Lorettobad
Das Lorettobad, kurz Lollo, am Fuße des Lorettobergs im Stadtteil Wiehre der Stadt Freiburg im Breisgau ist das älteste Familienfreibad Deutschlands.[1] Bei seiner Eröffnung 1841 war es das erste Schwimmbad der Stadt.[2] Besonderheit ist eine teilweise Geschlechtertrennung in den Badebereichen. So gibt es voneinander völlig abgetrennt ein reines Damenbad, aber auch ein Familienbad. Es ist das einzige Schwimmbad in Deutschland, das noch ein separates Damenbad hat.[3][1]
Geschichte
Das Lorettobad wurde als Kaltes Flussbad durch Johann Nepomuk Stadler gegründet. Rund dreißig Jahre später übergab er es seinem Schwiegersohn Oskar Heim. Zuerst war das Schwimmbad ein „Herren- und Gartenbad“, also ausschließlich für Männer zugänglich. Das Wasser für das Schwimmbad kam damals direkt aus dem Hölderlebach, der heute noch durch das Bad fließt. Das kalte Wasser des Bachs wurde durch ein Vorwärmebecken auf natürlichem Weg erwärmt.
Als Ende des 19. Jahrhunderts einige Bäder auch Frauenabteilungen einrichteten, in denen die Damen sich erfrischten, kam 1886 das Damenbad hinzu. Der bis heute männerfreie Bereich ist von allen Seiten von Mauern, Hecken und Umkleidekabinen umgeben. Um 1886 konnten die meisten Damen noch nicht schwimmen, das musste durch diese neue Mode erst allgemein erlernt werden.
Nach dem Tod Heims erwarb die Stadt Freiburg das Schwimmbad, das im Winter als Eisweiher mit Kühlhaus genutzt wurde. Während des Ersten Weltkrieges übernahm das Reichsheer die Regie im Bad, das während dieser Zeit für den öffentlichen Badebetrieb nicht mehr zugänglich war. Ab 1920 wurde es dem Schwimm- und Sportverein verpachtet. Streitigkeiten entstanden mit der Gemeinde Günterstal, die Abwässer ihrer Häuser und Ställe in den Hölderlebach leitete. Dieses Problem wurde später dadurch behoben, dass ein eigener Tiefbrunnen für das Lorettobad gebohrt wurde. 1926 übernahm die Stadt Freiburg den Betrieb des Bades wieder unter eigener Leitung. Vermutlich 1940 wurde das Herrenbad nach heftig geführten Diskussionen, Bürgerinitiativen und Unterschriftenaktionen in ein Familienbad umgewandelt. Das Damenbad blieb weiterhin bestehen. Während der Zeit des Nationalsozialismus war die Fähnlein-Gruppe Preußen der Hitlerjugend im Bad einquartiert.
1945 und von 1948 bis 1951 war das Bad von der Militärregierung beschlagnahmt und für die deutsche Zivilbevölkerung gesperrt. Ab 1952 durfte die Freiburger Bevölkerung wieder ins Lorettobad.
In den 1960er Jahren wurden Pläne entwickelt, auf dem Gelände des Bades ein zehnstöckiges Gebäude für das angrenzende Loretto-Krankenhaus zu errichten, die jedoch verworfen wurden.
Um die Edelstahlbecken zu schützen, bleibt ganzjährig das Wasser in den Becken. Das führte dazu, dass im Sommer 2020, als das Bad wegen der COVID-19-Pandemie geschlossen blieb, das Wasser einem Biotop glich und von Insekten, Vögeln und zum Teil auch Amphibien genutzt wurde. Die Umwälzung und Chlorung des Wassers wird bei Nichtbenutzung sowohl ökonomisch wie ökologisch nicht als sinnvoll angesehen. Auch die Sorge, dass sich die Asiatische Tigermücke ansiedeln könnte, wurde von Fachleuten zerstreut, da sich im Wasser auch deren Antagonisten befänden.[4]
Geschlechtertrennung
Die Geschlechtertrennung wurde im Laufe der Jahrzehnte überall aufgehoben, im Lorettobad jedoch nicht. 1980 erhob ein Jura-Student Klage gegen diese räumliche Trennung, sie verlief jedoch erfolglos, zumal es direkt nebenan ein großes Bad für die ganze Familie gibt.[5] Die Begründung des Gerichts lautete: „Laut §10 der Gemeindeordnung, nach dem öffentliche Einrichtungen ihrer Widmung entsprechend genutzt werden, verstößt das Verbot für Herren, das Damenbad des Lorettobades zu benutzen, nicht gegen das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes“.[6]
Im Jahr 1999 wurde das Damenbad komplett renoviert, seitdem nutzen es erheblich mehr weibliche Badende als zuvor.
Die knapp 125 Jahre alten Einzelkabinen des Damenbereiches können pro Saison angemietet werden, stehen dann also vier Monate individuell zur Verfügung. Einzig ein männlicher Bademeister darf das Damenbad betreten. Ab den 1970er Jahren hatten Frauen erkämpft, sich auch oben ohne sonnen zu können.[7]
Während der ein paar mal im Jahr vom Förderverein der Freunde des Lorettobades organisierten, öffentlichen Konzerte im Jahr ist auch männlichen Gästen der Zutritt ins Damenbad erlaubt. Am Haupteingang hängen dann Warnschilder: „Männer im Damenbad“![1]
Seit viele orthodoxe Muslima aus dem Elsass das Frauenbad entdeckt haben, gibt es Differenzen zwischen diesen und den alteingesessenen Freiburgerinnen, so dass es 2016 und 2017 schon zu Polizeieinsätzen kam. Weder durch klarer formulierte Schwimmbadregeln, noch durch eine gescheiterte Petition gegen männliche Bademeister hatte sich an den Konflikten was geändert.[8]
Angebot
Da das Bad nicht beheizt wird, ist es nur in der Sommerzeit von Mai bis September geöffnet.
