Harmonische
Eine Harmonische ist in der klassischen Physik und Technik eine harmonische Schwingung, deren Frequenz ein ganzzahliges Vielfaches einer Grundfrequenz ist. Eine Harmonische oberhalb der Grundfrequenz wird auch Oberschwingung, Oberwelle und in der Musik Oberton genannt.
Als Funktion der Zeit beschreibt die Harmonische eine rein sinusförmige Schwingung. Harmonische spielen in der Musik wie auch in der Mechanik, Elektrotechnik und Optik eine Rolle.
Bezeichnungen
Es gelten folgende Bezeichnungen: Die Grundschwingung der Frequenz f wird als 1. Harmonische bezeichnet, eine Schwingung der doppelten Frequenz (2f) als 2. Harmonische oder 1. Oberschwingung. Allgemein ist die Schwingung mit der n-fachen Frequenz der Grundfrequenz (nf) die n. Harmonische, also die (n−1). Oberschwingung. Als höhere Harmonische werden alle Harmonischen außer der 1. Harmonischen bezeichnet.
Der Grundton ist die 1. Harmonische, eine Oktave darüber ist die 2. Harmonische, was der 1. Oberton ist. Der Oberton ist zahlenmäßig immer um eine Zahl geringer, als es die Harmonische ist. Geradzahlige Harmonische sind ungeradzahlige Obertöne und umgekehrt.
Grundlagen
Mit der DFT kann man beliebige Signalverläufe, die z. B. mit einem Musikinstrument als Ton oder einem Oszillator als elektrisches Audiosignal oder sonstiges Signal erzeugt werden, in ihr Frequenzspektrum zerlegen. Technisch kann diese Analyse mit einem Spektrumanalysator durchgeführt werden.
Für jedes periodische Signal zeigt sich, dass sich dieses in eine sinusförmige Grundfrequenz f und viele weitere sinusförmige harmonische Frequenzen mit ganzzahligen Vielfachen der Grundfrequenz 2 f, 3 f, 4 f usw. zerlegen lässt. In der Analyse erweisen sich beliebige periodische Signalverläufe als Summe von u. U. unendlich vielen sinusförmigen Signalen. Die Umkehrung dieses Sachverhalts für die Synthese von periodischen Signalen ist ebenfalls möglich, jedoch kann durch Analyse und anschließende Synthese das Original nicht mehr absolut exakt wiederhergestellt werden. Im Gegensatz zur Analyse von periodischen Signalverläufen ergibt die Zerlegung eines nicht-periodischen Signals ein kontinuierliches Frequenzspektrum, das alle Frequenzen enthalten kann.
Bei harmonisch komplexen Tönen stehen die Frequenzen untereinander und zur Grundfrequenz in ganzzahligem Verhältnis. In der Musik werden gleichzeitig erklingende Töne mit solchen Frequenzverhältnissen als harmonischer Klang empfunden und die Oberschwingungen als Oberton bezeichnet. Daher rührt die Bezeichnung im hier beschriebenen allgemeineren Zusammenhang. Bei angenähert harmonisch komplexen Tönen haben höhere Frequenzanteile einen nicht genau ganzzahligen Bezug zur Grundfrequenz und weisen bereits einen nicht zu vernachlässigenden Anteil an Inharmonizität auf. Bei gering harmonischen komplexen Tönen weisen Tonsignale Teiltonfrequenzen auf, die bereits erheblich vom harmonischen Muster abweichen. Dazu gehören alle Klänge, welche durch Anschlagen von Glocken, Stäben oder Röhren oder membranartigen Körpern entstehen.
In der Musik ist das Signal ein Klang. Jeder Klang setzt sich aus dem Grundton und den Obertönen zusammen. Hier bestimmen die relativen Stärken, physikalisch die Amplitudenverhältnisse der Obertöne, die Klangfarbe des Tons. Bei Begriffen wie Teiltönen, Partialtönen oder harmonischen Frequenzen wird in der Audiotechnik die Grundfrequenz mitgezählt. Spricht man von Obertönen, wird die Grundfrequenz nicht mitgezählt und nur die Vielfachen der Grundfrequenz betrachtet. In der Literatur finden sich auch noch Bezeichnungen wie Subharmonische Tonreihe, die angelehnt an die mathematischen Definitionen für Subharmonische Funktion zu sehen ist.
