Johann Ernst Wichmann
Johann Ernst Wichmann (* 10. Mai 1740 in Hannover; † 12. Juni 1802[1] ebenda) war ein deutscher Mediziner und „königlicher Hofmedicus“.
Leben
Familie
Johann Ernst Wichmann war der Vater von Caroline, die den Uslarer Arzt Rudolf Flügge heiratete, die Mutter des Arztes Max Eduard Flügge (1811–1892) war und über diesen die Großmutter des Hygienikers Carl Flügge wurde.[2]
Werdegang
Geboren in der ursprünglichen Residenzstadt des Kurfürstentums Hannover, studierte Johann Ernst Wichmann von 1759 bis 1762 an der Universität Göttingen vor allem unter Johann Gottfried Brendel, Rudolf Augustin Vogel und Johann Georg Roederer. Nach seiner Dissertation ließ sich Wichmann in seiner Geburtsstadt als praktischer Arzt nieder, ging jedoch etwa ein Jahr später auf längere Studienreisen, erst nach Frankreich, dann nach England,[3] das seinerzeit durch die Personalunion zwischen Großbritannien und Hannover mit Wichmanns Geburtsstadt verbunden war.[4]
Nach eingehenden Studien der in England angewandten Medizin kehrte Wichmann 1764 nach Hannover zurück, wo er seine neu erworbenen Kenntnisse zum einen in die Praxis umsetzte, zum anderen „eine umfangreiche schriftstellerische Thätigkeit entfaltete“ und auch englisch-medizinische Werke in die deutsche Sprache übersetzte. Durch diese Arbeiten, aber auch durch seine erfolgreichen Heilkuren, erlangte Wichmann ein über die Landesgrenzen hinaus wirkendes Renommee.[3]
Wichmann war unter anderem „sehr befreundet“ mit dem Mediziner Paul Gottlieb Werlhof,[3] dem Leibarzt seines Landesherrn und großbritischen Königs Georg II.[5] Nach dem Tode Werlhofs (1767) wurde Wichmann zum zweiten Leibarzt des Königs ernannt und praktizierte parallel auch als Hausarzt für die Armen und Waisen.[3][6] 1775 gab Wichmann eine Gesamtausgabe der Werke seines verstorbenen Freundes Werlhof heraus.[3] Ein weiterer Freund war der Hannoversche Hofmedikus Lebrecht Friedrich Benjamin Lentin.
Wichmann war „innig befreundet“ mit Johann Georg Zimmermann,[3] dem Philosophen und Schriftsteller, der 1768 als „Königlich-Großbritannischer Hofrat und [erster] Leibarzt“ nach Hannover gekommen war.[7] 1796 schrieb Wichmann Zimmermann's Krankheitsgeschichte nieder.[3]
Von 1794 bis 1802 veröffentlichte Wichmann in Hannover sein Hauptwerk, die dreibändigen Ideen zur Diagnostik, die „eine Fülle scharfsinniger Bemerkungen zur Kunst der Diagnosestellung“ enthalten.[3]
Johann Ernst Wichmann war unter anderem Mitglied der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen,[8] der Gesellschaft Naturforschender Freunde zu Berlin, der Kurmainzischen Akademie zu Erfurt und der Schweizerischen Gesellschaft correspondierender Aerzte und Wundaerzte zu Zürich.[9]
Wichmann starb 1802 „aus Gram über den Tod seiner [Ehe]frau“.[3]
Schriften (Auswahl)
- De insigni venenorum quorundam virtute medica imprimisque cantharidum ad morsum animalium rabidorum praestantia, Dissertation
- Tractatus de podagra et hydrope, Editio in Germania prima (mit Bezug zu Thomas Sydenham und Anton Sörck), Wetzlar: P. J. Winckler, ca. 1770
- Beytrag zur Geschichte der Kriebelkrankheit im Jahre 1770 (mit Bezug zu Thomas Sydenham), Leipzig; Zelle: Carl Gsellius, 1770 (bei der DNB auch 1771)
- De pollutione diurna, frequentiori sed rarius observata, tabescentiae causa, Göttingen: 1782
- Aetiologie der Krätze, Hannover: 1786, 1791
- Beytrag zur Kenntniß des Pemphigus, Erfurt: 1791
- Ideen zur Diagnostik (in Verbindung mit Johann David Wilhelm Sachse), 3 Bände, verschiedene Auflagen, Hannover: Hellwingsche Hofbuchhandlung, 1794 bis 1802
- Erster Band, zweite, verbesserte Auflage, Hannover: 1800: Digitalisat
- Dritter Teil, 1802; Digitalisat
- Zimmermann’s Krankheitsgeschichte. Hannover 1796.
