Lemma von Zolotareff

Das Lemma v​on Zolotareff i​st ein mathematischer Satz a​us der Zahlentheorie, d​er eine Verbindung zwischen d​em Legendre-Symbol u​nd dem Vorzeichen e​iner Permutation herstellt. Das Lemma erlaubt e​inen einfachen Beweis d​es quadratischen Reziprozitätsgesetzes z​ur Ermittlung quadratischer Reste. Es i​st nach d​em russischen Mathematiker Jegor Iwanowitsch Zolotareff benannt, d​er das Lemma u​nd diesen Beweis 1872 vorlegte. Ferdinand Georg Frobenius verallgemeinerte d​iese Resultate 1914 für d​as Jacobi-Symbol.

Lemma

Ist eine ganze Zahl und eine ungerade Primzahl, die nicht teilt, dann stellt die Abbildung

eine Permutation der Elemente der primen Restklassengruppe (der Zahlen von bis ) dar. Das Lemma von Zolotareff besagt nun, dass das Legendre-Symbol gleich dem Vorzeichen dieser Permutation ist, das heißt,[1]

.

Beispiel

Kennzahlen der Permutationen πa,7
πa,7 Zykeltyp Vorzeichen
1(1, 2, 3, 4, 5, 6)161
2(2, 4, 6, 1, 3, 5)321
3(3, 6, 2, 5, 1, 4)61−1
4(4, 1, 5, 2, 6, 3)321
5(5, 3, 1, 6, 4, 2)61−1
6(6, 5, 4, 3, 2, 1)23−1

Das Legendre-Symbol dient zur Untersuchung quadratischer Reste modulo . Für einen quadratischen Rest modulo ist das zugehörige Legendre-Symbol gleich , für einen quadratischen Nichtrest ist es gleich . Im Folgenden seien die Zahlen die Repräsentanten der primen Restklassen modulo . Dann sind beispielsweise für wegen

die Zahlen und quadratische Reste, während die Zahlen und quadratische Nichtreste sind. Das Vorzeichen einer Permutation ist gleich dem Produkt der Vorzeichen ihrer disjunkten Zyklen, wobei ein Zyklus der Länge das Vorzeichen besitzt. Nach dem Lemma von Zolotareff ergibt sich nun beispielsweise für die Permutation

mit zwei Zyklen der Länge . Damit gilt

und ist ein quadratischer Rest modulo . Für ist die zugehörige Permutation

ein Zyklus der Länge . Damit gilt

und ist ein quadratischer Nichtrest modulo .

Beweis

Bezeichnet die Ordnung von in der primen Restklassengruppe , dann zerfällt die Permutation in Zyklen der Länge . Daraus ergibt sich für das Vorzeichen von

.

Ist nun gerade, dann ergibt sich

.

Ist ungerade, dann ist ein Teiler von und es ergibt sich

.

In beiden Fällen f​olgt dann d​ie Übereinstimmung m​it dem Legendre-Symbol n​ach dem eulerschen Kriterium

.

Anmerkung

Die Abbildung stellt einen surjektiven Homomorphismus von der primen Restklassengruppe in die Gruppe dar. Die Surjektivität folgt daraus, dass für eine Primitivwurzel modulo die Permutation einen -Zyklus mit Vorzeichen darstellt. Der Kern dieser Abbildung ist daher eine Untergruppe von mit Index . Nachdem aber zyklisch ist, ist die einzige Untergruppe dieser Art die multiplikative Gruppe der quadratischen Reste. Daraus folgt dann ebenfalls die Übereinstimmung mit dem Legendre-Symbol.

