Karesi
Karesi, auch Karesiden oder Karasiden (im heutigen Türkischen als Karesi Beyliği,[2] Karesioğulları Beyliği,[3] Karasi Beyliği[4] oder Karasioğulları Beyliği[5][6] bekannt), war ein türkisches Beylik in der Region Balıkesir-Çanakkale-Bergama und der erste türkische Staat dieser Region überhaupt.[1]
Flagge[1] | |
Amtssprache | Türkisch |
Hauptstadt | Karesi (Heute Balıkesir) |
Staatsform | Beylik |
Gründung | 1299 |
Auflösung | 1361 |
Karte |
Das Beylik wurde 1361 von seinen Nachbarn, den Osmanen, übernommen. Es war das erste Beylik, das die Osmanen eroberten.[7] Aus dem Beylik wurde das Sandschak Karesi geschaffen. Die Karesi unterstützten die Osmanen später bei ihrer Expansion Richtung Rumelien. Nach der Gründung der Republik Türkei 1923 wurde aus dem Sandschak Karesi die heutige Provinz Balıkesir.
Etymologie
Ob der eigentliche Name des Beyliks Karesi (قر ه سى) oder Karası (قر ا سى) ist und ob dieses eine Abwandlung von Kara-izi (قر ه ايز ى) oder Kara İsa (قر ه عيسى) ist, ist nicht gesichert.
Ibn Battuta, der die Region bereist hatte, nannte das Gebiet Memleket-i Akirus. Akirus (Achirus) war der vorislamische Name der Region und wird als ein möglicher Ursprung des Wortes Karesi angesehen. Der byzantinische Historiker Nikephoros Gregoras berichtete in seiner Rhomäischen Geschichte, dass die Gebiete von Lydien und Äolien bis zum Hellespont und Mysien von einem Herrscher Kalames und seinem Sohn Karasis regiert worden.[8] Johannes VI. Kantakuzenos sagt in seinem Werk, dass Karasis' Reich Karasia heißt.[9]
Geschichte
Gründung
Zur Zeit des Sultanat der Rum-Seldschuken ließen sich in Westanatolien oghusische Stämme nieder. Diese gründeten dort sogenannte Uc-Fürstentümer (Grenzfürstentümer), die die Grenzen des seldschukischen Reiches verteidigen sollten. Die Seldschuken sandten ihre Kommandeure Karesi Bey, dessen Vater Kalem Bey, Yakup Bey von den Germiyan und eine große Gruppe von Oghusen in die Region am Marmarameer und am Golf von Edremit.[10]
Karesi Bey eroberte 1296–1297 mit Hilfe der Germiyan einen großen Teil der Landschaft Mysien.[11][12][13] Die Seldschuken ernannten Karesi Bey zum Emir-ül Savahil (Amir der Küste). Die Familie Karesi Beys stammt vom Gründer der Danischmenden Danischmend Ghazi ab.[2][14][15] Kurz vor dem Zusammenbruch des seldschukischen Sultanats erklärte Karesi Bey wie andere Uc-Fürsten seine Unabhängigkeit und gründete so das Karesi Beylik.[10] Das genaue Gründungsdatum ist nicht bekannt. Es wird zwischen 1296 und 1300 angenommen, wobei das Jahr 1299 favorisiert wird, weil zu dieser Zeit die meisten anderen Fürstentümer unabhängig wurden.[3]
Die Herrschaft Karesi Beys
Um gegen die Expansion der Türken in Westanatolien vorzugehen, schloss der byzantinische Kaiser Andronikos II. mit den Alanen ein Bündnis. Sein ältester Sohn Michael IX. bezog mit der byzantinisch-alanischen Armee sein Hauptquartier am Fluss Gediz in der heutigen Provinz Manisa. Doch die Byzantiner unterlagen den Karesi und die Alanen zogen sich zurück.[11] Der Kaiser holte 1304 Roger de Flor zu Hilfe, der eine Truppe aus Aragonesern und Katalanen befehligte, Abenteurern, die als Almogàvers bekannt sind. Diese Katalanische Kompanie töteten bei Edincik 5000 Mitglieder eines türkischen Stammes.[2][16][17] Dies führte zu einer Stagnation des Beyliks zwischen 1302 und 1308.[18]
Der seldschukische geistliche Führer Sarı Saltuk machte sich mit etwa 10–20.000 Menschen von Sinop aus per Schiff zuerst Richtung Krim auf den Weg und ließ sich später 1264 mit Erlaubnis des tatarischen Herrschers Kara Nogai Khan in der Dobrudscha nieder.[6][19] Sarı Saltuk war ein Schüler Ahmed Yesevis und starb 1280/81 in der Dobrudscha. Die nun führerlosen Turkmenen dort standen nun unter größerem Druck der Bulgaren und Rumänen.[10]
