Instrumentenlandesystem
Das Instrumentenlandesystem (engl. instrument landing system, ILS) ist ein bodenbasiertes System, das den Piloten eines Flugzeuges in den Flugphasen vor der Landung unterstützt. Der Landeanflug endet mit dem Endanflug.
Zwei Leitstrahlen, die Kurs (Richtung) und Gleitpfad (Höhe über Grund) für die Landung festlegen, werden von einem speziellen ILS-Empfänger verarbeitet und auf einem Anzeigegerät dargestellt. Bei Abweichungen von den Sollwerten anhand der Darstellung mit vertikalem und horizontalem Zeiger auf dem ILS-Anzeigeinstrument ist es dem Piloten (PIC) möglich, auch bei schlechten Sichtverhältnissen (IMC) Präzisionsanflüge durchzuführen. Zur Signalisierung der verbliebenen Entfernung zur Landebahn sind zusätzlich zwei bzw. drei Einflugzeichen (Marker-Beacons) vorhanden, die jedoch schrittweise von der neueren DME-Technik ersetzt bzw. ergänzt werden.
Für anspruchsvolle Landungen bei schlechten Sichtverhältnissen müssen Empfänger und Anzeigeinstrumente mehrfach ausgelegt sein.
Geschichte
Im Deutschen Reich der Weimarer Republik erprobte ab 1931 die Deutsche Luft Hansa das ZZ-Verfahren für Landungen bei schlechter Sicht. Dieses erste bodengestützte Landesystem war zeitaufwendig und erforderte hohen Einsatz von Pilot und Bodenpersonal. Die Peilstelle des Flughafens musste während des gesamten Anflugs Informationen an den Piloten bzw. Navigator übermitteln.
Anfang der 1930er Jahre entwickelte daraufhin die Berliner C. Lorenz AG ein automatisiertes Verfahren, das ohne Hilfe des Bodenpersonals arbeitete. Das erste dieser Lande-Funkfeuer (LFF), auch „Lorenzbake“ genannt, baute das Unternehmen 1933 am Flughafen Berlin-Tempelhof auf. Das neue „Lorenz-Landeverfahren“ bot mit dem Landekurssender lediglich eine laterale (seitliche) Führung. Zusätzlich waren zwei Einflugzeichensender (Vor- und Haupt-Einflugzeichen, VEZ/HEZ) zur Signalisierung der Landebahn in bestimmter Entfernung vor dieser aufgestellt. Eine Darstellung des Gleitpfads (vertikale Führung) war noch nicht realisiert. Nächster Nutzer war der Flugplatz Zürich-Dübendorf und bald waren „Lorenzbaken“ auch im Ausland bis hin nach Südafrika und Australien in Verwendung. Die deutsche Luftwaffe stattete Ende der 1930er Jahre ihre Fliegerhorste und die größeren zweimotorigen Maschinen mit den Lorenz-Anlagen aus (siehe auch: Lorenz Funknavigations- und Landesysteme). Im Frühjahr 1941 führten in Deutschland die Askania-Werke mit einer Junkers Ju 52/3m erste erfolgreiche Versuche mit einem vollautomatischen Landesystem durch. Der Zweite Weltkrieg verhinderte eine Weiterentwicklung.
In den USA begannen 1929 erste Tests mit einem Instrumentenlandesystem. Die Praxistauglichkeit des dort entwickelten ILS wurde zum ersten Mal am 26. Januar 1938 bewiesen, als eine Boeing 247 nach einem Flug von Washington, D.C. nach Pittsburgh (Pennsylvania) während eines Schneesturms landen und sich dabei ausschließlich auf das ILS verlassen musste.
Ab 1946 erfolgte weltweit die Einführung des noch heute verwendeten Systems.
