Johannes Stumpf

Johannes Stumpf o​der Johann Stumpf, latinisiert Johannes Stumphius (* 23. April 1500 i​n Bruchsal, Hochstift Speyer (heute Baden-Württemberg); † 1577/78 i​n Zürich), w​ar ein Theologe, Johanniter, Kartograf, Historiker u​nd Chronist, d​er in d​er Schweiz l​ebte und arbeitete.

Johannes Stumpf im Alter von ca. 36 Jahren. Radierung von Conrad Meyer aus dem Jahr 1662 nach einer Vorlage eines Gemäldes von Hans Asper

Leben

Familie

Johannes Stumpf w​ar ein Sohn d​es Gerbers u​nd Bürgermeisters v​on Bruchsal Hans Stumpf, d​er ursprünglich a​us Fuchsstadt i​m Odenwald kam.

Er w​ar seit 1529 i​n erster Ehe m​it Regula, Tochter v​on Heinrich Brennwald verheiratet. In zweiter Ehe w​ar er s​eit 1562 m​it Barbara, Tochter v​on Thias Ruf u​nd Schwester v​on Jakob Ruf, u​nd in dritter Ehe s​eit 1572 m​it Agnes, Tochter v​on Gerold Edlibach verheiratet; e​r war verschwägert m​it Hans Edlibach (1487–1559)[1], Jakob Edlibach (1482–1546)[2] u​nd Ludwig Edlibach (1492–1557).[3]

Werdegang

Er besuchte Schulen i​n Bruchsal, Landau, Durlach, Frankfurt a​m Main u​nd Straßburg. Er studierte a​n der Universität Heidelberg Theologie. 1520 arbeitete e​r in d​er bischöflichen Kanzlei i​n Speyer. In Freiburg i​m Breisgau w​urde er i​n den Johanniterorden aufgenommen. Später erhielt e​r die Priesterweihe i​n Basel. 1522 w​urde er Prior i​m Ritterhaus Bubikon i​m Zürcher Oberland u​nd erhielt d​as Pfarramt d​er dortigen Kirchgemeinde.

In seiner Zürcher Zeit schloss e​r sich d​em Reformator Huldrych Zwingli an. 1529 heiratete e​r die Tochter d​es Chronisten Heinrich Brennwald (1478–1551), dessen handschriftliche Unterlagen e​r – w​ie andere a​uch – später für s​eine Chronik verwenden sollte. 1543 w​urde er Pfarrer i​n Stammheim. Für s​eine Verdienste erhielt e​r 1548, i​m Jahr d​er Drucklegung seiner Chronik, d​as Bürgerrecht d​er Stadt Zürich, w​ohin er s​ich 1561 zurückzog.

Werke

Kolorierter Holzschnitt aus der Chronik der Schweizer Eidgenossenschaft 1548 (aus Privatsammlung)

Johannes Stumpfs bedeutendstes Werk i​st seine r​eich illustrierte topografische u​nd historische Chronik d​er Alten Eidgenossenschaft v​on 1547/48. Den überwiegenden Teil d​er Illustrationen (400 Holzschnitte) s​chuf Heinrich Vogtherr d​er Ältere.[4] Diese Chronik i​st von d​er Verwendung d​er Unterlagen seines Schwiegervaters Heinrich Brennwald, d​es durch Heinrich Bullinger vermittelten Zugangs z​u Vadian u​nd dessen Notizen, s​owie von d​er Chronik d​es Aegidius Tschudi geprägt. Zudem unternahm Stumpf selber Reisen i​n der Schweiz. Nach d​en Arbeiten v​on Felix v​on Malleolus («Hemmerlin») (De Suitensium ortu), Niklaus Schradin († v​or 1518) u​nd Petermann Etterlin (Kronica v​on der loblichen Eydtgnoschaft. Jr harkommen u​nd sust seltzam strittenn u​nd geschichten, 1507) stellt s​ie die e​rste umfangreichere Schweizer Chronik dar. Für d​ie anhaltende Attraktivität u​nd ihren grossen Einfluss w​aren auch Auszüge, weitere Ausgaben u​nd Fortsetzungen verantwortlich: Stumpf selber publizierte 1554 erfolgreich d​ie Schwytzerchronik; besondere Verbreitung f​and ein Abriss d​es Josias Simler (De republica Helvetiorum, 1576). Eine Fortsetzung besorgte Stumpfs Sohn Johann Rudolph (1586/1606).

