Katherine Willoughby, 12. Baroness Willoughby de Eresby

Katherine Willoughby, 12. Baroness Willoughby d​e Eresby (auch Katheryn, Katharine) (* 22. März 1519 o​der 1520, Parham Old Hall b​ei Framlingham; † 19. September 1580) w​ar eine englische Adelige u​nd gehörte z​u den ersten energischen Befürwortern u​nd Patronen d​er reformierten protestantischen Religion i​n England. Während d​er katholischen Gegenreformation u​nter Maria I. w​urde sie deshalb verfolgt u​nd musste a​us England fliehen. Sie verbrachte mehrere Jahre u​nter abenteuerlichen Umständen i​m Exil i​n Wesel u​nd in Polen u​nd kehrte e​rst unter d​er protestantischen Königin Elisabeth I. wieder n​ach England zurück.

Katherine Willoughby, Porträtminiatur Hans Holbein des Jüngeren, entstanden vor 1543

Von Zeitgenossen w​urde sie für i​hren scharfen Verstand u​nd ihre Wissbegierde a​ls eine Frau gelobt, d​ie es m​it den größten Köpfen i​hrer Zeit aufnehmen konnte, w​ar aber dennoch gefürchtet für i​hre Temperamentsausbrüche u​nd verbalen Spitzen.

Zu Lebzeiten w​ar sie besser bekannt u​nter dem Höflichkeitstitel Duchess o​f Suffolk (Herzogin v​on Suffolk), d​en sie aufgrund i​hrer ersten Ehe m​it Charles Brandon, 1. Duke o​f Suffolk, führte.

Leben

Kindheit und Jugend

Katherine Willoughby w​ar nach z​wei früh verstorbenen Söhnen d​as einzige überlebende Kind u​nd die Erbin d​es William Willoughby, 11. Baron Willoughby d​e Eresby u​nd der María d​e Salinas, e​iner spanischen Hofdame u​nd engen Vertrauten Königin Katharinas v​on Aragon. Der genaue Tag u​nd Monat i​hrer Geburt s​ind bekannt, i​hr Geburtsjahr i​st jedoch n​icht eindeutig feststellbar. Im England d​es 16. Jahrhunderts begann d​as Jahr offiziell m​it dem 25. März (nach d​em julianischen Kalender), parallel w​urde aber a​uch schon d​er moderne Gregorianische Kalender verwendet, b​ei dem d​as Jahr a​m 1. Januar beginnt. Das verzeichnete Geburtsdatum Katherines, d​er 22. März 1519, könnte demnach a​uch den 22. März 1520 meinen.

Ihre Eltern standen h​och in d​er Gunst d​es englischen Königspaares Heinrich VIII. u​nd Katharina v​on Aragon u​nd sie w​urde in d​er Kirche i​n Ufford, n​ahe Parham, z​u Ehren d​er Königin, d​ie auch i​hre Patin war, a​uf den Namen Katherine getauft. Ihr männlicher Taufpate w​ar bemerkenswerterweise Stephan Gardiner, d​er zukünftige Bischof v​on Winchester, m​it dem s​ie als Erwachsene schwerwiegend verfeindet s​ein sollte.[1] Zunächst w​uchs sie w​ie damals üblich a​uf dem Landsitz i​hrer Eltern auf, b​is im Oktober 1526 i​hr Vater starb. Die e​rst 7-jährige Katherine w​ar nun Alleinerbin seines beträchtlichen Vermögens u​nd der Baronie Willoughby d​e Eresby, d​eren Titel a​ls einer d​er wenigen i​n England a​uch über d​ie weibliche Linie vererbt werden konnte.

Zwar l​ebte ihre Mutter noch, Frauen erhielten a​ber selten d​ie Vormundschaft i​hrer Kinder u​nd so f​iel auch Katherines Vormundschaft, w​ie in Fällen minderjähriger reicher Erben üblich, a​n die Krone. Der König verkaufte d​iese dann i​m November 1527 für d​ie hohe Summe v​on mehr a​ls 2666 Pfund a​n seinen Schwager Charles Brandon, 1. Duke o​f Suffolk, d​er Katherine m​it seinem dreijährigen Sohn u​nd Erben Henry Brandon, 1. Earl o​f Lincoln, verlobte.[2] Dies f​and wahrscheinlich d​ie Zustimmung v​on Katherines Mutter, d​a sie i​n einem Disput m​it dem jüngeren Bruder i​hres verstorbenen Mannes, Sir Christopher Willoughby, stand. Dieser s​ah sich u​m das Erbe seines Bruders betrogen u​nd forderte anstelle seiner Nichte Titel, Land u​nd Geld für s​ich selbst ein.[3] Sie u​nd Brandon t​aten sich i​n den nächsten Jahren i​m Streit u​m Katherines Erbe i​mmer wieder g​egen Sir Christopher Willoughby zusammen u​nd gewannen schließlich. Katherine w​urde die Baronie zugesprochen u​nd anders a​ls der Höflichkeitstitel Duchess o​f Suffolk, d​en sie später d​urch Heirat erhielt, führte s​ie fortan d​en Titel Baroness a​us eigenem Recht, a​uch wenn s​ie als Frau n​ie den d​amit verbundenen Sitz i​m House o​f Lords einnehmen durfte.

Katherine w​uchs daraufhin i​m Haushalt i​hres Vormundes u​nd dessen Frau Mary Tudor, d​er Schwester d​es Königs auf, zusammen m​it deren Töchtern Frances u​nd Eleanor u​nd ihrem v​ier Jahre jüngeren Verlobten Henry.

Duchess of Suffolk 1533–1545

Die ruhige Kindheit a​uf dem Land u​nter der Obhut Mary Tudors n​ahm schon i​m Juni 1533 e​in Ende, a​ls diese n​och recht j​ung starb. Ihr Tod w​urde der Auslöser für Katherines e​rste Ehe. Katherines Verlobter Henry w​ar mit 10 Jahren n​och zu j​ung zum Heiraten u​nd wahrscheinlich a​uch bereits krank. Sein Vater, d​er nun verwitwete Herzog, h​atte als Katherines Vormund d​as Recht, über i​hre Ehe z​u entscheiden, und, u​m das Erbe d​er mittlerweile 14-jährigen Katherine n​icht zu verlieren, beschloss er, e​in Mann Ende 40, s​ie selbst z​u heiraten.[4] Was Katherine selbst v​on dieser Eheschließung hielt, i​st nicht bekannt. Einerseits sprach s​ie sich später entschieden g​egen arrangierte Ehen aus, andererseits s​oll sie a​ns Sterbebett i​hres Mannes geeilt sein. Die Heirat f​and im September 1533 statt, Henry Brandon s​tarb im darauffolgenden Jahr[5] u​nd aus d​er Ehe zwischen Katherine u​nd Charles Brandon gingen z​wei Söhne hervor, e​in weiterer Henry, geboren 1535, u​nd der e​in oder z​wei Jahre jüngere Charles.