Komponenten
Die ILS-Bodenanlage besteht aus insgesamt vier, vereinzelt auch fünf Sendern: Dem Localizer, der die seitliche Abweichung anzeigt, und dem Glideslope oder Glidepath, welcher für die vertikale Führung des anfliegenden Flugzeugs zuständig ist. Dazu kommt eine automatische Überwachungsstation (NFM – Nahfeldmonitor bei CAT I, zusätzlich FFM – Fernfeldmonitor bei CAT II/III), welche die abgestrahlten Signale überwacht und ggf. das gesamte System abschaltet, wenn die Signale außerhalb einer festgelegten Toleranz liegen.
Zur Signalisierung der Entfernung zur Landebahn werden bis zu drei Einflugzeichensender (marker beacon) verwendet. Diese Vor- (Outer Marker, OM oder LOM), Haupt- (Middle Marker, MM) und das in Deutschland nicht mehr gebräuchliche Platzeinflugzeichen (Inner Marker, IM) werden jedoch immer seltener und gegen DME-Anlagen getauscht. In Deutschland werden mittelfristig an allen 16 internationalen Verkehrsflughäfen die ILS-Anlagen auf ILS/DME-Systeme umgestellt, bei denen es keine Marker-Beacons mehr gibt. Das Voreinflugzeichen (OM) und das Haupteinflugzeichen (MM) werden durch ein sogenanntes DME-Reading ersetzt. Die Frequenzpaarung von Localizer und DME ist in dem Fall (sobald der MM wegfällt) zwingend erforderlich.
Landekurssender
Das Antennensystem des Landekurssenders (engl. localizer, LOC oder LLZ) ist im Abflugsektor, ca. 300 m hinter dem Ende der Landebahn (engl. stop end of runway) aufgebaut und besteht aus mehreren, paarweise angeordneten Richtantennen (gestreckte λ/2-Dipole). Der Localizer informiert den Piloten über seine laterale Position in Bezug auf die Anfluggrundlinie (engl. centerline) und zeigt dem Piloten also, ob er weiter rechts oder links fliegen muss, um exakt in der Landebahnmitte aufzusetzen.
Der Localizer hat eine Sendeleistung von 25 bis 50 Watt und arbeitet in einem Frequenzbereich von 108,10 MHz bis 111,95 MHz. Auf der jeweiligen Trägerfrequenz sind zwei Signale mit 90 und 150 Hz in Amplitudenmodulation aufmoduliert, die von den Antennen so abgestrahlt werden, dass entlang der Anfluggrundlinie ein Strahlungsmaximum liegt. Es wird CSB-Signal genannt (engl. Carrier and Side Band). Über die gleichen Antennen wird ein weiteres Signal in Amplitudenmodulation mit unterdrücktem Träger abgestrahlt, das sogenannte SBO-Signal (engl. Side Bands Only). Seine Strahlungsmaxima liegen beiderseits der Anfluggrundlinie, während es auf dieser zu Null wird. So entstehen links und rechts der Bahn zwei Modulationsfelder, die sich in der Mitte überlagern. Der Localizer-Empfänger im Flugzeug misst die Differenz der Modulationstiefe (engl. Difference in the depth of modulation, DDM) von 90-Hz- und 150-Hz-Signal. Auf der Anfluggrundlinie beträgt die Modulationstiefe für jede modulierte Frequenz 20 %, die Differenz wird zu Null, die senkrechte Nadel des Anzeigeinstruments steht in der Mitte. Nach links abweichend von der Anfluggrundlinie nimmt der Modulationsgrad des 90-Hz-Signals zu, während er für das 150-Hz-Signal gleichzeitig abnimmt, die senkrechte Nadel des Anzeigeinstruments wandert nach rechts und weist den Piloten nach rechts (fly into the needle), um wieder auf die Landebahnmitte zuzufliegen. Abweichend von der Anfluggrundlinie in die andere Richtung nimmt der Modulationsgrad des 90-Hz-Signals ab, während er für das 150-Hz-Signal gleichzeitig zunimmt, die senkrechte Nadel des Anzeigeinstruments wandert nach links und weist den Piloten nach links, um wieder auf die Landebahnmitte zuzufliegen.