So reiste ein Teil dieser Turkmenen unter ihrem Führer Ece Halil 1306 per Schiff von Thrakien ab und kam über Çanakkale nach Lapseki.[19] Sie wurden von den Karesi willkommen geheißen und in ihrem Beylik angesiedelt.[3] Für die noch ihrem vorislamisch-schamanistischen Glauben verbundenen Turkmenen hatte der Berg Ida eine große Bedeutung. Sie nannten den Berg nach dem ihnen heiligen Kaz (dt.: Gans) in Kaz Dağı um.[19] Die Neuankömmlinge verstärkten die Macht und Möglichkeiten des Beyliks. So konnte es auf Kosten der Byzantiner weiter expandieren. Weitere turkmenische Stämme, die vor den Mongolen aus Inneranatolien geflohen waren, kamen hinzu. Unter diesen waren auch Çepni-Stämme, die man heute noch antrifft.[3]
Teilung und Niedergang
Karesi Bey starb vor 1330, wann genau ist nicht bekannt. Sein Nachfolger wurde sein Sohn Aclan Bey. Dieser hatte gute Beziehungen zu den benachbarten Osmanen. Nach Aclan Bey herrschten seine Söhne über das Beylik. Einer der Söhne war Demirhan Bey. Dessen Bruder Yahşi Bey herrschte von Bergama aus über einen Teil des Beyliks, so dass das Beylik faktisch in zwei Herrschaftsgebiete geteilt war. Ein dritter Bruder namens Dursun Bey lebte am osmanischen Hof in Bursa und hatte gute Beziehungen zu Sultan Orhan I. Demirhan Bey behandelte seine Untergebenen schlecht, so dass die Bevölkerung Dursun Bey um Hilfe bat. 1345 kam Dursun Bey mit Orhan nach Karesi, wurde aber durch die Männer seines Bruders getötet. Den Machtkampf nutzte Orhan aus und übernahm 1361 Karesi. Laut einigen Quellen soll das Volk den Osmanensultan darum gebeten haben.
Das Beylik nach dem Niedergang
Karesi war eines der wenigen Beyliks, die eine Flotte hatten. Später sollten die Osmanen sehr von dieser Flotte profitieren. Die Karesis zogen mit ihrer Flotte zweimal gegen Rumelien. 1331 griffen sie mit 70 Booten Feres und 1333 mit 60 Booten Athos an. Auf politischer und militärische Ebene war Karesi den Osmanen eine große Hilfe bei ihrem Übergang vom osmanischen Beylik zum osmanischen Staat.[20] In den neu eroberten europäischen Gebieten siedelten die Osmanen Leute aus Karesi an.[21] Nachdem Sultan Bayezid I. das Beylik der Saruchaniden 1390 erobert hatte, fasste er es mit Karesi zusammen und gab es seinem Sohn Ertuğrul. Später wurde ein anderer Sohn namens İsa zum Gouverneur von Karesi-Saruhan ernannt.[22] Als Bayezid 1402 die Schlacht bei Ankara gegen Timur verlor, stellte dieser die von den Osmanen eroberten Beyliks in ihren alten Grenzen wieder her. So war das auch bei Karesi der Fall. Nachdem die Osmanen ihre Macht wiederhergestellt hatten, wurden alle Beyliks wieder unterworfen. Karesi wurde 1393 dem Beylerbey von Anatolien untergestellt.[12] Der Name Karesi lebte bis 1926 fort.
Inschriften
Außer den zwei Grabsteinen von Kutlu Melek und Mustafa Çelebi, die sich im Museum von Tokat befinden, gibt es keine Inschriften aus dem Beylik. Laut den Stammbäumen auf diesen beiden Grabsteinen sahen sich die Karesiherrscher als Abkömmlinge der Danischmendiden aus dem 11. Jahrhundert an. Doch wird diese Verwandtschaft durch keine anderen Quellen belegt. İsmail Hakkı Uzunçarşılı veröffentlichte als erster die Grabinschriften.[23][24]
Das Territorium der Karesi
- Provinz Balıkesir:
- Provinz Çanakkale:
- Provinz Izmir:
- Provinz Manisa:
- Provinz Bursa:
- Die westlichen Landkreise Karacabey (ehemals Mihaliç) und Mustafakemalpaşa (ehemals Kirmasti).
