Kolowrat

Die Grafen v​on Kolowrat (früher a​uch Kol(l)owrat(h), tschechisch Páni z Kolovrat, bzw. Kolovratové) s​ind ein böhmisch-österreichisches Adelsgeschlecht, n​ach der böhmischen Ortschaft Kolovraty (Pl. v​on kolovrat – deutsch Spinnrad), h​eute ein Teil v​on Prag.

Stammwappen der Kolowrat

Geschichte

Das Geschlecht d​er Grafen v​on Kolowrat stammte a​us der Sippe d​er Janovici, d​em u. a. a​uch die Herren Czeyka v​on Olbramowicz u​nd die Janovsky v​on Janowicz angehören. Es erscheint urkundlich erstmals m​it Albrecht I., d​er 1347 a​ls „dominus Albertus d​e Colowrat“[1] u​nd als „baro“ bezeichnet wird. Seine Nachkommen teilten s​ich in zahlreiche Äste auf. Die Linie d​er Kolowrat-Krakowsky besteht b​is heute.[2]

Nach d​er ältesten böhmischen Herrenstandordnung v​om Jahr 1501 nehmen d​ie Herren v​on Kolowrat d​en 12. Rang ein. Reichsgrafenstand m​it Wappenbesserung 1624 für Zdenko Liebsteinsky v​on Kolowrat. Königlich böhmische Verleihung d​es Prädikats „Hoch- u​nd Wohlgeboren“, Wien 27. April 1626 für Heinrich v​on Kolowrat (-Liebsteinsky) a​uf Zichowicz u​nd Strzela.[3] Reichsgraf, Frankfurt a​m Main 20. Juli 1658 für Franz Karl Liebsteinsky Freiherr v​on Kolowrat u​nd seine Brüder. Böhmische Bestätigung d​es Grafenstandes, Wien 8. November 1660 für d​ie Brüder Franz Karl, Ferdinand Ludwig u​nd Leopold Ulrich Liebsteinsky v​on Kolowrat.[4]

Mitglieder d​er Kolowrat verloren n​ach der Schlacht a​m Weißen Berg 1620 große Teile i​hres Vermögens. Verwandt w​aren sie d​urch Eheschließungen u. a. m​it den Vitzthum, Berka v​on Dubá, Lobkowitz, Guttenstein-Vrtba u​nd Sternberg.

Wappen

Das s​eit dem frühen 13. Jahrhundert belegte Stammwappen z​eigt in Blau e​inen von Silber u​nd Rot gespaltenen Adler, dessen Brust u​nd Flügel m​it einem goldenen Mond belegt ist, dessen Hörner i​n Kleeblätter auslaufen. Ab d​em 15. Jahrhundert trägt d​er Adler e​ine dreiblättrige goldene Halskrone. Auf d​em Helm m​it rot-silbern Decken e​in geschlossener, hinten silberner, v​orne roter m​it einem goldenen Kleestengel belegter Flug.[5]

Das Wappen (1624) z​eigt in v​on Blau u​nd Silber gespaltenem Schild e​inen goldgekrönten u​nd -bewehrten, v​orn silbernen, hinten r​oten Adler m​it goldenem Kleestengelhalbmond a​uf der Brust, belegt m​it dem goldgekrönten österreichischen Bindenschild. Auf d​em gekrönten Helm m​it rot-weiß-blauen Decken e​in von Silber über Rot geteilter Adlerflug.

Überblick zur Stammfolge

Die gesicherte Stammfolge beginnt m​it Albrecht (Albertus) I. Herr v​on Kolowrat (jetzt Kolovraty i​m Bezirk Rican b​ei Prag) a​uf Roczow, Kornhaus u​nd Zehrowicz (* um 1320; † 1391). Er versah wichtige Ämter a​m Hofe Kaiser Karls IV., w​ar Marschall d​er Königin v​on Böhmen, d​ann königlich böhmischer Landeshauptmann d​es Vogtlandes, residierte a​uf der Burg Mylau u​nd war m​it Anna v​on Seeberg verehelicht. Albrecht I. erbaute 1375 d​as Augustinerkloster Ročov, besaß d​ort einen befestigten Wohnsitz m​it einem Meierhof, h​at 1352 d​ie Stadt Ober Ročov gegründet u​nd ihr d​as Marktrecht verliehen. Die Stadt führt a​ls Wappen d​as Stammwappen d​er Kolowrat m​it dem Adler, belegt m​it dem Kleestengel. Das Ehepaar h​atte zwei Söhne:

  1. Jessek (Jesiko), dessen Tochter Kunigunde von Kolowrat 1386–1401 Fürst-Äbtissin des Sankt Georgs-Kloster auf dem Hradschin in Prag war.
  2. Albrecht II. (* um 1335; † 6. Juli 1413) auf Krassow, Kornhaus und Zebrowicz, Herr der Burg Liebenstein (Libstein in Bezirk Kralowitz), Burggraf von Elbogen in Westböhmen. Seine zwei Söhne sind: 1). Hanuss (Hans), († 1438), Pfandherr der Burgen Betlern und Tocznik, königlicher Hauptmann der Prager Städte, verehelicht mit Eva Towaczowsky von Cimburg und 2). Herbort, auf Roczow und Maschau (Masstiow) (* um 1370; † 1427), Kreishauptmann des Leitmeritzer Kreises. dann königlich böhmischer Hauptmann des Egerlandes, verehelicht mit Katharina von Schönburg. Seine Nachkommen gründen Äste mit zahlreichen Nachkommen, die ihre Besitzungen als Beinamen führen.
  • Die Kolowrat auf Bezdružice (Weseritz im Pilsner Kreis) mit dem Stammvater Johann von Kolowrat († 1469) hielten bis Ende des 14. Jahrhunderts Bezdružice. Während der Hussitenkriege standen sie als Mitglieder des Pilsner Landfrieds auf der Seite der Katholiken. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts trennten sich die Kolowrat von Nový Hrad. Der Urenkel Johann, der 1523 Berater des Königs war, hielt daneben Buštěhrad, Krašov und Kozojedy. Er fiel in der Schlacht bei Mohács 1526 und dessen Urenkel Wilhelm Heinrich von Kolowrat war Kämmerer und Hauptmann des Kreises Chrudim († 1642).
  • Der Begründer der Kolowrat auf Nový Hrad (benutzten das Prädikat Novohradský z Kolovrat), Albrecht, baute in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts Nový Hrad (Neuschloß) bei Louny (Laun). Seine Nachfolger hielten hohe Ämter und Funktionen am Hof. Der Ast starb 1802 aus.
  • Die Kolowrat auf Řehrovice siedelten bis Ende des 14. Jahrhunderts in Řehrovice. Johann war 1465 bis 1467 Gesandter des Georg von Podiebrad in Westeuropa. Er war vor allem wegen seines Fleißes beliebt. Dieser Zweig starb etwa 1510 aus.
  • Der Begründer der Kolowrat auf Maschau, (Mašťov), Beneš auf Ročov und Netluký, erhielt 1454 Mašťov. Seine Nachfolger waren Herzöge im Saazer Kreis (Žatec) und sind 1623 ausgestorben.
Schloss Rychnov nad Kněžnou, von 1640 bis 1948 und wieder seit 1992 im Besitz der Familie
  • Die Kolowrat auf Liebstein (Libštejn) erhielten den Namen Ende des 14. Jahrhunderts nach der Burg Libštejn im Pilsner Gebiet. Hanuš war katholischer Herr auf Krašov, Zbiroha, Žebrák, Točník, Plasích und einer der Gegner des Georg von Podiebrad. Albrecht war in der Zeit von 1503 bis 1510 höchster Kanzler. Während den anderen Familien, die sich zum Protestantismus bekannten, nach der Schlacht am Weißen Berg das Vermögen konfisziert wurde, erhob man Zdeněk Lev 1624 für seine Verdienste zum Herzog. Heinrich, der von 1643 bis 1646 das Amt des höchsten Hofmeisters innehielt, war ein treuer Anhänger des Kaisers. Albrecht, königlicher Vertreter, kaufte 1640 die Herrschaft Rychnov nad Kněžnou, wo seine Erben, die das Wohlwollen des Kaisers hatten, ein mächtiges Schloss erbauten. Hier wohnten sie bis 1861, bis mit Burggraf Franz Anton dieser Ast ausstarb.
  • Die Kolowrat auf Krakov erhielten den Namen nach der Burg Krakovec bei Rakovník, die sie 1445 erwarben. Macht und Vermögen wuchsen vor allem nach der Schlacht am Weißen Berg. 1671 wurden sie zu Herzögen erhoben. Vilém Albrecht, oberster Kanzler, erbte 1725 von den Herren Jeníš von Újezd das Schloss Březnice und weitere Ländereien, die 1872 an die Pálffy gingen. Nach Aussterben der Libštejner Linie der Kolowrat erhielten sie deren Ländereien Rychnov nad Kněžnou, die im Zweiten Weltkrieg unter deutsche Zwangsverwaltung kamen und 1948 enteignet wurden; 1992 erhielt Graf Kryštof Jaroslav Kolowrat Krakowský den Besitz Rychnov nad Kněžnou mit dem Schloss, seinen Sammlungen und 5.875 Hektar Land zurück. Graf Jindřich Kolowrat-Krakowský (1897–1996) erhielt die Waldreviere Diana (bei Přimda) und Týnec na Klatovsku mit 7.698 ha sowie eines der Kolowrat-Palais in Prag zurück, das aus zwei gotischen Häusern entstandene Palais am Ovocný trh (Obstmarkt), das seit 1670 bzw. 1697 im Besitz der Familie war, ferner drei große Geschäftshäuser.