Verwendung

Quadratisches Reziprozitätsgesetz

Permutation τ5,7 in Matrixform
0 1 2 3 4 5 6
0051015202530
1161116212631
2271217222732
3381318232833
4491419242934
Permutation α5,7 in Matrixform
0 1 2 3 4 5 6
0015301025520
1211163111266
2722217321227
3288233183313
4142992441934
α5,7 nach Spaltenversetzungen
0 1 2 3 4 5 6
00123456
121222324252627
278910111213
328293031323334
414151617181920

Zolotareff verwendete das Lemma, um das quadratische Reziprozitätsgesetz zu beweisen. Seien hierzu und zwei verschiedene ungerade Primzahlen. Nach dem chinesischen Restsatz lässt sich jede Zahl eindeutig in der Form mit und darstellen. Nun werden auf die beiden Permutationen

und

betrachtet, wobei das inverse Element zu in und das inverse Element zu in bezeichnen. Werden die Werte dieser Permutationen jeweils in einer rechteckigen Matrix, bestehend aus Zeilen und Spalten, angeordnet, dann entspricht einer spaltenweisen und einer diagonalen Aufzählung der Zahlen von bis (eine zeilenweise Aufzählung würde gerade der identischen Permutation entsprechen). Die Permutation ist die Transpositionspermutation, die Zeilen und Spalten einer -Matrix vertauscht. Das Vorzeichen von ist

,

da jedes Paar zweielementiger Teilmengen und genau einen Fehlstand erzeugt. In den Spalten der Permutation finden sich zyklisch versetzt die Werte der Permutation (mit als zusätzlichem Fixpunkt) mit multipliziert und jeweils um den Spaltenindex erhöht. Die zyklischen Versetzungen können mit Hilfe spaltenweiser zyklischer Permutationen rückgängig gemacht werden, ohne dass sich das Vorzeichen von verändert, da zyklische Permutationen ungerader Länge stets gerade sind. Auf diese Weise entsteht die identische Permutation, bei der die Zeilen gemäß der Permutation vertauscht sind. Für das Vorzeichen von gilt daher

.

In den Zeilen der Permutation finden sich entsprechend zyklisch versetzt die Werte der Permutation (mit als zusätzlichem Fixpunkt) mit multipliziert und um den Spaltenindex erhöht. Wird die Permutation mit Hilfe der Permutation transponiert, dann ergibt sich analog zu vorher das Vorzeichen der transponierten Permutation zu

.

Mit d​er Verkettungseigenschaft s​owie der Invarianz u​nter Inversion d​es Vorzeichens f​olgt aus

dann d​as quadratische Reziprozitätsgesetz

.

Jacobi-Symbol

Mit Hilfe des Lemmas von Zolotareff lässt sich das Legendre-Symbol zum Jacobi-Symbol verallgemeinern, für das auch üblicherweise die gleiche Notation verwendet wird. Ist hierzu eine ungerade Zahl und eine beliebige ganze Zahl, die teilerfremd zu ist, dann kann das Jacobi-Symbol durch

definiert werden. Im Fall, dass ungerade ist, gilt für das Jacobi-Symbol ebenfalls das quadratische Reziprozitätsgesetz.[2]

Literatur

  • Oswald Baumgart: The Quadratic Reciprocity Law: A Collection of Classical Proofs. Birkhäuser, 2015, ISBN 978-3-319-16283-6.
  • Volker Diekert, Manfred Kufleitner, Gerhard Rosenberger: Diskrete algebraische Methoden. de Gruyter, 2013, ISBN 978-3-11-031261-4.
  • Franz Lemmermeyer: Reciprocity Laws. From Euler to Eisenstein. Springer, 2000, ISBN 3-540-66957-4.

Originalarbeiten

  • Jegor Iwanowitsch Zolotareff: Nouvelle démonstration de la loi de réciprocité de Legendre. In: Nouvelles Annales de Mathématiques 2e série. Band 11, 1872, S. 354–362 (Online [PDF]).
  • Ferdinand Georg Frobenius: Über das quadratische Reziprozitätsgesetz. In: Sitzungsberichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1914, S. 335–349 (Online [PDF]).

Einzelnachweise

  1. Volker Diekert, Manfred Kufleitner, Gerhard Rosenberger: Diskrete algebraische Methoden. de Gruyter, 2013, S. 42.
  2. Volker Diekert, Manfred Kufleitner, Gerhard Rosenberger: Diskrete algebraische Methoden. de Gruyter, 2013, S. 43.
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