Sonstiges
Die Universitätsbibliothek Heidelberg besitzt in ihrer graphischen Sammlung einen von Eberhard Siegfried Henne nach Vorlage von „Schröder“ gefertigten Kupferstich mit dem Brustbild des Johann Ernst Wichmann. Zu dem online gestellten Digitalisat vermerkten die Verantwortlichen:
„Die Nutzung dieses Werkes ist gemäß den Bedingungen der Creative Commons-Lizenz cc-BY-NC-SA erlaubt (Namensnennung - Keine kommerzielle Nutzung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen).[10]“
Literatur
- Deutsche Biographische Enzyklopädie, Bd. 10, S. 471
- Julius Pagel: Wichmann, Johann Ernst. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 42, Duncker & Humblot, Leipzig 1897, S. 313.
- Dirk Böttcher: Wichmann, Johann Ernst. In: Dirk Böttcher, Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein, Hugo Thielen: Hannoversches Biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2002, ISBN 3-87706-706-9, S. 387.
- Imke Winzer: Der Hannoveraner Arzt Johann Ernst Wichmann (1740-1802) – sein Werk unter besonderer Berücksichtigung der dermatologischen Thematik, Dissertation Medizinischen Hochschul Hannover 2004
- L. Raith: Johann Ernst Wichmann - an unjustly little-known dermatologist of the 18th century. In: Dermatologische Monatsschriften, 169, 1983, S. 725–727
Weblinks
- Johann Ernst Wichmann auf der Seite europeana.eu
- Wichmann, Johann Ernst auf der Seite der Stiftung Preußischer Kulturbesitz
- Ole Daniel Enersen: Johann Ernst Wichmann (in englischer Sprache) auf der Seite whonamedit.com, einem biographischen Wörterbuch medizinischer Namensgeber, zuletzt abgerufen am 24. Juni 2014
Anmerkungen
- Laut der Deutschen Nationalbibliothek existiert abweichend auch die Angabe 1803 als Todesjahr Wichmanns, vergleiche die Angaben unter der GND-Nummer der DNB.
- Manfred Stürzbecher: Flügge, Carl Georg Friedrich Wilhelm, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 5 (1961), S. 261 f.
- Julius Pagel: Wichmann, Johann Ernst. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 42, Duncker & Humblot, Leipzig 1897, S. 313.
- Klaus Mlynek: Personalunion. In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 498.
- Dirk Böttcher: Werlhof, Paul Gottlieb. In: Hannoversches Biographisches Lexikon, S. 384; online über Google-Bücher
- Johann Duve hatte 1642 ein Armen- und Waisenhaus für 60 Kinder und 40 Erwachsene in Hannover am Nordwestende der Schmiedestraße gestiftet, wo diese zum Broterwerb spinnen sollten, vergleiche Carl-Hans Hauptmeyer: 1642. In: Hannover Chronik, S. 48; online über Google-Bücher
- Hugo Thielen: Zimmermann, Johann Georg. In: Hannoversches Biographisches Lexikon, S. 399
- Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 257.
- Vergleiche etwa den Innentitel in Ideen zur Diagnostik, Erster Band, zweite, verbesserte Auflage
- Vergleiche die Angaben auf der Seite des Bildarchivs Prometheus