Kaliseilbahn Springen–Dorndorf
Die Kaliseilbahn Springen–Dorndorf war eine Seilbahn für den Güterverkehr, die gefördertes Kalisalz aus dem Kaliwerk Springen zum Verladebahnhof in Dorndorf/Rhön transportierte.
Lage
Die Seilbahn verband drei Kalischächte bei Springen in Westthüringen, heute Wartburgkreis, mit der Kaliumsulfatfabrik am Ostrand der Ortslage Dorndorf. Die Seilbahn überspannte hierbei das Tal der Werra, die Bahnstrecke Bad Salzungen–Unterbreizbach und die Reichs- bzw. späteren Fernverkehrsstraßen 62 und 84.
Geschichte
Auf der Suche nach Kalisalzlagerstätten im Werrarevier wurde im Mai 1905 die Kaligewerkschaft „Großherzog Sachsen“ gegründet. Die am westlichen Ortsrand von Dorndorf „An der hohen Eiche“ gegründete Kalisulfatfabrik (in Dorndorf noch als „Alte Chemische“ bekannt) und eine Werksarbeitersiedlung (bekannt als „Die Kolonie“) wurden ebenfalls nach der Jahrhundertwende erbaut. Das Alte Werk war mit den Förderschächten im drei Kilometer entfernten Dietlas und dem fünf Kilometer entfernten Menzengraben über eine Standseilbahn verbunden. Erwartete Kosteneinsparungen und betriebliche Störungen (z. B. Streiks von Mitarbeitern der Reichsbahn) führten zum Bau einer einspurigen werkseigenen Gleisanlage von der Verladestation Dorndorf (Altes Werk) über Dorndorf (Neues Werk) zum Werk der „Gewerkschaft Kaiserroda-Merkers“ im östlichen Nachbarort Merkers.
Durch technische Probleme musste der Kaliabbau in Dietlas im Jahr 1926 eingestellt werden, damit wurde auch die Seilbahn nach Dorndorf und das Werk stillgelegt.[1][2]
Die zweite Kaliumsulfat- und Chlorkaliumfabrik in Dorndorf gehörte zur „Gewerkschaft Heiligenroda“ und wurde 1913 in Betrieb genommen. Das zugehörige Abbaufeld dieser Gewerkschaft erstreckte sich zwischen Frauensee, Dönges, Kieselbach, Oberzella und Vitzeroda, es wurden drei Schächte in der Flur Springen – bezeichnet als „Gewerkschaft Heiligenroda I“ bis „Gewerkschaft Heiligenroda III“ – und zwei Schächte in Möllersgrund „Gewerkschaft Heiligenroda IV“ und „Gewerkschaft Heiligenroda V“ errichtet.[2] Auch hier wurde die kostengünstige Errichtung einer Seilbahn dem Bau einer Stichbahn durch das enge Tal des Springer Bachs der Vorzug gegeben. Zum Abtransport der in den Fabriken erzeugten Chemikalien (hauptsächlich Chlorkalium und Kaliumsulfat) wurden Werksanschlussgleise zum Bahnhof Dorndorf (Rhön) verlegt.[2] Bei Inbetriebnahme der „Gewerkschaft Heiligenroda I“ im Jahre 1909 wurde diese zunächst mit einer 6550 m langen Drahtseilbahn mit dem Kaliwerk Wintershall in Heringen (Werra) verbunden, die am 22. Januar 1910 abgenommen wurde und eine stündliche Transportleistung von 45 Tonnen bei einer Wagennutzlast von 600 kg (75 Wagen pro Stunde) aufwies.[3] Diese Verbindung wurde mit Errichtung der Standseilbahn zur neuen Fabrik nach Dorndorf 1913 stillgelegt.