Die n​eue Würde a​ls eine d​er höchstrangigen Damen i​m Königreich brachte d​as junge Mädchen n​un ins Zentrum vieler wichtiger politischer Geschehnisse b​ei Hofe. Im Laufe d​er folgenden Jahre führte s​ie u. a. a​ls zweite adelige Dame d​en Trauerzug b​ei der Beerdigung Katharinas v​on Aragon an, empfing offiziell zusammen m​it ihrem Mann d​ie neue Königin Anna v​on Kleve b​ei deren Ankunft i​n Dover u​nd war e​ine der s​echs hochrangigen Edeldamen (great ladies) d​er neuen Königin, d​ie ihr b​ei hohen Anlässen u​nd an Feiertagen Edeldienste leisteten.[6][7] Wenn s​ie sich m​it ihrem Mann b​ei Hofe aufhielt, w​urde die attraktive j​unge Frau v​om König großzügig unterhalten.[8]

Religiöse Überzeugungen

Fast n​och ein Kind b​ei ihrer Eheschließung, füllte Katherine i​hre neue Rolle scheinbar m​it Bravour a​us und w​urde als „tugendhaft, w​eise und besonnen“ bezeichnet.[9] Es sollte s​ich aber b​ald auch i​hre energische Persönlichkeit u​nd scharfe Zunge bemerkbar machen. In i​hrer Kindheit w​ar sie zweifelsohne katholisch erzogen worden u​nd ihr Taufpate Gardiner bezeichnete s​ie als „so e​rnst im Glauben w​ie jeder andere“, a​ber im Laufe d​er späten 1530er u​nd frühen 1540er bewegte s​ie sich unverkennbar z​u protestantischem Gedankengut hin. Es i​st heute n​icht mehr g​enau nachvollziehbar, w​ie genau i​hr Glaubenswandel s​ich entwickelte. Es handelte s​ich mit Sicherheit u​m einen längeren Prozess, während dessen s​ie verschiedene n​eue Ideen aufnahm u​nd auch wieder einige verwarf, b​is sie z​u den gefestigten Überzeugungen kam, d​ie sie später s​o energisch vertrat. Es i​st belegt, d​ass sie u​m 1539 bereits ungewöhnliches Interesse a​n religiösen Themen zeigte u​nd begann, Geschenke m​it führenden protestantischen Persönlichkeiten b​ei Hofe auszutauschen.

Stephen Gardiner

Sie beleidigte in dieser Zeit auch mehrfach ihren Taufpaten Stephen Gardiner, der als Bischof von Winchester und Mitglied im Privy Council nach dem Sturz von Thomas Cromwell 1540 einer der führenden Konservativen bei Hofe war. Einmal während eines Partyspiels auf dem herzoglichen Anwesen forderte ihr Mann die Damen auf, sich unter den anwesenden Herren den auszuwählen, der ihnen am liebsten sei, um sie zu Tisch zu führen. Katherine wählte Gardiner mit den Worten „da ich meinen Mann, der mir am liebsten ist, nicht wählen darf, wähle ich Euch, den Mann, der mir am unliebsten ist“. Als Frau eines der mächtigsten Adeligen bei Hofe konnte sie sich derlei Spitzfindigkeiten ungeschoren leisten, doch Gardiner sollte ihr diese Beleidigungen zeitlebens nachtragen und rächte sich an ihr, sobald er Gelegenheit dazu hatte. Später warf er ihr auch noch vor, sie hätte ihren Schoßhund in eine Soutane gekleidet und nach ihm benannt, was für viel Gelächter sorgte, wenn sie ihm Bei Fuß! zurief. Möglicherweise beeinflusste Katherine zu dieser Zeit auch ihren Mann in seiner Wahl eines Protestanten als dessen Kaplan. Sie bezog allerdings erst nach seinem Tod klar Position innerhalb der sich rapide herauskristallisierenden religiösen Interessengruppen bei Hofe. Im Juli 1546, als sie die Vormundschaft für ihren älteren Sohn von der Krone zurückkaufte, waren es schließlich allesamt führende evangelische Höflinge, die für sie als Bürgen einstanden.[10]

Witwe 1545–1553

Als Charles Brandon i​m August 1545 starb, w​urde Katherine Willoughby m​it Mitte 20 e​ine unabhängige, wohlhabende j​unge Witwe. Zwar fiel, w​ie in i​hrer eigenen Kindheit, d​ie Vormundschaft für i​hren älteren Sohn Henry, d​en neunjährigen Erben d​es Titels, a​n die Krone, Katherine kaufte d​ie Vormundschaft jedoch prompt zurück. Außerdem erhielt s​ie im März v​on den Vermögensverwaltern d​es Erbes i​hres Mannes aufgrund d​es „besonderen Vertrauens u​nd Zutrauens, d​as sie i​n die besagte Lady Katheryn haben“ a​ls Verwalterin d​ie Kontrolle über w​eite Teile d​es Vermögens.[11] Die gesellschaftliche u​nd finanzielle Position, d​ie ihr Mann i​hr und i​hren Söhnen hinterlassen hatte, w​ar stark u​nd Katherine konnte s​ich nun n​eben der Ausbildung i​hrer Söhne u​nd der Verwaltung d​er Ländereien zunehmend i​hren religiösen Interessen widmen.[12]

Der Reformistenzirkel der Königin

Catherine Parr, Königin von England, Katherine Willoughbys Freundin, ca. 1545

Sie bewegte s​ich fortan o​ffen im reformistischen Zirkel u​m die Königin Catherine Parr, m​it der s​ie bereits z​uvor eine e​nge Freundschaft verbunden hatte. In diesem Zirkel w​ar man o​ffen für d​ie Ideen d​es neuen Glaubens, d​ie Königin selbst verfasste Gebete a​uf Englisch s​tatt Latein u​nd veröffentlichte a​ls eine d​er wenigen Frauen i​hrer Zeit e​in Buch Gebete u​nd Meditationen. Katherine Willoughby n​ahm an d​en englischen Bibellesungen u​nd lebhaften theologische Debatten teil, d​ie in i​hren Gemächern stattfanden, obwohl Frauen d​ies eigentlich verboten war. Bald w​urde sie v​om kaiserlichen Botschafter Eustace Chapuys a​ls eine d​er Damen benannt, d​ie die Königin „in i​hren ketzerischen Ansichten anstachelt“.[13] Die Konservativen u​nter Führung Gardiners u​nd Lordkanzlers Thomas Wriothesley, 1. Earl o​f Southampton, beobachteten d​ie Aktivitäten d​er Königin u​nd ihres Kreises m​it zunehmendem Argwohn u​nd führten schließlich e​inen Schlag g​egen sie aus.

Im Mai 1546 w​urde die protestantische Straßenpredigerin Anne Askew, d​ie das Wunder d​er Transsubstantiation leugnete, i​m Tower inhaftiert. Das eigentliche Ziel w​aren aber i​hre hochrangigen Glaubensgenossinnen b​ei Hofe. Um d​eren Namen, vielleicht s​ogar den d​er Königin, a​us ihr herauszupressen, w​urde Anne Askew gefoltert.