Die Modulationsgraddifferenz DDM zwischen den zwei Signalen verändert sich linear in Abhängigkeit von der Position des anfliegenden Flugzeugs bis zum jeweiligen Vollausschlag des Zeigerinstrumentes (Kreuzzeiger, crosspointer) bei 5 Punkten, was einer DDM von 15,5 % entspricht. Die Anfluggrundlinie wird also gebildet als Linie mit konstanter DDM = 0.
Der Localizer kann auch beim Anflug von der anderen Seite genutzt werden. Dieses Verfahren wird Backcourse genannt, da hier der Backbeam der Antennen, also die Abstrahlung in der entgegengesetzten Richtung verwendet wird. Es gibt allerdings bei einem Backcourse-Anflug keine Glideslope-Unterstützung. Da bei einem Backcourse-Anflug die vertikale Führung durch den Gleitweg fehlt, ist ein solcher Anflug ein reiner Non-Precision-Anflug mit sehr hohen Mindestsinkflughöhen MDA/MDH. Weiter ist zu beachten, dass man nun ein umgekehrtes Signal empfängt. Wenn man beim Backbeam-Anflug eine Localizer-Anzeige von zu weit rechts empfängt, muss man entgegengesetzt steuern, also nach rechts, um auf den richtigen Kurs zu kommen. In Deutschland ist dieses Anflugverfahren nicht mehr zugelassen.
Gleitwegsender
Das Signal des Gleitwegsenders (englisch glideslope, kurz GS oder glide slope, kurz G/S, auch glide path transmitter, kurz GP) wird im Glideslope-Empfänger verarbeitet und zeigt dem Piloten die vertikale Abweichung vom optimalen Gleitweg (glide path, GP) an. Bei einem Anflugwinkel (Anflugprofil/Gradient) von 3 Grad und einer RDH (Reference Datum Height) von 50 ft (15 m) liegt der Aufsetzpunkt ca. 280 m hinter der Landeschwelle (threshold, THR).
Der Sender steht seitlich neben der Bahn in Höhe des Aufsetzpunktes und arbeitet auf einer Frequenz im Bereich 329–335 MHz, also deutlich höher als der Landekurssender. Die beiden Frequenzen (Kanäle) von Landekurs- und Gleitwegsender sind fest miteinander gepaart; somit braucht der Pilot nur den Landekurssender einzustellen und die Frequenz des zugehörigen Gleitwegsenders wird automatisch mit selektiert. Das Funktionsprinzip ist analog zum Landekurssender, nur sind die beiden Strahlungskeulen des Gleitwegsenders vertikal ausgerichtet, statt horizontal wie beim Localizer. Auf der jeweiligen Trägerfrequenzen sind in Amplitudenmodulation zwei Signale mit 90 und 150 Hz mit einer Modulationstiefe von 40 % aufmoduliert, die von den Antennen so abgestrahlt werden, dass entlang des 3°-Anflugweges ein Strahlungsmaximum liegt, das Carrier Side Band (CSB) genannt wird. Über die gleichen Antennen wird amplitudenmoduliert ein weiteres Signal ohne Trägeranteil (Zweiseitenband/unterdrückter Träger – DSBSC) abgestrahlt, das sogenannte Side Band Only (SBO). Seine Strahlungsmaxima liegen unter- und oberhalb des 3°-Anflugweges, während es auf diesem zu Null wird. So entstehen unterhalb und oberhalb des 3°-Anflugweges zwei Modulationsfelder, die sich in der Mitte überlagern. Der Glideslope-Empfänger im Flugzeug misst die Differenz der Modulationstiefe (Difference in the depth of modulation, DDM) der 90-Hz- und 150-Hz-Signale. Auf dem 3°-Anfluggradienten beträgt die Modulationstiefe für jede modulierte Frequenz 40 %, die Differenz wird zu Null, die waagerechte Nadel des Anzeigeinstruments steht in der Mitte.