Die Fabrikation des Kalibetriebs Dorndorf wurde am 30. Juni 1991 eingestellt. Das zugehörige Industriekraftwerk Dorndorf wurde am 30. September 1991 stillgelegt. Kurz nach der Betriebseinstellung der Schachtanlagen in Springen im Jahr 1990 wurde mit der Demontage der Seilbahn begonnen.[4]
Technik
Die Drahtseilbahn diente ausschließlich zum Abtransport des geförderten Rohkalis.
Es wurden drei elektrisch angetriebene Seilbahnabschnitte miteinander verkoppelt:
- Die 3,5 km lange Hauptbahn verfügte über 55 Stützen, an denen 280 Loren pausenlos in Bewegung waren. Im Volllastbetrieb konnte das Transportmittel eine Tagesleistung von 6100 t Rohsalz befördern, die Seilgeschwindigkeit betrug 2,3 m/s.[4]
- Eine etwa 1,5 km lange Drahtseilbahn verband die Kopfstation der Hauptbahn zwischen den benachbarten Schachtanlagen „Gewerkschaft Heiligenroda II und III“ mit dem am weitesten entfernten Förderturm am Schacht „Gewerkschaft Heiligenroda I“.
- Ein nur 600 m langer separater Seilbahnabschnitt wurde vom Werksgelände in Dorndorf zu einem 500 m entfernten Deponiegelände errichtet, um die nicht verwertbaren Produktionsabfälle oberirdisch auf einer Halde am südlichen Ortsrand von Dorndorf zu verbringen.
Ökologische Folgen
Der Transport des Kalisalzes in offenen Loren führte zur Verwehung von Salzen auf die darunter liegenden Flächen. Eine Versalzung des Bodens in der Werraaue und Bodenerosion am Hang nördlich der heutigen Bundesstraße 84 waren die Folge. Unter der Seilbahntrasse bildeten sich Brachflächen heraus, an denen sich einzelne stärker salzhaltige Stellen mit Salzvegetation entwickelt haben. Auch die Grabensysteme der Werraaue wiesen in diesem Gebiet eine Versalzung auf, was die Ansiedlung von Salzpflanzen begünstigte.
Nach der Demontage der Seilbahn blieb eine fast vegetationslose Trasse zurück. Die Flächen in der Werraaue wurden zur Wiederherstellung der Bodenfruchtbarkeit um 1994 mit dem Auftrag von Klärschlammkomposterden wieder für die Landwirtschaft nutzbar gemacht. Der vegetationslose und erosionsgefährdete Hang nördlich der heutigen B 84 wurde der Sukzession überlassen.
Seit Außerbetriebnahme der Seilbahn ist ein massiver Rückgang der Salzvegetation zu verzeichnen. Da auch zahlreiche geschützte Salzpflanzenarten nachgewiesen wurden, sehen Naturschützer diese Entwicklung mit Sorge.[5]
Literatur
- Siegfried Baumgardt: Tiefenorter Kali-Geschichte. Tiefenort 2012. 196 S.
Weblinks
Einzelnachweise
- Kgl.Preuß. Landesaufnahme (Hrsg.): TK25, Blatt 2990 – Vacha (Memento des Originals vom 11. Mai 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , Ausgabe 1905, mit Verlauf der Seilbahn Dietlas–Dorndorf (Alte Chemiefabrik)
- Bürgerverein Dorndorf (Hrsg.): Festschrift 1225 Jahre Dorndorf/Rhön. Selbstverlag, Dorndorf 2011, S. 51–53.
- Ortschronik Widdershausen, aufgerufen am 20. Januar 2014
- Gemeinde Merkers-Kieselbach (Hrsg.): Festschrift zum Ortsjubiläum 850 Jahre Kieselbach. Merkers-Kieselbach 2005, S. 62.
- Schuster/Bellstedt/Schmidt: Naturschutz im Wartburgkreis, Heft 16 – Flora, Fauna und Entwicklung der Binnensalzstellen im Wartburgkreis. Hrsg.: Landratsamt Wartburgkreis. 2010, S. 35 ff.