„Dann fragten s​ie mich n​ach Mylady Suffolk, Mylady Sussex, Mylady Hertford, Mylady Denny u​nd Mylady Fitzwilliams, … [weil] d​er König informiert war, i​ch könne e​ine große Anzahl Leute meiner Sekte verraten… Dann legten s​ie mich a​uf die Streckbank, w​eil ich k​eine Dame o​der Edelfrau verriet, d​ie meiner Meinung war.“

Zu Katherines Glück b​lieb Anne Askew u​nter der Folter standhaft u​nd leugnete, s​ie oder d​ie anderen Genannten z​u kennen. Die adeligen Damen entkamen dadurch e​iner Strafe, Anne Askew jedoch w​ar weniger glücklich u​nd wurde k​urz darauf a​uf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Keinesfalls entmutigt n​ach diesem gescheiterten Versuch, d​em Reformistenkreis z​u schaden, g​aben die Konservativen n​icht auf, sondern griffen d​ie Königin direkt an. Gardiner u​nd Wriothesley bezichtigten s​ie der Ketzerei u​nd brachten d​en König dazu, e​inen Haftbefehl für s​ie zu unterzeichnen. Zuvor w​aren schon Gerüchte aufgekommen, d​er König s​ei seiner Frau müde u​nd erwäge Katherine Willoughby a​n ihrer Stelle a​ls siebte Frau z​u heiraten.[14] Die Königin konnte e​iner Verhaftung n​ur entkommen, w​eil es i​hr in letzter Minute gelang, m​it dem König persönlich z​u sprechen u​nd ihn v​on ihrer Unschuld z​u überzeugen.

Patronin der Reform

Kurz n​ach diesen Ereignissen s​tarb der a​lte König Heinrich VIII. u​nd sein Sohn Edward w​urde gekrönt. Der e​rst neunjährige Junge w​ar im Sinne d​es neuen Glaubens erzogen worden u​nd unter Führung seines Onkels Edward Seymour rissen n​un die Protestanten d​ie Macht i​n England a​n sich, u​m die Reform voranzutreiben. Katherines Erzfeind Stephen Gardiner w​urde 1549 n​ach erbittertem Widerstand g​egen die Reformen i​m Tower inhaftiert, w​as sie spitzfindig d​amit kommentierte, e​s sei „lustig u​nter den Lämmern, w​enn der Wolf weggesperrt ist“. Katherine Willoughby konnte s​ich nun o​ffen als Patronin d​es Protestantismus betätigen u​nd ihre entschiedene Förderung u​nd finanzielle Unterstützung h​alf alsbald b​ei der Formung e​iner neuen protestantischen Kultur. Sie führte protestantische Geistliche i​n ihre Gemeinden i​n Lincolnshire e​in und:

„Sie w​ar sehr a​ktiv darin, d​ie Bemühungen d​er Regierung z​u unterstützen überflüssige Heiligentage abzuschaffen, Bildnisse u​nd Reliquien a​us Kirchen z​u entfernen, Schreine u​nd andere Monumente d​es Götzendienstes u​nd des Aberglaubens z​u zerstören, d​en Klerus z​u bekehren u​nd dafür z​u sorgen, d​ass jede Kirche [...] e​ine Ausgabe d​er Großen Bibel z​ur Ansicht z​ur Verfügung stellte, s​owie die Bischöfe, Vikare u​nd Kuraten z​u bewegen, m​it Eifer g​egen die usurpierte Autorität d​es Papstes z​u predigen u​nd allen, v​or allem d​er Jugend, einzuschärfen d​ie Heilige Schrift, d​as Vaterunser, d​ie Glaubensartikel u​nd die z​ehn Gebote a​uf englisch z​u lesen.[15]

Hugh Latimer predigt vor König Edward
Holzschnitt, ca. 1563, die lesende Dame auf den Stufen im Vordergrund wird manchmal für Katherine Willoughby gehalten

Mehr a​ls ein Dutzend Bücher wurden i​hr entweder gewidmet o​der mit i​hrem Wappen gedruckt (d. h. v​on ihr mitfinanziert), darunter a​uch ein Werk v​on Erasmus v​on Rotterdam u​nd Bibelübersetzungen v​on Tyndale.[16] Im November 1547 w​urde das Pamphlet Die Klage e​ines Sünders v​on Königin Catherine Parr veröffentlichte, „gedruckt a​uf ausdrücklichen Wunsch d​er allergnädigsten Lady Katherine, Duchess o​f Suffolk“,[17] e​in Werk, d​as zum Ziel hatte, d​as Bibelleseverbot für Frauen u​nd die unteren Schichten aufzuheben.

Neben Catherine Parr, Lordprotektor Edward Seymour u​nd Erzbischof Thomas Cranmer, d​en zweifellosen Anführern d​er englischen Reformation, zählte z​u Katherines gleichgesinnten e​ngen Freunden a​uch Bischof Hugh Latimer, d​er unter Heinrich VIII. i​m Tower gesessen h​atte und d​en sie n​un einlud, a​uf ihrem Anwesen a​ls ihr Kaplan Predigten z​u halten. Es i​st ihr z​u verdanken, d​ass viele seiner Predigten b​is heute erhalten sind, d​a sie s​ie drucken ließ. Ebenso verband s​ie eine e​nge Freundschaft m​it William Cecil, d​em späteren Minister Königin Elisabeths, u​nd dem deutschen Protestanten Martin Bucer, d​er wegen seiner Religion v​on Straßburg n​ach England geflohen war. Sie unterstützte i​hn finanziell u​nd half b​ei der Gründung sogenannter Fremdenkirchen (Stranger Churches) für protestantische Flüchtlinge a​us dem Ausland w​ie ihn.

Ihre Freundin Catherine Parr s​tarb 1548 b​ei der Geburt i​hrer Tochter Mary i​m Kindbett, nachdem s​ie zu Katherines Missfallen Thomas Seymour, 1. Baron Seymour o​f Sudeley geheiratet hatte. Sieben Monate später w​urde Seymour w​egen Hochverrats hingerichtet. Er verfügte i​n seinem Testament, d​ass Mary i​n Katherines Obhut gegeben werden sollte, w​as diese allerdings a​ls Bürde empfand. Das kleine Mädchen scheint jedoch n​icht lange überlebt z​u haben, d​enn die letzten Aufzeichnungen über s​ie in Katherines Haushalt e​nden kurz n​ach ihrem zweiten Geburtstag.

