Karl Friedrich Knorre
Karl Friedrich Knorre (* 28. März 1801 in Dorpat; † 29. August 1883 in Berlin) war ein russischer Astronom deutscher Abstammung.
Lebensweg
Karl Friedrich Knorre gehörte einer Astronomenfamilie an. Schon sein Vater Ernst Christoph Friedrich Knorre, der aus Neuhaldensleben bei Magdeburg stammte, war zwischen 1803 und 1810 in Dorpat (heute: Tartu) Observator der dortigen Sternwarte und Professor für Mathematik an der Kaiserlichen Universität.
Da der Vater starb, als Karl Friedrich erst neun Jahre alt war, wuchs er bei seinem Onkel Karl Senff auf. Er war ein fleißiger Schüler und beendete die Schule sehr früh. Im Alter von 15 studierte er an der Universität Dorpat. Wie sein Vater hatte er ein Faible für die Mathematik und Astronomie. Auf Wunsch seines Onkels und Vormunds begann Karl Knorre jedoch das Studium der Theologie. Gleichzeitig nahm er aber auch das Studium der Mathematik auf. Dabei wurde der Astronom Friedrich Georg Wilhelm Struve, der spätere Direktor der Sternwarte Dorpat, auf ihn aufmerksam. Er unterstützte Karl Knorres Selbststudium und unterwies ihn in der Praxis der Astronomie.
Zu dieser Zeit führte Struve eine umfangreiche Landvermessung von Livland durch. Dabei nahm er Karl Knorre als einen seiner Assistenten mit. Als eine Anfrage des Admirals Alexey Greigh (Alexei Samuilowitsch Greig, 1775–1845), russischer Admiral und von 1816 bis 1833 Kommandant der Schwarzmeerflotte in den Jahren, nach einem Astronomen für den Aufbau des Observatorium in Nikolajew (heute: Mykolajiw) am Schwarzen Meer kam, schlug Struve Karl Knorre vor. Am 7. Juli 1820 schickte der Minister der russischen Marine Jean-Baptiste Prevost de Sansac de Traversay (1754–1831) die Ernennungsurkunde als Marine-Astronom für die Schwarzmeer-Flotte.
Auf eigenen Wunsch wurde es Karl Knorre erlaubt, ein halbes Jahr weiter in Dorpat zu studieren. Einen Monat vor seinem zwanzigsten Geburtstag kam er in Nikolajew an. Der Bau des Observatoriums stand unter der Leitung von Admiral Greig,
Karl Knorre kümmerte sich um die astronomischen Instrumente. Um sich einen Überblick zu verschaffen, reiste er zwei Jahre quer durch Europa und besuchte die führenden Sternwarten und Hersteller von optischen Instrumenten und genauen Chronographen. Unter anderem traf er Astronomen wie Friedrich Wilhelm Bessel, Johann Franz Encke, Heinrich Christian Schumacher in Altona und François Arago in Paris, mit denen er auch später noch Briefkontakt pflegte. Während und nach seiner Reise bestellte er die Instrumente für die Sternwarte, die zu seiner Zeit zu den besten der Welt gehörten, etwa einen drei Fuß großen Meridiankreis von Ertel, einen fünf Fuß großen Refraktor mit einem vier Zoll großen Objektiv von Utzschneider und Fraunhofer. Zu den Besonderheiten gehörte auch ein künstlicher Horizont, der aus einem mit Quecksilber gefüllten verschiebbaren Becken bestand. Die Beobachtungen konnten sowohl direkt als auch indirekt über den künstlichen Horizont erfolgen, um Beobachtungsfehler zu verringern. Während seiner Zeit als Direktor des Observatoriums unterrichtete er außerdem Nautik in der Marineschule. Im Laufe seiner Dienstjahre erreichte er den Rang des Geheimen Rates. Am 24. Oktober 1871, kurz vor Eintritt in den Ruhestand, wurde er schließlich in das Register des erblichen Adels der Adelsversammlung der Provinz Cherson eingetragen.[1]
