Kantché
Kantché ist eine Landgemeinde in Niger und formell die Hauptstadt des Departements Kantché.
Landgemeinde Kantché | |||
---|---|---|---|
| |||
Koordinaten | 13° 32′ N, 8° 28′ O | ||
Basisdaten | |||
Staat | Niger | ||
Zinder | |||
Departement | Kantché | ||
Einwohner | 49.706 (2010) |
Geographie
Kantché liegt am Übergang der Sahelzone zur Großlandschaft Sudan. Die Nachbargemeinden sind Garagoumsa im Norden, Ichirnawa im Nordosten, Matamèye im Südosten, Tsaouni im Süden, Daouché im Südwesten und Korgom im Nordwesten. Das Gemeindegebiet ist in 42 administrative Dörfer, 16 traditionelle Dörfer und 43 Weiler gegliedert.[1] Der Hauptort der Landgemeinde ist das administrative Dorf Kantché.[2]
Geschichte
Kantché war zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine Provinz von Katsina. 1812 eroberten die Fulbe das Reich, mussten aber 1819 nach mehreren Schlachten den Norden Katsinas aufgeben. Dort bildete sich mit Maradi ein zunächst eigenständiger Staat heraus. Der Herrscher von Maradi schenkte zum Dank dafür, dass ihm der Sultan von Zinder in den Kriegswirren Asyl gegeben hatte, Kantché und Korgom dem Sultanat Zinder.[3] Sultan Ténimoun von Zinder setzte Dan Balhadé als seinen Statthalter in Kantché ein, der dort eine Dynastie begründete.[4]
Die französische Forschungs- und Militärexpedition Mission Foureau-Lamy machte von 20. bis 21. November 1899 in Kantché Station.[5] Anfang des 20. Jahrhunderts fiel Kantché dauerhaft an Frankreich. Der Markt im Ort war einer der großen Märkte in der Region, die damals von der französischen Verwaltung zugelassen wurden.[6] Diese machte Kantché außerdem zum Hauptort eines Kantons gleichen Namens, der zum Bezirk Magaria gehörte. Die Verwaltung eines Kantons oblag einem lokalen Kantonschef (chef traditionnel). 1954 wurde das Gebiet des Kantons Kantché aus dem Bezirk Magaria herausgelöst und zu einem eigenen, eine Verwaltungsebene über dem Kanton liegenden Bezirk. Da der einheimische chef traditionnel des Kantons Kantché aber keinen höhergestellten Kolonialbeamten, der den Bezirk verwalten sollte, im selben Ort haben wollte, siedelte er dessen Amtssitz im sieben Kilometer entfernt liegenden Dorf Matamèye an, während er selbst im Dorf Kantché blieb. So wurde Matamèye an Stelle von Kantché zum Hauptort des Bezirks, der nun auch Bezirk Matamèye hieß.[7] Während der Kanton Kantché unverändert fortbestand, ging 1964 aus dem Bezirk Matamèye das Arrondissement Matamèye[8] und 1998 das Departement Matamèye mit erweiterter Selbstverwaltung hervor.
Als Hauptort hatte Matamèye von zahlreichen infrastrukturellen Maßnahmen profitiert. Der Kantonschef von Kantché versuchte, einen als solchen wahrgenommenen historischen Fehler zu korrigieren und Kantché als Hauptort des neuen Departements durchzusetzen. Tatsächlich gelang ihm dies noch Ende 1998: Das Departement Matamèye wurde offiziell in Departement Kantché – mit Kantché als Hauptort – umbenannt. Allerdings wurden nicht zuletzt aus Geldmangel die Behörden des Departements nie nach Kantché übersiedelt und so blieb Matamèye de facto die Departementshauptstadt.[9] 2002 wurde im Zuge einer weiteren Verwaltungsreform außerdem das Territorium des bis dahin nach wie vor bestehenden Kantons Kantché auf neun neu geschaffene Gemeinden aufgeteilt. Der Ort Kantché erhielt dabei als einzige Departementshauptstadt Nigers nicht den Status einer Stadtgemeinde, sondern den einer Landgemeinde. Die De-facto-Hauptstadt Matamèye wurde hingegen zur Stadtgemeinde erhoben.