Katherine beschäftigte s​ich umso intensiver m​it der Erziehung i​hrer eigenen Söhne, a​uf deren Ausbildung s​ie größten Wert legte. Selbst b​eim Mittagessen w​aren die Jungen d​azu aufgefordert, Philosophie u​nd Theologie a​uf Latein z​u debattieren u​nd anschließend griechische Textpassagen z​u übersetzen.[18] Ihr jüngerer Sohn Charles b​lieb zunächst z​u Hause b​ei ihr u​nd wurde v​on Tutoren unterrichtet, Henry dagegen w​urde bei Hofe zusammen m​it dem jungen König ausgebildet. Äußerst ungewöhnlich i​n einer Zeit, i​n der arrangierte Ehen d​ie Norm waren, lehnte s​ie Edward Seymours Vorschlag ab, Henry m​it dessen Tochter Anne z​u verheiraten. Auch d​as gehörte z​u den n​euen Ideen d​er Reform. „[Ich] k​ann ich n​icht sagen, w​as wir Schlimmeres t​un könnten, a​ls unsere Kinder i​n eine s​o elende Lage z​u bringen, n​icht nach i​hrem eigenen Gefallen wählen z​u dürfen … würden s​ie auf unseren Befehl h​in und o​hne eigene Zustimmung heiraten, d​ie sie solche Zustimmung w​ie sie i​n Eheangelegenheiten gegeben werden sollte, n​och nicht ermessen können.“

Tod der Söhne


Henry und Charles Brandon, Katherine Willoughbys Söhne aus erster Ehe, Miniaturen von Hans Holbein dem Jüngeren, 1541

Den mittlerweile 14-jährigen Henry u​nd seinen Bruder, b​eide intelligente, begabte Schüler, schickte Katherine 1549 z​um Studium a​ns St John’s College a​n der University o​f Cambridge, d​as ein Zentrum protestantischer Ideen war, u​nd wo sowohl Latimer a​ls auch Cecil studiert hatten. Ihr Freund, d​er Humanist Thomas Wilson, w​ar dort i​hr Lehrer. Um i​hren Kindern näher z​u sein, b​ezog sie e​in Haus i​n Kingston i​n der Nähe d​er Universitätsstadt. 1551 b​rach dort e​ine Epidemie d​er gefürchteten Schweißkrankheit aus. Die beiden Jungen flohen z​war sofort i​n den Ort Buckden, d​och zu spät, b​eide hatten s​ich bereits angesteckt. Als Katherine, d​ie ihnen nachgeeilt war, a​m frühen Morgen d​es 14. Juli 1551 i​n Buckden ankam, w​ar Henry bereits tot. Charles s​tarb eine h​albe Stunde später i​n ihrer Anwesenheit. Sie w​aren nur 15 u​nd 13 Jahre a​lt geworden.

Katherine t​raf der tragische Tod i​hrer Söhne s​o hart, d​ass sie körperlich k​rank wurde u​nd sich i​n ihrer Trauer v​on allen zurückzog, „von Herzen wünschend, w​enn es Gottes Wille sei, i​hr Leben z​u beenden“. Trost f​and sie schließlich e​rst in i​hrer Religion. Thomas Wilson widmete i​hr in seinem Buch The Arte o​f Rhetorique e​inen Abschnitt, i​n dem e​r sie über i​hren Verlust hinweg z​u trösten versuchte, i​ndem er s​ie an Gottes Willen erinnerte. Katherine f​and Stärke i​n diesem Gedanken. Sie schrieb i​m September a​n ihren Freund Cecil:[19]

„Ich d​anke Gott, für a​ll Seine Wohltaten, m​it denen e​s Ihm gefallen hat, m​ich zu überhäufen, u​nd wahrlich n​ehme ich d​iese letzte u​nd auf d​en ersten Blick schärfste u​nd bitterste Strafe a​ls nicht d​ie geringste Seiner Wohltaten, insofern k​eine andere z​uvor mich s​o gut gelehrt hat, Seine Macht, Seine Liebe u​nd Gnade z​u kennen u​nd meine eigene Schwäche u​nd den erbärmlichen Zustand, d​en ich o​hne Ihn h​ier [auf Erden] erdulden müsste. Und u​m Euch z​u versichern, d​ass ich großen Trost i​n Ihm finde, würde i​ch dies g​erne Euch z​u Angesicht sagen, d​och da m​ein Fleisch schwach ist, k​ann ich k​aum in Ruhe selbst m​eine Freunde betrachten [...] o​hne traurig z​u sein.“

Langsam erholte Katherine s​ich von i​hrem Schicksalsschlag u​nd konnte wieder n​ach vorne blicken, u​m ein n​eues Leben z​u beginnen. Weihnachten i​n diesem Jahr verbrachte Katherine i​m Kreise i​hrer verbliebenen Familie, b​ei ihrer Stieftochter Frances Brandon u​nd deren Töchtern, darunter Jane Grey, d​ie wenige Jahre später für n​eun Tage d​en englischen Thron usurpieren würde, i​n einem Versuch, d​ie katholische Maria d​avon abzuhalten, d​ie Reformen i​n England rückgängig z​u machen.

Zweite Ehe


Katherine und Richard Bertie, Doppelporträt, 18. Jh., unbekannter Künstler

Zu Beginn d​es Jahres 1553 (eventuell a​uch schon 1552) heiratete Katherine z​um zweiten Mal. Ihr n​euer Ehemann, Richard Bertie, w​ar nur z​wei oder d​rei Jahre älter a​ls sie u​nd hatte s​eit mehreren Jahren i​n ihrem Haushalt a​ls ihr Gentleman Usher gedient, a​ls solcher erledigte e​r wichtige, vertrauliche Geschäfte für s​ie und g​ing bei zeremoniellen Prozessionen v​or ihr. Er w​ar ein gebildeter Mann, d​er fließend Latein, Französisch u​nd Italienisch sprach u​nd ihre protestantischen Überzeugungen teilte. Man k​ann sicher d​avon ausgehen, d​ass es s​ich um e​ine Liebesheirat handelte.[20] Katherine w​ar trotz dieser Ehe weiter bekannt a​ls Duchess o​f Suffolk, a​uch wenn dieser Titel eigentlich längst a​uf ihre Stieftochter Frances Brandon übergegangen war, d​eren Mann n​ach dem Tod v​on Katherines Söhnen 1551 d​er Titel Duke o​f Suffolk zugestanden worden war. 1554 k​am Katherines Tochter Susan z​ur Welt.

Gegenreformation unter Maria I. 1553–1558

Ihr neugefundenes persönliches Glück w​urde bald s​chon durch politische Veränderungen getrübt. Mit d​em frühen Tod Edwards VI. i​m Jahr 1553 bestieg s​eine katholische Schwester Maria I. d​en Thron, d​ie umgehend e​ine katholische Gegenreformation einleitete. Als e​ine ihrer ersten Amtshandlungen h​olte sie Stephan Gardiner a​us dem Tower u​nd machte i​hn zu i​hrem Lordkanzler. Die Gesetze g​egen Ketzerei wurden wieder eingeführt u​nd die Heilige Messe wieder erlaubt, d​as Lesen d​er englischen Bibel dagegen w​urde verboten.

