Leipziger Westen
Der Leipziger Westen bezeichnet die durch Transformationsprozesse der Industrialisierung und Deindustrialisierung geprägten Ortsteile Plagwitz, Lindenau (samt Alt- und Neulindenau) sowie Teile von Kleinzschocher und Leutzsch im geographischen Westen von Leipzig.
Entwicklung
Ab 1856 industrialisierte der Leipziger Unternehmer Karl Heine Teile der Gemarkung Plagwitz, Lindenau und Kleinzschocher mit dem Anschluss an die preussisch-sächsische Eisenbahn, Melioration von Sumpfgebieten und Bau des schiffbaren Karl-Heine-Kanals mit Anschluss an die Weiße Elster. Von 1888 bis 1945 trug die von Karl Heine gegründete Leipziger Westend-Baugesellschaft die bauliche Entwicklung des Leipziger Westens.
Der Leipziger Westen war vor 1990 europaweit der Standort mit der höchsten innerstädtischen Industriedichte. Mit der 1990 begonnenen Liquidierung fast aller ortsansässigen Industrieunternehmen durch die Treuhandanstalt verwaisten viele, teils gründerzeitliche geprägte Industrieanlagen. Ab den 2000er Jahren entstanden durch private Initiative von Architekten, Designern und Künstlern Kunstquartiere, Offspaces und Kunstgalerien.
Die Neubesiedelung begann mit der Revitalisierung von Industriebrachen und des Karl-Heine-Kanals im Rahmen der Expo 2000,[1] oftmals finanziell unterstützt durch Förderprogramme des Landes Sachsen, Deutschlands und der EU[2].
Der Leipziger Westen gilt als neuer kultureller und kreativer Nukleus Deutschlands mit hoher internationaler Anziehungskraft auf Studenten, Kreative, innovative Unternehmen und junge Familien.[3] Plagwitz und Lindenau waren 2012/13 die Ortsteile mit dem stärksten Bevölkerungswachstum in Leipzig (6,5 bzw. 6,1 Prozent im Jahr).[4] Der Leipziger Westen wurde von der Stadt als Fördergebiet zur Stadterneuerung definiert. Förderung erfolgt durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und Europäischen Sozialfonds (ESF).[5]
Kulturstandorte (Auswahl)
- Plagwitz: Schaubühne Lindenfels, Westwerk Leipzig, Felsenkeller, Bürgerbahnhof Plagwitz[6], Stelzenhaus
- Lindenau: Theaterhaus am Lindenauer Markt (Theater der Jungen Welt), Musikalische Komödie, Westbad, Leipziger Baumwollspinnerei, Tapetenwerk, Kunstkraftwerk
- Kleinzschocher: Alte Handelsschule, Hofkultur West[7]
- Leutzsch: Dietzoldwerke[8]
Private Quartiersentwickler (Auswahl)
- René Reinhardt[9], Schauspieler (Schaubühne Lindenfels, Karl-Heine-Straße)[10]
- Bertram Schulze[11], Architekt (Leipziger Baumwollspinnerei)
- Falk Röhner[12], Kaufmann und Designer (Alte Handelsschule, Westwerk, Ostblock)
- Jana Reichenbach-Behnisch, Architektin (Tapetenwerk)[13]
- Roman Grabolle, Historiker und Archäologe (Wohnungsgesellschaft Central)[14]
- Birgit und Mathias Mahnke, Designerin und Projektentwickler (Dietzoldwerke)
Aktionen
Umsiedlungsdruck
Seit 2016 wird eine Debatte über den Umsiedlungsdruck (Gentrifizierung) auf Kreative und Künstler im Leipziger Westen öffentlich geführt.[20][21][22] Im Februar 2017 organisierte die Protestplattform "Westwerk retten" eine Demonstration für den kulturellen Erhalt des Westwerks.[23]
Weblinks
- Leipziger-Westen.de – Website des Amts für Wohnungsbau und Stadterneuerung
- Wunderwesten – die Künstler Petra Mattheis und Sascha Nau porträtieren Menschen des Leipziger Westens
Einzelnachweise
- Leipzig: Plagwitz (Werkstatt-Stadt). In: www.werkstatt-stadt.de. Abgerufen am 28. Dezember 2016.
- Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Referat Öffentlichkeitsarbeit: Förderdatenbank - Fördersuche. In: www.foerderdatenbank.de. Abgerufen am 28. Dezember 2016.
- Pia Volk: Leipzig: Aufbau West. In: Die Zeit. 26. Oktober 2016, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 30. Dezember 2016]).
- Christina Schmitt, Wolfgang Amann: Gentrifizierung in Leipzig? Daten und Analysen. In: EinundLeipzig, 15. Dezember 2014.
- Fördergebiete im Leipziger Westen. Stadt Leipzig, abgerufen am 22. August 2019.
- Initiative Bürgerbahnhof Plagwitz (IBBP): Aktuelles - Bürgerbahnhof Plagwitz. Abgerufen am 27. Januar 2017.
- Irene Finke: Home - Hofkultur-West. Abgerufen am 27. Januar 2017.
- Dietzoldwerke LEIPZIG. Abgerufen am 26. Mai 2020.
- Detail - Deutsches Literaturinstitut Leipzig. Abgerufen am 28. Januar 2017.
- Wunderwesten: René Reinhardt im Wunderwesten. In: Wunderwesten. (wunderwesten.de [abgerufen am 11. Januar 2018]).
- Künstlerareal: Alte Baumwollspinnerei als Zentrum der Kreativen - WELT. Abgerufen am 28. Januar 2017.
- Bert Endruszeit: Viel Freiraum für Kreative - Frühere Kommunale Berufsschulen verwandeln sich in ein Künstlerquartier. Hrsg.: Leipziger Volkszeitung. LVZ, Leipzig 20. Januar 2012, S. 5.
- Wunderwesten: Jana Reichenbach Behnisch im Wunderwesten. In: Wunderwesten. (wunderwesten.de [abgerufen am 24. Dezember 2016]).
- Wohnungsgesellschaft mbH Central LS W33. Abgerufen am 2. August 2017.
- Startseite | Westbesuch e.V. In: www.westbesuch.com. Abgerufen am 28. Dezember 2016.
- Westpaket – Kunst, Kultur & Trödel in Leipzig. In: www.leipzig-leben.de. Abgerufen am 28. Dezember 2016.
- Nun auch Nahwegweiser zur 'Westkultur' - Stadt Leipzig. In: www.leipzig.de. Abgerufen am 28. Dezember 2016.
- Lichtspiele des Westens | Bohei Tamtam Leipzig 2017. Abgerufen am 11. Januar 2018 (deutsch).
- Lichtspiele des Westens | Bohei Tamtam Leipzig 2017. Abgerufen am 11. Januar 2018 (deutsch).
- (Nach) Debatte zur Gentrifizierung im Leipziger Westen – Marco Böhme. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 17. Februar 2017; abgerufen am 27. Januar 2017. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- LVZ-Online: Reaktion auf Initiative „Westwerk retten“ – Verwalter des Leipziger Westwerks: Werden den Charakter nicht zerstören – LVZ - Leipziger Volkszeitung. Abgerufen am 27. Januar 2017.
- LVZ-Online: Angst vor Veränderungen in Leipzig-West – Westwerk-Verwalter: Sublab-Kündigung war kein Rauswurf – LVZ - Leipziger Volkszeitung. Abgerufen am 27. Januar 2017.
- LVZ-Online: „Westwerk retten“ – Knapp tausend Menschen demonstrieren für Erhalt von Freiräumen in Leipzig – LVZ - Leipziger Volkszeitung. Abgerufen am 16. Februar 2017.