Kunsterspring
Kunsterspring ist Gemeindeteil von Gühlen-Glienicke, einem Ortsteil der Stadt Neuruppin im Landkreis Ostprignitz-Ruppin (Brandenburg). Das mittelalterliche Dorf Kunst wurde 1358 verwüstet und wahrscheinlich nicht wieder aufgebaut. 1541 ist Kunst als wüste Feldmark genannt. 1750 wurde eine Wassermühle auf der Feldmark errichtet; aus dieser Kleinsiedlung entwickelte sich der heutige Gemeindeteil Kunsterspring.
Lage
Kunsterspring ist ein Wohnplatz auf der Gemarkung von Gühlen-Glienicke, einem Ortsteil der Stadt Neuruppin. Es liegt 12 km nordwestlich vom Stadtkern von Neuruppin und ca. 2,4 km südsüdöstlich vom Ortskern Gühlen-Glienicke. Es ist über die L16 von Neuruppin gut zu erreichen; die L16 führt weiter nach Gühlen-Glienicke. Nächster Ort ist der Gemeindeteil Steinberge, der Luftlinie nur 600 m Richtung Gühlen-Glienicke entfernt liegt. Nur etwa 100 m entfernt in Richtung Norden liegt der Steinbergesee. Südlich fließt die Kunster vorbei, die früher die Kunstermühle antrieb. Der kleine Ort liegt fast völlig im Wald auf 62 m ü. NHN
Geschichte
Der Ort wurde schon 1353 erstmals urkundlich genannt. Der Name ist nur schwer zu deuten. Entweder handelt es sich um einen umgedeuteten slawischen Ortsnamen, oder er ist tatsächlich vom Wort Kunst abgeleitet. Kunst bedeutete im Mittelalter, vgl. Wasserkunst, eine technische Vorrichtung zum Verteilen von Wasser, denkbar wäre eine Bewässerung von höher gelegenen Feldern mittels eines ausgeklügelten Bewässerungssystems. Als Kunst kann auch ein Reservoir von Wasser bezeichnet werden.[1]
Am 27. Oktober 1353 erhielt Henning Behr die Lietze zusammen mit dem obersten Marschallamt des Landes Stargard vom Herzog Albrecht II. von Mecklenburg zu Lehen. Von den Dörfern der Lietze blieben letztendlich nur Netzeband, Rossow und Schönberg als mecklenburgische Exklaven an der Grenze der Herrschaft Ruppin und der Prignitz übrig.
1358 beklagte sich Ritter Henning Behr (Bere) bei seinem Lehensherrn Herzog Albrecht von Mecklenburg, dass die Grafen von Lindow und ihre Gefolgsleute die von Rohr ihm seine Dörfer Kunst, Drosedow (Drusedow) (Gemeinde Wustrow, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte), Darritz (Dargitz) (Wohnplatz der Gemeinde Märkisch Linden) und Rottstiel (Wohnplatz der Stadt Neuruppin) wuste gemaket haben. Auch seine Dörfer Netzeband, Katerbow und Rägelin wurden geschädigt.[2] Der Grund der Fehde und der Zerstörungen ist nicht ersichtlich, zumal die vier (völlig) verwüsteten Dörfer jeweils mehr oder weniger weit auseinander lagen. Wahrscheinlich wurde Kunst in der weiteren Folge der Geschichte nicht wieder aufgebaut, ebenso Rottstiel (1525: ebenfalls wüste Feldmark).
