Harry Pollitt
Harry Pollitt (* 22. November 1890 in Droylsden, Lancashire; † 16. Juni 1960 auf dem Seeweg von Australien nach England) war ein britischer Kommunist und von 1929 bis 1939 und 1941 bis 1956 Generalsekretär der Communist Party of Great Britain.
Leben
Kindheit und Jugend
Er wurde als Sohn des Schmieds Sam(uel) Pollitt und der Weberin Maria Louisa (Louise) als eines von sechs Kindern (drei starben aufgrund der Lebensbedingungen noch als Kinder) in Droylsden nahe Manchester in der Region Lancashire geboren. Seine Mutter, die er verehrte, bildete sich selbst politisch weiter und war Mitglied der Independent Labour Party (ILP) (unabhängige Arbeiterpartei). Von ihr kamen die Anstöße, die ihn zu einem politisch denkendem und handelndem Politiker werden ließen.
Mit 12 Jahren fing er zu arbeiten an und hatte eine Ausbildung als Kesselschmied mit 53 Wochenstunden. Mit dem Ende der Ausbildung wird er Mitglied der Gewerkschaft, der er ein Leben lang aktiv angehört. Nach und nach wurde er in der Gewerkschaftsarbeit aktiv. Trotz dieser Doppelbelastung bildete er sich ab 1909 auf der Abendschule der Manchester School of Technology weiter.
Der Weg in die Arbeiterbewegung
Mit 16 Jahren wurde er durch seine Mutter in die Arbeit der ILP eingebunden. Er wird ab 1907 Mitglied und später Sekretär der örtlichen Sozialistischen Bewegung "Openshaw Socialist Society (OSS)" (Openshaw ist heute ein Teil von Manchester). Mit der Gründung der British Socialist Party (einer marxistischen Partei) geht die OSS in diese auf und Harry wird mit 21 Jahren dort Abeilungssekretär.
Während des Ersten Weltkrieges arbeitet er auf der Schiffswerft in Southampton. Er begrüßt die Russische Oktoberrevolution und geht 1918 nach London, wo er als Vertrauensmann der Gewerkschaft tätig wird. Ab 1919 wird er führend in der Kampagne "Hände weg von Rußland", die mit vielen Streiks die Teilnahme englischer Truppen an den Interventionen der Entente[1] verhinderte. Dadurch wird er im ganzen Land bekannt. 1920 ist er in die Gründung der Communist Party of Great Britain (CPGB) (der Kommunistischen Partei Großbritanniens) involviert und wird zwei Jahre später in das Exekutivkomitee gewählt. 1922 nimmt er als Delegierter seiner Gewerkschaft am Parteitag der Labour Party teil.
1925 heiratet er Marjorie Brewer, eine Lehrerin und aktiv in der Arbeiterbewegung wie er. Vier Tage später wird er mit elf anderen Führern der CPGB wegen Staatsverleumdung zu 12 Monaten Haft verurteilt. Seine dreistündige Rede nutzt er, um die Positionen der CPGB zum Kommunismus darzustellen. Der aktive politische Einsatz wird 1929 mit der Wahl zum Generalsekretär der Partei honoriert. Unter seiner Leitung erreichte die Partei bis 1939 eine Mitgliederzahl von 18.000 Mitgliedern, um 1943 sind es zeitweise 53.000.
Kampf gegen den Faschismus und der Zweite Weltkrieg
Mit dem Aufkommen des Faschismus orientierte er seine Arbeit und die der Partei dem Kampf gegen den Faschismus. Während des Spanischen Bürgerkrieges war er fünf Mal in Spanien beim Britischen Bataillon, um die britischen Freiwilligen zu unterstützen.
Mit dem Ende des Spanienkrieges konzentrierte er seine Arbeit auf den Kampf gegen den deutschen Faschismus. Die Appeasement-Politik (Beispiel Münchner Abkommen) des damaligen britischen Premierministers Neville Chamberlain empfand er als nationale Schande und bezeichnete es als "... größte und beschämendste Kapitulation gegenüber Frieden, Freiheit und Demokratie. Der Frieden der Welt wurde nicht gesichert, er wurde von Hitler in Schutzhaft genommen."
Noch mehr in die Krise aber stürzte ihn die Politik der Sowjetunion mit dem Hitler-Stalin-Pakt. Dies und Auseinandersetzungen in der CPGB über die Bewertung der politischen Situation in Europa führten dazu, dass Pollitt 1939 von seinem Posten zurücktrat. Er hatte mit Beginn des Zweiten Weltkrieges den Kampf Englands unterstützen wollen, die Führung der Partei sah diesen aber als reine Auseinandersetzung imperialistischer Staaten an. Mit dem Überfall auf die Sowjetunion änderte sich das aber wieder und Pollitt wurde erneut Generalsekretär der Partei. 1942 organisierte er eine Massenkundgebung auf dem Trafalgar Square zur Unterstützung der Zweiten Front.
Politik nach 1945
Nach 1946 suchte er nach Wegen zu einer Zusammenarbeit und sogar Zusammenschluss mit der Labour Party, die aber von ihr heftig zurückgewiesen wurde. Er war stark involviert in der Erarbeitung des Parteiprogrammes 1951 "Der britische Weg zum Sozialismus". Die damit verbundenen Politikansätze haben den Eurokommunismus vorweggenommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Pollitt auf vielen internationalen Reisen auf Einladung verschiedenster linker Parteien und Bewegungen unterwegs. Dies machte ihn zu einem der bekanntesten kommunistischen Vertreter außerhalb des Ostblocks. Aufgrund vieler Krankheiten legte er im März 1956 sein Amt als Generalsekretär nieder. Er starb 1960 auf der Rückfahrt von einer Vortragsreise in Australien.
Ehrungen
- 1971 hat die Sowjetunion ihm zu Ehren ein Schiff auf seinen Namen getauft.
- Eine Ehrentafel an der Bücherei in Droylsden wurde im März 1995 vom Chef des Verwaltungsdistriktes von Tameside ihm zu Ehren enthüllt.
- Über ihn gab es zu seinen Lebzeiten ein sehr populäres Spottlied – Die Ballade von Harry Pollitt.[2]
Literatur
- Kevin Morgan: Harry Pollitt. Manchester University Press, Manchester 1993, ISBN 0-7190-3243-1. (Review durch John F. Naylor, American Historical Review, Vol. 100, No. 1 (Feb. 1995), S. 166.)
Weblinks
- Biografie auf der Webseite des Districts Tameside (in Englisch)
- Eine Biographie von Harry Pollitt, verfasst von der Kommunistischen Partei Großbritanniens (in Englisch)
- Encyclopedia of Marxism: Glossary of People: Harry Politt
- Zeitungsartikel über Harry Pollitt in der Pressemappe 20. Jahrhundert der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft
Einzelnachweise
- Die Entente war ein Bündnis kapitalistischer Staaten, mit dem Ziel, Interventionstruppen und Kriegsmaterial zur Unterstützung der Weißen Armee nach Rußland zu bringen und die russische Oktoberrevolution niederzuschlagen.
- The Ballad of Harry Pollitt