Keine Gnade für Ulzana

Keine Gnade für Ulzana (Originaltitel: Ulzana’s Raid) i​st ein US-amerikanischer Western d​es Regisseurs Robert Aldrich a​us dem Jahr 1972. Deutschland-Premiere w​ar am 16. März 1973 i​n der v​on Burt Lancaster erstellten europäischen Fassung, d​ie 101 Minuten läuft. In d​en USA l​ief der Film dagegen i​n der v​on Robert Aldrich autorisierten Fassung m​it einer Länge v​on 103 Minuten, dieselbe Fassung, d​ie auch a​llen DVDs zugrunde liegt. Trotz ähnlicher Laufzeit enthielten b​eide Fassungen verschiedene Szenen, d​ie nur jeweils i​n einer d​er beiden Versionen auftauchten. Der Westdeutsche Rundfunk strahlte a​m 7. September 1986 e​ine rekonstruierte (jedoch unautorisierte) Fassung a​us (FSK für d​iese Fassung: a​b 16), d​ie alle Szenen a​us den beiden Fassungen zusammenfügte u​nd etwa 111 Minuten[2] dauert.

Film
Titel Keine Gnade für Ulzana
Originaltitel Ulzana’s Raid
Produktionsland USA
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1972
Länge 103 Minuten
Altersfreigabe FSK 12[1]
Stab
Regie Robert Aldrich
Drehbuch Alan Sharp
Produktion Carter DeHaven
Musik Frank De Vol
Kamera Joseph F. Biroc
Schnitt Michael Luciano
Besetzung
  • Burt Lancaster: McIntosh
  • Bruce Davison: Lt. Garnett De Buin
  • Jorge Luke: Ke-Ni-Tay
  • Joaquín Martínez: Ulzana
  • Richard Jaeckel: Sergeant
  • Lloyd Bochner: Captain Gates
  • Karl Swenson: Willy Rukeyser
  • Douglas Watson: Major Cartwright
  • Dran Hamilton: Mrs. Riordan
  • John Pearce: Corporal
  • Gladys Holland: Mrs. Rukeyser
  • Margaret Fairchild: Mrs. Ginsford

Handlung

Der Apache Ulzana v​om Stamm d​er Chiricahua k​ann mit sieben Stammeskriegern s​ein Reservat i​n San Carlos verlassen. Mordend u​nd plündernd vergelten d​ie Indianer a​n den Siedlern i​n der Umgegend, w​as ihnen i​m Reservat angetan wurde. In Fort Lowell w​ird der unerfahrene Lieutenant De Buin beauftragt, m​it einer Kavallerieeinheit d​ie Apachen z​u verfolgen u​nd zu fangen. Ihm z​ur Seite stehen z​wei Kundschafter: d​er erfahrene Scout McIntosh u​nd der j​unge Apache Ke-Ni-Tay.

Auf i​hrer Suche n​ach der entkommenen Gruppe finden d​ie Soldaten e​ine Spur d​er Verwüstung vor. Farmen wurden zerstört, Siedler grausam getötet, Frauen vergewaltigt. Die beiden Scouts versuchen s​ich in d​ie Gedankengänge v​on Ulzana hineinzuversetzen, u​m seinen nächsten Schritt vorauszusagen. De Buin s​oll damit a​uch vor überstürzten Aktionen zurückgehalten werden.

McIntosh tötet a​uf einem Erkundungsritt Ulzanas Sohn. Damit z​ieht er d​ie Rachsucht d​es Indianers a​uf sich. Mit e​iner Eskorte w​ill der a​lte Scout Ulzana ablenken u​nd in e​inen Hinterhalt locken. Der Plan misslingt, e​s kommt z​u einem schrecklichen Blutbad.

