Holzbrücke
Die Holzbrücke ist in der Geschichte des Brückenbaus der älteste Bautyp im Brückenbau. Beginnend mit dem Baumstamm, der über eine Schlucht oder ein Gewässer gelegt wurde, wurde die Holzbaukunst bis zu den Jochbrücken oder Fachwerkbrücken ausgefeilt. Da Holz ein sehr niedriges spezifisches Gewicht hat, eignet es sich besonders für den Brückenbau. Man unterscheidet zwischen gedeckten und ungedeckten Holzbrücken.
Geschichte
Bereits die Gallier kannten Holzbrücken. Sie hatten Kragträger, die aus rechtwinklig aufeinander aufgeschichteten Baumstämmen mit Hinterfüllung aus Steinen bestanden und mit einem hölzernen Überbau miteinander verbunden waren. Die Bauart soll bis ins 18. Jahrhundert in Savoyen verwendet worden sein. Brücken aus Steinen und Holzstämmen werden bis heute in Pakistan, Afghanistan, Indien und China zur Überquerung von Flüssen verwendet – hauptsächlich im Himalaya und den angrenzenden Gebirgen. Dazu werden an beiden Ufern mit aufgeschichteten Steinen Rundhölzer so festgelegt, dass ihre Enden gegen Flussmitte ragen, welche dann mit aufgelegten Stämmen verbunden werden.[1]
Die älteste Holzbrücke der Römer war der Pons Sublicius. Sie bauten sowohl reine Holzbrücken wie auch Brücken mit Steinpfeilern und hölzernem Überbau, welche Steinpfeilerbrücken genannt werden. Siehe Liste der römischen Holz- und Steinpfeilerbrücken. Die reinen Holzbrücken waren jeweils als Jochbrücken ausgeführt.
Aus dem Spätmittelalter ist ein Vorschlag für eine Auslegerbrücke aus Holz vom Baumeister Villard de Honnecourt überliefert. Diese Konstruktionsweise scheint sich nicht verbreitet zu haben und wurde erst Mitte des 19. Jahrhunderts durch Heinrich Gerber wieder aufgenommen und für Eisenkonstruktionen verwendet. In dieser Zeit begann auch der Bau von Gedeckten Holzbrücken, bei welchen das Tragwerk durch Seitenwände und Dach vor den Einwirkungen der Witterung geschützt ist. Frühe Beispiele sind die 1365 erbaute Kapellbrücke in Luzern oder der 1569 von Andrea Palladio erbaute Ponte Vecchio – eine gedeckte Jochbrücke über die Brenta in Bassano del Grappa.
Im Jahr 1500 wurde in Toruń (Polen) eine Brücke über die Weichsel gebaut. Sie war damals die längste Holzbrücke Polens und eine der längsten in Europa.
Während des 18. Jahrhunderts entwickelten Hans Ulrich und Johannes Grubenmann einige Innovationen in der Konstruktion von gedeckten Brücken.[2] Auf empirische Weise wurden zuerst Stabpolygone, später Bogenkonstruktionen mit Spreng- und Hängewerk kombiniert, so dass Spannweiten bis zu sechzig Meter erreicht wurden. Diese Technik wurde von den Brüdern Grubenmann dann auch im Bau weitgespannter Kirchendächer eingesetzt. Als bekanntestes Beispiel ihrer Brückenbauwerke gilt die Rheinbrücke Schaffhausen, die 120 m lang war und nur einen Zwischenpfeiler hatte.[3] In Europa bekannt[4] wurde die 1778 von Johann Christian Adam Etzel (1743–1801; Onkel von Gottlieb Christian Eberhard von Etzel) gebaute Neckarbrücke Plochingen mit einer freitragenden Spannweite von 70 Meter,[5] die 1905 völlig intakt der Erweiterung der Bahnhofanlagen weichen musste. Die 1955 original wieder aufgebaute gedeckte Holzbrücke Forbach (Nordschwarzwald) über die Murg, ursprünglich ab 1778 geplant und gebaut von Otto Lindemann, wird mit ihren 38 Metern Spannweite regional als die "längste freitragende, überdachte und aufgrund ihrer Stabilität befahrbare Holzbrücke in Europa"[6] bezeichnet.
Die Eisenbahnbrücken, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Nordamerika gebaut wurden, stellen einen weiteren Meilenstein dar, vor allem die hölzernen Trestle-Brücken, die aus einfachen Balkenbrücken mit einer feinmaschigen Anordnung von Rundhölzern bestehen. Einen Namen machten sich bei Eisenbahnholzbrücken zum Beispiel Ithiel Town, William Howe und Isambard Kingdom Brunel.
