Kaiservilla Bruckneudorf
Die Kaiservilla Bruckneudorf ist eine römische Palastanlage an den Hängen des Leithagebirges, nahe der Provinzhauptstadt Carnuntum gelegen, die Straßenverbindung führte in das Innere der Provinz Pannonien und des Römischen Reiches. Diese große Villenanlage, die etwas abseits der Straße zwischen Bruckneudorf und Parndorf in Österreich liegt, stellt ein Denkmal der römischen Kaiserzeit dar.[1]
Lage und Geschichte
Die Villa befindet sich auf den sogenannten „Heidwiesen“ zwischen Bruckneudorf und Parndorf im Burgenland. Die Lage war durch die fruchtbaren Böden und die Nähe der Bernsteinstraße, entlang der die Aufschließung Westpannoniens erfolgte, begünstigt. Mit der Anlage des Legionslagers Carnuntum trug Rom der geopolitischen Situation am Eintritt dieses wichtigen Weges in das Reichsgebiet Rechnung. Besiedelt war der Raum von den zu dieser Zeit unbedeutenden und dem „Regnum Noricum“ zugeordneten Boiern.
In die frühe Kaiserzeit fällt auch ein in der Villa als Kanalabdeckung verbauter Grabstein für einen M. COCCEIUS CAUPIANUS, der als PR. C. B. bezeichnet wird, und seine Frau COCCEIA DAGOVASSA. Die Benennung des Mannes wurde als princeps civitatis Boiorum gedeutet, also „Stammesfürst der Boier“ bezeichnet, der unter Nerva das Bürgerrecht erhielt. Auf einem weiteren Grabstein ist eine IUNIA COCCEIA genannt, sodass man diese Familie wohl als frühe Besitzer oder Gründungsinhaber der Villa ansprechen darf.
Durch András Mócsy wurde die Villa für das Jahr 375 n. Chr. mit dem Tod Valentinians I. in Verbindung gebracht, da Frau und Sohn des Kaisers aus einer von Brigetio hundert Meilen entfernten Murocincta genannten Villa zum Sterbeort eilen, damit dem vierjährigen Knaben die Herrschaft übergeben werde.[2]
Baugeschichte
Die älteste nachweisbare Bautätigkeit ist in die früheste Zeit nach Einrichtung der römischen Provinz Pannonien, wohl in die Mitte des 1. Jahrhunderts nach Christus einzuordnen. Das belegen Funde, ein Tellerrand aus sogenanntem „Millefioriglas“ – ein Gefäß aus bunten Glasfäden, die ein Muster bilden –, und eine Münze des Kaisers Galba, der wenige Monate in den Jahren 68–69 n. Chr. regierte. Dieser erste Bau, von dem nur einige Pfostenlöcher nachgewiesen werden konnten, war vermutlich aus Holz und Lehmziegeln errichtet worden.[2]
Höchstwahrscheinlich in den Jahrzehnte um 100 n. Chr. wurden die Fundamente angelegt für einen weiten, etwas versetzt angelegten Bau, der vermutlich Lehmwände hatte. In der folgenden, nicht sicher zu datierenden Bauphase, erhielt das Herrenhaus weitgehend seine für eine Villa rustica typische Gestalt. Sie war zu diesem Zeitpunkt größtenteils aus Stein erbaut.[2] Am besten bekannt ist die letzte große Bauperiode, in der das Gebäude mit Mosaiken ausgestattet wurde. Dafür wurde das Bodenniveau um 80 cm angehoben. Im Norden entstand ein großer Saal mit Apsis. Durch Funde von Münzen unter den Mosaikböden und aus dem Mörtel der Mauer kann dieser Ausbau in die Zeit bald nach 350 n. Chr. datiert werden. Danach sind keine großen Baumaßnahmen mehr erkennbar. Die in der letzten Ausbaustufe umfasste die Villa 34 Räume, von denen mehrere ausgemalt und mit Mosaiken, teilweise auch mit Hypokausten ausgestattet waren. Zur Villa gehörte ein 12,5 ha großer ummauerter Bereich, der neben Wirtschaftsgebäuden auch eine Thermenanlage umfasste.[3]
Mosaiken
Aus der letzten Bauphase stammen die Mosaiken. Es handelt sich um den größten erhaltenen Mosaikenkomplex auf österreichischem Boden. Von ursprünglich 500 m2 sind über 300 m2 erhalten.[4] Derzeit sind sie im Landesmuseum Burgenland in Eisenstadt ausgestellt.
Wandmalereien
Auch die Wände waren geschmückt, d. h. ausgemalt. Nach den Beobachtungen von Balduin Saria waren sogar die Außenwände mit Malerei versehen, einfache Malerei auf rosa Grund mit schwarzen Tupfen und Strichen, die wohl einen Sockel aus Marmor andeuten soll. Qualitätvolle Malereien waren an den Innenwänden angebracht. Durch angedeutete „Scheinarchitektur“ von Halbsäulen oder -pfeilern waren die Wände in Felder geteilt. Auch gab es figürliche Darstellungen. Mehrere Fragmente scheinen zu einer größeren Szene gehört zu haben, einer Landschaft im bläulichen Licht, mit einer äsenden Hirschkuh, einem jugendlichen Schildträger und einem Gebäude mit Stiegenaufgang.
