Herz-Jesu-Kirche (Weimar)

Die Herz-Jesu-Kirche () ist die Pfarrkirche der katholischen Pfarrei Weimar in der Paul-Schneider-Straße 1. Sie ist Sitz des Dekanates Weimar im Bistum Erfurt. Die ehemalige Lottenmühle in der Paul-Schneider-Straße 3 ist Sitz des Pfarramtes dieser Kirche.

Herz-Jesu-Kirche in Weimar
Seitenansicht

Geschichte

Erstmals seit der Reformation gab es ab 1774 wieder öffentliche katholische Gottesdienste in Weimar. Sie fanden im Jägerhaus an der Marienstraße statt. Auf Initiative von Napoleon wurde 1806 eine katholische Pfarrei in der Region gegründet, die zunächst in Jena beheimatet war. 1817 wurde sie nach Weimar verlegt. Unter Leitung von Clemens Wenzeslaus Coudray wurde das Jägerhaus daraufhin umgestaltet. Der Kirchenraum erhielt das Patrozinium Johannes der Täufer.[1] Johann Nepomuk Hummel und Franz Liszt waren prominente Gemeindemitglieder. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts jedoch zählte die Gemeinde so viele Mitglieder, dass man an einen Kirchenneubau dachte. Eine europaweite Spendenaktion, die im Jahr 1863 begann, führte schließlich dazu, dass man 1889 mit dem Bau der neuen Kirche auf dem Platz neben der alten Lottenmühle – seit 1887 Pfarrhaus der Gemeinde – beginnen konnte.

Der Architekt Max Meckel plante eine neogotische Kirche, die im Äußeren dem Stil der italienischen Renaissance folgen sollte. Konkretes Vorbild für Kuppel und Glockenturm war der Dom von Florenz. Am 27. September 1891 wurde das Gotteshaus geweiht.

Eine erste Renovierung fand gegen Ende der 1930er Jahre statt, bei der die seit 1895 bestehende farbige Innenraumbemalung von J.P. Nowag beseitigt wurde. Am 9. Februar 1945 wurde das nördliche Seitenschiff durch Bomben beschädigt, jedoch nach Kriegsende rasch wieder instand gesetzt. Den Ideen des Zweiten Vatikanischen Konzils folgend wurde ab 1964 die Inneneinrichtung der Kirche „vereinfacht“.

Seit 1982 steht die Kirche unter Denkmalschutz. 1988 wurde sie unter der künstlerischen Leitung von Horst Jährling ein weiteres Mal renoviert. Nach der Wende konnten auch einige noch verbliebene Kriegsschäden repariert werden. Es erfolgte 1998 eine erneute Ausmalung, die sich an der ursprünglichen Farbgebung orientierte.

Heute hat die katholische Gemeinde in Weimar etwa 4.000 Mitglieder (Stand 2019).

Ausstattung

Herz Jesu Kirche: Innenraum
Altarraum (2016)

Die neogotische Altarausstattung der Mayer'schen Hofkunstanstalt, München (Hochaltar, Marienaltar und Josefsaltar) wurde 1964 in Teilen entfernt. Die zwei, zum Hochaltar gehörenden Halbreliefs (Die Geburt Christi; Das letzte Abendmahl) sind im Chorraum der Kirche zu sehen. In der nördlichen Seitenapsis wurde anstelle der ursprünglich platzierten Statue des Hl. Bonifatius der frühere Tabernakel mit dem einst im Hochaltar darüber befindlichen Kruzifix neu aufgestellt. Auf dem Nebenaltar in der südlichen Seitenapsis befindet sich die Figur der Heiligen Elisabeth von Thüringen; entsprechend sind in den Fenstern der Seitenapsiden Szenen aus dem Leben der Heiligen Elisabeth, bzw. des heiligen Bonifatius zu sehen. Das spätgotische Kreuz wurde belassen. Die zentrale Marienfigur des früheren Marienaltars kehrte nach einer Restaurierung wieder an ihren ursprünglichen Platz im südlichen Querschiff zurück. Im nördlichen Querschiff befindet sich anstelle des ursprünglichen Josefsaltar ein großes Ölkopie „Johannes der Täufer“ des Weimarer Hofmalers Ferdinand Jagemann (Original: Giovanni Francesco Barbieri)

„Franz-Liszt-Gedächtnisorgel“

Blick Richtung Orgelempore

Eine 1895 von Gebr. Walter (Guhrau) errichtete und 1927 von Friedrich Wilhelm Böttcher (Weimar) wesentlich umgebaute Orgel wurde 1945 beschädigt, tat aber noch Jahrzehnte ihren Dienst. Von 1991 bis 2009 stand in der Herz-Jesu-Kirche eine gebrauchte Orgel, die 1953 von der Orgelbaufirma Metzler gebaut worden war.[2]