Familienbad
- 25-Meter-Schwimmbecken mit Nichtschwimmer-Bereich
- Kinder-Planschbecken mit Wasserpilz und Sonnensegel
- Große Liege- und Spielwiese
- Wasserrutsche für Kinder
- Sand- und Matschplatz
- Liegestühle
- Kiosk
- Tischtennisplatz
- Großes Schachspiel
Damenbad
- 25-Meter-Schwimmbecken mit Nichtschwimmer-Bereich
- Kinder-Planschbecken mit Wasserpilz
- Liegewiese
- Liegestühle
Kunst
Am 14. Juni 2021 wurde im Eingangsbereich des Bades die Holzskulptur Loretta – von Keuschheit und Begehren von Thomas Rees aufgestellt. Mit Syrinx und Pan zeigte sie Figuren aus der griechischen Mythologie und löste in verschiedenen Medien, wegen der „idealisierten“ Darstellung einer nackten Frau einen Shitstorm mit Sexismus-Vorwürfen aus und wurde schließlich verunstaltet. Gestiftet wurde sie vom Verein der Freunde des Lorettobades.[9][10][11][12][13] Die Freiburger Kunstkommission wurde nicht hinzugezogen, was nach der Satzung aber hätte erfolgen müssen.[14][15] Etwa zehn Tage nachdem die Skulptur eingeweiht wurde hatte Rees angeboten, die umstrittene Loretta zurückzunehmen. Die Stadt nahm das Angebot an.[16] Am 6. Juli wurde die Skulptur abgebaut. Ein Unternehmer aus dem Großraum Stuttgart hatte sie erworben.[17][18]
Literatur
- 150 Jahre Lorettobad, Festschrift, Bürgerverein Mittel- und Unterwiehre e.V., Freiburg 1992.
- Silvia Cavallucci: Sommer, Sonne, Damenbad. Eine Reise durch Deutschlands einziges Freibad nur für Frauen. Lavori Verlag, Freiburg/Breisgau 2010.
Einzelnachweise
- Thomas Fricker: Freiburg: 50 Mal Freiburg : Lorettobad: Einmal ein Konzert im Damenbad erleben, Badische Zeitung, 18. August 2010, abgerufen am 14. Dezember 2012
- Adolf Poinsignon: Geschichtliche Ortsbeschreibung der Stadt Freiburg im Breisgau Rombach, Freiburg im Breisgau 1978, ISBN 3-7930-0105-9, S. 70
- Baden mit Stil auf: familienkultour.de
- Jelka Louisa Beule: Das Wasser im Lorettobad hat sich in eine grüne Brühe verwandelt. Badische Zeitung, 15. August 2020, abgerufen am 17. August 2020.
- Wir sind so frei auf: zeit.de
- Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg am 15. Januar 1980, Aktenzeichen VS IV 86/78
- Stephanie Streif: Liebe & Familie: Im Lorettobad können Frauen entspannen – auch Musliminnen, Badische Zeitung, 25. Juli 2011, abgerufen am 14. Dezember 2012
- Julia Littmann: Petition zum Lollo scheitert - Freiburg - Badische Zeitung. Badische Zeitung, 18. August 2017, abgerufen am 18. August 2017.
- Maria-Xenia Hardt: 1000 Zeichen Hass: Holzskulptur Loretta im Lorettobad. In: Fudder.de. Badische Zeitung, 16. Juni 2021, abgerufen am 16. Juni 2021.
- BZ-Redaktion: Neue Holzskulptur "Loretta" ziert Freiburgs Lorettobad. Badische Zeitung, 15. Juni 2021, abgerufen am 16. Juni 2021.
- Peter Disch: Shitstorm mit Ansage: Die Sexismus-Debatte um die Freiburger "Loretta". Badische Zeitung, 17. Juni 2021, abgerufen am 18. Juni 2021.
- Uwe Mauch: Unbekannte bekleben umstrittene Holzskulptur im Freiburger Lorettobad. Badische Zeitung, 18. Juni 2021, abgerufen am 19. Juni 2021.
- Peter Disch: Der Bildhauer verteidigt seine umstrittene "Loretta"-Skulptur. Badische Zeitung, 21. Juni 2021, abgerufen am 22. Juni 2021.
- Peter Disch & René Zipperlen: Für Loretta wird nach einer einvernehmlichen Lösung gesucht. Badische Zeitung, 23. Juni 2021, abgerufen am 24. Juni 2021.
- „Loretta“ – von Keuschheit und Begehren – thomas rees – home. Abgerufen am 25. Juni 2021.
- BZ-Redaktion: Die umstrittene "Loretta"-Skulptur in Freiburg wird abgebaut. Badische Zeitung, 25. Juni 2021, abgerufen am 26. Juni 2021.
- Peter Disch: Unternehmer kauft Loretta für ein Vielfaches des eigentlichen Preises. Badische Zeitung, 6. Juli 2021, abgerufen am 7. Juli 2021.
- Jessica Hans, Matthias Schlott: Streit um Loretta-Skulptur. In: SWR Aktuell. SWR, 28. Juni 2021, abgerufen am 7. Juli 2021.
Weblinks
- Freundes des Lorettobades e.V.
- Lorettobad auf: badeninfreiburg.de
- Lorettobad Freiburg auf: alemannische-seiten.de
- Lorettobad auf: schwimmbadverzeichnis.de