Lützerath
Lützerath ist eine kleine Ortschaft (Weiler) und ein Stadtteil von Erkelenz in Nordrhein-Westfalen. Wie ihr unmittelbar südöstlich gelegener Nachbarort Immerath, plant RWE, auch Lützerath vollständig abzureißen, um den Tagebau Garzweiler auszudehnen. Die Umsiedlung des Ortes begann 2006 und hätte nach vorherigen Plänen des Unternehmens im September 2021 abgeschlossen sein sollen,[4] wogegen sich bis heute Widerstand regt. Der Umsiedlungszielort ist, wie für Immerath, das weiter westlich gelegene neue Dorf Immerath (neu). Entsprechend wird Lützerath an anderer Stelle als eigenständiger Ortsteil nicht neu errichtet.
Lützerath Stadt Erkelenz | |
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Höhe: | ca. 95 m |
Einwohner: | 14 (31. Dez. 2020)[1] |
Postleitzahl: | 41812 |
Vorwahl: | 02164 |
Lützerath im Abbaubereich Tagebau Garzweiler | |
Lützerath von oben (2019)[3] |
Geographische Lage
Im Norden grenzen das bereits vollständig abgebaggerte Alt-Borschemich und Keyenberg an Lützerath, im Osten Alt-Spenrath, im Süden Alt-Immerath und im Südwesten Holzweiler. Der Weiler liegt zwischen Düsseldorf und Aachen und ist von beiden Städten aus in unter einer halben Stunde mit dem PKW zu erreichen.
Geschichte
Der Ortsname
Die Ortschaft wurde erstmals 1168 in einer Urkunde als Lutzelenrode erwähnt. Aus dem Jahre 1651 ist der heutige Name überliefert. Im Ortsnamen ist der althochdeutsche Personenname Lutzelin, abgeleitet von Luzo (Ludwig), enthalten. Der Name bedeutet also Rodung des Luzelin und gehört wie Immerath zur Gruppe der Ortsnamen mit dem Suffix -rath.
Mittelalter
Der Neuwerker oder Paulshof gehörte 1135 zur Abtei der Benediktinerinnen in Neuwerk.
Der Wachtmeisterhof war von 1265 bis 1802 im Besitz des Klosters der Zisterzienserinnen in Duissern bei Duisburg. Seit einigen Generationen gehört er einem Anwohner.[5]
Der Junkershof gehörte zunächst den Edelherren von Wevelinghoven, diese starben aber Ende des 14. Jahrhunderts aus und deren Herrschaft gelangte an die Grafen von Bentheim-Tecklenburg. Bis 1797 war der Hof in gräflichem Besitz.
Neuzeit
Am 27. Februar 1945 nahmen während der Operation Grenade amerikanischen Soldaten des 116. Regiments der 29. US-Infanterie Division das Dorf ein.
Umsiedlung und Protestaktionen
Seit 2020 lässt der Tagebaubetreiber die RWE Power GmbH in Lützerath roden und Häuser abreißen. Im Rahmen der Proteste von Braunkohlegegnern und Klimaschützern wurde eine Mahnwache installiert, Dorfspaziergänge und Demonstrationen veranstaltet und es kam wiederholt zu Hausbesetzungen.[6]
Im April 2021 kündigte Landwirt Eckhard Heukamp, der seinen Wohnsitz in Lützerath hat, an, die Inanspruchnahme seines Eigentums anzufechten. Vor dem Verwaltungsgericht Aachen wurde Widerspruch gegen einen „Grundabtretungsbeschluss“ eingelegt. Heukamps Anwalt sieht die Enteignung, unter anderem mit Bezug auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus 2013, als rechtswidrig an, denn die Braunkohleplanung der 1990er Jahre entspreche nicht mehr den Maßgaben neuerer Gesetze zum Klimaschutz und Kohleausstieg.
