Karl von Thielen
Karl (Carl) Hermann Peter Thielen, ab 1900 von Thielen (* 30. Januar 1832 in Wesel; † 10. Januar 1906 in Berlin)[1] war ein preußischer Politiker.[2]
Herkunft und Familie
Von Thielen war Sohn des Feldpropstes Peter Thielen. Er war mit Friederike geb. van Spankeren verheiratet. Ihre Tochter Emma (1862–1931) war in erster Ehe mit dem Landrat von Gummersbach Richard Haldy und in zweiter Ehe mit dem Landrat von Wipperfürth Georg Porcher verheiratet.[3]
Leben
Nach dem Studium in Bonn, wo er im Sommersemester 1853 der Bonner Burschenschaft Frankonia beitrat, wurde Karl Thielen 1860 Regierungsassessor in Koblenz und Arnsberg, 1864 Verweser im Landratsamt Wittgenstein und trat dann bei der Eisenbahndirektion Saarbrücken in die preußische Eisenbahnverwaltung ein. 1865 wurde er Hilfsarbeiter im Handelsministerium, 1866 Mitglied der Eisenbahndirektion Breslau, aus der er 1867 ausschied, um als Direktionsmitglied in die Rheinische Eisenbahngesellschaft einzutreten. Nach deren Erwerb für den Staat wurde er 1881 Präsident der Kgl. Eisenbahndirektion der Bergisch-Märkischen Eisenbahngesellschaft Elberfeld und 1887 Präsident der Eisenbahndirektion Hannover.
Nach dem Rücktritt von Albert von Maybach wurde Thielen am 20. Juni 1891 Minister der öffentlichen Arbeiten, ab 5. Juli 1891 auch Chef des Reichseisenbahnamtes und blieb in beiden Ämtern bis zum 23. Juni 1902. Er wurde gelegentlich auch als „Eisenbahnminister“ bezeichnet. Gegenüber seinen Vorgängern in diesem Amt hatte von Thielen vor allem hinsichtlich der Tarifgestaltung erheblich beschnittene Kompetenzen.[4] Am 5. Januar 1900 erließ er neue Bestimmungen über die Dienst- und Ruhezeiten der Eisenbahnbetriebsbeamten. So soll die Dauer der täglichen Dienstschicht des Zugbegleitpersonals und der Lokomotivführer 16 Stunden nicht mehr überschreiten dürfen, auch wenn längere Pausen gemacht werden.[5]
Unter seiner Verwaltung sind in allen Zweigen des preußischen Staatsbahnwesens große Fortschritte gemacht worden. Durch Erlass des Kleinbahngesetzes 1892 wurde der Ausbau des Eisenbahnnetzes wesentlich gefördert. Sein Verdienst war die Neuordnung der Staatseisenbahnverwaltung im Jahre 1895. Das Staatsbahnnetz wurde neben dem Erwerb einiger Privatbahnen vor allem durch den der Hessischen Ludwigsbahn gemeinsam mit der großherzoglich hessischen Regierung erweitert, worauf im Jahre 1896 die Preußisch-Hessische Eisenbahngemeinschaft gebildet wurde.[6]
Zahlreiche Verbesserungen im Personenverkehr (u. a. die D-Züge) und in den Personentarifen (die 45-tägigen Rückfahrkarten) wurden von ihm eingeführt. Seine Pläne zum Ausbau des Wasserstraßennetzes (Mittellandkanal) scheiterten jedoch.[6]
In dieser Eigenschaft war er am 31. Mai 1895 zur Grundsteinlegung des Elbe-Trave-Kanals mit anderen in Lübeck. Nach den Schlägen mit dem silbernen Hammer durch den Staatsminister, Johannes von Miquel, schlug in der Zeremonie der Staatsminister gefolgt vom kommandierenden Admiral Eduard von Knorr den Granitstein.[7]
An der Eröffnungsfahrt der neuen Berliner Hochbahn – später U-Bahn – nahm er am 15. Februar 1902 zusammen mit mehreren anderen preußischen Ministern teil, weshalb diese Fahrt auch Ministerfahrt genannt wurde. (siehe auch Geschichte der Berliner U-Bahn: Erste Bauphase)
Zwischen 1903 und 1906 war von Thielen Mitglied im Aufsichtsrat der Friedrich Krupp AG. Deshalb ist in Essen-Holsterhausen der Thielenplatz nach ihm benannt.[8] Von Thielen verstarb mit 73 Jahren am 10. Januar 1906 in seiner Wohnung in der Kurfürstenstraße 114 an einer Lungenentzündung.[1][9]
Ehrungen, Sonstiges
- 1. Januar 1900 Erhebung in den erblichen Adelsstand[10]
- 23. Juni 1902 Verleihung des Schwarzen Adlerordens anlässlich seiner Pensionierung durch Kaiser Wilhelm II.[2]
- Nach ihm wurde die Thielenbrücke zwischen den Berliner Bezirken Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln benannt.
- Die Karl-von-Thielen-Brücke in Hamburg und eine Straße – in Wilhelmsburg trägen seinen Namen.
- In Bremen – Findorff und in Köln – Ehrenfeld sind Straßen nach ihm benannt.
- Er liegt auf dem Friedhof II der Dreifaltigkeitsgemeinde in Berlin begraben. Die Grabstätte befindet sich im Feld G.
Literatur
- Staatsminister von Thielen. In: Centralblatt der Bauverwaltung, 22. Jahrgang, Nr. 51 (28. Juni 1902), S. 313–315.
- Staatsminister von Thielen †. In Zentralblatt der Bauverwaltung, 26. Jahrgang, Nr. 5 (13. Januar 1906), S. 31–32.
- Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 6: T–Z. Winter, Heidelberg 2005, ISBN 3-8253-5063-0, S. 26–27.
Quellen
- Standesamt Charlottenburg I: Sterbeurkunde Karl von Thielen. Nr. 16/1906.
- Staatsminister Carl von Thielen. In: Zentralblatt der Bauverwaltung, 1902, S. 313ff; Nr. 50.
- Horst Romeyk: Die leitenden staatlichen und kommunalen Verwaltungsbeamten der Rheinprovinz 1816–1945 (= Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde. Band 69). Droste, Düsseldorf 1994, ISBN 3-7700-7585-4, S. 673.
- Protokolle des Preußischen Staatsministeriums Band 8/II, März 1890 - Oktober 1900
- Coron-Verlagsgesellschaft (Hrsg.): Die Coron-Chronik - das 20. Jahrhundert: 1900–1903. ISBN 3-577-17101-4, S. 28.
- Röll: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Berlin, Wien 1912
- Die Grundsteinlegung des Elbe-Trave-Kanals. In: Lübeckische Blätter; 37. Jg., Nummer 44, Ausgabe vom 2. Juni 1895, S. 297–301.
- Erwin Dickhoff: Essener Straßen. Hrsg.: Stadt Essen–Historischer Verein für Stadt und Stift Essen. Klartext-Verlag, Essen 2015, ISBN 978-3-8375-1231-1, S. 323.
- Personalnarichten. In: Berliner Tageblatt. 1. Januar 1906, abgerufen am 9. April 2021 (Mittlere Spalte, dritter Abschnitt): „Das Befinden des früheren Eisenbahnministers v. Thielen, der wie gemeldet an Lungenentzündung erkrankt ist, hat sich, wie wir hören, verschlimmert.“
- A. Freiherr von Houwald: Brandenburg-Preußische Standeserhebungen und Gnadenakte für die Zeit 1873-1918. Görlitz 1939, S. 118.