Jack Tramiel
Jack Tramiel (geboren als Jacek Trzmiel,[1][2] nach anderen Angaben als Idek Tramielski;[3] * 13. Dezember 1928 in Łódź; † 8. April 2012 in Monte Sereno, Kalifornien) war ein polnisch-US-amerikanischer Unternehmer und Computerpionier.
Leben
Tramiel wurde 1944 wegen seiner jüdischen Herkunft von den Nationalsozialisten erst in das KZ Auschwitz und dann in das KZ-Außenlager Hannover-Ahlem verschleppt,[4] in dem er als Zwangsarbeiter für die Continental Gummi-Werke arbeiten musste. 1945 wurde er von den US-Amerikanern befreit und erhielt einen Hilfsjob bei der US-Army in Marburg. Er heiratete 1947 in Hannover die KZ-Überlebende Marie Helen Goldgrub. Im November 1947 emigrierte er in die USA und änderte seinen Namen in Jack Tramiel. Im Frühjahr 1948 ging er zur amerikanischen Armee und lernte dort das Reparieren diverser Bürogeräte.
Im Jahre 1952 schied er aus der Armee aus und arbeitete fortan als Gerätetechniker auch für die Armee. 1953 wurde er amerikanischer Staatsbürger und eröffnete einen Laden in der Bronx, den er Commodore Portable Typewriter nannte. Er reparierte weiterhin hauptsächlich Schreibmaschinen.
In Toronto gründete er 1954 die Commodore Business Machines International (CBM), die sich zunächst dem Import preiswerter Schreib- und anderer Büromaschinen aus Europa widmete. Die Gründung erfolgte in Kanada, um Importbeschränkungen in den USA zu umgehen.
Tramiel brachte 1962 Commodore an die Börse. Mitte der 1960er-Jahre stand das Unternehmen vor der Insolvenz, konnte aber durch den Einstieg des Investors Rechtsanwalt Irving Gould (1919–2001) aus Toronto gerettet werden. In den frühen 1970er-Jahren führte Tramiel bei Commodore die Herstellung elektronischer Taschenrechner ein und etablierte sich erfolgreich in deren unterstem Preissegment, das von den Hauptkonkurrenten Hewlett-Packard und Texas Instruments wegen deren Streben nach einem hochwertigen Markenimage vernachlässigt worden war.
Im Jahre 1976 kaufte er das junge Unternehmen MOS Technologies auf, damals einer der wichtigsten Hersteller von Mikroprozessoren, durch das Commodore weitgehend unabhängig von externen Chipherstellern wurde. Die bedeutendsten Produkte, die er in dem Unternehmen auf den Weg brachte, waren der Commodore PET 2001, der VC20 und der C64. Am 13. Januar 1984 musste Tramiel wegen Meinungsverschiedenheiten mit Gould bei Commodore ausscheiden. Er kaufte daraufhin die Endkundensparte der Atari Inc., die zu diesem Zeitpunkt durch den Videospiele-Crash in finanzieller Not war.
Zusammen mit seinen drei Söhnen, Leonard, Sam und Garry Tramiel, leitete er zwölf Jahre lang die Atari Corporation. Dann, nach einigen anfänglich erfolgreichen Heimcomputersystemen wie dem Atari ST und dem erfolglosen Versuch, mit dem Atari Jaguar im Spielekonsolen-Markt (wieder) Fuß zu fassen, musste am 30. Juni 1996 die Atari Corporation mit dem Festplatten-Hersteller JTS Corporation (JTS Corp) notfusionieren. Atari wies durch die Verkaufserlöse der Vergangenheit und gewonnene Gerichtsverfahren zwar einen nennenswerten Kassenbestand auf, hatte jedoch durch die erfolglose Jaguar-Konsole hohe Verluste und keinen Ausblick mehr auf bedeutende Marktanteile, wodurch innerhalb von zwei Jahren die Insolvenz unvermeidbar gewesen wäre. Umgekehrt hatte JTS Corp einen nennenswerten Anteil des Festplattenmarktes, war jedoch aufgrund seines niedrigen Kassenbestandes akut von der Insolvenz bedroht. Zwar wurde anfangs die Absicht bekundet, den Atari-Zweig fortzuführen, jedoch wurde der Atari-Zweig rasch abgewickelt, um die Kasse der JTS Corp aufzustocken. JTS Corp konnte so drei Jahre überleben, bevor sie dennoch Insolvenz anmelden musste.
Tramiel hatte bereits im Zuge der Fusion die Führung des Atari-Zweigs an das Management der JTS Corp abgegeben. Er zog sich daraufhin aus dem Berufsleben zurück und lebte bis zu seinem Tode in Monte Sereno, Kalifornien. Dort verstarb er am Ostersonntag 2012 im Kreis seiner Familie im Alter von 83 Jahren.