RWE Power wollte den Ausgang einer Klage allerdings nicht abwarten und beantragte eine „vorzeitige Besitzeinweisung“ zum 1. November 2021 bei der bergbaurechtlich zuständigen Bezirksregierung Arnsberg,[7] welche jedoch nach dem Garzweiler-Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht zulässig ist.[8] Dennoch hat die Bezirksregierung Arnsberg RWE Power zum 1. November 2021 vorzeitig in den Besitz dieser Grundstücke eingewiesen. Das Verwaltungsgericht Aachen lehnte die Eilanträge Heukamps und zweier Mieter aus Lützerath dagegen ab.[9] Dagegen legten die Betroffenen Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Münster ein. Zunächst wollte das Gericht bis zum 7. Januar 2022 eine Entscheidung treffen. RWE Power hatte dem Gericht gegenüber zugesagt, solange von der Räumung der Beschwerdeführer abzusehen.[10] Am 20. Dezember 2021 erklärte das Gericht im Hinblick auf eine nicht mögliche Anhörung eines Berichterstatters bis Anfang Januar 2022, dass es den Fall zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden wolle. Es untersagte der RWE Power, auf den Grundstücken der Kläger bis dahin Abrissarbeiten oder sonstige Vorbereitungsmaßnahmen durchzuführen.[11]
Auf dem Grundstück des Landwirts war bereits 2020 ein Protestcamp eingerichtet worden, das unter anderem die vorzeitige Inbesitznahme durch RWE erschweren soll. Dafür hat sich das Bündnis Lützerath lebt[12] aus lokalen und deutschlandweiten Bewegungen gebildet, in dem unter anderem Ende Gelände und Alle Dörfer bleiben beteiligt sind. Zum Jahresende 2021 wurde zudem einer der ins Eigentum von RWE übergegangenen Höfe[13] von Umweltaktivisten besetzt. Unterstützung erhielt die Bewegung vor Ort 2021 durch den Besuch internationaler Klimaaktivistinnen wie Greta Thunberg, Luisa Neubauer und Vanessa Nakate. Am 31. Oktober 2021 kam es zeitgleich mit dem Beginn der UN-Klimakonferenz in Glasgow zu einer Demonstration mit mehreren Tausend Teilnehmern.[14]
Die seit Dezember 2021 amtierende Bundesregierung unter Olaf Scholz beabsichtigt den Erhalt der nördlich von Lützerath bedrohten Dörfer. Die Entscheidung über Lützerath wolle die Regierung der Judikative überlassen.[15]
Verschiedenes
Lützerath gehörte jahrhundertelang zur Gemeinde und Pfarre Immerath. Seine Postleitzahl war bis 1993 die 5141, anschließend 41812.[16]
Baudenkmäler
Weblinks
Einzelnachweise
- Fortschreibung Bevölkerungstand am 31.12.2020. (PDF; 235 kB) In: Internetseite der Stadt Erkelenz. Abgerufen am 24. Februar 2021.
- Das Ortsbild ist in dieser Aufnahme noch intakt, Häuser und Bäume wurden bis dahin noch nicht entfernt.
- Das Ortsbild ist in dieser Aufnahme noch intakt, Häuser und Bäume wurden bis dahin noch nicht entfernt.
- Der Hausbesuch: Der letzte Kämpfer. In: taz.de. taz Verlags u. Vertriebs GmbH, abgerufen am 14. April 2021.
- Lea de Gregorio: Der letzte Kämpfer, in: taz, 24./25. Oktober 2020, S. 23.
- Christos Pasvantis: Proteste in Lützerath: Polizei rechtfertigt Vorgehen am Tagebaurand. 18. November 2020, abgerufen am 5. Januar 2021.
- Gegen Enteignung - Landwirt klagt gegen den drohenden Verlust seines Grundstücks für einen Tagebau. In: www.neues-deutschland.de. Neues Deutschland Druckerei und Verlag GmbH, abgerufen am 23. Mai 2021.
- https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2013/bvg13-076.html
- Grenzlandgrün Blog: Lützerath-Urteil des VG Aachen. Abgerufen am 28. Oktober 2021 (deutsch).
- Braunkohletagebau: Abrissarbeiten in Lützerath zunächst verschoben. Abgerufen am 28. Oktober 2021.
- Vorläufig keine Rodung und Räumung in Lützerath; ovg.nrw.de, vom 20. Dezember 2021, abgerufen am 15. Januar 2022
- Lützerath Lebt. Abgerufen am 15. September 2021 (deutsch).
- Lützerath: Eine Zufallsreportage. 12. Januar 2022, abgerufen am 13. Januar 2022.
- https://www.tagesschau.de/regional/nordrheinwestfalen/protest-kohlegegner-101.html
- MEHR FORTSCHRITT WAGEN; bundesregierung.de, PDF-Dokument, abgerufen am 1. Januar 2022
- GOV :: Lützerath. Abgerufen am 3. November 2017.