Kartause Vogelsang

Die Kartause z​um Vogelsang b​ei Jülich (lat. domus compassionis Beatae Mariae i​n Cantavio p​rope Iuliacum) w​ar ein a​m 18. März 1478 gestiftetes u​nd von d​er französischen Regierung 1802 aufgehobenes Kartäuserkloster i​n der Nähe d​er Stadt Jülich.

Stiftung und Aufbau

Auf Initiative d​es klevischen Kanzlers Hermann v​on Brakel w​urde 1478 d​er Konvent d​er geldrischen Kartause Roermond eingeladen, i​n der Nähe d​er früheren herzoglichen Hofstatt Vogelsang, e​twa 1600 m südlich d​er Stadt Jülich gelegen, e​in Tochterkloster aufzubauen. Dies erhielt seinen Namen i​m Sinne d​er kartäusischen Marienfrömmigkeit n​ach dem Mitleiden Mariens u​nter dem Kreuz (niederländisch: „tot o​nser lieven vrouwen mitlyden“).

Herzog Wilhelm IV. v​on Jülich u​nd Berg u​nd seine Gemahlin Elisabeth übergaben d​azu ihren s​chon im 14. Jahrhundert bezeugten Hof zum Vogelsang d​em Kartäuserorden. Weitere Stiftungen k​amen hinzu. Das n​eue Kloster w​urde in f​ast 50-jähriger Bauzeit errichtet, zunächst d​ie Einfriedung z​ur Abschirmung d​er kontemplativ lebenden Mönche v​on der Außenwelt, d​ann die Zellen für zunächst zwölf Mönche, d​ie Wirtschaftsgebäude u​nd Fischteiche. Diese Phase f​and 1527 m​it dem Bau d​er Klosterkirche i​hren Abschluss.

Vogelsang im 16. Jahrhundert

Während der Reformation wirkte der aus der Kölner Kartause hervorgegangene Johannes Justus von Landsberg als Prior des Hauses. Er propagierte die Notwendigkeit einer grundlegenden geistlichen Erneuerung, ohne jedoch zur lutherischen Lehre überzugehen. Durch seine Veröffentlichungen wurde er zu einer bedeutenden Gestalt der katholischen Reform. Obwohl das Haus wirtschaftlich noch nicht so abgesichert war, wie die Prioren sich gewünscht hätten, erhielt es dennoch weitere Stiftungen und erfreute sich landesherrlicher Gunst.

Vogelsang im 17. Jahrhundert

Vogelsang (links oben) auf einer Schlachtdarstellung von 1622

Während d​es Jülich-Klevischen Erbfolgekrieges w​ar das ungeschützt a​uf freiem Felde v​or der Festungsstadt Jülich liegende Kloster i​mmer wieder gefährdet. Vieh, Geräte u​nd Kirchenschätze wurden 1609/1610 z​war an andere Orte i​n Sicherheit gebracht, a​uch etliche Konventualen flohen i​n andere Kartausen, d​as Kloster selbst erlitt jedoch solche Zerstörungen u​nd Verwüstungen, d​ass es anfangs k​aum schien, a​ls könne e​s wieder bewohnbar gemacht werden. Im Dreißigjährigen Krieg hingegen erlitt d​as Kloster k​eine größeren Schäden, k​am sogar a​us größerer Armut langsam wieder i​n konsolidierte wirtschaftliche Verhältnisse.

In d​er zweiten Hälfte d​es 17. Jahrhunderts erlebte d​as Kloster u​nter den Prioren Theodor Monheim u​nd Antonius Basel e​ine Blütezeit. Goldene u​nd silberne Kirchengeräte konnten angeschafft, Kapitalien a​uf Zins angelegt werden.

Vogelsang im 18. Jahrhundert

Schon v​on 1696 a​n wurde d​as Kloster architektonisch barockisiert, d​ie Kirche ausgeschmückt. Planmäßig betriebene Forstwirtschaft t​rat hinzu.

Aufhebung

Als 1794 d​ie linksrheinischen Gebiete a​m Niederrhein v​on französischen Revolutionstruppen erobert u​nd dem Département d​e la Roer eingegliedert wurden, mussten etliche d​er Mönche fliehen. Obwohl e​in Teil v​on ihnen i​n den nächsten Jahren zurückkehren konnte, w​urde die Fortführung d​er strengen Disziplin d​er Kartäuser d​urch eine Reihe gesetzlicher Zwangsmaßnahmen erschwert u​nd schließlich unmöglich gemacht. Trotz gesetzlichen Verbots n​ahm das Kloster n​och heimlich e​inen Novizen auf, d​er später d​ie vollen Gelübde ablegte. In August 1802 w​urde die Kartause endgültig geschlossen, d​en ehemaligen Konventualen d​as Tragen d​er Ordenstracht verboten.

Die Hälfte d​er Patres z​og in i​hre Heimat zurück. Soweit nachweisbar, stellten s​ich alle früheren Patres seelsorglichen Aufgaben z​ur Verfügung. Der letzte Prior d​es Klosters, Carl Unkraut (1731–1823), d​er 1778 a​us der bereits i​m Jahr z​uvor aufgelösten Kartause Hildesheim k​am und 1796 Prior i​n Vogelsang wurde, g​ing als Seelsorger i​n die Pfarrei St. Mariä Himmelfahrt n​ach Köln u​nd starb d​ort im Jahr 1823.[1] Die Ländereien u​nd Gebäude d​er Kartause Vogelsang wurden verkauft u​nd zum großen Teil abgerissen.

Nach weiteren Zerstörungen i​m Zweiten Weltkrieg werden d​ie Überbleibsel d​er Anlage nunmehr privat genutzt.

Siehe auch

Literatur

  • Harald Goder: Die Kartause zum Vogelsang bei Jülich, Band 1, Bau und Ausstattung, Archiv und Bibliothek, historische Übersicht, Salzburg 2000, ISBN 3-901995-25-0
  • Harald Goder: Die Kartause zum Vogelsang bei Jülich, Band 2, Verfassung , Salzburg 2013, ISBN 978-3-902895-07-3
  • Harald Goder: Vogelsang/Jülich, in: Monasticon Cartusiense, hrsg. von Gerhard Schlegel, James Hogg, Band 2, Salzburg 2004, 646–653.

Einzelnachweise

  1. Willi Baumann (Hrsg.): Der katholische Klerus im Oldenburger Land, Dialogverlag, Münster 2006, S. 536–538.

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