In der Elektrotechnik und Nachrichtentechnik bestimmt der Anteil an Signalen mit harmonischen Frequenzen, die bei der Durchleitung durch ein nichtlineares System (z. B. Verstärker oder Übertragungsstrecke) zum ursprünglichen Signal dazukommen, wie stark dieses sinusförmige Eingangssignal (mit der Grundfrequenz) bei der Durchleitung verzerrt wird. Diese Verzerrungen werden als Klirrfaktor bewertet. Die dabei entstehenden ganzzahligen Vielfachen der Grundfrequenz werden am Ausgang des Systems der Grundfrequenz überlagert. In der Leistungselektronik bilden die, beispielsweise durch Gleichrichter erzeugten, harmonischen Frequenzen störende Rückwirkungen auf das mit Wechselspannung betriebene öffentliche Versorgungsnetz. Die auftretenden harmonischen Frequenzen oberhalb der Netzfrequenz werden mittels der Leistungsfaktorkorrektur reduziert.
Begrifflichkeiten
Oft werden die Begriffe Harmonische, Oberwelle und Oberschwingung synonym für Schwingungen mit einem ganzzahligen Vielfachen einer Grundfrequenz verwendet.[1] Im Allgemeinen werden die Begriffe weiter differenziert, so dass die 1. Harmonische die Schwingung mit der Grundfrequenz (Grundschwingung) ist und die 1. Oberschwingung die Schwingung mit der doppelten Grundfrequenz darstellt. Allgemein entspricht also die n. Harmonische der (n−1). Oberschwingung.[2][3]
Oberschwingung und Oberwelle sind in zweierlei Hinsicht zu unterscheiden:
- Wenn man über die Vorgänge beim Senden des Signals (also Schwingungen) spricht, heißt das entsprechende Konzept Oberschwingung: „Schwingung des Senders mit einer harmonischen (Schwingungs)frequenz“ – nicht zu verwechseln mit harmonische Schwingung. Fasst man den Überträger des Signals, wie Luft für Töne, das elektromagnetische Feld für Funksignale usw., ins Auge, dann spricht man von Oberwellen.
- Eine Oberschwingung ist eine höhere Harmonische der periodischen Abhängigkeit einer Größe in der Zeit.
- Eine Oberwelle ist die höhere Harmonische der periodischen Abhängigkeit einer Größe im Ort.[4]
Beispiel: Kammerton a' und die ersten vier Harmonischen
Diese Tabelle zeigt den Grundton a' (das ist der Kammerton mit der Grundfrequenz f = 440 Hz) und seine ersten drei Obertöne mit ihrer jeweiligen Ordnung n und ihren Frequenzen. Die n. Harmonische hat allgemein die Frequenz n·f.
Frequenz | 1·f = 440 Hz | 2·f = 880 Hz | 3·f = 1320 Hz | 4·f = 1760 Hz |
---|---|---|---|---|
Ordnung | n = 1 | n = 2 | n = 3 | n = 4 |
Grundton | 1. Oberton | 2. Oberton | 3. Oberton | |
1. Teilton | 2. Teilton | 3. Teilton | 4. Teilton | |
1. Harmonische | 2. Harmonische | 3. Harmonische | 4. Harmonische |
Literatur
- Michael Dickreiter, Volker Dittel, Wolfgang Hoeg, Martin Wöhr (Hrsg.): Handbuch der Tonstudiotechnik, 8., überarbeitete und erweiterte Auflage, 2 Bände, Verlag: Walter de Gruyter, Berlin/Boston, 2014, ISBN 978-3-11-028978-7 oder e-ISBN 978-3-11-031650-6
- Dieter Meschede (Hrsg.): Gerthsen. Physik. 22., völlig neu bearbeitete Auflage. Springer, Berlin u. a. 2004, ISBN 3-540-02622-3.
Weblinks
Einzelnachweise
- Jörg Jahn: Energiekonditionierung in Niederspannungsnetzen unter besonderer Berücksichtigung der Integration verteilter Energieerzeuger in schwachen Netzausläufern. kassel university press GmbH, 2007, ISBN 978-3-89958-377-9., S. 14.
- Ludwig Bergmann, Clemens Schaefer: Mechanik – Akustik – Wärmelehre. Walter de Gruyter, 1. Januar 1945, ISBN 978-3-11-151095-8., S. 390.
- Manfred Albach: Grundlagen der Elektrotechnik 2: Periodische und nicht periodische Signalformen. Pearson Deutschland GmbH, June 2011, ISBN 978-3-86894-080-0., S. 130.
- Germar Müller, Bernd Ponick: Theorie Elektrischer Maschinen. Wiley-VCH, 14. Januar 2009, ISBN 978-3-527-40526-8, S. 56–., S. 56.