Nach Übergabe der Sternwarte an seinen Nachfolger übersiedelte er nach Berlin, wohin ihm sein Sohn Viktor Knorre folgte, der ab 1873 als Observator an der Berliner Sternwarte tätig war. Aufgrund der in Russland erfolgten Nobilitierung führte er seit Übersiedlung nach Berlin den Namenszusatz "von", der von den Familien seiner Kinder fortgeführt wurde. Infolge der Verdienste ihres Vaters Ernst Christoph Friedrich Knorre hatte sein Bruder Carl Theodor Adolph Knorre ein erbliches Wappen verliehen bekommen,[2], das die Familie von Karl Friedrich Knorre in leichter Abwandlung (ohne Eisenhut-Zweig und mit anderer Anordnung der Sterne im Wappenschild) seitdem ebenfalls führt. Seit 1829 war er korrespondierendes Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften.[3]
Karl Knorre war insgesamt dreimal verheiratet, mit Elisabeth von Dieterichs, Dorothea von Dieterichs und Emilie von Gavel. Er war Vater von 18 Kindern.[4]
Leistungen als Astronom
Eine seiner wichtigsten Leistungen war die Anfertigung des Blattes Hora IV der Berliner Akademischen Sternkarten. Durch die sehr präzisen Beobachtungen, die Karl Knorre in dieser Karte erfasste, konnten kleine Planeten entdeckt werden, etwa Astraea.[5] Die Bearbeitung eines weiteren Blattes, die er begonnen hatte, musste er jedoch auf Grund anderweitiger Belastungen aufgeben.[6] Eine weitere Leistung Knorres war eine Optimierung des Sextanten.[7]
2010 wurde der Asteroid (14339) Knorre nach ihm, seinem Vater und seinem Sohn Viktor benannt.[8]
Literatur
- G.M. Petrov, G.I. Pinigin: Karl Knorre, the first astronomer of Nikolaev Observatory (on the occasion of his bicentenary). Astronomische Nachrichten, Band 323, Heft 6, S. 559–561 (Dezember 2002)
- Obituary. Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, Band 49, S. 169 (bibcode:1889MNRAS..49S.169.)
- Liste der Veröffentlichungen, geführt von der Royal Astronomical Society (11 Bücher) bibcode:1889MNRAS..49S.169.
- Carola L. Gottzmann/ Petra Hörner: Lexikon der deutschsprachigen Literatur des Baltikums und St. Petersburgs. 3 Bände; Verlag Walter de Gruyter, Berlin 2007. ISBN 978-3-11-019338-1, Band 2, S. 702 f.
Weblinks
- Günther: Knorre, Ernst Christoph Friedrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 16, Duncker & Humblot, Leipzig 1882, S. 328.
- Baltische Historische Kommission (Hrsg.): Eintrag zu Knorre,Carl Friedrich. In: BBLD – Baltisches biografisches Lexikon digital
- Karl Knorre: Der erste Astronom der Schwarzmeer-Flotte am Observatorium Nikolajev
- Detaillierte Biografie (englisch)
- Sternwarte Nikolaev
- Kurzbiografien von Astronomen
- Astronomische Nachrichten
- Wissenschaftliche Arbeiten Knorres
- Asteroid Knorre benannt nach der Astronomendynastie
- Veröffentlichungen von K. Knorre im Astrophysics Data System (dort irrtümlich als V. Knorre geführt)
- Royal Astronomical Society (Lebenslauf und genaue Beschreibung seiner Verdienste) bibcode:1889MNRAS..49S.169.
- Das Wirken der aus dem Magdeburgischen stammenden Familie Knorre im Russischen Reich
Einzelnachweise
- G.M. Petrov, G.I. Pinigin: Karl Knorre, erster Astronom der Schwarzmeerflotte., Nikolajew, 2007, übersetzt von Suzanne Héral und Friedgard von Knorre, 2010.
- Verleihung des erblichen Wappens der Familie Knorre, 24. April 1870.
- Korrespondierende Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724: Кнорре, Карл Христофорович (Карл Фридрих). Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 3. Oktober 2021 (russisch).
- Georg von Knorre: Von Knorre und Knorre Neuhaldensleben (inkl. Stammtafel). Typoskript, Oschersleben, Oktober 1972, S. 2.
- Belegt wird dies in den Aufzeichnungen der Royal Astronomical Society, bibcode:1889MNRAS..49S.169.
- Jürgen Hamel: Bessels Projekt der Berliner Akademischen Sternkarten. In: Die Sterne. Band 65 (1989), S. 11–19.
- Astronomische Nachrichten Nr. 158, 1829, S. 262, doi:10.1002/asna.18290071704.
- Minor Planet Circ. 69493