Inflationsindexierte Anleihe
Eine Inflationsindexierte Anleihe (auch Inflationsanleihe oder inflationsgeschützte Anleihe, weitere – aus dem Englischen abgeleitete – Bezeichnungen sind Inflation-linked bond, kurz Linker, Inflationsbond und Inflation-indexed bond) ist eine Anleihe, deren Kupon und/oder Nominalwert an einen Verbraucherpreisindex gekoppelt ist. Das früher in Deutschland bestehende Indexierungsverbot wurde mit der Euroeinführung aufgehoben.
Eigenschaften
Eine inflationsindexierte Anleihe bietet dem Investor Schutz vor dem Inflationsrisiko. Typische Vertreter diesen Anleihetyps passen den Nennwert und/oder die Kuponzahlungen an die jeweilige Entwicklung eines Inflationsindex im Zeitraum von der Anleihebegebung bis zur jeweiligen Zahlung von Kupon bzw. Nominale an.
Die inflationsindexierte Anleihe ähnelt bezüglich ihrer Zinsausschüttung einer variabel verzinslichen Anleihe, mit dem Unterschied, dass zusätzlich auch die Kapitalrückzahlung je nach Inflationsentwicklung unterschiedlich hoch ausfallen kann. Bei Inflation steigt die Zinsausschüttung an, bei Deflation fällt sie, sofern in der Konstruktion der Anleihe für diesen Fall keine Sondervereinbarung getroffen ist.
Der Kupon einer inflationsgesicherten Anleihe wird auch als Realkupon, die Rendite einer inflationsgesicherten Anleihe als Realrendite bezeichnet.
Die Formulierung „real“ unterstreicht, dass Erträge dieser Anleihe nicht durch die Inflation in der Kaufkraft gemindert werden – sofern der zugrunde liegende Inflationsindex ein realistisches Bild der Inflationsentwicklung wiedergibt.
Für die Zahlung bei Fälligkeit sind zwei Varianten verbreitet:
- In der einen Variante wird auch bei Deflation die Nominale bei Fälligkeit der Anleihe nicht um die Deflation gemindert, wie z. B. bei deutschen Staatsanleihen.
- In der anderen Variante, wie sie z. B. bei US-Staatsanleihen vorzufinden ist, führt Deflation auch zu Minderung der Zahlung bei Fälligkeit der Anleihe.
Bei Emission der Anleihe zum Zeitpunkt 0 ergibt sich die Kuponzahlung zum Zeitpunkt t abhängig vom Verbraucherpreisindex VPI wie folgt:
- ;
der Nominalwert am Laufzeitende T wird bestimmt als:
- .
Zertifikate mit inflationsabhängiger Verzinsung
Von deutschen Banken wurden Zertifikate mit dem Namen „Inflationsanleihe“ an Privatkunden vermarktet, bei denen die Verzinsung vom EWWU-Verbraucherpreisindex ohne Tabakwaren (HVPI ex Tabak) abhängt. Zum Teil wird dabei eine Mindest- und/oder Maximalverzinsung festgelegt.[1]
Der Kapitalschutz gilt nur für das Ende der Laufzeit. In der Zwischenzeit kann die Kursnotierung schwanken und auch unter den Nennbetrag der Anleihe fallen. Zudem unterliegen Zertifikate grundsätzlich keiner Einlagensicherung, wodurch sie bei Insolvenz der Bank nicht geschützt sind. Experten kritisieren auch die Undurchsichtigkeit dieser Finanzprodukte, weil hier leicht versteckte Kosten entstehen können.
Varianten
Zinsvariante
Bei der Zinsvariante wird der Kapitalwert der Anleihe nicht durch den Inflationsindex beeinflusst. Hier wird auf einen bei der Emission festgelegten Basiszinssatz zu jedem Kupontermin ein indexabhängiger Indexkoeffizient hinzuaddiert oder aufmultipliziert.
Nennwertvariante
Bei der Nennwertvariante werden der ausgezahlte Zins und die Stückzinsen auf Basis des modifizierten Nominals berechnet. Dies führt mit der Zeit zu einer steigenden absoluten Zinszahlung. Zum Fälligkeitstermin der Anleihe wird das inflationsangepasste Nominal ausbezahlt. Die Nominalmodifizierung hat auch Auswirkungen auf den Abrechnungsbetrag beim Kauf eines solchen Papiers: Während bei normalen Anleihen der ausmachende Betrag Nominale mal Kurs ist (plus Stückzinsen und Spesen), wird hier zusätzlich mit dem Indexierungskoeffizienten multipliziert. Der Anleger sollte diesen Wert beim Emittenten oder seiner Bank vorher erfragen, da der Abrechnungsbetrag je nach Ausgestaltung des jeweiligen Wertpapiers in Einzelfällen mehr als 10 Prozent abweichen kann. Die Orderaufgabe erfolgt unmodifiziert, auch ist der Koeffizient nicht im Kurs eingepreist.
Beispiel
Es sei eine konstante Inflationsrate von 1,5 Prozent jährlich angenommen. Eine fiktive inflationsindexierte Anleihe zahlt einen festen Kupon von 8 Prozent p. a. über eine Laufzeit von 30 Jahren. Bei Auflage der Anleihe werden 8 Euro pro 100 Euro Nominal gezahlt. Nach 10 Jahren Laufzeit wurde das Nominal aufgrund der Inflation auf 114,34 Euro angehoben. Die Zinszahlung stieg somit auf 9,15 Euro pro Jahr. Bei Fälligkeit werden pro ursprünglichen 100 Euro Nominal 154,00 Euro ausbezahlt. Die Zinszahlung im letzten Jahr stieg auf 12,32 Euro pro ursprünglichen 100 Euro Nominal.
Besteuerung (Deutschland)
Nach deutschem Steuerrecht zählten inflationsindexierte Anleihen bis zur Einführung der Abgeltungsteuer zu den sogenannten Finanzinnovationen. Allerdings hat der Bundesfinanzhof die Kursgewinne/-verluste als abgrenzbar zum Zinsertrag bezeichnet (BFH 20. November 2006 (VIII R 97/02)). Damit ist zumindest bis 2009 der Kursgewinn/-verlust nach 1 Jahr Haltefrist nicht besteuerbar. Die Finanzämter werden die Papiere eventuell nicht einheitlich beurteilen (als Finanzinnovation oder nach dem BFH-Urteil).
Ausprägungen
- Deutschland: Inflationsindexierte Bundesanleihe, Inflationsindexierte Bundesobligation[2]
- Großbritannien: Inflation-linked Gilt (ILG)
- USA: Treasury inflation-protected security (TIPS)[3] oder inflation-protected security (IPS)
- Kanada: Real Return Bond (RRB)
Siehe auch
Einzelnachweise
- LBBW begibt Inflations-Anleihe mit Maximalzinssatz von 4,25%. Abgerufen am 20. Februar 2021.
- Internetseite zu inflationsindexierten Bundeswertpapieren, Finanzagentur, abgerufen am 22. Juni 2015
- Thorsten Lehnert, Aleksandar Andonov, Florian Bardong: TIPS, Inflation Expectations, and the Financial Crisis. In: Financial Analysts Journal. Band 66, Nr. 6, Dezember 2010, doi:10.2469/faj.v66.n6.1 (Eintrag bei cfapubs.org).