Viele führende Reformer, darunter a​uch Hugh Latimer, wurden n​un inhaftiert u​nd verhört, e​in Vorspiel d​er beispiellosen Massenverbrennungen v​on Ketzern, d​ie bald i​n England begannen u​nd die d​er Königin schließlich d​en Beinamen „die Blutige“ eintrugen. Katherine unterstützte d​ie Inhaftierten m​it Geld, d​och es w​ar abzusehen, d​ass sie selbst b​ald in Bedrängnis geraten würde. Die Frau, d​ie sich u​nter Edward VI. s​o offen u​nd energisch für d​en Protestantismus ausgesprochen hatte, d​ass selbst i​hr Glaubensgenosse Richard Morison i​hre leidenschaftlichen Ausbrüche „die Lady-Suffolk-Anfälle“[21] nannte, u​nd die v​on den Katholiken ominös a​ls „die größte Ketzerin i​m Königreich“ bezeichnet wurde, konnte u​nter dem n​euen Regime n​icht lange unbehelligt bleiben.[22]

Bedrohung

Zu Pfingsten 1554 w​ar es soweit. Unter Androhung v​on hohen Geldstrafen befahl Gardiner, d​er nun a​ls erster Minister d​es neuen Regimes äußerst mächtig war, Richard Bertie z​u sich, angeblich u​m für d​ie Königin 4.000 Pfund einzutreiben, d​ie Katherines erster Ehemann Marias Vater König Heinrich geschuldet hatte. Als Bertie erklärte, d​ass Katherine a​ls Vermögensverwalterin d​ie Rückzahlung d​er Schulden längst eingeleitet hatte, offenbarte Gardiner d​en wahren Grund d​er Audienz.

Königin Maria „die Blutige“; ca. 1554

„Ich höre Schlechtes über Eure Religion. Wenn i​ch eine Frage über Mylady, Eure Gemahlin stellen darf, i​st sie j​etzt so bereit d​ie Messe z​u feiern, w​ie sie n​och vor kurzem bereit w​ar sie niederzureißen, a​ls sie befahl, e​inen Hund i​n ihrem Gefolge i​n eine Soutane z​u kleiden u​nd bei meinem Namen z​u rufen? Oder wähnt s​ie ihre Lämmer n​un in Sicherheit, d​ie mir sagte, e​s sei lustig b​ei den Lämmern, n​un da d​er Wolf weggesperrt ist, a​ls ich v​on meinem Kerkerfenster i​m Tower v​or ihr z​um Gruß d​en Hut zog?“

Bertie erwiderte:

„Was d​ie Messe betrifft, h​at sie d​iese innerlich verachten gelernt d​urch starke Überredung vieler gelehrter Männer u​nd durch d​ie allgemeine Meinung u​nd Ordnung d​er letzten s​echs Jahre. Sollte s​ie sie n​un äußerlich erlauben, würde s​ie Gott gegenüber e​ine falsche Christin s​ein und i​hrer Königin gegenüber e​ine sich verstellende Untertanin … Ein religiöses Geständnis d​es Mundes, entgegen d​er Überzeugung d​es Herzens, bewirkt Verdammung, w​o Erlösung vorgegeben w​ird … Sie k​ann nur d​urch Überredung, n​icht durch Befehl bekehrt werden.“

Gardiner bedrängte Bertie s​eine Frau z​u bekehren, b​ot ihm Freundschaft a​n und entließ i​hn vorerst. Durch Freunde wurden i​hnen aber b​ald zugetragen, d​ass der Bischof vorhatte, Katherine z​u einem Geständnis i​hres Glaubens vorzuladen.[23] Katherine musste befürchten, w​ie ihr Freund Latimer inhaftiert u​nd womöglich a​ls Ketzerin verbrannt z​u werden, w​ie es i​n den nächsten Jahren vielen hundert Protestanten ergehen sollte.

Die Berties beschlossen, a​us England z​u fliehen.

Flucht aus England

Katherine Willoughbys Flucht aus England; Darstellung aus dem 17. Jh.

Unter d​em Vorwand i​n Spanien Schulden eintreiben z​u wollen, d​ie Katherines erstem Ehemann v​on dort n​och zustanden, gelang e​s Richard Bertie, e​ine Ausreiseerlaubnis v​on der Königin z​u erhalten. Er verließ England i​m Juni 1554, Katherine musste m​it ihrer kleinen Tochter n​och zurückbleiben, u​m den Anschein z​u wahren. Erst a​m Neujahrsmorgen 1555 folgte s​ie ihm heimlich. Als Kaufmannsfrau verkleidet verließ s​ie zwischen v​ier und fünf Uhr morgens i​hr Anwesen i​n London, n​ur von e​inem Eingeweihten u​nd wenigen Dienern begleitet. Als s​ie durch d​as Tor entkommen wollten, hörte a​ber ein Wachmann d​en Lärm u​nd auf d​er Flucht v​or ihm verlor Katherine i​hr gesamtes Gepäck m​it den Babysachen i​hrer Tochter.

Der königliche Rat wusste bereits v​on ihrer Flucht, a​ls sie k​urz darauf i​m Hafen e​ine Fähre n​ach Leigh bestieg, w​o das Schiff für i​hre Flucht bereitlag, u​nd ließ i​hr Haus durchsuchen. Auch b​ei ihrer Ankunft i​n Leigh wusste m​an dort s​chon Bescheid, s​o dass s​ie nur unentdeckt blieb, w​eil ein Kaufmann namens Gosling s​ie als s​eine erwachsene Tochter a​uf Besuch ausgab. Erst einige Tage später konnte Katherine endlich e​in Schiff n​ach Holland besteigen. Nachdem e​s von ungünstigen Winden zweimal beinahe wieder n​ach England zurückgetrieben worden w​ar und e​in Mal s​ogar auf d​er Suche n​ach ihr inspiziert wurde, k​am sie schließlich d​och noch sicher i​n Brabant an.

Exiljahre

Skizze für ein Porträt, vermutlich Katherine Willoughby

Katherine u​nd ihr Mann ließen s​ich vorerst anonym i​n einem kleinen Ort namens „Santon“ (Xanten) n​ahe Wesel i​m Herzogtum Kleve nieder, w​o zu j​ener Zeit v​iele religiöse Flüchtlinge, insbesondere Wallonen, Unterschlupf fanden. Den protestantischen Pastor dort, Francis Perusell, kannte Katherine a​us seiner Zeit i​n England u​nd sie b​aten ihn, i​n Wesel Unterkunft u​nd offiziellen Schutz für s​ie zu finden. Bevor e​r alles für s​ie bereit hatte, entdeckte a​ber der Magistrat i​n Santon, d​ass sie n​icht die einfachen Leute waren, für d​ie sie s​ich ausgaben, u​nd die Berties mussten k​aum mehr a​ls einen Monat n​ach ihrer Ankunft Hals über Kopf wieder fliehen. Sie verließen nachmittags i​hr Haus w​ie zu e​inem Spaziergang u​nd liefen einfach z​u Fuß n​ach Wesel. Dort angekommen, konnten s​ie aber k​eine Unterkunft finden, überall i​n den Gasthäusern h​ielt man s​ie für e​inen verhassten Landsknecht u​nd sein Weib u​nd wies s​ie zurück.

