Kupferhaus
Kupferhäuser sind Häuser, die in einem Fertighaussystems in Tafelbauweise erbaut sind, das der Architekt Robert Krafft mit dem Ingenieur Friedrich Förster ab 1929 für das Unternehmen Hirsch Kupfer- und Messingwerke (HKM) entwickelte. Als technische Neuerung für die Anwendung von Kupferblechen steht diese Bauweise in Zusammenhang mit in den 1920er Jahren von verschiedenen Unternehmen herausgebrachten Fertighaussystemen unter Einsatz von Stahlblechen, beide Entwicklungen bauten auf älteren Erfahrungen mit Holz-Fertigteil-Systemen auf.[1]
Geschichte
Die Bauweise der Kupferhäuser erhielt 1931 auf der Internationalen Kolonialausstellung in Paris den Grand Prix und wurde im gleichen Jahr auf der Deutschen Bauausstellung Berlin 1931 präsentiert. Kurze Zeit später übernahm Walter Gropius die Leitung des Kupferhaus-Projekts. Bis 1933 wurden mindestens 54 solcher Fertighäuser produziert. Der Architekt Robert Krafft sprach Mitte der 1940er Jahre sogar von 100 Häusern.
1932 geriet die HKM infolge der Weltwirtschaftskrise und der Deutschen Bankenkrise in finanzielle Schwierigkeiten, die Abteilung Kupferhausbau der HKM wurde geschlossen. Zeitgleich präsentierte Gropius auf der von Martin Wagner kuratierten Architekturausstellung „Sonne, Luft und Haus für alle!“ auf dem Berliner Messegelände den Typ S, ein „wachsendes Kupferhaus“ in der Formensprache des Neuen Bauens. Ende des Jahres 1932 gründete sich die Deutsche Kupferhausgesellschaft mbH (DKH) in Berlin[2]; die Zusammenarbeit mit Gropius wurde aber nicht wiederaufgenommen, die DKH vertrieb vor allem die der Tradition verpflichteten, villenartigen Gebäudetypen, die weiter im Messingwerk bei Eberswalde produziert wurden.
Ab Mitte 1933 bot die DKH außerdem spezielle Kupferhaustypen für Palästina unter den Namen Haifa, Scharon oder Libanon an. Zielkäufer waren Juden, die aus Deutschland emigrierten und Kupferhäuser als „Umzugsgut“ mitnehmen konnten. Nach den Unterlagen war es möglich, den Typ Haifa in 34 Pakete zu verpacken, die ein Gesamtgewicht von 15.313 kg hatten und damit als schiffbar galten.[3]
Die Produktion der Kupferhäuser endete 1934. Mit der verstärkten militärischen Aufrüstung wurde Kupfer zu einem kriegswichtigen Rohstoff, seine Verwendung schränkte das Reichswirtschaftsministerium mit der Verordnung über unedle Metalle stark ein, der Kupferhausbau war nicht mehr möglich.
Haustypen
Im Allkupferhaus-Katalog von 1931 sind neun unterschiedliche Typenhäuser enthalten: Kupfercastell, Lebensquell, Frühlingstraum, Lebenssonne, Juwel, Sonnenschein, Kupfermärchen, Maienmorgen und Eigenscholle. Kurze Zeit später, während auch Gropius mitarbeitete, wurden die Typen Sorgenfrei und Kupferstolz nachgeschoben. Am häufigsten verkauften sich die großen, villenartigen Typen Kupfercastell und Kupferstolz. Die Deutsche Kupferhausgesellschaft verkaufte 1932–1934 Kupferhaustypen mit Namen wie „A2“ Kupfercastell, „O“ Favorit, Spezial und andere.
Aufbau der Kupferhäuser
Kupfer besitzt einige Eigenschaften, die es für die Verwendung im vorfabrizierten Hausbau geeignet erscheinen lässt, zum Beispiel eine hohe Feuer- und gute Korrosionsbeständigkeit.
Die Außenfassade der Fertighäuser wurde aus vielen Einzelelementen aufgebaut. Sie bestanden aus schmalen, hochrechteckigen Eternit-Platten, die mit einer Außenhaut aus geripptem Kupferblech versehen waren. Mehrere Schichten aus Aluminiumfolie und Pappe dienten als Isolierung. Eine Holzrahmenkonstruktion aus zwölf Zentimeter dicken Holzbalken bildete die Grundlage für das Haus, das an seinem späteren Standort nur noch zusammengesteckt und verschraubt werden musste.[3] Die einzelnen Elemente hatten patentierte Universalendungen für das Zusammenschrauben; die Kanten waren von außen mit einem Kupferblechstreifen abgedeckt. Der Vorzug dieser Häuser lag in ihrer Variabilität und der leichten Montage. Innerhalb von 24 Stunden sollte ein solches Haus aufgestellt sein. Für die Dachdeckung wurden ursprünglich ebenfalls Kupferbleche verwendet. Die Kupferdächer sind nur vereinzelt erhalten. Die Wärmedämmung wurde beworben mit „sie isoliere so gut wie ein 222 Zentimeter dickes Ziegelmauerwerk.“ Das war zwar etwas übertrieben, wie spätere Messungen eines Ingenieurs ergaben, aber sie genügt sogar den aktuellen energetischen Anforderungen der 2000er Energieverordnung.[3]
Anstelle von Tapeten sind die Häuser innen mit Blech verkleidet, sechs verschiedene in die Bleche eingewalzte Reliefmuster standen zur Verfügung – in Farben wie: Nilgrün, Pastellblau oder Korallenrot. Die Käufer genossen den Komfort einer komplett eingerichteten Küche sowie eingepasster Einbauschränke, fertig in den vorfabrizierten Wänden verlegter Elektroinstallationen, Sanitäranlagen und Zentralheizung.