1541 war Kunst definitiv eine wüste Feldmark, das bedeutet, dass das Dorf völlig verschwunden war. Die Feldmark wurde jedoch von Bauern des Dorfes Katerbow bewirtschaftet. Vor dem Wüstfallen des Dorfes gehörte Kunst zur Pfarrei Neuruppin. Der Pfarrer von Neuruppin erhielt daher von den Bauern von Katerbow einen halben Wispel Hafer von der wüsten Feldmark Kunst. 1574 hatte auch ein Bauer in Zühlen eine Wiese auf der Feldmark Kunst. Sie gehörte damals schon und auch in der weiteren Folge der Geschichte zum Amt Alt Ruppin. 1590 wurde die Lage der Feldmark näher beschrieben. Sie grenzte an die damals ebenfalls wüsten Feldmarken von Prozechel, Randersleben, Steinberge und Eggersdorf (Steinberge entstand später wieder neu). Die noch vorhandenen Ackerflächen wurden von den Bauern von Katerbow gegen Pacht bewirtschaftet. Das Vorwerk Linow hatte eine Wiese zu 30 Fuder Heu und zwei Leute aus Alt Ruppin hatten ebenfalls Wiesen auf der Feldmark. Auch das Vorwerk Storbeck nutzte Teile der Feldmark als Schafweide.
Während des Dreißigjährigen Krieges fiel die Feldmark nun im eigentlichen Sinn wüst, sie bewaldete sich und war 1654, wie es in einem Schriftstück heißt, völlig mit Holz bewachsen. 1697 wurde die Kunsterspring geräumt,[3] d. h., dass Teile der Feldmark gerodet und wieder urbar gemacht wurden. 1750 wurde eine Wassermühle auf der Kunst und an der Kunster erbaut. 1764 hatte der Müller Kehrberg dort ein Wohnhaus, eine Scheune, einen Stall und ein Nebengebäude. Die Mühle wurde daher im Schmettauschen Kartenwerk von 1767/87 Kehrbergmühle genannt. Die Bewohner der Mühle gingen in Zühlen zur Kirche.
1767 hatte die kleine Siedlung drei Feuerstellen (Wohnhäuser) und 12 Einwohner, 1787 waren es 18 Einwohner.[4] Johann Ernst Fabri nennt den Ort Kunster Mühle,[4] ebenso Friedrich Wilhelm Bratring.[5] 1798 gehörten zur Mühle größere Ackerflächen, die mit einem Wispel Roggen, 10 Scheffel Hafer, 2 Scheffel Erbsen, einem Wispel 12 Scheffel Kartoffeln und 7 Scheffel Buchweizen besät wurden. Dazu gab es Wiesen für zwei Pferde und 10 Stück Rindvieh. Bratring gibt 1798 nur zwei Feuerstellen an, an/in denen 1766 16, 1785 21 und 1798 22 Menschen lebten. Allerdings nennt er drei Einlieger und einen Hirten, fünf Männer, fünf Frauen, sieben Kinder und 5 Dienstboten. Bratring erwähnt zudem, dass das hier entspringende mineralische Wasser (die Kochquelle oberhalb von Kunsterspring) im vorigen Jahrhundert (also im 18. Jahrhundert) vielen Kranken geholfen haben soll. Für 1801 gibt Bratring zwei Feuerstellen und 27 Bewohner an, darunter vier Einlieger. Der Müller hatte seine Abgaben dem Amt Alt Ruppin zu entrichten.[6] 1797 hatte ein Mühlenmeister Thederan die Kunstermühle inne.[7] 1801 übernahm seine Frau Marie Wilhelmine Henriette, geb. Rosenberg die Mühle. 1834 wird erstmals der Mühlenmeister Hartz[8] genannt, 1868 folgte ein Mühlenmeister Rost und 1875 ein Mühlenmeister Reich.
1817 wurde der Ort Kunsterspring genannt, die Mühle wird als Wasser-, Mahl-, Schneide- und Lohmühle beschrieben. Sie gehörte nun einem Müllermeister Pagel, der seine Abgaben weiter zum Amt Alt Ruppin zu leisten hatte. Der Ort hatte neun Einwohner.[9] 1834 kaufte der damaligen Besitzer Mühlenmeister Hartz 3 Morgen 136 Quadratruten Forstland hinzu.[8] 1840 gab es ein Wohnhaus mit 12 Bewohnern.[10] Nach Berghaus gehörte um 1850 40 Morgen Äcker und Wiesen zur Mühle.[11] 1860 standen hier neben dem Wohnhaus noch drei Wirtschaftsgebäude. Die Mühle wird als Wassergetreidemühle und Wassersägemühle beschrieben. In der Siedlung wohnten noch 8 Menschen.[12] Kunsterspring gehörte damals zur Colonie Steinberge. 1917 brannte die Mühle ab und wurde nicht wieder aufgebaut.
