Karli Coburger

Karli Coburger (* 4. Oktober 1929 i​n Neuhaus-Schierschnitz) w​ar von 1984 b​is 1989 Leiter d​er für Observation, Ermittlung u​nd Festnahmen verantwortlichen Hauptabteilung VIII d​es Ministeriums für Staatssicherheit (MfS).

Kindheit und Jugend

Coburger w​urde 1929 a​ls Sohn e​ines Porzellandrehers i​n Neuhaus-Schierschnitz geboren. Nach d​er Volksschule erlernte Coburger v​on 1943 b​is 1946 a​n der Handelsschule d​en Beruf d​es Kaufmanns. Anschließend besuchte e​r die Wirtschaftsoberschule Sonneberg u​nd war v​on 1948 b​is 1949 Volontär i​m Plasta-Werk Köppelsdorf. 1949 t​rat er d​er SED bei. Nach e​inem Einjahreslehrgang a​n der Deutschen Verwaltungsakademie „Walter Ulbricht“ i​n Forst Zinna arbeitete e​r bis 1952 a​ls Betriebsassistent u​nd besuchte d​ie Technische Abendschule.

Staatssicherheit

1952 trat Coburger in den Dienst des MfS. Dort war er zunächst im Bereich der MfS-Bezirksverwaltung Leipzig tätig, ehe er 1953 nach Berlin versetzt wurde. Hier war er als Untersuchungsführer in der Hauptabteilung IX tätig. In seinen Vernehmungen von politischen Häftlingen griff er auf Mittel der Psycho-Folter wie Schlafentzug und Isolationshaft zurück, um seine Opfer zu belastenden Aussagen zu drängen und sie für politische Schau- und Geheimprozesse zu präparieren. So bearbeitete Coburger den Fall der früheren Chefsekretärin im Büro des Ministerpräsidenten Otto Grotewohl Elli Barczatis, die 1955 per Fallbeil hingerichtet wurde.[1] Von 1957 bis 1960 absolvierte Coburger ein Fernstudium der Kriminalistik an der Polizeischule Aschersleben. 1966 machte er das Staatsexamen an der Humboldt-Universität zu Berlin. Im selben Jahr stieg er zum stellvertretenden Leiter der Ermittlungsabteilung auf. 1976 wurde er gemeinsam mit zwei weiteren Stasi-Offizieren mit einer Kollektiv-Dissertation zum Dr. jur. an der Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit mit einer Arbeit über „Die Durchsetzung der strafrechtlichen Verantwortung von Bürgern nichtsozialistischer Staaten durch das MfS“ promoviert. 1984 wurde Coburger zum Generalmajor ernannt und trat die Nachfolge Albert Schuberts als Leiter der Hauptabteilung VIII an. Dies tat er bis 1989. Im Zuge der Stasi-Auflösung wurde Coburger mit dem Ende der SED-Diktatur 1990 entlassen. Er betätigt sich in der AG Recht der geschichtsrevisionistischen[2][3] Gesellschaft zur rechtlichen und humanitären Unterstützung.[4] 2003 wurde er mit weiteren MfS-Offizieren im Rahmen der Dokumentation „Das Ministerium für Staatssicherheit - Alltag einer Behörde“ interviewt.[5]

Verurteilung

Am 14. Dezember 1992 e​rhob die Generalbundesanwaltschaft Anklage g​egen Coburger w​egen geheimdienstlicher Agententätigkeit.[6] Im Zusammenhang m​it dem Fall Robert Havemann w​urde Coburger i​m Juli 2000 w​egen Beihilfe z​ur Rechtsbeugung u​nd Freiheitsberaubung v​om Landgericht Berlin z​u einer einjährigen Freiheitsstrafe a​uf Bewährung verurteilt.[7] Im Prozess lehnte Coburger jegliche Verantwortung für d​ie durch i​hn begangenen Taten ab.

Schriften

  • mit Peter Rauscher: Operative Ermittlung und Beobachtung. In: Reinhard Grimmer/Werner Irmler/Willi Opitz/Wolfgang Schwanitz (Hrsg.): Die Sicherheit – Zur Abwehrarbeit des MfS, Band 1, edition ost, Berlin 2002, S. 384–413. ISBN 3-360-01044-2.[8]
  • mit Dieter Skiba: Die Untersuchungsorgane des MfS (HA IX im MfS/Abt IX der BV). In: Reinhard Grimmer/Werner Irmler/Willi Opitz/Wolfgang Schwanitz (Hrsg.): Die Sicherheit – Zur Abwehrarbeit des MfS, Band 2, edition ost, Berlin 2002, S. 426–494. ISBN 3-360-01044-2.
  • mit Horst Bischoff: Strafverfolgung von Angehörigen des MfS. In: Gesellschaft zur Rechtlichen und Humanitären Unterstützung: Siegerjustiz? – Die politische Strafjustiz infolge der deutschen Einheit, Kai Homilius Verlag 2003.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Karl Wilhelm Fricke: Die Schönfärber verhöhnen ihre Opfer. In: Frankfurter Rundschau vom 16. November 2007. Online-Version.
  2. Eckhard Jesse: Fakten und Erkenntnisse, keine Mythen und Legenden
  3. Hubertus Knabe: Die Täter sind unter uns. Über das Schönreden der SED-Diktatur. Berlin 2008, S. 304
  4. Vgl. Autorenvita beim Kai Homilius Verlag f (Memento vom 14. Juli 2014 im Internet Archive), eingesehen am 14. Juni 2009
  5. Silke Kettelhake: Selbstentlarvung - Das Ministerium für Staatssicherheit - Alltag einer Behörde. In: Fluter. Archiviert vom Original am 2. April 2015; abgerufen am 6. April 2011.
  6. Roland Schißau: Strafverfahren wegen MfS-Unrecht - Die Strafprozesse bundesdeutscher Gerichte gegen ehemalige Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR, Berlin 2006, ISBN 978-3-8305-1140-3, S. 151.
  7. Günter Förster: Die juristische Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit, Berlin 2001, S. 351
  8. Karl Wilhelm Fricke: Reinhard Grimmer u. a. (Hrsg.): Die Sicherheit. Zur Abwehrarbeit des MfS. Verlag das Neue Berlin. 27. Mai 2002, abgerufen am 12. September 2015 (Rezension).
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