Handschriften und Drucke in chronologischer Reihenfolge

  • Warhafft hystori von dem frommen zügen und marterer Christi Johannes Hügelin vonn Lindow, so dann umb christlicher warhait willen durch den bischoff von Costentz zu Merspurg verbrennt ist worden uff den zehnden tag mayens im tusend fünffhundert siben und zwaintzgesten jar. Zürich: Christoph Froschauer 1527 (Digitalisat).
  • Von dem span, hader und zweyung zwüschen doct. Martin Luthern zu Wittenberg u. Huldrichen Zwinglin zu Zürich, predicanten [1529]. Handschrift im Staatsarchiv Zürich (Bullinger Briefbd. E II 345). Edition: Büsser, Zürich 1960.
  • Des grossen gemeinen Conciliums zuo Costentz gehalten kurzte doch grundtlichere und volkommnere dann vor nie in Teütsch gesaehen beschreybung […] Jtem von Johann Hussen vnnd Hieronymo von Prag wie dis gen Costentz kommen vnd was mit jnen gehandlet ist […]. Zürich: Christoph Froschauer 1541 (Digitalisat).
  • Reisebericht von 1544. In: Conrad Türst: De situ Confoederatorum descriptio. Basel: Schneider 1884 (=Quellen zur Schweizer Geschichte, 6).
  • Gemeiner loblicher Eydgnoſchafft Stetten Landen vnd Völckeren Chronik wirdiger thaaten beſchreybung […]. 2 Bde. Zürich: Christoph Froschauer 1547/48 (Digitalisat).
    • Die zweibändige Chronik ist in dreizehn Bücher unterteilt:
      • 1. Buch: Europa
      • 2. Buch: Deutschland (Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation)
      • 3. Buch: Frankreich
      • 4. Buch: Geschichte der Schweiz von Julius Caesar bis zur Gründung der Eidgenossenschaft (gemäss Stumpf 1314) mit einer geografischen Übersicht.
      • 5.–12. Buch: Beschreibung der Schweizer Gaue und Orte.
      • 13. Buch: Geschichte der Schweiz von der Gründung der Eidgenossenschaft (1314) bis zur damaligen Gegenwart.
    • Faksimile-Ausgabe: Winterthur: Schellenberg 1975. Edition: Hrsg.: Gagliardi, Müller, Büsser. Basel: Birkhäuser 1952–1955 (=Quellen zur Schweizer Geschichte. Abt. 1, Chroniken, N. F., 5–6).
Das Wallis in den Landtaflen
Wohnhaus an der Trittligasse
Gedenktafel
  • Landtaflen. Hierinn findst du lieber Laeser schoener recht vnd wolgemachter Landtaflen XII. […] Welche alle vormals soelicher gestalt nie außgangen. Zürich: Christoph Froschauer 1548. Faksimile-Ausgaben: Hrsg.: Weiß, Bern: Kümmerly & Frey 1942; Hrsg.: Dürst, Gattikon: Dorfpresse 1975 (Digitalisat).
  • Schwytzer Chronica Auß der grossen in ein hādbuechle zuosamen gezogen: in welcher nach der jahrzal begriffen ist gemeiner loblicher Eydgnoschafft zeyt harkummen, alte auch neüwe besondere und gemeine thaaten unnd haendel, biß auff das jar Christi 1546. […] Durch Johansen Stumpffen gestellt. Zürich: Christoph Froschauer 1554 (Digitalisat).
  • Keÿser Heinrÿchs des vierdten Hertzogen zuo Francken und am Rhyn fünfftzigjaerige Historia: von seinem laeben vnd thaaten: […] Durch Johann Stumpffen auß den alten waarhafften Latinischen Geschichtschreybern [=Vita Heinrici imperatoris] fleyssig zuosamen in Teütsche spraach gezogen mit schoenen Figuren beziert vnd in vier Buecher geteilt […]. Zürich: Christoph Froschauer 1556 (Digitalisat).
  • Vom Jüngsten tag vn der Zuokunfft vnseres Herren Jesu Christi Ouch von dem Antichristen vnnd den zeichen vor den letsten tag künfftig. Item was vff dem selbigen tag volgen werde: namlich Vferstendtnuß der todten […] Alles vß dem klaren wort Gottes vnnd heiliger Biblischer geschrifft zusame gezogen vnd in vier Tractätlin geteilt. Zürich: Christoph Froschauer 1563 (Digitalisat).
  • Die Dryzehen Ort der Loblichen Eydgnosschafft des alten Bundts hoher Teütscher Nation mit gar lustigen vnd schoenen Figuren abcontrafetet […]. Basel: Christoffel von Sichem 1573 (Digitalisat). Edition Baechtold: Zürich 1890 (= Neujahrsblatt der Stadtbibliothek in Zürich).

Literatur

Wikisource: Johannes Stumpf – Quellen und Volltexte
Commons: Johannes Stumpf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gertraud und Rudolf Gamper: Hans Edlibach. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 26. Juli 2004, abgerufen am 13. Oktober 2020.
  2. Gertraud und Rudolf Gamper: Jakob Edlibach. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 7. November 2005, abgerufen am 13. Oktober 2020.
  3. Gertraud und Rudolf Gamper: Ludwig Edlibach. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 26. Juli 2004, abgerufen am 13. Oktober 2020.
  4. Frank Muller: Heinrich Vogtherr der Ältere (1490–1556): Aspekte seines Lebens und Werkes. Sonderdruck aus dem Jahrbuch des Historischen Vereins Dillingen an der Donau, XCII. Jahrgang 1990, S. 204 f.
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