1952 wurde die Waldarbeitsschule eröffnet, als Internat für die Lehrlinge diente ein 1935 errichtetes Jagdhaus (Schilfhaus) eines Industriellen. In den 1970er Jahren wurden hier auch zahlreiche junge Vietnamesen, später auch Kambodschaner ausgebildet.
1955 bis 1963 wurden in einer Pelztierfarm an der Kunster Nutrias (Myocastor coypus) gezüchtet. Darauf folgte eine Entenmastanlage. 1967 wurde ein forstbotanischer Garten angelegt. Angeschlossen war ein Gehege, das zunächst verletzte oder verwaiste Wildtiere aufnahm. Daraus entwickelte sich der Tierpark, den 1975 der Rat der Stadt Neuruppin übernahm.[1]
Mühlenbesitzer
Die bisher ermittelten Mühlenbesitzer in der Übersicht:
- 1796 Mühlenmeister Thederan[7]
- 1801 Marie Wilhelmine Henriette, geb. Rosenberg, verehelichte Thederan, Mühlenbesitzerin[13]
- 1834 Mühlenmeister Hartz[8]
- 1857 Mühlenmeister Hartz, stellvertretender Schiedsmann für den IV. ländlichen Bezirk des Kreises Ruppin[14]
- 1864 Mühlenbesitzer Carl Hartz, Schiedsmann im IV. ländlichen Bezirk des Kreises Ruppin[15]
- 1868 Mühlenbesitzer Reich[16]
- 1875 Mühlenbesitzer Rost[17]
Waldarbeitsschule, Wirtschaft und Freizeit
1952 wurde in Kunsterspring die Waldarbeitsschule Kunsterspring als regionale Ausbildungsstätte für Forstfacharbeiter gegründet. Die Schule wurde seither mehrfach umgebaut und erweitert und ist heute mit einem Internat gekoppelt.[18] An der Kunster hat sich ein Forellen- und Saiblingszuchtbetrieb angesiedelt. Kunsterspring hat einen Tierpark, in dem etwa 90 einheimische Tierarten gezeigt werden.[19]
Naturschutzgebiet „Kunsterspring“
Oberhalb von Kunsterspring ist das Tal der Kunster mit jeweils einem breiten Streifen beiderseits des Tales, einschließlich der Kochquelle als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Durch das 101 ha große Naturschutzgebiet ist ein Naturlehrpfad ausgewiesen.[20]
Literatur
- Lieselott Enders: Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil II, Ruppin. 327 S., Weimar 1972, S. 139.
- Joachim Herrmann, Peter Donat (Hrsg.)/Autorenkollektiv: Corpus archäologischer Quellen zur Frühgeschichte auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik: (7. bis 12. Jahrhundert). 348 S., Akademie der Wissenschaften der DDR, Zentralinstitut für Alte Geschichte und Archäologie, Berlin, 1979.
- Dieter Zühlke (Bearb.)/Autorenkollektiv: Ruppiner Land : Ergebnisse der heimatkundlichen Bestandsaufnahme in den Gebieten von Zühlen, Dierberg, Neuruppin und Lindow. 202 S., Berlin: Akademie-Verlag 1981. (Werte unserer Heimat – Heimatkundliche Bestandsaufnahme in der Deutschen D. Republik; 37), S. 47–48 (im Folgenden abgekürzt Zühlke, Ruppiner Land mit entsprechender Seitenzahl).
