Josef Wentzler
Josef Wentzler (* 7. Oktober 1884 in Vicht; † 14. Juli 1942 in Dortmund) war ein deutscher Architekt.
Biografie
Wentzler erhielt seine Ausbildung an den Baugewerkschulen in Aachen und Köln sowie der Kunstgewerbeschule Aachen. Es folgten Studienreisen nach Belgien, Holland, Österreich und Ungarn; danach war er u. a. in Krefeld, Breslau, Hannover, Halle, Köln, Wien und Budapest bei bedeutenden Architekturbüros tätig.
Während des Ersten Weltkriegs beschäftigte sich Wentzler verstärkt mit der Planung von Friedhöfen. Es entstanden Entwürfe für Kriegerfriedhöfe in Stolberg und Remagen, ferner für verschiedene Kriegerdenkmäler. Erste Preise erzielte er bei den Wettbewerben zum Zentralfriedhof und Heldenhain in Bad Salzuflen und beim Ideenwettbewerb zum Südfriedhof (heute Hauptfriedhof Saarbrücken) mit einem gemeinsam mit dem Gartenarchitekten Gustav Allinger verfassten Entwurf.
Weithin beachtet wurde die Umsetzung seines gleichfalls mit Allinger entstandenen Entwurfs für den Hauptfriedhof Dortmund. In der Folge dieses Großprojektes ließ sich Wentzler 1919 in Dortmund nieder, wo er als Nachfolger von Otto Spenhoff eine Bürogemeinschaft mit Heinrich Strunck bildete. Das Büro Spenhoff und Strunck hatte sich vor dem Weltkrieg mit qualitätsvollen Geschäftshäusern im Reformstil, so etwa der Bebauung des Altstadtmarktes in Castrop-Rauxel mit einheitlichen Sandsteinfassaden[1] oder dem Galeriehaus Carl Utermann, dem ersten Stahlbetongebäude in Dortmund in der Betenstraße (zerstört)[2] einen Namen gemacht, und firmierte seither am Markt 6–8 als Strunck & Wentzler.
Die 1920er Jahre waren Wentzlers produktivste Schaffensphase, wobei ihm wohl der Großteil der Entwurfsarbeit zufiel, während dem lokal gut vernetzten Strunck die Umsetzung von Routineprojekten im genossenschaftlichen Wohnbau und weiterhin der Bau und Umbau von Geschäftshäusern der Dortmunder City oblag.
Das Büro nahm mit Erfolg an rund 180 Wettbewerben im In- und Ausland teil, es gewann erste Preise für sieben Friedhofsanlagen, außerdem Preise für die Hauptpost in Essen, Rathäuser in Wiedenbrück und Werne (Lippe), Stadttheater Krefeld, Wasserturm für Barmen, Kathedrale von Belgrad (1930) und weitere Kirchen, Schulen und Kriegerdenkmäler.
Darunter waren auch solche von nationaler Bedeutung wie der Kölner Hochhauswettbewerb, der Wettbewerb für die Jubiläums-Gartenbau-Ausstellung 1926 in Dresden anlässlich der Wentzler einen spektakulären bewachsenen Holzturm, den sog. Grünen Dom, realisierte und der Wettbewerb für die Neugestaltung der Friedrichstraße in Berlin, der in die Architekturgeschichte einging.
1929 erzielte Wentzler internationale Aufmerksamkeit, als das Büro beim Wettbewerb für die Stadterweiterung von Santo Domingo und das Kolumbus-Leuchtturm-Ehrenmal; als einziger deutscher Teilnehmer unter den zehn Preisträgern von der Panamerikanischen Union zum engeren Wettbewerb eingeladen wurde.
Das Formenrepertoire bewegte sich vom Reformstil zur gemäßigten Moderne. Eine Sonderposition nimmt die Lutherkirche in Datteln ein, deren strenge moderne Grundformen noch Elemente des Expressionismus aufweisen, die jedoch durch ihre Natursteinverkleidung gleichzeitig einen stark archaischen Charakter hat.[3][4] Die restlos abgerissenen Zechenbauten ähneln den bekannteren Werken von Fritz Schupp und Wilhelm Kreis.[5]
1933 trat Wentzler in die NSDAP ein. Um diese Zeit endete auch, möglicherweise durch dessen Tod, die Bürogemeinschaft mit Heinrich Strunck. In den Folgejahren wurden noch vereinzelt Entwürfe Wentzlers publiziert: die Deutschlandhalle für die Olympischen Spiele in Berlin 1936[6] zeigt bereits den Neoklassizismus der NS-Repräsentationsbauten. Augenscheinlich wurde jedoch nur noch wenig realisiert.
Er wurde auf dem von ihm maßgeblich mitgestalteten Dortmunder Hauptfriedhof bestattet, der als sein Hauptwerk betrachtet werden kann.