Bei Abweichungen vom 3°-Anfluggradienten nach oben (Maschine zu hoch) nimmt der Modulationsgrad des 90-Hz-Signals zu, während er für das 150-Hz-Signal abnimmt, die waagerechte Nadel des Anzeigeinstruments wandert nach unten und zeigt dem Piloten, dass er mit der Maschine tiefer gehen muss („fly into the needle“), um wieder auf den 3°-Anfluggradienten zurückzukehren. Fliegt er zu tief, nimmt der Modulationsgrad des 90-Hz-Signals ab, während er für das 150-Hz-Signal gleichzeitig zunimmt, die waagerechte Nadel des Anzeigeinstruments wandert nach oben und zeigt dem Piloten, dass er Höhe gewinnen muss.
Der Anflugwinkel bei einem ILS-Anflug CAT I liegt typischerweise zwischen 2,5 und 3,5 Grad, idealerweise 3,0 Grad. In London City beträgt der GP 5,5°. Beim ILS-Anflug CAT II/III muss der Gleitwinkel 3 Grad betragen. Das Anzeigegerät zeigt dem Piloten an, ob er nach oben oder unten steuern muss, um den Aufsetzpunkt der Landebahn zu erreichen. In fast allen modernen Flugzeugen können die eintreffenden Signale des Instrumentenlandesystems vom Autopiloten verwendet werden, sodass ein Anflug automatisiert erfolgen kann. Je nach Anflugkategorie übernimmt der Pilot bereits vor der Landung die manuelle Kontrolle und landet, oder nach einer automatischen Landung, wenn das Flugzeug bereits ausrollt.
Einflugzeichen
Einflugzeichen oder Marker sind Funkfeuer, die mit einer Sendeleistung von 0,2 bis 0,5 Watt senkrecht nach oben abstrahlen. Sie arbeiten im Frequenzbereich 74,6 bis 75,4 MHz und stehen meist vier (Outer Marker, OM oder LOM) bzw. eine halbe (Middle Marker, MM) nautische Meile – NM gleich 7200 m bzw. 1050 m – vor der Landeschwelle (englisch threshold, THR). Beim Überfliegen lösen sie ein Tonsignal und/oder eine blinkende Anzeige aus.
Im Endanflug werden nacheinander Voreinflugzeichen (Outer Marker, OM oder LOM), Haupteinflugzeichen (Middle Marker, MM) und – das in Deutschland nicht mehr gebräuchliche – Platzeinflugzeichen (Inner Marker, IM) überflogen. Das entsprechende Tonsignal wird dabei immer höher.
Immer häufiger werden die Einflugzeichensender durch Entfernungsfunkfeuer DME (englisch Distance Measuring Equipment) ergänzt, die eine kontinuierliche Anzeige der Entfernung zur Landeschwelle ermöglichen. Die Sende- und Empfangsantennen des DME sind am Mast des Gleitwegsenders zusätzlich angebracht. Die Entfernungsanzeige im Cockpit erfolgt numerisch in nautischen Meilen.
Outer Marker (OM oder LOM)
Das Voreinflugzeichen, der Outer Marker, steht 7200 m ± 300 m vor der Landeschwelle und ist in der Amplitude mit einem Ton von 400 Hz (300 ms an, 100 ms aus) moduliert. Im Cockpit ist beim Überflug dementsprechend ein tiefer 400-Hz-Ton („−−−“) zu hören und die blaue Anzeige „Voreinflugzeichen“ leuchtet auf. Der Outer Marker dient zur Kontrolle des Höhenmessers (barometrisch oder zusätzlich ein Radar-Altimeter).
Bei einem ILS-Anflug muss sich das Flugzeug am OM auf dem Gleitpfad befinden. Daher ist auf jeder Anflugkarte die am OM erforderliche Flughöhe über Grund (height; HGT) des Gleitpfads angegeben. Steht der OM ca. 4 NM vor der Landeschwelle und soll der Anflugwinkel 3 Grad betragen, muss die Maschine beim Überflug des OM noch eine HGT von 1320 ft (ca. 400 m) haben. Die Berechnung lautet: 4 NM × 318 ft/NM + 50 ft Schwellenüberflughöhe (RDH).
