Haus Mohrmann (Hannover)
Das sogenannte Haus Mohrmann[1] (auch: Mohrmann-Haus) in Hannover errichtete der Professor für Baukunst und Architekt Karl Mohrmann Ende des 19. Jahrhunderts als Wohnhaus für die eigene Familie.[2] Standort des denkmalgeschützten Reihenhauses, das Teil eines Ensembles desselben Architekten ist, ist der Herrenhäuser Kirchweg 11 Ecke Reinholdstraße im Landhausviertel, Stadtteil Nordstadt.[3]
Geschichte
Aufbau und Zerstörung
Als Karl Mohrmann an der Technischen Hochschule Hannover als Nachfolger von Conrad Wilhelm Hase 1894 Professor für „mittelalterliche Baukunst und Entwerfen öffentlicher Gebäude“ geworden war, führte er Hases neugotisch ausgerichtetes Unterrichtsprogramm mit einigen Änderungen fort. Nachdem Mohrmann ab 1898 dann zusätzlich auch das Amt eines Konsistorialrats der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers innehatte,[4] errichtete sich der Architekt schließlich ein eigenes Wohngebäude nördlich der Nienburger Straße in dem seinerzeit als „Landhausviertel“ ausgewiesenen Gebiet unweit der Herrenhäuser Gärten.[3]
Die Bebauung des „Landhausviertels“ begann so erst knapp ein Viertel Jahrhundert nach der zuvor schon ab 1874 begonnenen Erschließung entlang der Nienburger Straße („Parkhaus“ von 1874 und der zugehörige ehemalige „Stadtpark“ mit „Burgruine“ am Herrenhäuser Kirchweg).[5] Bis 1902 baute Karl Mohrmann an sein eigenes Wohnhaus das Gebäude Reinholdstraße 5 an, abgesetzt davon auch die Häuser mit den Nummern 7 und 9.[3] In unmittelbarer Nähe wurden etwa zeitgleich drei große städtische Gebäude errichtet; ab 1892 das Zentralkrankenhaus, 1900 bis 1903 die ehemalige „Hebammenlehranstalt“ (Landesfrauenklinik) sowie die „Bürgerschule 57/58“ an der Haltenhoffstraße.[6]
In dem Eckgebäude mit dem repräsentativen Turm und dem Relief-Bildnis des Bauherrn wohnte später auch die Enkelin von Karl Mohrmann, Karin Weisser. Ihr Kindermädchen Lisbeth bewohnte das Obergeschoss des Gebäudes. Im Turm befanden sich seinerzeit das Kinderzimmer sowie ein fensterloses Zimmer, in dem der Hausherr „ausgewählten Gästen“ lichtempfindliche Artefakte seiner ägyptischen Sammlung präsentierte. Ebenfalls blickgeschützt, aber lichtüberflutet, nutzte der Sohn von Karl Mohrmann, Bernward Mohrmann, die Dachterrasse hinter den Zinnen des Hauses für unkonventionelle FKK-Freuden.[7]
Nach dem Tod von Karl Mohrmann 1927 wurde die 1935 nahe dem Mohrmann-Haus angelegte Deichmannstraße, ursprünglich benannt nach dem Major Arnold Deichmann, 1936 umbenannt in Mohrmannstraße.[8]
Mohrmanns Enkelin Karin Weisser erinnerte jedoch auch die beinahe-Totalzerstörung 1943 nach den Luftangriffen auf Hannover im Zweiten Weltkrieg. Bis heute kündet ein schwarzes Kreuz an der Beinahe-Ruine davon, dass das Gebäude seinerzeit nach Leichen durchsucht worden war.[7]
Notaufbau und Sanierung
Ende der 1940er Jahre sollte das Mohrmann-Haus eigentlich abgerissen werden. Aufgrund der großen Wohnungsnot[2] – Hannover war zu rund 48 % zerstört worden[9] – wurde es jedoch behelfsmäßig instand gesetzt. Der ehemals hoch aufgerichtete Turm wurde dabei lediglich bis zur Höhe der Dachebene wieder aufgestockt, der ursprünglich reich verzierte Schaugiebel am Herrenhäuser Kirchweg wurde nun schlicht verputzt.[2]