Weblinks
Einzelnachweise
- Zühlke, Ruppiner Land, S. 47.
- Verein für Meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde: Me(c)klenburgisches Urkundenbuch, Band 14 (1356-1360). 677 S., In Kommission der Stiller'schen Hofbuchhandlung, Schwerin, 1886, Urk.Nr.8456, S. 283–286.
- Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Online Recherche: Räumung der Kunsterspring. 1697.
- Johann Ernst Fabri: Verbesserungen und Nachträge in Ansehung der Graffschaft Ruppin. Zur Büschingschen Topographie der Mark Brandenburg. Magazin für die Geographie, Staatenkunde und Geschichte, 3: 271-311, Nürnberg, Raspesche Buchhandlung, 1797 Online bei Google Books
- Friedrich Wilhelm August Bratring: Die Graffschaft Ruppin in historischer, statistischer und geographischer Hinsicht. Gottfried Hayn, Berlin 1799 Online bei Google Books (S. 457)
- Friedrich Wilhelm August Bratring: Statistisch-topographische Beschreibung der gesammten Mark Brandenburg. Zweiter Band. Die Mittelmark und Ukermark enthaltend. VIII, 583 S., Berlin, Maurer, 1805 Online bei Google Books (S. 54)
- Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Online Recherche: Beschwerde des Mühlenmeisters Thederen auf der Kunsterspringschen Mühle über den Erbpächter Schönermark zu Frankendorf wegen des ihm entzogenen Gemahls; 1796.
- Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Online Recherche: Kaufkontrakt vom 8. März 1834 mit dem Mühlenmeister Hartz in Kunsterspring über 3 Morgen 136 Quadratruten Forstland; (1832) 1834 - 1835.
- Ortschafts=Verzeichniß des Regierungs=Bezirks Potsdam nach der neuesten Kreiseintheilung vom Jahre 1817, mit Bemerkung des Kreises, zu welchem der Ort früher gehörte, der Qualität, Seelenzahl, Confession, kirchlichen Verhältnisse, Besitzer und Addreß-Oerter nebst alphabethischem Register. Georg Decker, Berlin 1817 (ohne Paginierung) Online bei Google Books
- August von Sellentin: Topographisch-statistische Uebersicht des Regierungs-Bezirks Potsdam und der Stadt Berlin: Aus amtlichen Quellen zusammengestellt. 292 S., Verlag der Sander'schen Buchhandlung, 1841 Zentral- und Landesbibliothek Berlin: Link zum Digitalisat (S. 146)
- Heinrich Karl Wilhelm Berghaus: Landbuch der Mark Brandenburg und des Markgrafthums Nieder-Lausitz in der Mitte des 19. Jahrhunderts; oder geographisch-historisch-statistische Beschreibung der Provinz Brandenburg, auf Veranlassung des Staatsministers und Ober-Präsidenten Flottwell. Erster Band. 684 S., Druck und Verlag von Adolph Müller, Brandenburg 1854 Online bei Google Books S. 134
- Richard Boeckh: Ortschafts-Statistik des Regierungs-Bezirks Potsdam mit der Stadt Berlin. 276 S., Verlag von Dietrich Reimer, Berlin, 1861, S. 206 (unter Charlottenthal)
- Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Online Recherche: Erbverschreibungen für die Mühlenbesitzerin Marie Wilhelmine Henriette, geb. Rosenberg, verehelichte Thederan zu Kunsterspring; 1801.
- Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin, Stück 12 vom 25. März 1853, S. 128. Online bei Google Books
- Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin, 46. Stück vom 11. November 1864, S. 329 Online bei Google Books
- Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin, 16. Stück vom 17. April 1868, S. 129 Online bei Google Books
- Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin, 38. Stück vom 17. September 1875, S. 315 Online bei Google Books
- Waldarbeitsschule Kunsterspring
- Tierpark Kunsterspring
- Naturlehrpfad Kunsterspring