns Ernest de Weck fallen gelassen, blieb Chuard dennoch Kandidat. Bei der Wahl am 30. Mai 1914 erhielten Chuard und Weck gleich viele Stimmen. Da Chuard zwar nicht über die Mehrheit der konservativen Stimmen verfügte, doch auf die Unterstützung der Freisinnigen zählen konnte, erhielt er im zweiten Wahlgang 55 von 107 Stimmen. Die Wahl zeugte von der Uneinigkeit der Konservativen und bestätigte die Machtzunahme Musys innerhalb des Staatsrats.
Chuard hatte die schwierige Aufgabe, die Baudirektion in den Kriegsjahren und zu einem Zeitpunkt zu leiten, da es um die Staatsfinanzen schlecht bestellt war. In diesem Umfeld förderte er die Erneuerung der durch die Erhöhung des Automobilverkehrs beschädigten Kantonsstrassen und förderte die Projekte der Pérolles- und der Zähringerbrücke, die unter seinem Nachfolger Victor Buchs verwirklicht wurden. Da er sich der Bedeutung der Wasserkraftwerke für den Kanton und der Ertragsschwäche der bestehenden Anlagen bewusst war, setzte er sich 1915 für die Gründung der Freiburgischen Elektrizitätswerke (FEW) und 1918 für den Bau der Staumauer von Montsalvens ein. Im gleichen Jahr war er Staatsratspräsident.
Aufgrund seines Amtes und seiner Kenntnisse wurde er Mitglied zahlreicher Verwaltungsräte, Vorstände oder Kommissionen im Verkehrs- und Energiebereich auf kantonaler (FEW, Eisenbahngesellschaft Freiburg–Murten–Ins usw.) und schweizerischer Ebene (Eidgenössische Kommission für elektrische Anlagen, SBB usw.). Zudem war er Mitglied des Aufsichtsrats des Technikums und des ETH-Rats, dessen Vizepräsident er 1927 wurde. 1915 nahm er als Vertreter des Saanebezirks Einsitz im Grossen Rat.
Am 30. Juni 1919 trat Chuard als Staatsrat und Grossrat zurück, da er in die Direktion der Elektrobank in Zürich berufen wurde, eines wichtigen Instituts, das elektrische Betriebe in Europa und den Vereinigten Staaten finanzierte. Am 8. Februar 1935 starb er in Zürich, als man ihn zum Generaldirektor der Bank ernennen wollte.
Literatur
- Georges Andrey, John Clerc, Jean-Pierre Dorand et Nicolas Gex: Der Freiburger Staatsrat: 1848–2011. Geschichte, Organisation, Mitglieder. Editions La Sarine, Freiburg 2012, ISBN 978-2-88355-153-4.