Ab 2011 beschloss die Erbengemeinschaft des Mohrmann-Hauses, bestehend aus den drei Geschwistern und Urenkel von Karl Mohrmann Lutz Weisser, Architekt in Berlin,[2] Cordula Weisser, Architektin in London, und der Mediziner Burkhard Weisser, „dem Prachtbau nun annähernd seine ursprüngliche Gestalt zurückzugeben“.[7] Nachdem das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege und das städtische Denkmalamt die Umbaupläne für das Kulturdenkmal positiv beschieden, wurde der in Hannover tätige Architekt Thomas Ceglarek, der zuvor verantwortlich zeichnete für den Umbau von Schloss Marienburg, mit den Bauarbeiten beauftragt. Dabei sollten zusätzlich zu den nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen sechs Wohnungen im Mohrmann-Haus auf dem Dach zwei weitere Einheiten für den gehobenen Bedarf mit 70 m² und 130 m² Wohnfläche entstehen. Zur annähernden Rekonstruktion der Gebäudehülle konnte sich Thomas Ceglarek am Nachlass von Karl Mohrmann im Stadtarchiv Hannover orientieren. Zudem konnten nach dem Kellerfund eines Originals verlorene Giebelrosetten auf der Seite des Herrenhäuser Kirchweges aus Edelstahl nachgebaut werden.[2]
Überschattet wurde die Freude über das „dritte“ Richtfest für das Mohrmann-Haus[7] knapp zwei Monate später durch einen tragischen Todesfall eines 42-jährigen Monteurs einer Baufirma aus Rinteln: Der Mann verunglückte bei der Demontage des Baukranes.[10]
Baubeschreibung
Das 1899 bis 1900 in der Nachfolge der Hannoverschen Architekturschule errichtete Backstein-Eckgebäude vermittelt – trotz teilweiser Kriegszerstörungen, Teilrekonstruktionen in den Nachkriegsjahren und während der jüngsten Sanierung durch Teilverputzung – einen guten Eindruck „seiner gotisierenden Formensprache und der großzügigen Flächenverzierung“, etwa durch die braun und grün glasierten Formsteine.[3]
Siehe auch
Literatur
- Kristian Teetz: Nordstadt / Mohrmann-Haus wird saniert in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) vom 3. März 2011, abgerufen am 5. Dezember 2012
- Gerd Weiß: Herrenhäuser Kirchweg/Reinholdstraße, in Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in Niedersachsen, Stadt Hannover, Teil 1, Bd. 10.1, hrsg. von Hans-Herbert Möller, Niedersächsisches Landesverwaltungsamt – Veröffentlichungen des Instituts für Denkmalpflege, Friedr. Vieweg & Sohn, Braunschweig/Wiesbaden 1983, ISBN 3-528-06203-7, S. 111f.; sowie Nordstadt im Addendum zu Band 10.2, Verzeichnis der Baudenkmale gem. § 4 (NDSchG) (ausgenommen Baudenkmale der archäologischen Denkmalpflege) / Stand: 1. Juli 1985 / Stadt Hannover, S. 6f.
Weblinks
- Bernd Sperlich: Haus Mohrmann, um 1904, DAMALS… Scan einer historischen Fotografie auf der Seite myheimat.de, (Bürger berichten aus Hannover-Bothfeld) [o. D., 2012?], abgerufen am 5. Dezember 2012
Einzelnachweise
- Bernd Sperlich: Haus Mohrmann … (siehe Weblinks)
- Kristian Teetz: Nordstadt / Mohrmann-Haus wird saniert (siehe Literatur)
- Gerd Weiß: Herrenhäuser Kirchweg/Reinholdstraße (siehe Literatur)
- Helmut Knocke: MOHRMANN, Karl. In: Hannoversches Biographisches Lexikon. S. 258 (books.google.de).
- Gerd Weiß: Die Wohnviertel mit offener Bebauung. In: Denkmaltopographie … (siehe Literatur), S. 110.
- Gerd Weiß: Öffentliche Bauten. In: Denkmaltopographie … (siehe Literatur), S. 113 ff.
- Gerda Valentin: Wiederaufbau / Richtfest für das Mohrmann-Haus in der HAZ vom 1. September 2011, zuletzt abgerufen am 5. Dezember 2012.
- Helmut Zimmermann: Mohrmannstraße. In: Die Strassennamen der Landeshauptstadt Hannover. Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1992, ISBN 3-7752-6120-6, S. 176.
- Klaus Mlynek: Zweiter Weltkrieg. In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 694 f.
- Vivien-Marie Drews: Unfall / Arbeiter in Kran eingeklemmt und tödlich verletzt. in der HAZ vom 1. November 2011, abgerufen am 5. Dezember 2012