Stammtafel
Danischmend Ghazi († 1104) | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
İsmail | Gümüştekin | Melik Gazi († 1134) | İbrahim | Yağısıyan | |||||||||||||||||||||||||||||||||
Melik Mehmed († 1143) | Yağıbasan († 1164) | Yağan | Aynüddevle | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Zünnun | Muzaffereddin Mahmud Bey | Zülkarneyn | |||||||||||||||||||||||||||||||||||
Nizameddin Suhrab Bey | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Yağdı Bey | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Kalem Bey | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Karesi Bey | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Aclan Bey | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Yahşi Bey | Demir Han Bey | Dursun Bey | |||||||||||||||||||||||||||||||||||
Süleyman Bey | Cuce Han Bey | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Mustafa Bey | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Kutlug Melik | İsa Bey | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Quelle
- Zerrin Günal Öden: Karasi Beyliği. Türk Tarih Kurumu Yayınları, Ankara 1999, ISBN 975-16-1002-8.
Einzelnachweise
- Wappen türkisch. Stadtverwaltung Balıkesir.
- Geschichte türkisch. Stadtverwaltung Balıkesir.
- İsmail Hakkı Uzunçarşılı: Karesi Vilâyeti Tarihçesi. Zağnos Kültür ve Eğitim Vakfı, 2000, ISBN 975-94473-3-9, S. 68.
- Zerrin Günal: Karasi Beyliği. Türk Tarih Kurumu Yayınları, 1999, ISBN 975-16-1002-8 (türkisch).
- Niyazi Akşit-Ferruh Sanır: A'dan Z'ye Genel Bilgi Ansiklopedisi. 1981, S. 790.
- İsmail Hakkı Uzunçarşılıoğlu: Anadolu Beylikleri ve Akkoyunlu, Karakoyunlu Devletleri. 1937, S. 33–35 (türkisch).
- Balıkesirim. In: Balıkesir Belediyesi Bülteni. 2005, S. 61, 65. (bağlantı (Memento vom 29. April 2006 im Internet Archive)).
- Nikephoros Gregoras: Historai Romae I. 1829, S. 214–215 (Latein).
- Johannes Kantakuzenos: Corpus Scriptorum Historiae Byzantinae. Teil II, 1828–1832. Von L. Schopen, S. 507 (Latein).
- Abdülmecit Mutaf: Salnâmelere Göre Karesi (1847–1922). Zağnos Kültür ve Eğitim Vakfı, 2003, ISBN 975-94473-5-5, S. 6–7 (türkisch).
- Karasioğulları Beyliği türkisch.
- İsmail Hakkı Uzunçarşılı: Anadolu Beylikleri ve Akkoyunlu, Karakoyunlu Devletleri. Türk Tarih Kurumu Yayınları, Ankara 2003, ISBN 975-16-0044-8, S. 96 und 201 (türkisch).
- Mustafa Çetin Varlık: Germiyanoğulları Tarihi (1300–1429). Ankara 1974, S. 9 (türkisch).
- Tarihçe (Memento vom 4. Oktober 2007 im Internet Archive) türkisch. T.C. Balıkesir Valiliği.
- İsmail Hakkı Uzunçarşılı: Kitâbeler I. Devlet Matbaası, İstanbul 1927, S. 43–44.
- Compagnie catalane (Wikipédia en français)
- Tarihçe (Memento des Originals vom 4. Februar 2008 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. türkisch. T.C. Milli Eğitim Bakanlığı Bandırma İlçe Milli Eğitim Müdürlüğü.
- Zerrin Günal Öden: Bizans İmparatorluğu'nun Türklere Karşı Alan ve Katalanlar ile İttifakı. In: İst. Üni. Edb. Fak. Tarih Dergisi. Nr. 35, 1994, S. 123–129.
- Balıkesirim. In: Balıkesir Belediyesi Bülteni. 2007, S. 116–117.
- İsmail Hakkı Uzunçarşılı: Osmanlı Tarihi I. Cilt. Devlet Matbaası, Ankara 2003, ISBN 975-16-0011-1, S. 124 (türkisch).
- M. Münir Aktepe: XIV ve XV. Asırlarda Rumeli'nin Türkler tarafından İskânına Dair. Türkiyat Mecmuası, X (İstanbul 1953), S. 300.
- Tuncer Baykara: Anadolu’nun Tarihi Coğrafyasına Giriş I. Anadolu’nun İdarî Taksimatı. Türk Kültürü Araştırmaları Enstitüsü Yayınları, İstanbul 1988, S. 85 (türkisch).
- İsmail Hakkı Uzunçarşılı: Kitâbeler I. İstanbul 1927, S. 43–44 (türkisch).
- B. Karamağaralı: Sivas ve Tokat’taki Figürlü Mezar Taşlarının mahiyeti hakkında, SAD, II. Ankara 1971, S. 85–86 (türkisch).