Outer-Marker-Sound:
Middle Marker (MM)
Das Haupteinflugzeichen, der Middle Marker, steht 1050 m ± 150 m vor der Landeschwelle und ist mit einem Ton von 1300 Hz (300 ms an, 100 ms aus, 100 ms an, 100 ms aus) höher moduliert als das Signal des Outer Markers. Im Cockpit ist beim Überflug dementsprechend ein 1300-Hz-Ton („−·−·−·“) zu hören und die gelbe Anzeige „Haupteinflugzeichen“ leuchtet auf.
Middle-Marker-Sound:
Inner Marker (IM)
Das Platzeinflugzeichen, der Inner Marker, ist in Deutschland ungebräuchlich und wird weltweit in der zivilen Luftfahrt ebenfalls kaum verwendet. In der militärischen Luftfahrt finden Inner Marker jedoch noch Anwendung. Diesen stehen dann unmittelbar an der Landeschwelle, sind mit 3000 Hz amplitudenmoduliert und erzeugen dementsprechend einen hohen 3000-Hz-Ton (100 ms an, 100 ms aus). Im Cockpit leuchtet eine weiße Anzeige und ein „···“-Ton ist zu hören.
Inner-Marker-Sound:
Anflugbefeuerung
Die Anflugbefeuerung ist ein System von Lichtern, die dem Piloten kurz vor der Landung das Erkennen der Landebahn ermöglichen. Es gibt verschiedene Ausführungen, die sich im Aufbau (Nichtpräzisionsanflüge, CAT I oder CAT II/III) unterscheiden.
Optische Signalisierung des Gleitpfads (VASI/PAPI)
Als weitere Möglichkeit zur Kontrolle des richtigen Gleitweges, vor allem für Anflüge bei Dunkelheit, können zusätzlich optische Systeme vorhanden sein. Dies sind VASI (Visual Approach Slope Indicator) und PAPI (Precision Approach Path Indicator), die sich vor allem durch ihre einfache Handhabung auszeichnen, jedoch naturgemäß beide auf eine genügende Flugsicht angewiesen sind.
Bordkomponenten
An Bord befinden sich zumindest Empfänger für das Landekurssignal und das Gleitwegsignal. Zur gemeinsamen Anzeige von Landekurs und Gleitweg dient ein Kreuzzeigerinstrument oder kurz Kreuzzeiger. Es besitzt neben zwei sich bei idealem Landekurs im rechten Winkel befindlichen Zeigern Marker, die Auskunft geben, ob die Anzeige auf korrekt empfangenen Signalen oder einem Anzeigefehler beruht.[1] Die Zeigerabweichungen von der Mitte zeigen die Richtung der erforderlichen Anflugkorrektur.
ILS-Kategorien
Wie bei jedem Instrumentenanflug ist auch beim ILS-Anflug das Erreichen der Entscheidungshöhe (engl. decision height, DH bzw. decision altitude, DA) der Moment, in dem die Cockpitbesatzung des anfliegenden Luftfahrzeugs über die weitere Durchführung des Anfluges entscheidet. Sind bei Erreichen der Entscheidungshöhe die (Sicht-)Bedingungen (der Pilot muss die Landebahn oder Teile der Anflugbefeuerung erkennen) für das Fortsetzen des Anfluges nicht gegeben, muss der Anflug abgebrochen und durchgestartet werden (engl. go around). Nach der Entscheidung zum Durchstarten folgt das Luftfahrzeug dem Fehlanflugverfahren (engl. missed approach procedure), nach dessen Abschluss ein erneuter Anflug durchgeführt werden kann. Präzisionsanflüge, zu denen auch der ILS-Anflug zählt, werden, abhängig von verschiedenen Faktoren, in unterschiedliche Kategorien eingeteilt:
- CAT I
- Einfachste Kategorie mit einer Entscheidungshöhe von 200 ft (60 m) über Grund oder mehr und einer Landebahnsicht (engl. runway visual range, RVR) von mindestens 550 m oder einer Bodensicht von 800 m (die Bodensicht wird durch eine von der Behörde bevollmächtigte Person festgestellt)
- CAT II
- Mittlere Kategorie mit einer Entscheidungshöhe zwischen 100 ft und weniger 200 ft über Grund (30–60 m) und einer RVR von mindestens 300 m.
