Kaiser von Indien
Kaiser oder Kaiserin von Indien (englisch Emperor of India bzw. Empress of India) nannten sich die britischen Monarchen als Herrscher von Britisch-Indien. Oft wurde auch die persische Form Kaisar-i-Hind verwendet – Persisch war die Verwaltungssprache im Mogulreich gewesen.
Königin Victoria und die nachfolgenden britischen Könige waren von 1876 bis zur Unabhängigkeit Indiens und Pakistans 1947 in Personalunion mit Großbritannien Kaiser von Indien als Nachfolger des von der britischen Kolonialverwaltung 1858 abgesetzten Großmoguls, was auch z. B. durch die Aufschrift Ind. Imp. (Imperatrix Indiae bzw. Imperator Indiae; siehe Abbildung der Penny-Münze von 1937) oder RI (Regina Imperatrix bzw. Rex Imperator) auf britischen Münzen zum Ausdruck kam.
Im übertragenen Sinn wird der Begriff allerdings (sowohl auf Englisch als auch auf Deutsch) für einheimische Kaiser (die Moguln oder auch als Übersetzung von Samrat aus dem Sanskrit) gebraucht.
Geschichte
Bereits im Zuge des Indischen Aufstandes von 1857 wurde Bahadur Shah II., der letzte Großmogul von Indien, zum Kaiser von Indien proklamiert, aber schon kurz darauf von den Briten abgesetzt.
Am 1. Mai 1876 nahm Victoria gemäß dem Royal Titles Act den Titel Kaiserin von Indien an – die Proklamation erfolgte am 1. Januar 1877 in Delhi – und dokumentierte damit, dass Indien Teil des britischen Weltreiches geworden war. Das Kaiserreich Indien umfasste das heutige Indien, Pakistan, Bangladesch und Myanmar.
Der Titel wurde auf Betreiben von Premierminister Benjamin Disraeli eingeführt. Infolge der Gründung des Deutschen Kaiserreichs und der Stellung der russischen Zaren sowie der österreichischen Kaiser sollte der britische Königstitel gleichberechtigt sein. Darüber hinaus wollte man der (seit 1857 direkten) britischen Herrschaft eine Art legale Basis verleihen, indem man wenigstens von der Titulatur her an die Mogulherrschaft anknüpfte. Die East India Company hatte der Form nach noch im Namen des Mogulkaisers geherrscht.
Nur ein einziger der britischen Könige, die den Titel eines Kaisers von Indien führten, wurde auch tatsächlich in Indien zum Kaiser gekrönt, nämlich Georg V. am 12. Dezember 1911 auf dem Delhi Durbar.
Von der Teilung Indiens (1947) in zwei Staaten – die säkulare Indische Union sowie die kleinere Islamische Republik Pakistan – bis zum 26. Januar 1950, als Indien zu einer Republik wurde, war der britische Monarch weiterhin Staatsoberhaupt des indischen Dominions. Bis 1956 war er als König von Pakistan auch Staatsoberhaupt Pakistans, das in jenem Jahr Republik wurde.
Mit dem Tod von Elizabeth Bowes-Lyon starb 2002 die letzte ehemalige Kaiserin von Indien.
Liste der Kaiser von Indien
Mogulreich (1526–1858)
- Bahadur Shah II. (Mai 1857 bis September 1857)
Britisch-Indien (1858–1947)
- Victoria (1. Mai 1876 / 1. Januar 1877 bis 22. Januar 1901)
- Eduard VII. (22. Januar 1901 bis 6. Mai 1910)
- Georg V. (6. Mai 1910 bis 20. Januar 1936)
- Eduard VIII. (20. Januar 1936 bis 11. Dezember 1936)
- Georg VI. (11. Dezember 1936 bis 15. August 1947)
Unabhängiges Indien als Dominion (1947–1950)
- Georg VI. (15. August 1947 bis 26. Januar 1950)
Siehe auch
- Liste der Großmoguln (1526 bis 1858)
- Generalgouverneur und Vizekönig von Indien (mit Liste; 1773 bis 1950)
- Liste der Staatspräsidenten Indiens (Staatsoberhäupter seit 1950)
- Liste der Premierminister Indiens (Regierungschefs seit 1947)
- Liste der Staatsoberhäupter Pakistans (Staatsoberhäupter seit 1947)
- Liste der Premierminister von Pakistan (Regierungschefs seit 1947)