Liberland
Die Freie Republik Liberland (tschechisch Svobodná Republika Liberland, englisch Free Republic of Liberland) ist ein international nicht anerkannter Scheinstaat, der auf einem unbewohnten Stück Land an der Donau liegen soll. Das Gebiet wird zwar von Kroatien verwaltet, aber als serbisches Staatsgebiet ausgewiesen. Serbien erklärte, das Gebiet gehöre nicht zu Serbien. Erklärter „Staatszweck“ ist die Schaffung einer Steueroase.[1]
Geschichte
Vorgeschichte
Ausrufung und beanspruchtes Staatsgebiet
Liberland wurde am 13. April 2015 von Vít Jedlička, einem führenden Mitglied der libertären tschechischen Kleinpartei Partei freier Bürger, verkündet.[2] In einer am 20. April 2015 durchgeführten Abstimmung soll Jedlička mit den drei zu seinen Gunsten abgegebenen Voten der „Staatsgründer“ zum Präsidenten Liberlands gewählt worden sein.[3]
An dem rund sieben Quadratkilometer großen Stück Land seien laut Jedlička weder Serbien noch Kroatien im Rahmen ihrer Gebietsstreitigkeiten interessiert, weswegen es sich um Niemandsland gehandelt habe.[4] Jedlička nannte den „immer stärkeren Einfluss von Interessengruppen auf das Fungieren der Staaten und damit zusammenhängende schlechtere Lebensbedingungen für die Menschen“ als Grund für die Errichtung des Staates.[5] Als Inspiration hätten Staaten wie Monaco oder Liechtenstein gedient.
Das menschenleere Gebiet Gornja Siga liegt zwischen einem alten Nebenarm und dem Hauptarm der Donau. Es besteht aus Wäldern, Wiesen und Sümpfen, die oft von Hochwasser überschwemmt werden.[6] Es ist verkehrstechnisch kaum erschlossen, die nächste größere Ansiedlung auf kroatischer Seite ist die Stadt Beli Manastir, die etwa 20 km entfernt liegt. Näher liegt die Stadt Apatin auf serbischer Seite. Das einzige existierende Gebäude ist eine vor Jahrzehnten verlassene und mittlerweile verfallene Jagdhütte.[7][8]
Weiteres Geschehen
Ende April 2015 sollte die „Besiedlung“ des Gebietes beginnen.[6] Als erstes wollte Jedlička Straßen und Hafenanlagen errichten.[7] Am 10. Mai 2015 wurde Jedlička von kroatischen Beamten vorübergehend verhaftet, als er versuchte, sein „Staatsgebiet“ trotz Verbotes zu betreten. Dutzende weitere Menschen wurden ebenfalls an der „Einreise“ gehindert.[1] Als Repräsentant Liberlands in der Bundesrepublik Deutschland bezeichnet sich derzeit Kolja Spori.[9][10]
Verfassung und Flagge
Das Motto von Liberland ist Leben und leben lassen.[11] Die Verfassung Liberlands soll nach libertärer beziehungsweise minarchistischer Vorstellung die persönliche und wirtschaftliche Freiheit seiner Bürger schützen.[12] In Liberland sollen grundsätzlich keine Steuern erhoben werden.[13] Zudem wird es entsprechend der Österreichischen Schule keine Zentralbank geben, stattdessen soll auf einen Währungswettbewerb gesetzt und Kryptowährungen eingesetzt werden.[14]
Die Flagge Liberlands besteht aus einem horizontal mittig verlaufenden, schwarzen Balken auf gelbem Grund. Im Zentrum der Flagge befindet sich das Wappen Liberlands. Wie bei der von Anarchokapitalisten verwendeten schwarz-gelben Flagge steht der gelbe Anteil für den freien Markt, der schwarze für die Rebellion. Das Wappen enthält als Symbol für die Freiheit einen Vogel, einen Baum, der für Reichtum und Fülle steht, sowie einen Fluss, der die Donau darstellt.[15]
„Staatsbürger“ über Webseite
Über die offizielle Internetpräsenz Liberlands sei es möglich, die Staatsangehörigkeit des Mikrostaates zu beantragen. Die einzige Bedingung wäre, dass der Antragsteller „weder Kommunist, noch Nazi noch ein anderer Extremist“ sei.[16] Nach nur zwei Tagen seien bereits 18.729 Anträge aus 184 Ländern eingegangen.[17] Bis zu 100.000 Anfragen erwartete Jedlička innerhalb von zwei Wochen. Trotzdem sollen der Einbürgerungsvorgang selektiv erfolgen und zunächst nur 3.000 bis 5.000 Personen aufgenommen werden.[18] Nach zwei Wochen hatten sich weltweit über 300.000 Menschen registriert.[7] Eine Staatsbürgerschaft soll 10.000 US-$ in Bitcoin kosten.[19]
Reaktionen
Reaktionen anderer Staaten
- Republik Kroatien: Kroatische Diplomaten sprachen von „virtuellen Grenzverletzern“, da der „Satirestaat“ bislang nur im Internet existent sei.[7][20][21][22] „Virtuelle Späße, so interessant sie manchmal auch klingen mögen, bleiben doch nur virtuelle Späße und werden folglich nicht offiziell kommentiert“, erklärte man in Zagreb.[23]