Holz findet heute oft Verwendung bei Fußgängerbrücken, Stegen oder anderen untergeordneten Brücken wie Güterwegbrücken oder Hauszufahrten, dagegen wird für größere Brücken kaum noch Holz verwendet.
Rekorde
Die 1999 eröffnete Vihantasalmi-Brücke ist die längste für den Straßenverkehr erstellte Holzbrücke in der Nähe des finnischen Mäntyharju. Sie ist 168 m lang und hat eine maximale Stützweite von 42 m.[7][8]
Die längste gedeckte Holzbrücke Europas ist die Holzbrücke Bad Säckingen in Süddeutschland. Zu den bekanntesten zählt die Kapellbrücke in Luzern. Die längste gedeckte Holzbrücke der Welt ist mit 390 m die Hartland Bridge in New Brunswick, Kanada.
Die längste Holzbrücke in Europa ist die als Spannbandbrücke ausgeführte 225 m lange Drachenschwanzbrücke auf dem Gelände der Neuen Landschaft Ronneburg. Die zweitlängste Spannbandbrücke aus Holz ist die 193 m lange Holzbrücke bei Essing über den Main-Donau-Kanal. Bei letzter wurde ungewöhnlicherweise Brettschichtholz als Spannband verwendet.
Beispiele von Holzbrücken
- Gallische Holzbrücke aus Baumstämmen
- Vorschlag einer Auslegerbrücke nach Villard de Honnecourt aus dem 13. Jahrhundert
- Wilburton Trestle
- Carvedras Viadukt, Holzbrücke von Brunel
- König-Ludwig-Brücke, einzige erhaltene Holzeisenbahnbrücke in Deutschland
- Vihantasalmi-Brücke, längste Straßenbrücke mit Hängewerk aus Holz
- Drachenschwanz, längste Spannbandbrücke in Europa
- Brücke über den Mill Burn Orkney
- Leimträgerbrücke über eine Küstenstraße
Gedeckte Brücken
- Kapellbrücke, zweitlängste gedeckte Brücke Europas
- Längste gedeckte Brücke der Welt
- Ströhberne Bruck’n in der Steiermark
Weblinks
- Jürgen Brunner: Der Bau von Brücken aus Holz in der Schweiz. Beilage zum Diskussionsbericht Nr. 5 der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt an der E.T.H. in Zürich: "S.I.A.-Normen für Holzbauten", Zürich 1925.
- Swiss Timber Bridges - Die Schweizerischen Holzbrücken von Werner Minder
- Stefan Holzer: Hölzerne Brücken in der Schweiz. ETH Zürich, 2021
Literatur
- Erwin Fuchs: Brückenbau: Holzbrücken, Band 7, 1957
- Thomas Jahn: Holzbrücken, in: Gerhard Mehlhorn (Hrsg.), Handbuch Brücken: Entwerfen, Konstruieren, Berechnen, Bauen und Erhalten, (2)2010, S. 281–289
- Diethard Steinbrecher: Geschichte des Holzbaus am Beispiel des Holzbrückenbaus in Amerika und Europa; in: Wolfgang Rug (Hrsg.): Holzbau im Bestand – Historische Holztragwerke: Berlin, Wien, Zürich 2018
Einzelnachweise
- B. Nebel: Auslegerbrücken. Abgerufen am 13. Februar 2013 (mit Bild einer Brücke in Nepal).
- Josef Killer: Die Werke der Baumeister Grubenmann, Doktorarbeit ETHZ, Zürich 1942 - einsehbar als PDF (27 MB) auf , zuletzt abgerufen am 30. Juni 2019
- A. Müller, H. Kolb: Grubenmanns Brücken. (PDF; 346 kB) Tec21, 2009, abgerufen am 2. Februar 2013 (Die Aussage im Artikel, dass nur noch zwei Brücken von Grubenmann existieren, ist falsch.).
- Allgemeine Encyclopaedie der Wissenschaften und Künste; hg. von S.G. Ersch und J.G. Gruber, Band 13, Leipzig 1824, S. 160 (Artikel „Brücken # Hölzerne Brücken“: „Unter allen Völkern haben aber die Teutschen den Bau der hölzernen Brücken am meisten vorwärts gebracht“ - Es folgt eine Aufzählung herausragender Brückenbauwerke in Europa mit Baumeisternamen und Details)
- Abbildung von 1905 einsehbar auf , zuletzt abgerufen am 30. Juni 2019
- siehe , zuletzt abgerufen am 30. Juni 2019
- Bildergalerie (Memento des Originals vom 2. März 2009 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , Universität Fukuoka
- „Holzbrücke aus Fachwerk, über die die Welt staunt“ (Memento des Originals vom 11. Dezember 2007 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , holzland.de