Kunstgewerbemuseum Berlin
Das Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen zu Berlin gilt als eine der bedeutendsten Sammlungen europäischen Kunsthandwerks vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Das Museum entstand 1867 und hat seinen Standort sowie seinen Namen bis 1995 mehrfach geändert, die Ausstellungsräumlichkeiten wurden stetig vergrößert. Im Jahr 1985 wurde das neu errichtete Ausstellungsgebäude im Kulturforum in Berlin-Mitte eröffnet. Zum Kunstgewerbemuseum gehört die Filiale im Schloss Köpenick, die bis 1990 eine eigenständige Einrichtung in Ost-Berlin war.
Daten | |
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Ort | Berlin-Tiergarten, Matthäikirchplatz |
Art | |
Architekt | Rolf Gutbrod (Neubau) |
Eröffnung | 1867 |
Besucheranzahl (jährlich) | rd. 51.000 (2019) |
Leitung |
Sabine Thümmler
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Website | |
ISIL | DE-MUS-018417 |
Im Jahr 2019 verzeichnete das Kunstgewerbemuseum rund 51.000 Besucher.[1]
Geschichte
Das Berliner Kunstgewerbemuseum wurde 1867 als Deutsches Gewerbe-Museum zu Berlin mit Exponaten der Pariser Weltausstellung von 1867 eröffnet. Auftrag des Museums waren der Unterricht und die Geschmacksbildung von Kunsthandwerkern, Industriezeichnern sowie der Öffentlichkeit. Die zugehörige Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin entstand 1868 auf Initiative des Vereins Deutsches Gewerbemuseum zu Berlin als Ausbildungsanstalt. Bis 1921 blieben Museum und Schule an verschiedenen Standorten miteinander verbunden. Mit dem Ankauf des Lüneburger Ratssilbers 1874 und der Übernahme von ca. 7000 Exponaten aus der brandenburg-preußischen Kunstkammer 1875 gehörte das Museum zu den wichtigsten seiner Art in Europa. 1879 wurde es in Kunstgewerbemuseum umbenannt.
Im Jahr 1881 erfolgte der Umzug in den neuen Martin-Gropius-Bau mit Spezialsammlungen zur Goldschmiedekunst und Keramik, Glas und Textilien sowie einen chronologischen Überblick über die Geschichte der Einrichtungskunst vom späten Mittelalter bis zur Gegenwart. Auch der Schatz des Priamos von Heinrich Schliemann fand hier vorübergehend seinen Platz. Das Kunstgewerbemuseum bezog 1921 einen Teil des durch den Sturz des Kaisers frei gewordenen Berliner Schlosses und bildete zusammen mit Objekten aus dem Besitz der Hohenzollern das Schlossmuseum Berlin.[2] Im Zweiten Weltkrieg wurden die Museumsräume und Teile des Bestandes zerstört. Die ausgelagerten Exponate befanden sich nach der Teilung Berlins in Ost- und West-Berlin. Das stark kriegsbeschädigte Stadtschloss wurde Ende 1950 nach Sprengungen abgetragen.
Die Ost-Berliner Sammlungsteile bekamen 1963 im Schloss Köpenick neue Ausstellungsräume. Die West-Berliner Teile kamen in das Schloss Charlottenburg. Seit 1985 sind sie im 1967 von Rolf Gutbrod entworfenen und 1985 eröffneten Museumsneubau am Kulturforum zu sehen.
Schloss Köpenick fungiert seit der politischen Wende als Dependance und zweites Ausstellungshaus des Berliner Kunstgewerbemuseums. Das Architektenbüro Kühn Malvezzi gestaltete 2014 das Gebäude am Kulturforum um und erneuerte es.[3][4]
- Direktoren
- 1867–1908: Julius Lessing (1843–1908)
- 1908–1927: Otto von Falke (1862–1942)
- 1928–1947: Robert Schmidt (1878–1952)
- 1948–1959 (Ost-Berlin): Martin Klar (1886–1966)
- 1959–1961 (Ost-Berlin): Sabine Baumgärtner (1929–2018)
- 1959–1969 (West-Berlin): Arno Schönberger (1915–1993)
- 1962–1983 (Ost-Berlin): Günter Schade (* 1933)
- 1969–1987 (West-Berlin): Franz Adrian Dreier (1924–2000)
- 1987–2001: Barbara Mundt (* 1936)
- 2001–2010: Angela Schönberger (* 1945)
- seit 2010: Sabine Thümmler (* 1956)
Ausstellung
Das Kunstgewerbemuseum sammelt europäisches Kunsthandwerk aller nachantiken Stilepochen der Kunstgeschichte, darunter Gold- und Silberschmiedearbeiten, Glas-, Email- und Porzellangefäße, Möbel und Raumgetäfel sowie Tapisserien, Kostüme und Seidenstoffe. Im Museumsgebäude am Kulturforum führt ein Rundgang auf einer Fläche von 7000 Quadratmetern durch die historische Entwicklung des Kunsthandwerks vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Gezeigt werden unter anderem Stücke mittelalterlicher Schatzkunst aus bedeutenden Kirchen dieser Zeit, so beispielsweise ein karolingisches Bursenreliquiar (sogenannte Engerer Burse)[5] sowie ein prunkvoll als Gemmenkreuz gearbeitetes Vortrage- und Reliquienkreuz, eine Arbeit des ausgehenden 11. Jahrhunderts, aus dem Dionysius-Schatz der Stiftskirche St. Dionysius in Enger, darüber hinaus über 40 Werke aus dem Welfenschatz. Für die Epoche der Renaissance steht das Repräsentationssilber der Ratsherren der Stadt Lüneburg mit dem Bürgereidkristall des Hans von Laffert.
