Johann Heinrich Waser (Politiker)
Johann Heinrich Waser (* 25. März 1600 in Zürich; † 10. Februar 1669 ebenda)[1] war ein Schweizer Politiker, Bürgermeister von Zürich und Landvogt von Kyburg.[2]
Leben
Johann Heinrich Waser war der Sohn des Theologen und Orientalisten Kaspar Waser (* 1565; † 1625) und stammte aus einer prominenten Zürcher Familie; sein Bruder war der Zürcher Antistes Hans Caspar Waser. Zu seinen Vorfahren konnte er auch Huldrych Zwingli und weitere Theologen und Gelehrte zählen. Dieser günstigen Ausgangslage verdankte er seine politische Laufbahn. Seine für das Alte Zürich typische Regimentskarriere begann er als Volontär auf der Kanzlei des Stadtschreibers. Danach wurde er Jungrichter, Substitut und Vertreter der Zunft zur Schmieden im Grossen Rat (Zwölfer) und später Stadtschreiber.
Von 1646 bis 1652 amtete er als Landvogt von Kyburg. In diesem Amt genehmigte er das Gesuch von Untervogt Hans Hofmann für den Bau eines eigenen Gotteshaus in Seen. Daraufhin ehrten ihn die Seemer, die zuvor zu Oberwinterthur kirchengenössig waren, mit einem Gedenkstein an der neu erbauten Kirche Seen. Heute ist aufgrund dessen ebenfalls die Landvogt-Waser-Strasse und das Quartier Waser nach ihm benannt.[3]
1652 wurde Waser schliesslich zum Bürgermeister seiner Vaterstadt gewählt. Zwei Jahre später wurde er noch Mitglied und 1657 Obmann der Gesellschaft der Schildner zum Schneggen.[4]
Seine Laufbahn fiel in die Zeit des Dreissigjährigen Krieges. Während seiner Amtszeit als Bürgermeister waren die wichtigsten politischen Ereignisse der Bauernkrieg von 1653, das so genannte Bundesprojekt von 1655, der erste Villmergerkrieg mit der Belagerung von Rapperswil von 1656 sowie die Erneuerung der umstrittenen Soldallianz Zürichs mit Ludwig XIV. von Frankreich im Jahre 1663.
Waser kann dabei als Vertreter der traditionellen Politik Zürichs als evangelischer Stand der alten Eidgenossenschaft gesehen werden. Er war bestrebt, gegen die katholischen Orte eine evangelische Allianz auf eidgenössischer Ebene zustande zu bringen und sich England und den Niederlanden anzunähern, um den im Goldenen Bund zusammengeschlossenen katholischen Orten gemeinsam entgegenwirken zu können. Der zürcherische Versuch, die Verbindung mit Frankreich zugunsten einer Allianz mit den protestantischen Mächten England und Holland aufzugeben, scheiterte jedoch an wirtschaftlichen wie auch religiösen Differenzen. Auch der alte Traum, einen Sonderbund der evangelischen Orte der Eidgenossenschaft zu verwirklichen, blieb unerfüllt.
Neben seiner politischen Tätigkeit übersetzte Waser konfessionelle Abhandlungen und Fachschriften zur Kriegskunst, beschrieb und kommentierte die politischen Ereignisse seiner Zeit und verfasste umfangreiche und literarisch anspruchsvolle familiengeschichtliche und autobiografische Aufzeichnungen. Diese stellen einen Höhepunkt in der reichhaltigen Zürcher Tradition der Geschichte der vornehmen Geschlechter und der eigenen Lebensbeschreibung dar. In seiner unpublizierten Autobiografie De vita sua berichtet er über seine Bildungsreisen nach Genf, Italien, Dordrecht, England und Böhmen und verwebt familiäre und historische Ereignisse.
Verschiedenes
- Conrad Ferdinand Meyer setzte Johann Heinrich Waser ein literarisches Denkmal in seinem historischen Roman «Jürg Jenatsch. Eine Bündnergeschichte».
- Johann Heinrich Wasers umfangreicher Nachlass befindet sich in der Zentralbibliothek Zürich und im Staatsarchiv Zürich.
- Der Wasertaler ist ein nach Johann Heinrich Waser benannter Taler aus dem Jahr 1660. Der Taler erregte den Unwillen der republikanischen Einwohner Zürichs.[5]
Literatur
- Norbert Domeisen: Bürgermeister Johann Heinrich Waser (1600–1669) als Politiker. Ein Beitrag zur Schweizer Geschichte des 17. Jahrhunderts (Geist und Werk der Zeiten 42). Lang, Zürich 1975 (archive.org).
- Sundar Henny: "Die Lebensbeschreibung als Ehrenschild: Johann Heinrich Waser (1600–1669)". In: ders.: Vom Leib geschrieben. Der Mikrokosmos Zürich und seine Selbstzeugnisse im 17. Jahrhundert, Böhlau, Köln 2016, ISBN 978-3-412-50289-8, S. 157–220 open access.
- Gerold Meyer von Knonau: Waser, Johann Heinrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 41, Duncker & Humblot, Leipzig 1896, S. 214–220.
- Rudolf Rey: Bürgermeister Johann Heinrich Waser 1600–1669. Sein Werdegang bis zum Eintritt in den Staatsdienst. Winterthur 1962.
- Barbara Schmid: Ein Landvogt als Schriftsteller: Johann Heinrich Waser (1600–1669) und seine Bücher. In: Heimatspiegel: Illustrierte Beilage zum Zürcher Oberländer, 9. Zürich 2008.
- Barbara Schmid: Das Hausbuch als literarische Gattung. Die Aufzeichnungen Johann Heinrich Wasers (1600–1669) und die Zürcher Hausbuchüberlieferung. In: Daphnis. Band 34, Nr. 3/4. Rodopi, 2005, ISSN 0300-693X, S. 603–656 (openurl.ingenta.com).
- Walter Schmid: Bürgermeister Johann Heinrich Waser und Frankreich. Eine literatur- und quellenkritische Untersuchung. In: Zürcher Taschenbuch. Zürich 1947.
- Walter Utzinger: Bürgermeister Johann Heinrich Wasers eidgenössisches Wirken 1652/1669. Ein Beitrag zur Geschichte der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts. Mit einem Porträt. Schulthess, Zürich 1903.
- Paul Diebolder: Bürgermeister Johann Heinrich Waser von Zürich und das Bundeserneuerungs-Projekt von 1655. In: Zuger Neujahrsblatt, hg. von der Gemeinnützigen Gesellschaft des Kt. Zug. Zug 1908, S. 3–23.
Einzelnachweise
- Norbert Domeisen: Lebensdaten von Johann Heinrich Waser: * 25. März 1600; † 10. Februar 1669. (Memento vom 15. Juni 2014 im Internet Archive)
- Meinrad Suter: Waser, Johann Heinrich. In: Historisches Lexikon der Schweiz, abgerufen am 7. August 2016. (geboren 25. März 1600 Zürich, gestorben 10. Februar 1669 Zürich)
- Das Untervogthaus Seen, Rössligasse 11 im Winterthur Glossar.
- Norbert Domeisen: Bürgermeister Johann Heinrich Waser (1600–1669) als Politiker. S. 97.
- Helmut Kahnt: Das große Münzlexikon von A bis Z, (2005), S. 518
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
---|---|---|
Hans Rudolf Rahn | Bürgermeister von Zürich 1652–1669 | Hans Caspar Hirzel |