Tramiel unterstützte mit seinem Vermögen den Aufbau des United States Holocaust Memorial Museums in Washington, D. C.[5]
Literatur
- Brian Bagnall: On the Edge: The Spectacular Rise and Fall of Commodore. Variant Press, 2005, ISBN 0973864907.
deutsch: Volkscomputer: die Geschichte von Pet und VC-20, C64 und Amiga: Aufstieg und Fall des Computer-Pioniers Commodore. Hrsg. von Winnie Forster, übersetzt von Boris Kretzinger, GAMEplan, Utting 2011, ISBN 978-3-00-023848-2. - Boris Kretzinger: Commodore – Aufstieg und Fall eines Computerriesen. Skriptorium-Verlag, 2005, ISBN 3-938199-04-0.
- Michael Tomczyk: The Home Computer Wars: An Insider’s Account of Commodore and Jack Tramiel. COMPUTE! Publications, 1984, ISBN 0-942386-75-2.
- Congressional Record – Proceedings and debates of the 105th Congress, Second session. Volume 144, Part 5, 21. April 1998 bis 30. April 1998, S. 6697.
- Christian Zahn: Die Commodore Story. CSW-Verlag, 2006, ISBN 978-3-94-128735-8.
Weblinks
- Bernd Leitenberger: Jack Tramiel. Online auf Bernd-Leitenberger.de, abgerufen am 21. Dezember 2016.
- Commodore Computer: Chronological History of Commodore Computer. 31. März 2002, online auf Commodore.ca (englisch), abgerufen am 21. Dezember 2016.
- Commodore Computer: You Don’t Know Jack! Interview aus dem Jahre 1989 mit Jack Tramiel, online auf Commodore.ca (englisch), abgerufen am 21. Dezember 2016.
- Data Welt: Interview aus dem Jahre 1986 mit Jack Tramiel. Data Welt 3/1986, ISSN 0176-4187, (PDF; 18,1 kB), online auf Commodore.ca (deutsch), abgerufen am 21. Dezember 2016.
- Fernseh-Interview mit Jack Tramiel aus dem Jahre 1985. Online auf youtube.com (englisch), abgerufen am 21. Dezember 2016.
- Brian Bagnall: The Color Computers – 1979 to 1980. (Memento vom 8. Juli 2011 im Internet Archive) Ausschnitt aus: Brian Bagnall: On the Edge: The Spectacular Rise and Fall of Commodore. Variant Press, 2005, ISBN 0-9738649-0-7. Der Beitrag dokumentiert die Arbeit von Tramiel bei Commodore. Online auf web.archive.org (englisch), abgerufen am 21. Dezember 2016.
- Commodore 64 – 25th Anniversary Celebration. Interview mit Jack Tramiel aus dem Jahre 2007. Online auf youtube.com (englisch), abgerufen am 21. Dezember 2016.
- Duke Gozer: Jack Tramiel. Artikel online auf HistoryCorner.de (deutsch), abgerufen am 21. Dezember 2016.
- Geschäft ist Krieg. In: Der Spiegel, Heft 50, 10. Dezember 1984; S. 130–132, online auf Spiegel.de, abgerufen am 21. Dezember 2016.
- Matthias Kremp: Zum Tod von C64-Schöpfer Jack Tramiel: „Geschäft ist Krieg“. Nachruf auf Spiegel Online, 10. April 2012, online auf Spiegel.de, abgerufen am 21. Dezember 2016.
- Dave Thier: Computer Legend and Gaming Pioneer Jack Tramiel Dies at Age 83. Nachruf auf Forbes, 9. April 2012, online auf forbes.com (englisch), abgerufen am 21. Dezember 2016.
- Elke Wittich, Boris Mayer: Game over. Nachruf. In: Jungle world, Nr. 16, 19. April 2012, online auf Jungle-World.com (deutsch), abgerufen am 21. Dezember 2016.
Einzelnachweise
- Nachruf auf Commodore-Gründer Tramiel – „Computer für die Massen“. taz.de. 10. April 2012. Abgerufen am 18. Dezember 2016.
- Nie żyje Jack Tramiel - jeden z ojców komputera osobistego. Newsweek.pl (polnisch). 11. April 2012. Abgerufen am 18. Dezember 2016.
- Congressional Record, Volume 144, Part 5, 21. April 1998 bis 30. April 1998; S. 6697, siehe auch Literatur. Mit Bezug auf Fortune Magazine vom 13. April 1998. Manchmal wird auch Idek Trzemiel angegeben, siehe: History Corner. Trzmiel bedeutet im Polnischen „Hummel“.
- Susan Stamberg: Holocaust Survivors Honor Camp Liberator. Bei National Public Radio, 25. September 2007, (englisch). Online auf npr.org, abgerufen am 18. Dezember 2016.
- Elke Wittich, Boris Mayer: Game over. In: Jungle World. Nr. 16, 19. April 2012 (deutsch). Online auf Jungle-World.com, abgerufen am 21. Dezember 2016.