Exponate der Höfe italienischer Fürstentümer zur Renaissancezeit sind Bronzen, Bildteppiche, Möbel, Venezianer Gläser und Majoliken im Erdgeschoss. Im Obergeschoss sind Schätze aus barocken Kunstkammern, Delfter Fayencen und barocke Gläser zu sehen. Weiterhin ist europäisches Porzellan, vor allem aus Meißen und der Königlich-Preußischen Porzellan-Manufaktur, Zier- und Tischgerät vom Rokoko und Klassizismus über den Historismus bis zum Jugendstil ausgestellt.
Überregional bedeutend ist die Mode- und Kostümsammlung. Bereichert wurde sie vor allem 2003 durch den Ankauf der Sammlung Kamer/Ruf und 2005 durch die Übernahme der Sammlung des Berliner Modeschöpfers Uli Richter. Die Hauptwerke dieser Sammlung werden seit 2014 im neu etablierten Ausstellungsschwerpunkt Mode–Kunst–Werke im Erdgeschoss gezeigt. Im Untergeschoss wird in der Neuen Sammlung Kunsthandwerk des 20. Jahrhunderts durch Industrieprodukte ergänzt.
Der zweite Museumsstandort im Schloss Köpenick zeigt in einer Dauerausstellung mit dem Titel Raumkunst aus Renaissance, Barock und Rokoko einen Querschnitt der Ausstattungskunst des 16. bis 18. Jahrhunderts.
- Fragment eines Wandbehangs aus Seidenstickerei, Halberstadt um 1170
- Welfenkreuz, erste Hälfte des 12. Jahrhunderts
- Kreuzreliquiar (Vortragekreuz) des Dionysius-Schatzes
- Johann Michael Hoppenhaupt d. Ä: Merseburger Spiegelkabinett, 1712–1715, aus dem Schloss Merseburg (im Schloss Köpenick)
- Salonmöbel von Carlo Bugatti, Mailand um 1885
- Armreliquiar des hl. Caesarius von Terracina
Literatur
Zur Geschichte
- Deutsches Gewerbe-Museum zu Berlin. Berlin 1867 (Digitalisat).
- Georg Büttner: Der Erweiterungsbau des Königlichen Kunstgewerbemuseums in Berlin. In: Zeitschrift für Bauwesen Jg. 58 (1908), Sp. 509–528 Tafel 58–61 (Digitalisat).
- Barbara Mundt: Museumsalltag vom Kaiserreich bis zur Demokratie. Chronik des Berliner Kunstgewerbemuseums (= Schriften zur Geschichte der Berliner Museen Band 5). Böhlau, Köln/Weimar/Wien 2018, ISBN 978-3-412-50746-6.
Sammlungskataloge
- Arthur Pabst: Die Sammlungen des Kunstgewerbe-Museums Berlin. Seemann, Leipzig 1884.
- Christiane Keisch (Red.): Europäisches Kunsthandwerk aus zehn Jahrhunderten: Schloss Köpenick. Kunstgewerbemuseum, Berlin 1976.
- Monika Bierschenk (Red.): Kunstgewerbemuseum Berlin. Kunsthandwerk vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Berlin 1985, 2. Auflage 1989.
- Sabine Thümmler (Hrsg.): Immer modern – Designklassiker von 1825 bis 1985 aus den Beständen des Kunstgewerbemuseums Berlin. Sandstein Verlag, Dresden 2017, ISBN 978-3-95498-360-5 (Auszug Online).
Weblinks
- Website des Museums
- Suche nach Kunstgewerbemuseum Berlin im Online-Katalog der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz (Achtung: Die Datenbasis hat sich geändert; bitte Ergebnis überprüfen und
SBB=1
setzen) - Kunstgewerbemuseum Berlin in der Deutschen Digitalen Bibliothek
Einzelnachweise
- Staatliche Museen zu Berlin zählen 2019 mehr als 4 Millionen Besucher*innen. 31. Januar 2020, abgerufen am 19. Juli 2020.
- Abbildung von Objekten, die im Schlossmuseum Berlin untergebracht waren im Archiv der UdK Berlin.
- Staatliche Museen zu Berlin: Staatliche Museen zu Berlin: Museen & Einrichtungen - Kunstgewerbemuseum – Über uns – Profil. Abgerufen am 2. Dezember 2019.
- Nikolaus Bernau: Neueröffnung Berliner Kunstgewerbemuseum: Kunstgewerbemuseum erstrahlt im neuen Glanz. 20. November 2014, abgerufen am 2. Dezember 2019 (deutsch).
- Reliquiar in Bursenform aus dem Schatz des Stiftes St. Dionysius zu Enger/Herford in der Online-Datenbank der Staatlichen Museen zu Berlin; Victor H. Elbern: Ein fränkisches Reliquienfragment in Oviedo, die Engerer Burse in Berlin und ihr Umkreis. In: Madrider Mitteilungen. Bd. 3 (1962), S. 183–204.
- Marcin Latka. Abbot Kęsowski’s cup. artinpl, abgerufen am 25. Juli 2019.