José Eduardo dos Santos
José Eduardo dos Santos (* 28. August 1942 in Sambizanga, Luanda) ist ein angolanischer Politiker. Er war Vorsitzender der regierenden Partei Movimento Popular de Libertação de Angola (MPLA). Von 1979 bis 2017 war er Präsident der Republik Angola und damit zugleich auch – bis auf zwei Zeitabschnitte, in denen Ministerpräsidenten berufen wurden – Regierungschef sowie Oberkommandierender der Streitkräfte. Bei der Wahl 2017 trat er nicht mehr an. Er und seine Familie sollen sich über die Jahrzehnte in großem Stil bereichert haben, von 2007 bis 2010 verschwanden laut der Financial Times 32 Milliarden Dollar aus dem Staatshaushalt Angolas.[1]
Leben
Bereits als Schüler trat José Eduardo dos Santos 1958 der damaligen Freiheitsbewegung und späteren Einheitspartei MPLA bei. 1961 siedelte er nach Frankreich, später in die Republik Kongo um. Von Brazzaville aus arbeitete er für das MPLA und wurde Vizepräsident von dessen Jugendorganisation. Ab 1963 studierte er in der Sowjetunion an der Aserbaidschanischen Staatlichen Ölakademie in Baku und schloss das Studium als Erdölingenieur ab.[2] Nach anderen Quellen graduierte er 1969 und belegte anschließend einen Kurs in militärischer Kommunikation.[3][4]
Dos Santos war dreimal verheiratet und hat sechs Kinder von den drei Frauen. Bereits in Baku heiratete er Tatjana Kukanowa, mit der er als ältestes Kind die Tochter Isabel dos Santos hat. Außerdem hat er ein uneheliches Kind, José Filomeno dos Santos.
Als Politiker
Ab 1970 war José Eduardo dos Santos wieder in Brazzaville und kehrte 1974 während des Entkolonisierungskonflikts[5] nach Angola zurück. Nach der Unabhängigkeit war er 1975–1976 und 1984–1985 Außenminister von Angola. 1975 wurde er auch in das Politbüro seiner Partei gewählt, die ein Einparteienregime nach sozialistischem Vorbild errichtete. Später wurde er Planungsminister und stellvertretender Premierminister. Er trat am 20. September 1979 die Nachfolge von Agostinho Neto als Staatspräsident und Parteivorsitzender an.
Als sich Angola 1991 zu einer Mehrparteiendemokratie wandelte, trat José Eduardo dos Santos bei den ersten Parlaments- und Präsidentenwahlen 1992 als Spitzenkandidat des MPLA an. Während seine Partei die absolute Mehrheit der Stimmen in der Nationalversammlung erreichte, erzielte er bei den Präsidentschaftswahlen nur 49 %, sodass ein zweiter Wahlgang gegen den Vorsitzenden der UNITA, Jonas Savimbi, nach der Verfassung notwendig war. Die UNITA erkannte jedoch die Wahlergebnisse nicht an und nahm den Bürgerkrieg wieder auf, der seit 1975 getobt hatte. José Eduardo dos Santos übte daraufhin weiter das Präsidentenamt aus, ohne gültig gewählt worden zu sein.
Im Jahre 2001 erklärte er, dass er bei den nächsten Präsidentschaftswahlen zurücktreten werde, vorausgesetzt, dass bis dahin Frieden herrsche. 2002 wurde Jonas Savimbi im Gefecht getötet und der Bürgerkrieg unmittelbar darauf beendet. Im Dezember 2003 wurde dos Santos als Vorsitzender der MPLA wiedergewählt. Er trat als Spitzenkandidat seiner Partei bei den Parlamentswahlen am 5. September 2008 an, bei der die MPLA 81,64 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen konnte.[6] Anfang 2010 wurde dann vom Parlament eine neue Verfassung verabschiedet, nach der der Vorsitzende der aufgrund der Wahlergebnisse stärksten Partei automatisch Staatspräsident wird. Bei der Wahl 2012 erhielt das MPLA erneut die Mehrheit; da dos Santos die Kandidatenliste dieser Partei anführte, war er damit automatisch zum Präsidenten gewählt.[7] Nach 33 Jahren im Amt befand er sich damit zum ersten Mal in einer Situation, in der er nach einer geltenden Verfassung als Präsident gültig gewählt worden war. Im Dezember 2016 ließ er mitteilen, dass er nicht zur Wahl 2017 antreten werde.[8] Die Parteiführung hat dos Santos auch nach seinem Rücktritt inne.[9] Als sein Nachfolger wurde João Lourenço am 26. September 2017 vereidigt.
