Kaiser Friedrich (Schiff, 1886)
Kaiser Friedrich ist der Name eines historischen Fahrgastschiffes in Berlin.
Kaiser Friedrich im Herbst 2021 | ||||||||||||
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Geschichte
Das Dampfschiff wurde 1886 auf der Schiffswerft Möller & Holberg in Stettin-Grabow, den späteren Stettiner Oderwerken, gebaut.[1] Welchen Namen das Schiff in seinen ersten Jahren trug, konnte laut Kurt Groggert noch nicht ermittelt werden.[2] Es gehörte zu den sechs Repräsentanten der Kaiser-Klasse. Diese Doppelschraubendampfer waren vom Stettiner Lloyd bestellt, aber wegen dessen Konkurs nicht mehr abgenommen worden. Nach der Übernahme durch die Spree-Havel-Dampfschiffahrt-Gesellschaft Stern erhielten diese Dampfer die Namen Kaiser Wilhelm II. (später: Planet), Kaiser Friedrich, Kaiserin Auguste Viktoria, Kaiserin Augusta, Kaiserin Friedrich und Kronprinz Friedrich Wilhelm. Ab 1889 herrschte regelmäßiger Fahrbetrieb bei der neu gegründeten Gesellschaft.[3]
In den frühen 1920er-Jahren wurde die Kaiser Friedrich in die Breslauer Gegend verkauft, und zwar zunächst an Paul David aus Meschlewitz. Dieser verkaufte das Schiff 1923 an Josef Schmiade in Breslau weiter.[2]
Als die Brüder Fritz und Ernst Griese, die bis dahin bei der Reederei Kieck als Schiffsführer und Maschinist gearbeitet hatten, sich selbstständig machten, kauften sie den Dampfer und holten ihn 1929 nach Freienbrink bei Erkner. Bei der Umbenennung des Schiffes, die mit dieser Geschäftsgründung einherging, fiel die Wahl angeblich aus Sparsamkeitsgründen auf den Namen Siegfried: Die Brüder Griese verwendeten die alten Messingbuchstaben des Namenszuges weiter, was laut Groggert „ohne weiteres“ möglich war, obwohl der Name Kaiser Friedrich ja kein g enthält.[4] Als Reedereizeichen trug Siegfried eine hellblaue Manschette mit einer kleinen gelben Sonne. Dieses Zeichen ähnelte stark dem der Reederei Kieck. Im Sommer fuhr das Dampfschiff Siegfried häufig aushilfsweise für diese Reederei zur Woltersdorfer Schleuse.[5] Wann genau das Schiff seine festen Aufbauten erhielt, die bei der Schiffswerft der Gebrüder Winkler in Kalkberge gebaut wurden, scheint nicht bekannt zu sein.[2]
Im Juni 1944 wurde die Personenschifffahrt der BVG aufgenommen, weil nicht mehr genügend Treibstoff für Omnibuslinien zur Verfügung stand. Zu den Schiffen, die dafür genutzt wurden und deswegen einen Tarnanstrich erhielten, gehörte auch die Siegfried. Bis zum 17. Juli 1944 war Siegfried bei der BVG-Personenschifffahrt im Einsatz.[6] Nach dem Krieg wurde am 31. Mai 1945 die Personenschifffahrt der BVG wieder eingerichtet und die Siegfried, nach wie vor im Besitz der Brüder Griese in Freienbrink, gehörte wieder zu den Schiffen, die dafür genutzt wurden.[7] Der Heimathafen des Schiffes war nach der deutschen Teilung Spandau.[2]
1953 war Siegfried im Besitz von Ernst Griese. Damals hatte das Schiff eine Zulassung für die Beförderung von 291 Personen.[8] Diese Zahl galt auch noch im Jahr 1958, in dem Siegfried zu den letzten sechs Westberliner Personendampfern gehörte. Die anderen Westberliner Dampfschiffe waren Alexander, Poseidon, Hoffnung, Sperber und Deutschland.[9] Etwa ein Jahrzehnt später war die Siegfried der letzte „echte“ Personendampfer auf den Berliner Gewässern.[2]
