Irene Abendroth
Irene Abendroth (* 14. Juli 1872 in Lemberg, Österreich-Ungarn; † 1. September 1932 in Weidling bei Wien) war eine österreichische Sängerin in der Stimmlage Koloratur-Sopran. Ihre weniger bekannte Schwester Mira Abendroth war ebenfalls eine Opernsängerin.
Leben
Irene Abendroth wurde als Tochter einer aus Schlesien stammenden Tuchmacherfamilie in der Hauptstadt des Kronlandes Galizien geboren. Sehr begabt, trat sie bereits mit 8 Jahren erstmals in einem Konzert auf. Sie erhielt ihre Ausbildung bei Francesco Lamperti und Cleofonte Campanini in Mailand sowie bei Emma Mampe-Babnigg und Aurelia Jäger-Wilczek in Wien. 1888 debütierte sie in Karlsbad und am 15. Februar 1889 an der Hofoper in Wien als Amina in Bellinis La sonnambula. Es folgten Engagements am Opernhaus Riga (1890/91) und am Kgl. Hof- und Nationaltheater in München (1891–1894), wo sie am 2. März 1894 in der Erstaufführung von Verdis Falstaff die Alice Ford[1] sang. 1894–1899 war sie wieder an der Wiener Hofoper, wo sie u. a. in der Uraufführung von Goldmarks Oper Das Heimchen am Herd mitwirkte (21. März 1896). Nach Unstimmigkeiten mit dem Operndirektor Gustav Mahler verließ sie 1899 Wien und ging an das Königliche Hoftheater in Dresden,[2] wo sie bis 1909 fest engagiert war und ihre Karriere 1905 mit der Verleihung des Titels einer Königlich sächsischen Kammersängerin ihren Höhepunkt erreichte. In Dresden sang sie u. a. 1902 in der deutschen Erstaufführung von Puccinis Tosca die Titelrolle – auch zur Zufriedenheit des Komponisten, am 30. Oktober 1903 wirkte sie an der Uraufführung von Bungerts Odysseus’ Tod in der Rolle der Despoina mit. Daneben gastierte sie zwischen 1905 und 1907 mehrfach an der Berliner Hofoper Unter den Linden und hatte weitere Einladungen an die Kgl. Hofoper Stuttgart, die Frankfurter Oper (1907) und die Leipziger Oper sowie ans Deutsche Theater Prag (1907).
Nach ihrem Abschied von der Bühne trat sie noch öfter in Konzerten als Oratorien- und Liedersängerin auf und widmete sich ab 1910 in Wien ihrer Tätigkeit als Gesangslehrerin. Als weitere Auszeichnung ihres Wirkens wurde ihr das Österreichische Goldene Verdienstkreuz mit der Krone verliehen.
Seit 1900 war sie mit dem österreichischen Bahndirektor Thomas Joseph Taller Edlem von Draga verheiratet. In der Inflation nach dem Ersten Weltkrieg verlor sie fast ihr gesamtes Vermögen und lebte in bescheidenen Verhältnissen in Weidling.[3] Ihr Grab auf dem Weidlinger Friedhof ist nahe dem des Dichters Nikolaus Lenau.
Abendroth gilt als eine der erfolgreichsten Koloratursängerinnen ihrer Zeit mit einer virtuosen und zugleich dramatischen Stimme. Ihr umfangreiches Repertoire umfasste rund 70 große Rollen.
Ihre Stimme ist durch sehr seltene Aufnahmen auf G&T dokumentiert (Dresden 1902). Auf Tonträger bekannt sind von ihr Arien aus dem Troubadour (Grammophon 43 243), Mignon (43 245), Figaros Hochzeit (43 248) und Barbier von Sevilla (43 250).[4]
Repertoire (Auswahl)
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Diskografie (Auswahl)
- Johannes Brahms: Vergebliches Ständchen (1902): In: The First Opera Recordings 1895–1902. CD, Symposium Records, 2003, SYM 1318, UPC Code: 760411318025
- Ambroise Thomas: Je suis Titania aus Mignon (Titania ist herabgestiegen. Polonaise der Philine aus der Oper Mignon)
- The Harold Wayne Collection Vol. 6, Symposium Records, 2002
- Yale Collection of Historical Sound Recordings, auf Symposium Records, 2002
- Weitere Nachweise in: Lotz-Verlag: Discography of German Operatic and Lieder[5]
Digitalisierte Aufnahmen
Die Mediathek der SLUB Dresden hat 2020 zwei Gesangsaufnahmen Abendroths für Grammophon aus dem Jahre 1902 in digitalisierter Form der Öffentlichkeit zugänglich gemacht:
- Irene Abendroth singt die Arie der Rosine aus der Oper Barbier von Sevilla von Gioachino Rossini (3 Minuten)
- Irene Abendroth singt die Arie der Philine aus der Oper Mignon von Ambroise Thomas (3 Minuten)
Die Aufnahme aus dem Barbier wurde auch bereits von der Österreichischen Mediathek digitalisiert:
- Irene Abendroth singt die Arie der Rosine aus der Oper Barbier von Sevilla von Gioachino Rossini (3 Minuten)
Literatur
- A. Barde: Irene Abendroth. In: Österreichische Musik- und Theaterzeitung Nr. 4, 15. Oktober 1896, S. 1–2 (Digitalisat).
- Andrea Harrandt: Abendroth, Irene. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2002, ISBN 3-7001-3043-0.
- Ch. Pollerus: Abendroth, Irene (1872–1932), Sängerin. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1957, S. 1 f. (Direktlinks auf S. 1, S. 2).
- Karl-Josef Kutsch, Leo Riemens: Großes Sängerlexikon. Unveränderte Auflage. K. G. Saur, Bern, 1993, Erster Band A–L, Sp. 3, ISBN 3-907820-70-3
- Thomas Thaller: Irene Abendroth. Ein Fragment ihrer Künstlerlaufbahn. Mit 56 Photographien der Künstlerin. E. Pierson, Dresden 1904[6]
- Bruno Volger (Hrsg. u. Red.): Sachsens Gelehrte, Künstler und Schriftsteller in Wort und Bild nebst einem Anhang: „Nichtsachsen“. Gohlis Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1907/08[6]
- Hans Schnoor: Dresden – 400 Jahre deutsche Musikkultur. Zum Jubiläum der Staatskapelle und zur Geschichte d. Dresdner Oper. (Hrsg. Erhard Bunkowsky). Dresdener Verlagsgesellschaft, Dresden 1948[6]
Weblinks
- Irene Abendroth im Bayerischen Musiker-Lexikon Online (BMLO)
- Irene Abendroth im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
- Irene Abendroth Bild in der Sammlung Manskopf der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Anmerkungen
- Münchner Rezeptionsgeschichte der Oper Falstaff
- Ihre Anschrift in Dresden: Reichenbachstraße 29
- Ihre Anschrift in Weidling: Löblichgasse 5
- siehe das Text-Buch der bis Juli [1904] erschienenen Konzert-Platten (Hrsg. Arthur Blumenthal, Breslau 1904)
- Lotz-Verlag
- Staatsbibliothek zu Berlin