- Republik Serbien: Der serbische Außenminister erklärte, das von Liberland beanspruchte Gebiet befinde sich außerhalb der Grenzen Serbiens. Die „unterhaltsame Darbietung“ bedürfe keines weiteren Kommentars.[1]
- Arabische Republik Ägypten: Das ägyptische Außenministerium riet potenziellen ägyptischen Auswanderern nach Liberland zur Vorsicht und Zurückhaltung. Man solle nur Auskünften des ägyptischen Staates vertrauen und nicht Informationen aus sozialen Netzwerken.[24]
- Tschechische Republik: Das tschechische Außenministerium distanzierte sich von den Vorgängen: „Herr Jedlička ist wie jeder andere tschechische Bürger, der sich im Staatsgebiet Kroatiens und Serbiens aufhält, dazu verpflichtet, die örtlichen Gesetze zu beachten. Die Tschechische Republik hält die Aktivitäten des Herrn Jedlička für unangemessen und potenziell schädlich.“[25]
Sonstige Reaktionen
Am 16. April 2015 traf sich Jedlička nach eigenen Angaben mit einem Botschafter Österreichs.[26]
Im Mai 2015 proklamierte eine Gruppe polnischer Touristen im Sog der Liberland-Kampagne mit dem Königreich Enklave im Internet einen weiteren, besonders kleinen Kleinstaat an der Grenze zwischen Kroatien und Slowenien. Mit einer Fläche von nur 100 m² bezeichnet sich das Königreich selbst als „Europas kleinster Staat“.[27] Ende Mai 2015 wurde das Königreich Enklave in die Nähe von Liberland verlegt.[28]
Weblinks
Einzelnachweise
- Lukas Zimmer: „Wir werden nicht so leicht aufgeben“ orf.at vom 10. Mai 2015, abgerufen am 12. September 2016.
- Vasudevan Sridharan: Czech declares new nation Republic of Liberland in no man's land between Croatia and Serbia. ibtimes.co.uk vom 16. April 2015.
- Daniel Nolan: Liberland: hundreds of thousands apply to live in world's newest 'country. theguardian.com vom 24. April 2015.
- Matthew Humphries: Man forms tiny European nation, 160,000 sign up to become citizens. geek.com vom 21. April 2015.
- Tscheche proklamierte eigenen Staat an der Donau. krone.at vom 15. April 2015.
- Rudolf Gruber: Operettenstaat am Donaustrand. rp-online.de vom 26. April 2015.
- Euan McKirdy: Liberland: Could the world's newest micronation get off the ground?. Am 29. April 2015 auf edition.cnn.com
- Liberlanders Raise Their Flag in Liberland. total-croatia-news.com, 21. Februar 2017, abgerufen am 16. März 2017.
- https://m.facebook.com/liberland/photos/a.2367118026847330/2377975759094890/?type=3
- Timeline Photo (Memento vom 9. Februar 2016 im Internet Archive). facebook.com
- About Liberland. liberland.org, abgerufen am 12. September 2016.
- Free Republic of Liberland Constitution draft. liberland.org, abgerufen am 12. September 2016.
- Ryan Gorman: Meet the eccentric president of Liberland, the world's newest micronation. Am 25. April 2015 auf ibtimes.co.uk
- Liberland: Bitcoin wird zur offiziellen Währung. btc-echo.de vom 20. April 2015.
- Anne Quito: Liberland, the world’s newest micro-nation, is already a leader in nation branding. qz.com vom 29. April 2015.
- Kurios: Tscheche proklamiert eigenen Staat an der Donau. Kleine Zeitung vom 15. April 2015.
- „18729 Post“. facebook.com vom 16. April 2015.
- Noah Rayman: Meet the Man Who Claims He Just Founded a New Country in Europe. time.com vom 16. April 2015.
- Tara Palmeri: Looking for Liberland. European Voice vom 2. September 2016.
- Michael Heitmann, Boris Babic: Ein unzufriedener Tscheche gründet eigenen Staat. Am 26. April 2015 auf welt.de
- Goldrausch in „Liberland“. Am 26. April 2015 auf heise.de
- Jelena Tešija: Svjetski mediji dosta ozbiljno shvaćaju onog tipa koji pokušava osnovati mikrodržavu na Dunavu. telegram.hr vom 23. April 2015.
- Andreas Puschautz: Liberland: Europas jüngster Staat. news.at vom 23. April 2015.
- Foreign Min. warns Egyptians against emigrating to Liberland. thecairopost.com vom 19. April 2015.
- Prohlášení MZV ke kauze tzv. Liberlandu.. mzv.cz vom 14. Mai 2015.
- Meldung des Treffens vom 16. April 2015 auf facebook.com.
- Erneut Fantasiestaat an kroatischer Grenze ausgerufen. orf.at vom 22. Mai 2015.
- Kingdom of Enclava: new micro-nation settles for spot on Croat-Serb border. theguardian.com vom 24. Mai 2015.