Je nach technischer Ausstattung und Hindernisfreiheit des Flugplatzes ist CAT III noch einmal in CAT IIIa, CAT IIIb, und CAT IIIc unterteilt:
- CAT IIIa
- Entscheidungshöhe zwischen 0 ft und weniger 100 ft über Grund und RVR mindestens 175 m
- CAT IIIb
- Entscheidungshöhe kleiner als 50 ft über Grund und RVR weniger als 175 m, jedoch mindestens 50 m
- CAT IIIc
- Keine Entscheidungshöhe (0 ft) und keine RVR (0 m). Noch nicht zugelassen, da auf den Rollbahnen eine Mindestsichtweite benötigt wird.
Technische Ausrüstung
Der Ausfall bestimmter Komponenten des Flugzeugs im Flug (zum Beispiel des Radarhöhenmessers) reduziert unmittelbar die Fähigkeit des Flugzeugs, Anflüge höherer Kategorien durchzuführen, was in grenzwertigen Wetterlagen das Ausweichen des Flugzeugs vom eigentlichen Zielflugplatz zu einem Alternativziel erforderlich macht. Die ILS-Signale der Flugplätze müssen periodisch mittels Messflügen geprüft werden, da zum Beispiel Gebäude und Baukräne diese stören können.
Ein Beispiel für eine solche ILS-Störung ist ein Zwischenfall auf dem Flughafen München im Jahre 2011. Die Anflüge wurden unter ILS CAT I durchgeführt. Ein startendes Flugzeug störte die ILS-Signale. Daraufhin steuerte der Autopilot die Boeing 777, welche ohne Rücksprache mit der Flugsicherung unter CAT IIIB anflog, noch vor dem Aufsetzen nach links; das Flugzeug kam von der Landebahn ab.[2]
Höhere ILS-Kategorien bedingen somit eine größere Staffelung der Luftfahrzeuge im Anflug, und die Kapazität der Flugplätze ist so deutlich reduziert. Ebenso besitzen die Schutzzonen am Boden (critical und sensitive area) größere Ausmaße als bei CAT I und die Flugzeuge müssen an einem weiter von der Landebahn entfernten Haltepunkt anhalten als bei CAT I oder bei Sichtanflügen. Bei CAT I sind dies 90 m, bei CAT II/III 150 m.
- CAT I
- Für die Durchführung einer Landung nach CAT I muss die Cockpitbesatzung eine Instrumentenflugberechtigung (engl. instrument rating, I/R) besitzen und das Flugzeug für Instrumentenflüge ausgestattet und zugelassen sein (dies sind heutzutage die allermeisten Motorflugzeuge). Die Landung als solche darf aber vom Piloten manuell, das heißt von Hand gesteuert, durchgeführt werden. Piloten mit einer solchen Berechtigung müssen solche Flüge nach Instrumentenflugregeln (IFR) regelmäßig durchführen, ansonsten verlieren sie unter anderem die Berechtigung für CAT-I-Anflüge.
- CAT II
- Eine besondere Ausbildung bzw. Berechtigung der Besatzung ist notwendig. Ein Autopilot muss nicht vorhanden sein, der Anflug wird aber selten von Hand geflogen. Instrumente müssen zweifach vorhanden sein (je eine unabhängige Anzeige des Landekurses/Gleitpfads für Captain und Ersten Offizier). Ein Radar-Höhenmesser (Radar-Altimeter) ist ebenfalls notwendig.
- CAT III
- Landungen nach CAT III müssen zwingend durch mehrfach vorhandene Autopiloten des Flugzeugs gesteuert werden (engl. auto coupled landing). Diese steuern unabhängig voneinander das Flugzeug unter Verwendung von ILS-Signalen, die unabhängig voneinander empfangen werden (Redundanz). Die Cockpitbesatzung sowie die Fluggesellschaft müssen über eine spezielle Berechtigung verfügen. Der Autopilot muss unter anderem per Radarhöhenmesser in der Lage sein, das Flugzeug bei der Landung selbsttätig zum Ausschweben (engl. flare) abzufangen und aufzusetzen, ab CAT IIIb muss er auch nach dem Aufsetzen beim Bremsen und Ausrollen per Bugradsteuerung dem Localizer folgen, um das Flugzeug auf der Landebahnmitte zu halten.