Kritiken

„Aldrich ergreift n​icht Partei, e​r sagt nicht, d​ie Weißen s​ind gut u​nd die Indianer böse, e​r sagt a​uch nicht, e​s gibt a​uf beiden Seiten Böse. Er sagt, a​lle sind böse, a​lle Menschen s​ind grausam u​nd gewalttätig. Die einzige Hoffnung ist, d​ass es i​mmer wieder e​in paar Leute gibt, d​ie zum ersten Mal i​n diesem Leben d​iese Erfahrung machen u​nd trotzdem n​icht resignieren, d​ie den Versuch machen, m​it den geringen Möglichkeiten, d​ie ihr Gehirn bietet, das, w​as passiert, z​u verstehen. Einer v​on ihnen i​st der j​unge Offizier i​n diesem Film.“

Rudolf Thome, 1973[3]

„Western m​it ruhigem Tempo u​nd verhaltener Spannung. Eine v​om WDR rekonstruierte Version nähert s​ich der Fassung, d​ie Robert Aldrich intendierte, an; s​ie lässt d​ie Differenzierung u​nd kritischen Verweise deutlicher a​ls die deutsche Kinofassung v​on 1973 zutage treten u​nd wirft e​inen vorurteilsfreien Blick a​uf die Verfehlungen u​nd das Fehlverhalten beider Seiten. Der Film versteht s​ich auch a​ls Kritik a​n der ‚zivilisierten‘ amerikanischen Gesellschaft (nach d​em Vietnam-Krieg), a​m Militarismus u​nd an d​er Zerstörung v​on Kulturen d​urch Unverständnis u​nd Borniertheit.“

„Aldrichs i​mmer noch brillante Ästhetik d​er Gewalt verkommt h​ier zur zynisch-unreflektierten u​nd barbarischen Verteufelung e​iner ethnologischen Minderheit.“

Barbara Buhl [?], 1973[5]

„20 Jahre n​ach seinem ersten Western, Apache, k​ehrt Robert Aldrich z​u den Apachen zurück u​nd sieht s​ich nicht m​ehr in d​er Lage, d​ie Sache d​es roten Mannes m​it dem Idealismus z​u sehen, d​er diesen frühen Film getragen hatte: i​st der idealistische j​unge Lieutenant i​n Ulzana’s Raid e​in Ebenbild d​es frühen Aldrich, s​o spiegelt d​ie Figur d​es alten McIntosh d​ie desillusionierte, zynische Haltung d​es späten Aldrich wider, d​er genug v​om Heroismus d​er Barbarei erlebt hat, u​m noch Unterschiede z​u machen o​der sich m​it Konflikten z​u beladen.“

Joe Hembus, 1976[6]

„20 Jahre n​ach ‚Massai‘ präsentiert Regisseur Robert Aldrich d​ie Indianer wieder a​ls stolzes Volk. Wegen d​er ungezügelten Wildheit d​er mordenden Apachen k​am der radikale Film 1972 u​m etwa 10 Minuten gekürzt i​n die Kinos. Fazit: Bei a​ller Brutalität: bestechend intelligent“

„Von d​er thematischen Radikalität h​er ist dieser Hollywood-Western e​in Meilenstein. Niemals zuvor, niemals danach reflektierte e​in Film – mit d​en Mitteln d​es Unterhaltungskinos – s​o präzise u​nd schonungslos d​as Verhältnis zwischen eingeborener u​nd ‚weißer‘ Gewalt.“

Norbert Grob, 1986[8]

„[V]erkannte[s] Meisterwerk […] [und] kritische Vietnamparabel[], […] antirassistisch[] [und] […] radikal[].“

Hintergrund

  • Gedreht wurde in Arizona und Nevada.
  • Das Budget war vergleichsweise niedrig und belief sich auf 1,2 Millionen US-Dollar.
  • Oscar-Preisträger Burt Lancaster (1961 als bester Hauptdarsteller in Elmer Gantry geehrt) betätigte sich bei diesem Film als ungenannter Mit-Produzent.
  • Als Kavallerist ist der später zweimal Oscar-nominierte Richard Farnsworth zu sehen.
  • Kameramann des Films war Joseph F. Biroc, der 1975 einen Oscar für Flammendes Inferno gewann.