Bevölkerung
Bei der Volkszählung 2001 hatte Kantché 36.608 Einwohner. Für das Jahr 2010 wurden 49.706 Einwohner berechnet.[10] In Kantché leben Angehörige der vor allem Ackerbau betreibenden Hausa-Untergruppe Katsinawa. Auf Agropastoralismus spezialisiert sind die Fulbe-Untergruppen Daourawa und Tchilanko’en und die Tuareg-Untergruppen Iguimirdan und Tafazarak. Außerdem leben Angehörige der Fulbe-Untergruppe Tountoumankej im Gemeindegebiet, die vor allem Fernweidewirtschaft praktizieren.[11]
Wirtschaft und Infrastruktur
In Kantché befindet sich eine 1953 eröffnete Schule, an der viele spätere Politiker und Diplomaten des Landes ihre Grundbildung erhielten.[12] Kantché liegt an der Nationalstraße 10, die bis zur Staatsgrenze mit Nigeria führt.
Persönlichkeiten
- Oumarou Alma (* 1951), Manager und Politiker
- Amadou Issaka (1924–2004), Politiker, Minister und Kantonschef von Kantché
Literatur
- Guy Nicolas: Aspects de la vie économique dans un canton du Niger: Kantché. In: Cahiers de l’I.S.E.A. Nr. 131, November 1962, S. 106–186.
- Guy Nicolas: L’Evolution du Canton de Kantché. Diplomarbeit. Universität Bordeaux, Bordeaux 1957.
- Guy Nicolas: Un village bouzou du Niger. Etude d’un terroir. In: Les Cahiers d’Outre-Mer. Nr. 15, 1962, S. 138–165 (persee.fr).
Weblinks
Einzelnachweise
- Répertoire National des Communes (RENACOM) (Memento des Originals vom 9. Januar 2017 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. . Website des Institut National de la Statistique, abgerufen am 22. Januar 2011.
- Republik Niger: Loi n° 2002-014 du 11 JUIN 2002 portant création des communes et fixant le nom de leurs chefs-lieux http://www.case.ibimet.cnr.it/den/Documents/code_rural/cdrom/doc%20pdf/Loi%20N%B02002-14%20cr%E9ation%20des%20communes.pdf (Link nicht abrufbar)
- Edmond Séré de Rivières: Histoire du Niger. Berger-Levrault, Paris 1965, S. 148.
- Edmond Séré de Rivières: Histoire du Niger. Berger-Levrault, Paris 1965, S. 133–134.
- Fernand Foureau: Documents scientifiques de la mission saharienne. Mission Foureau-Lamy d’Alger au Congo par le Tchad. Atlas (Kartograf: Verlet-Hanus). Masson, Paris 1905 (jubilotheque.upmc.fr [abgerufen am 6. Mai 2018]).
- Hassane Gandah Nabi: Commerçants et entrepreneurs du Niger (1922–2006). L’Harmattan, Paris 2013, ISBN 978-2-336-29136-9, S. 37.
- Christian Lund: Les dynamiques politiques locales face à une démocratisation fragile (Zinder) (Online-Version; PDF; 207 kB). In: Jean-Pierre Olivier de Sardan, Mahaman Tidjani Alou (Hrsg.): Les pouvoirs locaux au Niger, Tome 1: A la veille de la décentralisation. Karthala, Paris 2009, ISBN 978-2-8111-0306-4, S. 92.
- Edmond Séré de Rivières: Histoire du Niger. Berger-Levrault, Paris 1965, S. 275.
- Christian Lund: Les dynamiques politiques locales face à une démocratisation fragile (Zinder) (Online-Version; PDF; 207 kB). In: Jean-Pierre Olivier de Sardan, Mahaman Tidjani Alou (Hrsg.): Les pouvoirs locaux au Niger, Tome 1: A la veille de la décentralisation. Karthala, Paris 2009, ISBN 978-2-8111-0306-4, S. 94–97.
- Institut Nationale de la Statistique du Niger (Hrsg.): Annuaire statistique des cinquante ans d’indépendance du Niger. Niamey 2010 (Online-Version; PDF; 3,1 MB), S. 57.
- Ministère de l’élevage et des industries animales / République du Niger (Hrsg.): La mobilité pastorale dans la Région de Zinder. Stratégies et dynamisme des sociétés pastorales. Niamey 2009 (Online-Version (Memento vom 13. Juli 2010 im Internet Archive); PDF; 11,3 MB), S. 30 und 32–33.
- Christian Lund: Les dynamiques politiques locales face à une démocratisation fragile (Zinder) (Online-Version; PDF; 207 kB). In: Jean-Pierre Olivier de Sardan, Mahaman Tidjani Alou (Hrsg.): Les pouvoirs locaux au Niger, Tome 1: A la veille de la décentralisation. Karthala, Paris 2009, ISBN 978-2-8111-0306-4, S. 93.