In der Bauwelt und anderen Fachzeitschriften wurde 1931 aber auch viel Kritik geäußert: So bemängelte man die ästhetische Qualität und befürchtete wegen der Metallwände einen Hitzestau. Die Häuser hatten eine ausgezeichnete Wärmedämmung und waren rückblickend sehr pflegeleicht und beständig. Zum prognostizierten Hitzestau kam es nicht. Es gibt einige wesentliche Unterschiede zu Massivbauten, z. B. aus Ziegelmauerwerk: Die Häuser waren sehr hellhörig, das Metall wirkte wie ein riesiger Faradayscher Käfig und bewirkte dadurch eine Blitzabschirmung. Schwierigkeiten gab es allerdings mit dem Rundfunkempfang.
- Außenwand aus Kupfer
- Innenwand aus Blech
- Innenwand Blech Kachel
- Innenwand Blech Kirschblüte
- Innenwand Blech Ranken
- Innenwand Blech Raute
- Preisliste der für Palästina bestimmten Kupferhäuser
Standorte der Kupferhäuser
In den Jahren 1931/1932 wurden acht Musterhäuser in der Siedlung Messingwerk bei Eberswalde errichtet. Sie stehen inzwischen unter Denkmalschutz. In der Berliner Denkmalliste sind elf Kupferhäuser verzeichnet (davon zwei benachbarte als Gesamtanlage im Ortsteil Rahnsdorf). In diesem Ortsteil gibt es noch ein weiteres denkmalgeschütztes Kupferhaus, weitere zwei in Kladow, jeweils eins in Lichterfelde und Dahlem sowie in Westend. Zwei denkmalgeschützte Häuser finden sich im Ortsteil Frohnau. Davon ist eins fast im Originalzustand erhalten, es wurde 1933 errichtet. Hier findet sich sogar in den meisten Zimmern, im Bad und in der Küche noch die ursprüngliche Wandverkleidung aus geprägten Stahlblechen, die inzwischen mehrfach in verschiedenen Farben überstrichen wurde. Auch sind sowohl die Kupferfassade als auch das Dach noch original erhalten. Hinzu kommen einige weitere, nicht denkmalgeschützte Häuser. In Eberswalde und Berlin sind damit über 20 dieser Häuser erhalten.[3]
Weitere Häuser gibt es vor allem im Umland von Berlin (u. a. Zeuthen, Wilhelmshorst, Schildow, Nauen) sowie einige in weiter entfernten Orten (Schönebeck (Elbe), Neuhaus an der Ostsee (Gemeinde Dierhagen), Cottbus und Dierdorf).
Die Deutsche Kupferhausgesellschaft soll 14 Häuser ins britische Mandatsgebiet Palästina exportiert haben, von denen heute noch drei in Haifa und eines in Safed erhalten sind.
Literatur
- Jürgen Bosenius: Zeuthen. Das Kupferhaus ist abwaschbar. In: Berliner Zeitung vom 2. Februar 1999.
- Ulrike Linzer: Leben in der Luxusblechdose. In: taz, Berlin lokal, Nr. 7150 vom 6. September 2003, S. 36.
- Friedrich von Borries, Jens-Uwe Fischer: Heimatcontainer. Deutsche Fertighäuser in Israel. Edition Suhrkamp, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-518-12593-9.
- Anja Maier: Heimat im Frachtpaket. In: taz. 21. November 2009, S. 32–33.
- Katja Iken: Heimatgefühl in Buntmetall. auf spiegel.de vom 10. Januar 2010, zuletzt abgerufen am 29. April 2015
- Ulrike Kunkel: …in die Jahre gekommen. In: Deutsche Bauzeitung vom 2. Januar 2006.
- Thomas Schmidt: Fertighäuser der Moderne. Das Kupferhaus Schorlemmerallee 16 in Dahlem. In: Brigitte Hausmann (Hrsg.): Neues Wohnen. Innovative Wohnformen der 1920er Jahre. Groß-Berlin und die Folgen für Steglitz und Zehlendorf. Gebr. Mann, Berlin 2020, ISBN 978-3-7861-2833-5, S. 54–67.
Weblinks
- Ein Fernsehbeitrag zum Kupferhaus ist hier abrufbar https://www.youtube.com/watch?v=YTRl88yqgUg
Einzelnachweise
- Kurt Junghanns: Das Haus für alle. Zur Geschichte der Vorfertigung in Deutschland. Ernst & Sohn, Berlin 1994, ISBN 3-433-01274-1.
- Deutsche Kupferhaus GmbH. In: Berliner Adreßbuch, 1935, I, S. 409 (Adresse war NW 7, Unter den Linden 65).
- Jörg Niendorf: Häuser aus Blech. In: Berliner Zeitung, 20. April 2018, S. 7.