Persönlichkeiten

  • Albrecht der Ältere (1347–1391), Hauptmann von Vogtland
  • Johann Kolowrat (* vor 1435–1483), böhmischer Adliger, Priester und Apostolischer Administrator von Prag
  • Emanuel Václav von Kolowrat-Krakovský, Vizeadmiral der Armee der Malteser-Ritter im 18. Jahrhundert
  • Ulrich Franz Kolowrat (1607–1650), österreichischer Adeliger
  • Johann Wilhelm Libštejnský von Kolowrat (auch: Johann Wilhelm Reichsgraf Kolowrat-Liebsteinský) (1627–1668), ernannter Erzbischof von Prag
  • Maximilian Norbert von Kolowrat-Krakovský (1658–1721), österreichischer wirklicher Geheimer Rath, Oberster Landkämmerer von Böhmen und Appellationsgerichtspräsident in Böhmen, Statthalter von Prag
  • Johann Joseph Hyazinth von Kolowrat-Krakowsky (1692–1766), kaiserlicher Geheimer Rat, Oberstlandkämmerer und Appellationsgerichtspräsident, sächsischer Gesandter in Spanien 1738 bis 1766
  • Maria Anna von Kolowrat-Krakovský, geb. Freiin von Stein zu Jettingen, Oberhofmeisterin der sächsischen Kurfürstin und polnischen Königin Maria Josepha von Sachsen
Allianzwappen Brühl / Kolowrat-Krakowsky, gemalt auf dem Schwanenservice aus Meißner Porzellan

Literatur

Commons: Kolowrat – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Archiv des Prager Domkapitels, Fasc. VIII, Nr. 17.
  2. Vgl. den Überblick zur Familiengeschichte auf der Homepage.
  3. BSB XXXII a. S. 166–159.
  4. BSB LXVII, S. 557–556.
  5. Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band VI, Limburg an der Lahn 1987, S. 404 f. und Kolowrat-Krakowsky: The Kolowrat Coat of Arms, abgerufen am 7. Februar 2014

Anmerkungen

  1. Genannt Hanuš von Kolowrat-Krakovský, verstorben zu Prag, bestattet in Reichenau an der Knieschna. – Siehe: Graf Hanusch Kolowrat-Krakovsky. In: Das Vaterland, Nr. 176/1872 (XIII. Jahrgang), 29. Juni 1872, S. 1 f. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/vtl sowie
    Tages-Nachrichten. (…) Leichenfeier. Aus Reichenau (…). In: Das Vaterland, Nr. 177/1872 (XIII. Jahrgang), 1. Juli 1872, S. 1, unten rechts. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/vtl.
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