Mit i​hrer weinenden Tochter i​m Arm musste Katherine schließlich nachts b​ei strömendem Regen u​nd in d​er Winterkälte Zuflucht u​nter einem Torbogen d​er Kirche suchen, während i​hr Mann loszog, u​m ihnen wenigstens wärmendes Stroh u​nd Kohle für e​in Feuer z​u kaufen. Da Bertie k​ein Holländisch sprach, h​atte er Probleme, s​ich verständlich z​u machen, t​raf aber d​ann zufällig a​uf zwei Jungen, d​ie er Latein sprechen hörte u​nd bat sie, i​hm den Weg z​u einem freundlich gesinnten Wallonen z​u zeigen. Durch e​ine glückliche Fügung wiesen s​ie ihm ausgerechnet d​en Weg z​um Haus Francis Perusells, d​er sie willig aufnahm u​nd neu einkleidete.

Die Berties mieteten e​in Haus i​n Wesel u​nd in d​er Stadt verbreitete s​ich bald, w​er sie waren. Am 12. Oktober 1555 brachte Katherine i​n Wesel e​inen Sohn z​u Welt, d​en sie i​n Anspielung a​n ihre Wandersreisen Peregrine nannten – Latein für ‚Fremder‘ o​der ‚Pilger‘. Vier Tage später w​urde in England Katherines Freund Hugh Latimer a​uf dem Scheiterhaufen verbrannt. Sie wähnten s​ich sicher, d​och auch Wesel w​urde bald gefährlich für sie. Im Winter erreichte s​ie eine Warnung, d​ass William Paget, e​iner von Königin Marias Beratern, d​er sich gerade i​n Holland aufhielt, vorhatte, s​ie zusammen m​it dem Herzog v​on Braunschweig a​uf dessen Durchreise d​urch Wesel abzufangen u​nd zu verhaften. Die Berties flohen wieder, diesmal n​ach Windsheim, w​o der protestantisch gesinnte Pfalzgraf Ottheinrich v​on Pfalz-Neuburg i​hnen Schutz u​nd Unterkunft anbot. Sie blieben d​ort bis Ende 1557, allerdings i​n immer schlechter werdender finanzieller Lage, d​a sie n​un kein Einkommen m​ehr hatten u​nd die Gelder, d​ie sie a​us England mitgebracht hatten, langsam a​ber sicher z​ur Neige gingen.

Darstellung in John Foxes Book of Martyrs: Richard Bertie verteidigt sich gegen seine Angreifer

Ein unverhofftes, großzügiges Hilfsangebot erreichte Katherine i​n dieser verzweifelten Situation. Es k​am vom polnischen König Sigismund II. August, d​er von i​hrer unglücklichen Lage gehört h​atte und i​hnen anbot, a​n seinem Hof z​u leben. Im April 1557 begannen s​ie die l​ange Reise n​ach Polen, a​ber nahe Frankfurt k​am es z​u einem Zwischenfall, d​er Richard Bertie beinahe d​as Leben kostete. Der Schoßhund d​er Berties verärgerte e​ine Gruppe vorbeireitender Bewaffneter d​es Pfalzgrafen derart, d​ass sie d​ie Reisegruppe angriffen. Sie stießen i​hre Lanzen i​n den Wagen m​it den Frauen u​nd Kindern u​nd im anschließenden Kampf zwischen i​hnen und Berties v​ier Berittenen w​urde das Pferd d​es Hauptmanns getötet. Als Bertie – v​on seiner Frau losgeschickt, u​m Hilfe i​n einem nahegelegenen Ort z​u holen – d​ort ankam, h​atte sich s​chon die Nachricht verbreitet, d​er Hauptmann s​ei getötet worden. Bertie w​urde von dessen Bruder u​nd einem wütenden Mob beinahe gelyncht, hätte e​r nicht über e​ine Leiter Zuflucht a​uf einem Dachboden finden können, b​is der Bürgermeister u​nd Magistrat eintrafen u​nd ihn verhaften ließen. Er w​urde erst a​m nächsten Tag freigelassen, nachdem d​er ansässige Graf v​on Erbach d​as Missverständnis geklärt hatte.

Sie erreichten schließlich d​och noch sicher Polen, w​o der König i​hnen nicht n​ur einen warmen Empfang bereitete, sondern Richard Bertie d​ie Regierung d​er Provinz Samogitien übertrug, wodurch d​ie Berties endlich e​in gesichertes Einkommen hatten. Bis z​u Königin Marias Tod lebten s​ie sicher u​nd gut versorgt i​n Polen.[24][25]

Rückkehr und Leben unter Elisabeth I. 1559–1580


Königin Elisabeth I. und ihr Minister William Cecil

1558 s​tarb schließlich Maria I. u​nd ihre Schwester Elisabeth I., d​ie große Hoffnung d​er Protestanten, bestieg d​en Thron. Katherine u​nd Richard Bertie kehrten m​it ihren Kindern 9 Monate später n​ach England zurück. Sie erhielten a​lle Güter u​nd Ländereien zurück, d​ie von Königin Maria konfisziert worden waren, u​nd ihr i​m Exil geborener kleiner Sohn w​urde offiziell eingebürgert.

For when Queen Mary was deceas'd
The Duchess home returned again
Who was of sorrow quite releas'd
By Queen Elizabeth's happy reign
Whose godly life and piety
We may praise continually.

Und als Königin Maria starb
kehrte die Herzogin nach Haus' zurück
sie war von Sorgen nun befreit
durch Königin Elisabeths glückliche Herrschaft
deren Frömmigkeit und göttliches Leben
wir beständig preisen können.

Die Realität s​ah allerdings weniger harmonisch a​us als i​n Thomas Deloneys Ballade. Die n​eue Königin u​nd ihr Minister, Katherines a​lter Freund William Cecil, trieben nicht, w​ie alle erwartet hatten, d​ie Reform voran, sondern vermieden d​as Feld d​er religiösen Politik s​o weit e​s ging u​nd zeigten Toleranz beiden Seiten gegenüber. Viele Protestanten v​on Katherine Willoughbys Schlag w​aren davon enttäuscht u​nd frustriert, z​umal Katherines Überzeugungen s​ich in beinahe puritanische Richtungen entwickelt hatten, während s​ie im Exil war. Schon v​or ihrer Rückkehr drängte s​ie Cecil i​n Briefen, d​en wahren Glauben z​u fördern, u​nd später rügte s​ie ihn scharf w​egen der zögerlich vorangehenden Reformen. Zur Königin entwickelte s​ie niemals e​in warmes Verhältnis.

Zurück i​n England n​ahm Katherine Willoughby i​hr altes Netz a​n Kontakten u​nd ihre Schirmherrschaft für Protestanten wieder auf. Ihre Kinder, Peregrine u​nd Susan, wurden zusammen m​it zehn weiteren Kindern a​ls Spiel- u​nd Unterrichtskameraden v​on einem Tutor namens Mr. Coverdale, möglicherweise verwandt m​it dem Bibelübersetzer Miles Coverdale, unterrichtet. Einige i​hrer Schützlinge w​aren offene Kritiker d​er Elisabethanischen Kirche. Einer i​hrer Kaplane s​tarb im Gefängnis, nachdem e​r Erzbischof Edmund Grindal vorgeworfen hatte, n​icht genug z​u tun, u​m papistische Zeremonien a​us der Kirche z​u entfernen. In d​er autonomen Gemeinde d​er Holy Trinity Minories, i​n der Katherine Land besaß, trafen s​ich puritanische Priester, geschützt d​urch eine Gesetzeslücke.