Der Dampfer wurde bis 1964 für Sonderfahrten genutzt und 1967 stillgelegt.[1] Da er nicht mehr fahrbereit war, wurde er 1968, als die Stern und Kreisschiffahrt das 80. Jahr ihres Bestehens feierte, noch einmal an die Anlegestelle Wannsee geschleppt und zur Bewirtung von Gästen genutzt. Damals kam die Idee auf, den Dampfer überhaupt zu einem Eventschiff und Künstlertreff zu machen, doch abgesehen davon, dass die Siegfried vor 1972 noch einmal einen neuen Anstrich erhielt – und ihre ursprünglichen Maschinen einbüßte –, wurden keine Schritte in diese Richtung unternommen.[2] Nach einem Besitzerwechsel wurde der alte Dampfer an den Burgwall in Spandau verlegt, wo sich damals auch noch die Helgoland befand, die später den Namen Fortuna erhielt. Wegen Bauarbeiten am Spandauer Havelufer wurde die Siegfried schließlich in den Plötzenseer Kolk verlegt. Im Winter 1986 ging das Schiff in den Besitz des Museums für Verkehr und Technik über.[10]
1993 wurde der Dampfer in Dresden-Laubegast neu aufgebaut und erhielt zwei Hochdruckmaschinen mit Ölfeuerung, da die originalen Maschinen ausgebaut und verschrottet worden waren. Am 27. April 1994 wurde er von Eberhard Diepgens Ehefrau getauft. Er wurde danach für Stadtrundfahrten in Berlin eingesetzt.[1]
Ab 2013 lag das Schiff aber an der Schleuseninsel im Tiergarten und war dem Verfall preisgegeben. Auf eine Anfrage des Abgeordneten Stefan Förster (FDP), warum Berlins ältestes Dampfschiff nicht mehr gepflegt werde, führte das Abgeordnetenhaus Berlin am 20. Oktober 2021 nach Rücksprache mit dem Besitzer, der Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin, aus, dass ein regelmäßiger Betrieb durch die Stern und Kreisschiffahrt missglückt sei, weshalb das Schiff in die Obhut des Deutschen Technikmuseums genommen worden sei. Aber auch danach habe sich kein Interessent gefunden, der das historische Schiff zu bereedern bereit gewesen sei. Das Dampfschiff sei momentan nicht fahrfähig, besitze aber seit 2017 ein neues Schwimmfähigkeitsattest. Für eine Nutzung als Restaurantschiff stehe im Augenblick kein Liegeplatz zur Verfügung. In der Dauerausstellung des Technikmuseums könne die Kaiser Friedrich ebenfalls nicht gezeigt werden. Über eine Veräußerung des Schiffes werde derzeit nicht nachgedacht, auch habe sich kein Interessent mit ernsthaften Kaufabsichten ans Museum gewandt.[11]
Literatur
- Dieter Schubert, Deutsche Binnenfahrgastschiffe. Illustriertes Schiffsregister, Berlin 2000, ISBN 3-933177-10-3, S. 426
- Kurt Groggert, Personenschiffahrt auf Havel und Spree, Berlin 1988, ISBN 3-7759-0153-1
Weblinks
Einzelnachweise
- Dieter und Helga Schubert, Fahrgastschifffahrt in Berlin, Erfurt 2007, ISBN 978-3-86680-120-2 S. 84 f.
- Kurt Groggert, Personenschiffahrt auf Havel und Spree, Berlin 1988, ISBN 3-7759-0153-1, S. 294
- Kurt Groggert, Personenschiffahrt auf Havel und Spree, Berlin 1988, ISBN 3-7759-0153-1, S. 106 ff.
- Kurt Groggert, Personenschiffahrt auf Havel und Spree, Berlin 1988, ISBN 3-7759-0153-1, S. 168
- Kurt Groggert, Personenschiffahrt auf Havel und Spree, Berlin 1988, ISBN 3-7759-0153-1, S. 169
- Kurt Groggert, Personenschiffahrt auf Havel und Spree, Berlin 1988, ISBN 3-7759-0153-1, S. 250
- Kurt Groggert, Personenschiffahrt auf Havel und Spree, Berlin 1988, ISBN 3-7759-0153-1, S. 258
- Kurt Groggert, Personenschiffahrt auf Havel und Spree, Berlin 1988, ISBN 3-7759-0153-1, S. 272
- Kurt Groggert, Personenschiffahrt auf Havel und Spree, Berlin 1988, ISBN 3-7759-0153-1, S. 292
- Kurt Groggert, Personenschiffahrt auf Havel und Spree, Berlin 1988, ISBN 3-7759-0153-1, S. 296
- Abgeordnetenhaus Berlin, Drucksache 18 / 28 681. Schriftliche Anfrage. 18. Wahlperiode auf pardok-parlament-berlin.de