Kryptocalvinismus
Der Kryptocalvinismus ist eine abfällige Bezeichnung für Sympathisanten des Calvinismus in orthodox-lutherischen Gebieten im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert. Wo er auch das Fürstenhaus erfasste und zur herrschenden Religion wurde, bezeichnete er sich selbst als reformierte Kirche (z. B. in Brandenburg). Da der Calvinismus vor 1648 in Deutschland nicht als offizielle Religion anerkannt war, versuchten einige Fürsten in dieser Zeit auch den Calvinismus so zu praktizieren, dass er noch als übereinstimmend mit der lutherischen Lehre, wie sie im Augsburger Religionsfrieden von 1555 festgehalten worden war, anerkannt wurde (z. B. in der Kurpfalz im Heidelberger Katechismus).
Theologisch entbrannte der Streit vor allem an der Frage des Abendmahls. Während die Lutheraner von der Realpräsenz von Leib und Blut Christi in Wein und Brot ausgingen, vertraten die Anhänger Ulrich Zwinglis und Johannes Calvins die Auffassung, Brot und Wein seien nur Zeichen für Leib und Blut. Schon Philipp Melanchthon neigte gegenüber der lutherischen Lehre eher zum Zwinglischen Abendmahlverständnis und wurde deswegen heftig angefeindet.
Bekanntester Kryptocalvinist war der sächsische Kanzler Nikolaus Krell, der dafür am 9. Oktober 1601 in Dresden auf Betreiben der lutherischen Orthodoxie durch das Schwert hingerichtet wurde. Auch Caspar Peucer, Christoph Gundermann und viele andere wurden als Kryptocalvinisten verfolgt.
Siehe auch
Literatur
- Irene Crusius: „Nicht calvinisch, nicht lutherisch“: Zu Humanismus, Philippismus und Kryptocalvinismus in Sachsen am Ende des 16. Jahrhunderts. In: Archiv für Reformationsgeschichte. Band 99, Heft 1, 2008, S. 139–175. doi:10.14315/arg-2008-0108.