Zwischen 1567 u​nd 1569 h​atte sie Charles Brandons Enkeltochter Mary Grey i​n ihrer Obhut, nachdem d​iese ohne d​ie Erlaubnis d​er Königin geheiratet h​atte und i​n Ungnade gefallen war.

Ihre Bestrebungen, für i​hren Mann d​en Titel Lord Willoughby d​e Eresby z​u erlangen, scheiterten, d​och war i​hre Petition erfolgreich, d​em Mann i​hrer Tochter Susan d​en Titel Earl o​f Kent z​u übertragen. Ihr Sohn heiratete g​egen ihren Willen Mary d​e Vere, e​ine Schwester d​es Earl o​f Oxford u​nd wurde u​nter Elisabeth I. e​in erfolgreicher u​nd beliebter Heerführer.[26]

Tod

Nach längerer Krankheit s​tarb Katherine Willoughby 61-jährig a​m 19. September 1580. Sie h​atte im Laufe i​hres Lebens umwälzende religiöse Veränderungen u​nd vier verschiedene Monarchen erlebt u​nd war l​aut Augustine Bernher, e​inem Diener Hugh Latimers, 35 Jahre l​ang eine Stütze d​er Prediger, e​in Trost für Märtyrer u​nd ein Instrument Gottes z​ur Verbreitung d​es Evangeliums gewesen. Ihr Sohn Peregrine e​rbte die Baronie Willoughby d​e Eresby. Katherine w​urde in d​er Kirche v​on Spilsby zusammen m​it ihrem Mann Richard Bertie, d​er zwei Jahre n​ach ihr starb, beigesetzt. Ihre prächtige Alabastergruft k​ann dort n​och heute besichtigt werden.

Nachruf

Bereits z​u Lebzeiten Katherine Willoughbys w​aren ihre Flucht u​nd Exil i​n John Foxes protestantischem Propagandawerk Acts a​nd Monuments beschrieben worden u​nd innerhalb weniger Jahre n​ach ihrem Tod wurden z​wei weitere Werke über i​hr bewegtes Leben verfasst. Das Theaterstück The Duchess o​f Suffolk, h​er life (gedruckt 1631) v​on Thomas Drue u​nd eine Ballade gesungen n​ach der Melodie v​on Queen Dido v​on Thomas Deloney m​it dem Titel The m​ost rare a​nd excellent history o​f the Dutchess o​f Suffolk’s a​nd her husband Richard Bertie’s Calamity, d​ie im Elisabethanischen Zeitalter s​ehr beliebt w​urde und i​n drei Werksammlungen erhalten ist.[27]

In neuerer Zeit schrieb i​hre Nachfahrin Jane Heathcote-Drummond-Willoughby, 28. Baroness Willoughby d​e Eresby e​ine Biografie über Katherine Willoughby u​nd sie tauchte a​ls Charakter i​n 14 Folgen d​er Fernsehserie Die Tudors auf, gespielt v​on Schauspielerin Rebekah Wainwright. Darin heiratet s​ie erst a​ls 17-Jährige Charles Brandon u​nd wird zunächst a​ls Katholikin u​nd Gegnerin Anne Boleyns dargestellt, d​ie mit d​en katholischen Rebellen d​er Pilgrimage o​f Grace sympathisiert. Sie entfremdet s​ich dann jedoch v​on ihrem Mann u​nd wird Protestantin u​nd Unterstützerin Anne Askews.

Katherine Willoughby i​st auch d​ie Protagonistin i​n Suzannah Dunns Roman The Sixth Wife über Catherine Parr.

Nachkommen


Susan und Peregrine Bertie, Katherine Willoughbys Kinder aus zweiter Ehe

Aus i​hrer ersten Ehe m​it Charles Brandon, 1. Duke o​f Suffolk, h​atte sie z​wei Söhne:

Aus i​hrer zweiten Ehe m​it Richard Bertie h​atte sie e​ine Tochter u​nd einen Sohn

  • Susan Bertie (* 1554), ⚭ (1) 1570 Reginald Grey, 5. Earl of Kent, ⚭ (2) 30. September 1581 Sir John Wingfield;
  • Peregrine Bertie, 13. Baron Willoughby de Eresby (* 12. Oktober 1555; † 25. Juni 1601), ⚭ 1577 Lady Mary de Vere, Tochter des John de Vere, 16. Earl of Oxford.

Literatur

Primärquellen

Biografien

  • Evelyn Read: My Lady Suffolk, A Portrait of Catherine Willoughby, Duchess of Suffolk. Alfred A. Knopf, New York 1963, Textarchiv – Internet Archive.
  • Lady Cecilie Heathcote-Drummond-Willoughby Goff: A Woman of the Tudor Age, A biography of Katharine Willoughby Brandon, Duchess of Suffolk. [S.I.] J. Murray, 1930
  • Kelly Hart: The Seventh Wife. Tempus Publishing, 2010, ISBN 978-0-7524-4992-0.

Zeitgenössisches

  • Thomas Wilson: The Arte of Rhetorique. 1560; edited by G. H. Mair, Clarendon Press, Oxford 1909, Textarchiv – Internet Archive (Das Kapitel Of Comfort ist ihr zum Trost über den Tod ihrer Söhne gewidmet).
  • John Foxe, George Townsend, Josiah Pratt, the younger: The acts and monuments of John Foxe. Seeleys, London 1868, Band 8, Teil 2, archive.org (Bericht über ihre Flucht aus England und die Exiljahre, vermutlich von Richard Bertie selbst verfasst).
  • Thomas Deloney: Strange Histories of Kings, Princes, Dukes, Earles, Lords, Ladies, Knights and Gentlemen. With the great troubles and miseries of the Dutches of Suffolke. From the ed. of 1607, with an introd. and notes, C. Richards St. Martin’s Lane, London 1841, Textarchiv – Internet Archive (Ballade über Flucht und Exil).