Am 8. Mai 2011 wurde die neue „Franz-Liszt-Gedächtnisorgel“ eingeweiht. Das aus öffentlichen Mitteln (Deutsche Forschungsgemeinschaft, Land Thüringen) finanzierte Instrument wurde von der Firma Orgelbau Waltershausen gebaut und steht neben dem liturgischen Gebrauch durch die katholische Kirchengemeinde auch der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar für Konzerte sowie zu Unterrichts- und Übungszwecken zur Verfügung.[3] Eine erste CD-Einspielung des Instruments erschien 2015 bei dem Berliner Label JUBAL.[4]

Die Orgel hat 46 klingende Register auf 59 Pfeifenreihen („ranks“), aus denen sich insgesamt 87 Schaltungen ergeben (durch 6 Vorabzüge, Extensionen aus 3 Registern des Fernwerks und 10 Transmissionen ins Pedal). Die mehr als 3200 Pfeifen verteilen sich auf drei Manuale, Fernwerk und Pedal. Das Fernwerk befindet sich in der Vierungskuppel der Kirche und lässt sich an alle Manuale und das Pedal ankoppeln. Die Spieltrakturen sind – mit Ausnahme der Ansteuerung des Fernwerkes – mechanisch, die Registertrakturen sind elektrisch.[5]

I Hauptwerk C–c4
1.Principal16′
2.Principal8′
3.Gemshorn8′
4.Bordun8′
5.Quintatön8′
6.Octave4′
7.Gemshorn4′
8.Octave2′
Quinte (aus Nr. 9)223
Terz (aus Nr. 9)135
9.Sesquialtera II223
10.Mixtur IV–VI2′
II Oberwerk C–c4
11.Quintatön16′
12.Principal8′
13.Rohrflöte8′
14.Viola di Gamba8′
15.Vox coelestis8′
16.Dolce8′
17.Octave4′
18.Nachthorn4′
19.Flauto amabile4′
20.Octave2′
Quinte (aus Nr. 21)223
Flöte (aus Nr. 21)2′
Terz (aus Nr. 21)135
21.Cornett III223
22.Mixtur IV113
23.Fagott16′
24.Trompete8′
Tremulant
III Schwellwerk C–c4
25.Lieblich Gedackt16′
26.Geigenprincipal8′
27.Hohlflöte8′
28.Lieblich Gedackt8′
29.Salicional8′
30.Harmonika8′
31.Geigenprincipal4′
32.Traversflöte4′
33.Dolce4′
34.Flageolett2′
35.Oboe8′
Tremulant
Fernwerk C–c4
Aeoline (aus Nr. 36)16′
Copula aethera (aus Nr. 37)16′
36.Aeoline8′
37.Copula aethera8′
38.Unda maris8′
Aeoline (aus Nr. 36)4′
Copula aethera (aus Nr. 37)4′
Aeoline (aus Nr. 36)2′
Copula aethera (aus Nr. 37)2′
39.Lisztharmonika16′
Lisztharmonika (aus Nr. 39)8′
Lisztharmonika (aus Nr. 39)4′
Pedalwerk C–g1
Principalbass (= Nr. 1)16′
40.Violonbass16′
41.Subbass16′
Gedacktbass (= Nr. 25)16′
42.Salicetbass16′
Quintatönbass (= Nr. 11)16′
43.Quintbass1023
44.Octavbass8′
Principalbass (= Nr. 2)8′
Bordunbass (= Nr. 4)8′
Gedacktbass (= Nr. 28)8′
45.Violoncello8′
Octavenbass (= Nr. 6)4′
Mixturbass IV (= Nr. 10)2′
46.Posaunenbass16′
Harmonikabass (= Nr. 39)16′
Trompetenbass (= Nr. 24)8′
  • Normalkoppeln (mechanisch): II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P
  • Fernwerkskoppeln (elektrisch): an I, an II, an III, an P
  • Spielhilfen: elektronische Setzeranlage, Crescendowalze

Glocken

Im Jahr 1910 wurde der Turm fertiggestellt. Damit wurde es möglich, die bereits 1891 von der Firma Ulrich (Apolda) gegossenen drei Bronzeglocken an ihren Bestimmungsort zu bringen. Die drei Glocken haben die Schlagtöne dis1, fis1 und h1. Im Ersten Weltkrieg entgingen die Glocken der kriegsbedingten Einschmelzung. Jedoch im Zweiten Weltkrieg mussten die beiden größeren Glocken – die Christus- und die Marien-Glocke – abgegeben werden. Glückliche Umstände verhinderten deren Einschmelzung: Sie wurden 1947 vom Glockenfriedhof Hamburg nach Weimar zurückgebracht und erklingen bis zum heutigen Tag. 2015 wurde das Geläut von der Glockengießerei Bachert (Karlsruhe) durch eine vierte Glocke ergänzt.[6]