Bauten
- 1919–1921: städtischer Zentralfriedhof in Dortmund-Wambel (mit Stadtbaurat Hans Strobel und Gartenarchitekt Gustav Allinger) Lage[7]
- 1919–1923: drei-, vier- und sechsgeschossige Mehrfamilienhäuser für die Dortmunder Wohnbaugesellschaft, „in den Außenbezirken der Stadt“[8]
- 1920–1923: Bergmannssiedlung in Hamm-Bockum-Hövel[8]
- 1922–1923: Landhaus für das Unternehmen Judenberg & Co. in Dortmund-Aplerbeck[7]
- 1922–1923: Büro- und Geschäftshaus für das Unternehmen Jungmann & Schmidt KG in Dortmund, Heiliger Weg 5[7][8]
- 1923: Doppelwohnhaus Dönnhoff / Bellwinkel in Dortmund, Kaiser-Wilhelm-Allee[7]
- 1924: Kötterbergsiedlung für die Bergmanns-Siedlung Hamm GmbH in Hamm-Heessen, Münsterstraße, Höveler Straße, Max-Heinhold-Straße, Zum Sachsenhof, Am Kötterberg Lage
- vor August 1924: Wohnhaus Kipper in Dortmund[8]
- vor August 1924: Wohnhaus Strunck in Dortmund, „kleines Landhaus“, „inmitten eines riesigen Obstgartens“[8]
- vor 1925: Wohnhaus Knust in Dortmund, Westfalendamm[7]
- Fassaden-Umbau des Geschäftshauses Eick & Co. in Dortmund, Westenhellweg 35
- 1925: Moselbrücke in Treis-Karden (1945 zerstört, 1946 wiederaufgebaut)[8]
- 1925: Mehrfamilienhaus-Bebauung in Dortmund, Bäumerstraße 1–3, Märkische Straße 173–175 (stark verändert)[9] Lage
- 1926: Holzturm Grüner Dom auf der 5. Jahresschau Deutscher Arbeit in Dresden[10]
- 1926: Restaurant und Festsaal der Westfalenhalle in Dortmund (zerstört)[11]
- 1927–1928: Lutherkirche in Datteln, Martin-Luther-Straße 12 (mit Hugo Pfarre)[4] Lage
- 1927–1928: Städtisches Gymnasium Herten Lage[11]
- 1927–1929: Tagesanlagen für die Zeche Robert Müser der Harpener Bergbau AG in Bochum-Werne, Werner Hellweg, Von-Waldthausen-Straße (abgerissen) Lage
- 1928: Friedhofskapelle in (Mönchengladbach-) Rheydt Lage
- 1929: Umbau und Erweiterung des Gebäudes Hansastraße 59 in Dortmund[12]
- 1929: Mehrfamilienhaus Kampstraße 15 in Dortmund[12]
- 1929: Wohn- und Geschäftshaus für Oskar Sommer in Dortmund, Wißstraße 22[12]
- 1929: Umbau des Hauses Münsterstraße 15 in Dortmund[12]
- 1929: Evangelische Kirche in Castrop-Rauxel-Ickern, Friedhofstraße (zerstört)[12]
- 1930: Umbau des Schuhhauses Nordheimer in Dortmund
- 1929–1930: Geschäftshaus der Handwerkskammer Dortmund, Reinoldistraße 7/9 (verändert) Lage
- 1930–1931: gemeinsame Zentral-Aufbereitungsanlage für die Zeche Julia und die Zeche Recklinghausen II der Harpener Bergbau AG in Recklinghausen-Süd, beim Hafen Julia am Rhein-Herne-Kanal (abgerissen) Lage
- 1935–1939: Friedhofskapelle auf dem Städtischen Friedhof in Iserlohn Lage
- um 1937: Städtebauliche Planung für die Rudolf-Heß-Siedlung in Dortmund-Renninghausen Lage[13]
Literatur
- Neuere Bauten von Strunck & Wentzler, Architekten B.D.A. in Dortmund. In: Der Baumeister, Jahrgang 1924, Heft 8.
- Kurt Wilhelm-Kästner: Dortmunder Architekten. In: Moderne Bauformen, Jahrgang 1925, Heft 5.
- Bauten und Entwürfe von Architekten BDA Strunck & Wentzler, Dortmund. In: Bauwarte, Jahrgang 1928, Heft 35/36.
- Wilhelm Busch: Die Architektur der 20er Jahre an Rhein und Ruhr. Architektur als Ausdrucksmittel. (= Beiträge zu den Bau- und Kunstdenkmälern im Rheinland, Band 32.) J. P. Bachem, Köln 1993, ISBN 3-7616-1089-0, S. 275.
Weblinks
Einzelnachweise
- ›Reformstil‹ prägt den Altstadtmarkt
- Galerie Utermann: Sorgfalt und Intuition
- Albrecht Geck (Hrsg.): Kirche, Kunst, Kultur: Recklinghausen und darüber hinaus
- Reinhard Buskies, Stefan Iseke, Thomas Mämecke: Lutherkirche Datteln. (= Schnell Kunstführer, Nr. 2509.) Schnell & Steiner, Regensburg 2003, ISBN 3-7954-6420-X.
- Die Bauwarte 1930
- Die Bauwarte 1934
- Moderne Bauformen, 24. Jahrgang 1925, Heft 5.
- Der Baumeister, 22. Jahrgang 1924, Heft 8, S. 45–48.
- Eintrag auf ruhr-bauten.de
- Wasmuths Monatshefte für Baukunst, 10. Jahrgang 1926, Heft 10, S. 417 f.
- Die Bauwarte, 3. Jahrgang 1927 (Bautennachweis)
- Die Bauwarte, 5. Jahrgang 1929 (Bautennachweis)
- Die „Rudolf-Heß Siedlung“ in Dortmund-Renninghausen.