Geschichte der Entdeckung der Palastvilla
Die „Heidwiesen“ zwischen Bruckneudorf und Parndorf sind seit dem 19. Jahrhundert als Fundstelle von Gräbern bekannt. Eduard von Sacken hatte diese Grabfunde bereist und 1853 in einem Aufsatz über Carnuntum und seine weitere Umgebung behandelt.[5] Als Folge des Österreichisch-Ungarischen Ausgleichs 1867 wurde die weitere Forschung von Ungarn aus betrieben. Eine Grabung führte 1899 Sötér Agoston[6] im Gräberfeld der Villa durch. Er war Advokat in Mosonmagyaróvár und leitendes Mitglied des dortigen historischen Vereines. So gelangten viele Funde in das Museum dieses Vereines.
Die oben erwähnten Grabsteine verdienen Interesse, weil sie nicht in ihrer ursprünglichen Aufstellung angetroffen wurden. Sie wurden wieder zur Herstellung von Gräbern verwendet, verblieben also im Bereich der Totengötter, der Manen.[7]
Das Hauptgebäude der Villenanlage wurde 1931 durch Alexander Seracsin,[8] einen archäologisch interessierten und kenntnisreichen Gutsverwalter in Mannersdorf, erstmals angegraben. Es waren römische Münzen und Ziegel beim Ackern zutage gekommen und man erinnerte sich auch noch an die Grabungen von Sötér. Über diese Grabung ist ein kurzer Bericht erschienen.[9] Seracsin stieß dabei auch schon auf einen Mosaikboden, wahrscheinlich auf den des Raumes 1, und auf Mauern. So erkannte er, dass die weitere Erforschung der großen Anlage aus seinen eigenen Mitteln, wie bisher, unmöglich war. Aber die Anlage war bekannt geworden und mit der Feststellung der Mosaiken auch als außerordentlich ausgestatteter Bau bestimmt. Balduin Saria setzte 1949–1955 im Auftrag des Österreichischen Archäologischen Instituts die Grabungen mit Mitteln des Landes Burgenland fort. Sie betrafen das palastartige Hauptgebäude, mehrere Nebengebäude und die Umfassungsmauer der Villa.[10]
Siehe auch
Literatur
- Heinrich Zabehlicky: Die römische Palastanlage von Bruckneudorf. Österreichisches Archäologisches Institut Wien, Bruckneudorf 2013, ISBN 978-3-900305-51-2.
- Gerda von Bülow, Heinrich Zabehlicky (Hrsg.): Bruckneudorf und Gamzigrad: spätantike Paläste und Großvillen im Donau-Balkan-Raum : Akten des Internationalen Kolloquiums in Bruckneudorf vom 15. bis 18. Oktober 2008 (= Kolloquien zur Vor- und Frühgeschichte. Band 15). Frankfurt am Main 2011, S. 293–308 (online).
Weblinks
- Kaiservilla Bruckneudorf
- Grabungen 1994–1998
- Römische Palastanlage (Bruckneudorf) in Kulturatlas-BURGENLAND
Einzelnachweise
- Heinrich Zabehlicky: Die römische Palastanlage und andere römische Fundstellen aus Bruckneudorf und Kaisersteinbruch. In: Kleiner Führer durch die römische Palastanlage von Bruckneudorf. Sonderdruck der Mitteilungen des Museums- und Kulturvereins Kaisersteinbruch. Hrsg. Helmuth Furch. Nr. 48, 1998, S. 2ff.
- Die Römische Palastvilla von Bruckneudorf. Aus Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie. 9 / XII / 1998.
- Kaiservilla (Bruckneudorf)
- Christian Zenger: Die Mosaiken
- Eduard von Sacken: Über die neuesten Funde zu Carnuntum. Sitzungsbericht 11, 1853, S. 363f, Tafel IV.
- Sötér Agoston: Bruck-Újfalusi Ásatatásról. In: ArchErt. N.S. 19, 1899, S. 341–351.
- Heinrich Zabehlicky: Zur Spolienverwendung in spätantiken Gräbern des Österreichischen Donauraumes. In: Lebendige Altertumswissenschaft. Festschrift für Hermann Vetters. Wien 1985, S. 279–285.
- Alexander Ritter von Seracsin (1883–1952)
- FÖ 1, 1930–1934, 94 unter Parndorfer Heide.
- Balduin Saria: Der römische Herrensitz bei Parndorf und seine Deutung. In: Festschrift für Alphons Barb (= Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland. 35). Eisenstadt 1966, S. 252 ff.