Johann Jakob Breitinger (Antistes)
Johann Jakob Breitinger (* 19. April 1575 in Zürich; † 1. April 1645 ebenda) war ein reformierter Pfarrer in Zürich, Professor, Antistes und Politiker.
Johann Jakob Breitinger studierte in Herborn, Marburg, Franeker, Leiden, Heidelberg und Basel. Er war Pfarrer in Zumikon, Albisrieden und dann Professor für Logik und Rhetorik am Collegium Humanitatis.[1] Danach Pfarrer zu St. Peter, wählte ihn der Grosse Rat 1613 zum Pfarrer am Grossmünster und damit zum Antistes der Zürcher Kirche. Als sechster Nachfolger Zwinglis in der Leitung der Zürcher Kirche führte er einen Bettag ein und war für seine Predigten bekannt, in denen er u. a. den fremden Kriegsdienst, Bestechung, Ämterkauf und Staatsverschuldung rügte.[2] Er forderte die Hebung der Zucht und Sitte im Volk und ein Verbot des Theaters.[3] Er fördert die Volksschule, die sonntägliche Kinderlehre und den Kirchengesang in Stadt und Land und setzte sich für die Armenpflege und Fürsorge ein.[4] In obrigkeitlichem Auftrag führte er 1634 die erste Volkszählung des Zürchergebietes nach der Reformation durch.[5]
Theologisch vertrat er streng die Prädestinationslehre und das Zweite Helvetische Bekenntnis. Nach der zunächst ablehnenden Haltung der Geistlichkeit wurde Breitinger, aufgrund der Fürsprache des niederländischen Diplomaten Peter von Brederode und dessen Unterstützung durch Professor Caspar Waser[6] als Vertreter Zürichs 1618–19 an die Dordrechter Synode delegiert.[7] Dort nahm er gegen die Remonstranten Stellung. Als sein Sekretär begleitete ihn Johann Heinrich Waser, der Sohn des Professors.[8]
Im Dreißigjährigen Krieg vertrat der Antistes die schwedischen Partei in Zürich und sammelte 35 000 Gulden zur Linderung der Kriegsnöte im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Er sah in den katholischen Orten und dem gegenreformatorischen Habsburg-Österreich eine Gefahr für das reformierte Zürich und befürwortete die Modernisierung des Wehrwesens und den Bau einer neuen, dritten Stadtbefestigung.[9]
Literatur
- Friedrich Wilhelm Bautz: Breitinger, Johann Jakob. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 1, Bautz, Hamm 1975. 2., unveränderte Auflage Hamm 1990, ISBN 3-88309-013-1, Sp. 740.
- Leonhard Haas: Breitinger, Johann Jakob. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 577 f. (Digitalisat).
- Sundar Henny: "Schriftreliquien und Kopien: Johann Jakob Breitinger (1575–1645)". In: ders.: Vom Leib geschrieben. Der Mikrokosmos Zürich und seine Selbstzeugnisse im 17. Jahrhundert, Böhlau, Köln 2016, ISBN 978-3-412-50289-8, S. 73–118 (open access)
- Helmut Meyer: Johann Jakob Breitinger. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Johann Kaspar Mörikofer: Breitinger, Johann Jakob. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 3, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 294 f.
- Dietrich Seybold: Johann Jakob Breitinger. In: Andreas Kotte (Hrsg.): Theaterlexikon der Schweiz. Band 1, Chronos, Zürich 2005, ISBN 3-0340-0715-9, S. 267 f.
Weblinks
- Publikationen von und über Johann Jakob Breitinger (1585–1645) im Katalog Helveticat der Schweizerischen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
- Hans Rudolf von Grebel. Antistes Johann Jakob Breitinger, 1575–1645. Zürich 1964.
- Handbuch der Schweizer Geschichte, Zürich 1972. Bd. 1, S. 635.
- Bedencken von Comoedien oder Spilen; von Joh. Jak. Breitinger. Zürych 1624. doi:10.3931/e-rara-9835
Johann Jakob Breitingers Bedencken von Comoedien oder Spilen : die Theaterfeindlichkeit im Alten Zürich : Edition, Kommentar, Monographie / Thomas Brunnschweiler. Zürcher Germanistische Studien, Bd. 17, 1989 - Johann Kaspar Mörikofer. J. J. Breitinger und Zürich : ein Kulturbild aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges.Leipzig 1874.
- Leonhard Meister.Kleine Reisen durch einige Schweizer-Cantone: Ein Auszug aus zerstreuten Briefen und Tagregistern.Basel- 1782. S. 117.
- Norbert Domeisen. Caspar Waser (Memento des Originals vom 15. Juni 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (1. September 1565 – 9. September 1625)
- Willem van Irhoven (Hrsg.): Canones Synodi nationalis Dordracenae, ofte Oordeel des Synodi nationalis der Gereformeerde Kercken van de Vereenigde Nederlanden: ghehouden binnen Dordrecht, inden jare 1618 ende 1619. J. H. Vonk van Lynden, Utrecht 1752, S. 23, 40, 69 und 95 (Google-Books).
- Barbara Schmid. Das Hausbuch als literarische Gattung. Die Aufzeichnungen Johann Heinrich Wasers (1600–1669) und die Zürcher Hausbuchüberlieferung, in: Daphnis, 34 Nr. 3/4, Amsterdam 2005, S. 603–656; Rudolf Rey. Bürgermeister Johann Heinrich Waser 1600–1669. Sein Werdegang bis zum Eintritt in den Staatsdienst . Winterthur 1964. S. 55.
- Norbert Domeisen. Bürgermeister Johann Heinrich Waser (1600–1669) als Politiker. Ein Beitrag zur Schweizer Geschichte des 17. Jahrhunderts . Zürich 1975. . S. 64. (Memento des Originals vom 15. Juni 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.