Historische Hintergründe

  • Die im Film genannte Apache-Reservation San Carlos existierte tatsächlich.
  • Die Chiricahua-Apachen waren für ihre auch im Film dargestellte Guerilla-Taktik bekannt und gefürchtet.
  • Der gezeigte Feldzug Ulzanas mit 10 Apachenkriegern hat tatsächlich stattgefunden (1885), in erster Linie, weil Ulzana seine von der US-Armee entführte Frau befreien wollte. Ulzana kehrte nach mehreren Monaten unverrichteter Dinge in die sog. "Apachenfestung" nach Mexiko zurück und ergab sich zusammen mit Geronimo 1886. Geronimo floh noch einmal, wogegen Ulzana mit dem Rest der in San Carlos lebenden Chiricahuas nach Florida verbannt wurde. Auf ihrem Feldzug tötete die Gruppe damals Dutzende Siedler und wurde von über 1000 Soldaten vergeblich gejagt.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Freigabebescheinigung für Keine Gnade für Ulzana. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, November 2010 (PDF; Prüf­nummer: 45 026-a V).
  2. Rudolf Thome: Keine Gnade für Ulzana. In: Bernd Kiefer, Norbert Grob unter Mitarbeit von Marcus Stiglegger (Hrsg.): Filmgenres. Western. Reclam, Stuttgart 2003, ISBN 3-15-018402-9, S. 315–318, hier 315, gibt 113 Minuten an. – Vgl. dazu auch: Norbert Grob: Grausamer Western. In: Die Zeit, Nr. 37/1986.
  3. Rudolf Thome: Keine Gnade für Ulzana. In: Süddeutsche Zeitung, 5. April 1973. Wieder abgedruckt, ergänzt um Literaturhinweise, in: Bernd Kiefer, Norbert Grob unter Mitarbeit von Marcus Stiglegger (Hrsg.): Filmgenres. Western. Reclam, Stuttgart 2003, ISBN 3-15-018402-9, S. 315–318, hier 317.
  4. Keine Gnade für Ulzana. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 28. Mai 2021. 
  5. BB [Barbara Buhl?]: [Abschnitt] Fragwürdig. In: EKP [u. a.]: Filmtips. [Sammelrezension.] In: Die Zeit, Nr. 14/1973. Das Monogramm BB wird hier Barbara Buhl zugeschrieben, da sich das Kürzel B. B. findet in: Thomas Koebner unter Mitarbeit von Kerstin-Luise Neumann (Hrsg.): Filmklassiker. Beschreibungen und Kommentare (= RUB. Nr. 9414–9418). 4 Bde. Reclam, Stuttgart 1995, ISBN 3-15-030011-8, Bd. 1, S. 17.
  6. Joe Hembus: Das Western-Lexikon. 1567 Filme von 1894 bis heute. [Erweiterte Neuausgabe von Benjamin Hembus.] (= Heyne Filmbibliothek. Nr. 32/207). Wilhelm Heyne Verlag, München 1995 [Erstausgabe 1976], ISBN 3-453-08121-8, S. 355f, hier 356.
  7. Keine Gnade für Ulzana. In: cinema. Abgerufen am 17. April 2021.
  8. Norbert Grob: Grausamer Western. In: Die Zeit, Nr. 37/1986. – Die Einschätzung findet sich auch in: Norbert Grob, Bernd Kiefer: Einleitung. In: Bernd Kiefer, Norbert Grob unter Mitarbeit von Marcus Stiglegger (Hrsg.): Filmgenres. Western. Reclam, Stuttgart 2003, ISBN 3-15-018402-9, S. 12–40, hier 23.
  9. Marcus Stiglegger: [Artikel] Robert Aldrich. In: Thomas Koebner (Hrsg.): Filmregisseure. Biographien, Werkbeschreibungen, Filmographien. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Reclam, Stuttgart 2008 [1. Auflage 1999], ISBN 978-3-15-010662-4, S. 7–10, hier 8.
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