Seit Jahren werden dem äußerst vermögenden José Eduardo dos Santos autoritäres Verhalten, Korruption[9] und Neopatrimonialismus vorgeworfen, ein Musterbeispiel für Kleptokratie. Die Vermögenswerte seiner Tochter Isabel dos Santos, größte private Investorin Angolas und laut Forbes Magazine erste Dollar-Milliardärin Afrikas, wurden im Jahr 2020 auf Geheiß eines angolanischen Gerichts im Laufe eines Ermittlungsverfahrens wegen Korruption eingefroren.[10]
Im Zuge der Ermittlungen der angolanischen Justiz wegen Korruption gegen seine Tochter Isabel dos Santos und seinen Sohn José Filomeno dos Santos hatte er im April 2019 Angola verlassen und sich in Barcelona niedergelassen, kehrte jedoch im September 2021 wieder in seine Heimat zurück. Er selbst wurde bisher nicht wegen Korruption angeklagt.[11] Sein Amtsnachfolger João Lourenço erklärte, Dos Santos' Rückkehr sei gut für die MPLA und für das Land. Für die Wahlen im Jahr 2022 sei die Einheit der Partei essentiell.[12]
Siehe auch
Weblinks
- José Eduardo dos Santos in der Notable Names Database (englisch)
Einzelnachweise
- Vermögen der reichsten Frau Afrikas eingefroren
- Constantin Katsakioris: Students from Portuguese Africa in the Soviet Union, 1960–74: Anti-colonialism, Education, and the Socialist Alliance. In: Journal of Contemporary History. 3. April 2020, ISSN 0022-0094, S. 002200941989373, doi:10.1177/0022009419893739 (sagepub.com).
- BIOGRAPHY OF HIS EXCELLENCY MR. ENG. JOSE EDUARDO DOS SANTOS, PRESIDENT OF THE REPULIC OF ANGOLA (Memento vom 26. Juni 2013 im Internet Archive)
- Roger East, Richard J. Thomas, Richard Thomas: Profiles of People in Power: The World’s Government Leaders. Psychology Press, 2003, ISBN 185743126X, S. 12. Auszüge bei books.google.de
- Siehe Franz-Wilhelm Heimer, Der Entkolonisierungskonflikt in Angola, München: Weltforum Verlag, 1979
- Die Parlamentswahlen in Angola 2008 (PDF; 108 kB) Dr. Dr. Anton Bösl, Konrad-Adenauer-Stiftung
- Langzeit-Präsident dos Santos behält die Macht in Angola. In: Zeit Online. 2. September 2012.
- David Signer: Der „ewige“ Präsident will gehen. Nach fast vier Jahrzehnten an der Macht kündigt Angolas Präsident überraschend seinen Rücktritt an. In: Neue Zürcher Zeitung, 7. Dezember 2016, S. 9.
- Langzeitpräsident Eduardo dos Santos tritt in die zweite Reihe. Neues Deutschland vom 23. August 2017, abgerufen am 24. August 2017
- Fabian Urech: Sie galt als unantastbare «Prinzessin» Angolas – nun wurden ihre Vermögenswerte eingefroren | NZZ. In: Neue Zürcher Zeitung. (nzz.ch [abgerufen am 12. Januar 2020]).
- Angola's ex-leader Dos Santos back home after 30-month exile reuters.com, 15. September 2021, abgerufen am 30. Januar 2022 (englisch)
- João Lourenço diz que regresso de Eduardo dos Santos é bom para o MPLA e para o país dw.com, 19. Oktober 2021, abgerufen am 30. Januar 2022 (portugiesisch)