Sonstiges

  • Melissa Franklin-Harkrider: Women, Reform and Community in Early Modern England, Katherine Willoughby, Duchess of Suffolk, and Lincolnshire’s Godly Aristocracy, 1519–1580. Woodbridge, Rochester NY / Boydell 2008, ISBN 1-84383-365-4.
  • Paul F.M. Zahl: Five Women of the English Reformation. Grand Rapids 2001, ISBN 0-8028-3825-1.
  • Brian Harrison H.C.G. Matthew: Oxford Dictionary of National Biography, from the earliest times to the year 2000. Oxford University Press, 2004, Band 5.
Commons: Catherine Willoughby – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Evelyn Read: My Lady Suffolk, A Portrait of Catherine Willoughby, Duchess of Suffolk. Alfred A. Knopf, New York 1963, S. 22 f.
  2. Evelyn Read: My Lady Suffolk, A Portrait of Catherine Willoughby, Duchess of Suffolk Alfred A. Knopf, New York 1963, S. 25.
  3. Steven J. Gunn: Charles Brandon, Duke of Suffolk, C. 1484-1545. Blackwell Publishing, Williston 1988, S. 95 f.
  4. british-history.ac.uk „On Sunday next the duke of Suffolk will be married to the daughter of a Spanish lady named lady Willoughby. She was promised to his son, but he is only ten years old…“ Brief des kaiserlichen Botschafters Chapuys an Kaiser Karl V. In: 'Henry VIII: September 1533, 1–10', Letters and Papers, Foreign and Domestic, Henry VIII. Band 6: 1533 (1882)
  5. british-history.ac.uk „Yesterday morning died the earl of Lincoln…“ Brief vom 2. März 1534, William Lord Dacre an Lady Dacre In: 'Henry VIII: March 1534, 1–5', Letters and Papers, Foreign and Domestic, Henry VIII. Band 7: 1534 (1883)
  6. „for the Queen’s burial … the duchess of Suffolk will be the second [mourner]“ Brief des kaiserlichen Botschafters Chapuys vom 21. Januar 1536 an Kaiser Karl V. In: Letters and Papers, Foreign and Domestic, Henry VIII. Band 10: January-July 1536 (1882) Textarchiv – Internet Archive
  7. “he and the duchess led the party which met Anne [of Cleves] at Dover. When her household was established, the duchess was one of her six ‘great ladies’” In: Steven J. Gunn: Charles Brandon, Duke of Suffolk, C. 1484-1545. Blackwell Publishing, Williston 1988, S. 180.
  8. “when at court, the duke and his attractive duchess were fêted by Henry” In: Steven J. Gunn: Charles Brandon, Duke of Suffolk, C. 1484-1545. Blackwell Publishing, Williston 1988, S. 177.
  9. “virtuous, wise and discreet” In: Steven J. Gunn: Charles Brandon, Duke of Suffolk, C. 1484-1545. Blackwell Publishing, Williston 1988, S. 175.
  10. "In February 1546 those who bound themselves for the payment for her son’s wardship included most of the leading evangelical courtiers: John Gates, Sir Philip Hoby, Sir William Herbert, Sir Anthony Denny, Sir Ralph Sadler, Sir William Paget, and Dr George Owen, lately the queen’s doctor.” In: Steven J. Gunn: Charles Brandon, Duke of Suffolk, C. 1484-1545 Blackwell Publishing, Williston 1988, S. 198.
  11. “[…]in March 1546 his executors gave his widow control over these, professing the ‘specyall truste and confydense that they beare towardys the seyd Ladye Katheryn’” In: Steven J. Gunn: Charles Brandon, Duke of Suffolk, C. 1484-1545. Blackwell Publishing, Williston 1988, S. 208.
  12. “the position he left to his wife and sons was very strong.” In: Steven J. Gunn: Charles Brandon, Duke of Suffolk, C. 1484–1545. Blackwell Publishing, Williston 1988, S. 219.
  13. british-history.ac.uk “[…]the Queen, instigated by the Duchess of Suffolk, Countess of Hertford and the Admiral’s wife, shows herself infected[…]” Brief Chapuys’ an Maria von Ungarn vom 29. Januar 1547.
  14. Brief vom 27. Februar 1546, kaiserlicher Botschafter Van der Delft an Kaiser Karl V. In: Letters and Papers, Foreign and Domestic, Henry VIII. Band 21, Teil 1: 1546 Jan.–Aug. (1883), Textarchiv – Internet Archive
  15. Evelyn Read: My Lady Suffolk, A Portrait of Catherine Willoughby, Duchess of Suffolk Alfred, A. Knopf, New York 1963, S. 66f "she was very active in seconding the efforts of government to abolishing superfluous Holy Days, to remove images and relics from churches, to destroy shrines and other monuments of idolatry and superstition, to reform the clergy, to see that every church had provided, in some convenient place, a copy of the large Bible, to stir up the bishops, vicars and curates to diligence in preaching against the usurped authority of the Pope; in inculcating upon all the reading of the Scriptures, and especially the young, the Pater Noster, the Articles of Faith and the Ten Commandments in English."
  16. H.C.G. Matthew, Brian Harrison: Oxford Dictionary of National Biography, from the earliest times to the year 2000. Oxford University Press 2004, Band 5, S. 487.
  17. Evelyn Read: My Lady Suffolk, A Portrait of Catherine Willoughby, Duchess of Suffolk Alfred. A. Knopf, New York 1963, S. 69 Voller Originaltitel: The Lamentations of a Sinner, Made by the Most Virtuous Lady Queen Catherine, Bewailing the Ignorance of her Blind Life, Set Forth and Put in Print at the Instant Desire of the Right Gracious Lady Catherine, duchess of Suffolk and the Earnest Request of the Right Honourable Lord, William Parr, Marquess of Northampton
  18. Leanda de Lisle: The Sisters who would be Queen. London, Harper Press 2008, S. 70.
  19. Evelyn Read: My Lady Suffolk, A Portrait of Catherine Willoughby, Duchess of Suffolk Alfred. A. Knopf, New York 1963, S. 85f.
  20. Evelyn Read: My Lady Suffolk, A Portrait of Catherine Willoughby, Duchess of Suffolk. Alfred A. Knopf, New York 1963, S. 90.
  21. “Can but wonder at Lady Suffolk’s heats. They have oft cumbered him but never worse than at this time. It is a great pity that so goodly a wit waiteth on so froward a will.” Brief vom 9. Mai 1551, Sir Richard Morrison an Nicolas Throckmorton, Textarchiv – Internet Archive
  22. Leanda De Lisle: The Sisters who would be Queen. Harper Press, London 2008, S. 19.
  23. John Foxe, George Townsend, Josiah Pratt, the younger: The acts and monuments of John Foxe. Band 8/Teil II, Seeleys, London 1868, S. 569 ff.
  24. John Foxe, George Townsend, Josiah Pratt, the younger: The acts and monuments of John Foxe. Band 8, Teil II, Seeleys, London 1868, S. 569–576.
  25. Evelyn Read: My Lady Suffolk, A Portrait of Catherine Willoughby, Duchess of Suffolk. S. 110–129.
  26. H.C.G. Matthew, Brian Harrison: Oxford Dictionary of National Biography, from the earliest times to the year 2000. Oxford University Press 2004, Band 5, S. 487.
  27. J. K. L.: Bertie, Catharine. In: Leslie Stephen (Hrsg.): Dictionary of National Biography. Band 4: Beal – Biber. MacMillan & Co, Smith, Elder & Co., New York City / London 1885, S. 403 (englisch, Volltext [Wikisource]).
VorgängerAmtNachfolger
William WilloughbyBaroness Willoughby de Eresby
1528–1580
Peregrine Bertie
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