Eine Ausnahme davon bilden einige Flugzeuge mit Head-Up-Display, so z. B. der Canadair Regional Jet (CRJ), welche auch für manuell gesteuerte CAT-III-Anflüge zugelassen sind.
- Erste Flugzeuge mit CAT-III-Fähigkeiten
Aufgrund der vorherrschenden Wetterbedingungen in Europa, vor allem aber in Großbritannien, fand die Entwicklung von CAT-III-fähigen Flugzeugen zunächst in Europa statt. So gehörte in den 1980er Jahren die CAT-III-Fähigkeit noch nicht zur serienmäßigen Ausstattung US-amerikanischer Flugzeuge. Hingegen übernahmen Boeing und Alaska Airlines die Pionierrolle bei CAT-III-Landungen mit Head-Up-Display.
Die Sud Aviation Caravelle wurde im Dezember 1968 für CAT-III-Anflüge zugelassen. Darauf folgte die Hawker-Siddeley Trident (IIIa 1972, IIIb 1975). Die erste manuelle CAT-III-Landung auf einem Passagierflug erfolgte im Jahr 1989 (Boeing 727 der Alaska Airlines).
Sonderfälle
Der ILS-Flugpfad muss nicht zwingend zu einer Landebahn führen. Im Fall des ehemaligen Flughafens Kai Tak (Hongkong) führte das sogenannte IGS (Instrument Guidance System) zu einem markierten und beleuchteten Hügel („Checkerboard Hill“), worauf die Piloten zum Sichtanflug auf die Landebahn 13 abdrehten.
Auch Flugzeugträger verfügen über ILS-Systeme. Damit Flugzeugträger nicht aufgrund der ILS-Signale identifiziert werden können, strahlen alle größeren Kriegsschiffe solche Signale ab. Unabhängig vom verwendeten Leitsystem (optisch, Laser, ILS) müssen die letzten ¾ Seemeilen (1,4 km) visuell geflogen werden.
ILS in Deutschland
Internationale Verkehrsflughäfen
Die DFS hat an 15 deutschen rechtmäßigen internationalen Flughäfen 45 ILS-Systeme. Davon erfüllen 11 Systeme CAT I und 34 Systeme CAT II oder CAT III.
- Berlin-Brandenburg – IIIb, IIIb, IIIb, IIIb
- Bremen – IIIb, IIIb
- Dresden – I, IIIa
- Düsseldorf – I, IIIa, IIIb, IIIb
- Erfurt – I, IIIb
- Frankfurt – IIIb, IIIb, IIIb, IIIb, IIIb, IIIb (zusätzlich zwei CAT-I-Anlagen als Redundanz für die Landebahn Nordwest (07L/25R))
- Hamburg – I, I, IIIb
- Hannover – I, I, IIIb, IIIb
- Köln/Bonn – I, IIIb, IIIb
- Leipzig/Halle – IIIb, IIIb, IIIb, IIIb
- München – IIIb, IIIb, IIIb, IIIb
- Münster/Osnabrück – I, IIIa
- Nürnberg – I, IIIb
- Saarbrücken – I
- Stuttgart – IIIa, IIIb
Regionalflugplätze
In Deutschland existieren weitere Verkehrsflughäfen bzw. -landeplätze, die mit einem Instrumentenlandesystem ausgestattet sind. Insgesamt sind es 33 ILS-Systeme. Davon erfüllen 25 Systeme CAT I und 8 Systeme CAT II oder CAT III.