Foto Gießer/
Gießort
Jahr Ø (mm) Gewicht (kg) Nominal Glockenzier und
Inschriften
Glockengeschichte
Gebrüder Ulrich/ Gießer: Heinrich Ulrich (Apolda) 1891 1225 1140 dis1 Schulter ein runder Reifen zwischen zwei scharfen Reifen /EHRE SEI GOTT IN DER HOEHE UND FRIEDE DEM MENSCHEN AUF ERDEN/ Schulter (andere Seite) /A.D. 1891/ drei flache Reifen; Spitzbogenfries mit Lilien an Bogenenden Flanke /IN GOTTES NAMEN FLOSS ICH,//HEINRICH ULRICH IN APOLDA GOSS MICH, //PFARRER KARL JUENGST ZU WEIMAR KAUFTE MICH//VON FROMMEN GABEN, UND TAUFTE MICH:/Relief Christus am Kreuz Wolm über vier runden Reifen /O REX GLORIAE CHRISTE, VENI CUM PACE:/ 1910 in Glockenturm gebracht; 1942 nach Ilsenburg abgeliefert (11-23-383 C); 1947 Rückkehr [Liste 4.2.1948]
Gebrüder Ulrich/ Gießer: Heinrich Ulrich (Apolda) 1891 1020 620 fis1 Schulter ein runder Reifen; zwischen zwei scharfen Reifen /GUSS VON HEINR. ULRICH IN APOLDA 1891/drei flache Reifen, Spitzbogenfries mit Lilien an Bogenenden Flanke Relief Maria mit Kind Wolm über vier runden Reifen /ET VERBUM CARO FACTUM EST ET HABITAVIT IN NOBIS./ 1910 in Glockenturm gebracht; 1942 nach Ilsenburg abgeliefert (11-23-384 C); 1947 Rückkehr [Liste 4.2.1948]
Glockengießerei Bachert (Karlsruhe) 2015 fast 550 gis 1 Bücher des Neuen Testaments als Zier
Gebrüder Ulrich/ Gießer: Heinrich Ulrich (Apolda) 1891 799 330 h1 Schulter ein runder Reifen; zwischen zwei scharfen Reifen /GUSS VON HEINR.ULRICH IN APOLDA 1891./ drei flache Reifen, Spitzbogenfries mit Lilien an Bogenenden Flanke Relief der Heiligen Elisabeth /ST. ELISABETH//BITT GOTT, DASS SEINE STARKE HAND //UNS SCHUETZE SAMMT DEM VATERLAND!/ Wolm vier runde Reifen 1910 in Glockenturm gebracht

Siehe auch

Literatur

  • Christine Herzog: Der hiesigen Stadt zur Zierde. 125 Jahre Herz-Jesu-Kirche Weimar. Wartburgverlag Weimar GmbH, Weimar 2016, ISBN 978-3-86160-423-5.
  • Porträt in: Michael von Hintzenstern: Kirchen im Weimarer Land – 22 Porträts, ab S. 17. Fotos: Bert Zander, Rudolstadt 1999, ISBN 978-3-930215-84-3
  • Josef Leinweber: Die Pfarrei Weimar bis zur Weihe ihrer neuen Pfarrkirche 1891. In: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 54 (2002), S. 241–256.
  • Franz-Liszt-Gedächtnisorgel 8. Mai 2011 (= Kapitel u. a. mit Disposition der Orgel). In: Christoph Stölzl und Wolfram Huschke (Hrsg.): Réminiscences à Liszt. Weimar 2011. Ohne ISBN. Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar, Weimar 2011, S. 111–128 (gesamt: 256). [7]
  • Viola-Bianka Kießling: Himmlische Instrumente. Ein Glocken-Führer durch die Region Weimar und Weimarer Land. Hrsg. vom Landratsamt Weimarer Land in Kooperation mit dem Kirchenkreis Apolda-Buttstädt, Weimar/Apolda 2012, OCLC 914357542.
  • Viola-Bianka Kießling: Königin der Instrumente. Ein Orgel-Führer durch die Region Weimar und Weimarer Land. Hrsg. Landratsamt Weimarer Land, Fagott-Orgelverlag, Friedrichshafen 2007, ISBN 978-3-00-021071-6.

Einzelnachweise

  1. Handbuch kultureller Zentren der Frühen Neuzeit, S. 2075
  2. Viola-Bianka Kießling: Königin der Instrumente. Ein Orgel-Führer durch die Region Weimar und Weimarer Land. Hrsg. Landratsamt Weimarer Land, Fagott-Orgelverlag, Friedrichshafen 2007, ISBN 978-3-00-021071-6.
  3. Herz-Jesu-Kirche hat jetzt eine Franz-Liszt-Orgel. MDR, archiviert vom Original am 18. April 2012; abgerufen am 28. August 2011.
  4. CD: Die Franz-Liszt-Gedächtnisorgel in Weimar. Abgerufen am 11. Dezember 2020.
  5. Orgel der kath. Herz-Jesu-Kirche in Weimar. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 4. Oktober 2016; abgerufen am 4. Oktober 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.orgelbau-waltershausen.de
  6. Viola-Bianka Kießling: Himmlische Instrumente. Ein Glocken-Führer durch die Region Weimar und Weimarer Land. Hrsg. vom Landratsamt Weimarer Land in Kooperation mit dem Kirchenkreis Apolda-Buttstädt, Weimar/Apolda 2012, OCLC 914357542.
  7. Quelle: https://deutsche-liszt-gesellschaft.de/images/archiv/liszt-nachrichten/ausgaben/LN_16_17_10-2012_3c.pdf, Seite 4, abgerufen am 12. Mai 2019
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