Jüdische Gemeinde Sontheim

Eine jüdische Gemeinde i​n Sontheim, h​eute ein Stadtteil v​on Heilbronn i​m nördlichen Baden-Württemberg, bestand s​eit der zweiten Hälfte d​es 17. Jahrhunderts. Die höchste Mitgliederzahl d​er jüdischen Gemeinde betrug 1818 e​twa 129 Personen.

Geschichte

Die Quellen zur Rintfleisch-Verfolgung nennen auch einen Ort Sontheim, wobei es sich auch um Sontheim an der Brenz handeln könnte. Seit dem Hochmittelalter war der Deutsche Orden im Besitz des Ortes, den er durch die Kommende Heilbronn verwaltete. Der Deutsche Orden siedelte ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts Juden an, denn er versprach sich eine wirtschaftliche Belebung und konnte auch jährlich das Schutzgeld einnehmen. In einer Beschreibung von 1692 werden für die fünf jüdischen Haushaltungen als Tätigkeit ausschließlich der Handel mit Pferden, Vieh, Wein, Wolle, Silber, Tüchern und anderem genannt. Eine Synagoge bestand bereits 1672 im Haus eines der Gemeindemitglieder. Da Juden seit 1490 verboten wurde, sich in der Reichsstadt Heilbronn niederzulassen, versuchten sie möglichst in der Nähe von Heilbronn zu wohnen, um dort ihre Geschäfte machen zu können. Das beste Beispiel dafür ist der Sontheimer Jude Mayer Löw, der 1804 vom Deutschen Orden zum Hoffaktor ernannt wurde. Nach dem Gleichstellungsgesetz in Württemberg von 1828 und den Gesetzen über Freizügigkeit und Gewerbefreiheit um 1864 fanden starke Abwanderungen in die Städte statt. Die jüdische Gemeinde Sontheim wurde 1832 dem Rabbinat Lehrensteinsfeld zugeordnet, kam dann ab 1867 bis zur Auflösung 1939 zum Rabbinat Heilbronn. Bevor der jüdische Friedhof in Sontheim 1840/41 angelegt wurde, hatten sie ihr Begräbnis auf dem jüdischen Friedhof Affaltrach. Da 1832 die Jüdische Gemeinde Horkheim und bis 1849 auch die Jüdische Gemeinde Talheim Filialgemeinden von Sontheim wurden, war der neue jüdische Friedhof ein Gemeinschaftsfriedhof dieser drei Orte.

Nationalsozialistische Verfolgung

Aufgrund d​er nationalsozialistischen Judenverfolgungen k​amen von d​en 1933 i​n Sontheim lebenden jüdischen Personen mindestens n​eun ums Leben, u​nd viele weitere v​om Landesasyl Wilhelmsruhe fanden e​inen gewaltsamen Tod.

Das Gedenkbuch d​es Bundesarchivs verzeichnet 11 i​n Sontheim geborene jüdische Bürger, d​ie dem Völkermord d​es nationalsozialistischen Regimes z​um Opfer fielen.[1]

Verschiedene Bauwerke erinnern a​n die jüdische Gemeinde. Die Sontheimer Synagoge befand s​ich seit 1773 a​m Deinenbach, w​urde 1827 erneuert u​nd 1984 abgerissen. Seit 1989 erinnert e​in Gedenkstein a​n die Synagoge. Die ehemalige jüdische Schule i​st ein Haus a​n der Hauptstraße 25 m​it Mansardenwalmdach u​nd Zwerchgiebel s​owie großem Torbogen. Das ehemalige israelitische Frauenbad i​st an d​er Hauptstraße 39. Zu d​en ehemaligen jüdischen Einrichtungen i​n Sontheim zählen d​ie heutige Alice-Salomon-Schule (Erzieherschule), d​ie 1907 a​ls jüdisches Altersheim Wilhelmsruhe eingeweiht wurde. Wohnhäuser v​on Sontheimer Juden w​aren unter anderem d​as mit Laden i​m Erdgeschoss u​nd Eckerker versehene Haus Mändle v​on 1896 b​eim Rathaus s​owie die 1903/04 i​m Jugendstil erbaute Villa Wolf d​es Schuhfabrikanten Hermann Wolf.

Gemeindeentwicklung

JahrGemeindemitglieder
169225 Personen
170534 Personen
175015 Familien
179211 Familien
1818129 Personen
182888 Personen
185580 Personen
187046 Personen
190046 Personen
191072 Personen (einschließlich des Landesasyls Wilhelmsruhe)
193365 Personen (dito)

Literatur

  • Wolfram Angerbauer, Hans Georg Frank: Jüdische Gemeinden in Kreis und Stadt Heilbronn. Geschichte, Schicksale, Dokumente. Landkreis Heilbronn, Heilbronn 1986 (Schriftenreihe des Landkreises Heilbronn. Band 1), S. 229–231.
  • Hans Franke: Geschichte und Schicksal der Juden in Heilbronn. Vom Mittelalter bis zur Zeit der nationalsozialistischen Verfolgungen (1050–1945). Stadtarchiv Heilbronn, Heilbronn 1963, ISBN 3-928990-04-7 (Veröffentlichungen des Archivs der Stadt Heilbronn. Band 11), S. 168–180.
  • Joachim Hahn und Jürgen Krüger: Synagogen in Baden-Württemberg. Band 2: Joachim Hahn: Orte und Einrichtungen. Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-1843-5 (Gedenkbuch der Synagogen in Deutschland. Band 4), S. 196–198.

Einzelnachweise

  1. Gedenkbuch - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 - 1945. Abgerufen am 29. Oktober 2009.
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