- Augsburg – I
- Braunschweig – I
- Cuxhaven-Nordholz – I
- Dortmund – II, II
- Frankfurt-Hahn – I, IIIb
- Friedrichshafen – I, IIIb
- Heringsdorf – I
- Ingolstadt-Manching – I
- Karlsruhe/Baden-Baden – I, IIIa
- Kassel-Calden – I, IIIb
- Kiel – I, I
- Lahr – I
- Leipzig-Altenburg – I
- Lübeck – I, II
- Memmingen – I
- Mönchengladbach – I, I
- Niederrhein – IIIa
- Paderborn/Lippstadt – I, I
- Rostock-Laage – I, I
- Schwäbisch Hall – I
- Schwerin-Parchim – I
- Siegerland – I
- Sylt – I
Militärflugplätze
Die Bundeswehr betreibt auf elf ihrer 28 Flugplätze ein ILS. Alle Systeme entsprechen CAT I.[3]
- Bückeburg – I
- Geilenkirchen – I
- Hohn – I
- Holzdorf – I
- Ingolstadt/Manching – I
- Laage – I, I
- Neubrandenburg – I
- Niederstetten – I
- Nordholz – I
- Nörvenich – I
- Wunstorf – I
Ein in Celle installiertes ILS CAT I wurde 1992 abgebaut.
Instrumentenanflüge von Luftfahrzeugen der Bundeswehr erfolgen jedoch meist über ungerichtete Funkfeuer (Hubschrauber) bzw. TACAN- oder ARA-Anflüge (Airborne Radar Approach) (jeweils Kampfflugzeuge) oder mit Hilfe des jeweils flugplatzeigenen Präzisionsanflugradars. Lediglich Transportflugzeuge bzw. zivile Mitbenutzer der Flugplätze nutzen überwiegend das ILS.
Sonstige Flugplätze mit ILS
Weitere Landehilfen
Neben ILS gibt es noch andere Anflugarten. Im militärischen Bereich ist noch häufig das Präzisionsanflugradar (PAR) in Verwendung, ein dem ILS (CAT I / CAT II für Helicopter) ebenbürtiges System.
MLS ist genauer als ILS. Wahrscheinlich wird es sich zu Gunsten des satellitengestützten Systems EGNOS nicht weiter verbreiten. In den USA ist mit dem Satellitensystem WAAS ein Landeanflug der Kategorie LPV200 bereits möglich (in Deutschland existieren bereits an einigen Flugplätzen LPV-Anflüge). Die Bezeichnung LPV steht für Lateral Precision with Vertical Guidance. Es gehört zur ICAO-Kategorie APV (Approach with Vertical Guidance), einem Landeanflug ohne Bodenunterstützung. LPV200 entspricht CAT I bei ILS. Das um Bodenstationen erweiterte System LAAS steigert die Präzision auf CAT II und CAT III. In russischen Flugzeugen ist auch das militärische Instrumentenlandesystem PRMG teilweise noch gebräuchlich.
Sonstiges
Die Deutsche Flugsicherung (DFS) prüft (Stand Mitte 2014) neue Anflugverfahren, z. B. das „continuous descent approach“ (kontinuierlicher Gleitpfad). Flugzeuge im Anflug auf einen Flugplatz (Sinkflug) würden damit Kraftstoff sparen und deutlich weniger Fluglärm emittieren als wenn sie ihren Sinkflug in Stufen durchführen (auf horizontalen Stücken müssen sie stets mit höherer Leistung fliegen).[4]
Weblinks
- Bernd Büdenbender (DFS-Mitarbeiter): Instrumentenlandesysteme, auf dc4dd.de, abgerufen am 11. März 2016 (PDF; 0,7 MB)
Einzelnachweise
- http://www.dc4dd.de/P18-ILS.pdf Bernd Büdenbender: Instrumentenlandesysteme
- Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung: "Investigation Report: Serious incident, Munich, November 3, 2011". Abgerufen am 24. März 2019.
- Militärisches Luftfahrthandbuch Deutschland. (PDF) In: www.milais.org. Zentrum Luftoperationen (Zen-trLuftOp), 16. September 2021, abgerufen am 16. September 2021.
- handelsblatt.com 11. August 2014: Müssen Verkehrsflugzeuge so laut sein?