Haltnau
Die Haltnau ist ein historisches Rebgut auf dem Gebiet der Stadt Meersburg am Bodensee. Es liegt an der Uferpromenade 107 zwischen Meersburg und Hagnau, welche allerdings für den motorisierten Verkehr gesperrt ist. Eigentümerin des Rebguts ist die Spitalstiftung Konstanz, Pächterin ist die Spitalkellerei Konstanz.
Die Haltnau verfügt über einen kleinen Boots-Anlegesteg, der sich im Eigentum der Stadtwerke Konstanz befindet.[1]
Baugeschichte
Von den ursprünglichen mittelalterlichen Bauten ist nichts mehr sichtbar. Die bis heute erhaltenen Gebäude sind aus dem 15. bis 18. Jahrhundert: Fachwerk-Wohngebäude (15./16. Jahrhundert), Torkelscheuer (16. Jahrhundert), Backhaus (18. Jahrhundert). Über dem Eingang zur Gaststube sind die Wappen sowohl von Konstanz als auch der Spitalstiftung Konstanz und die Schrift Rebgut Haltnau und Spitalstiftung Konstanz im 20. Jahrhundert angebracht worden.[2]
Die Stiftungsverwaltung renovierte grundlegend in der Winterpause 2017 bis 2019 Stromzufuhr, Kanalisation, Heizung, Wasserleitungen, Küche, Gastraum und Verglasung der Arkaden.[3][4] Weiter Brandschutzwände, Pelletheizung, Wohnungen in den oberen Stockwerken, Fensteraustausch, Fahrrad- und Autoparkplätze, Biergarten und Fassade.[5][6]
- Blick auf die Haltnau von der Deutschen Kriegsgräberstätte Meersburg-Lerchenberg aus
- Anlegesteg der Haltnau für Ausflugsboote
- Reblage Haltnau mit Rebhäuschen
- Weinlese der Spitalkellerei Konstanz
Haltnau an Konstanzer Spitalstiftung
Legende der Wendelgard
Seit 1272 gehört die Haltnau zur Spitalstiftung der Spitalkellerei Konstanz. Der Legende nach hat Konstanz diesen Besitz der schweinsrüsseligen buckligen Wendelgard von Halten zu verdanken, die in Meersburg selbst nicht auf Gegenliebe stieß: Obwohl sie die Besitzerin des schönen Rebguts war, wurde sie von den Menschen gemieden und musste ihr Essen allein aus einem silbernen Trog zu sich nehmen. So bot Wendelgard ihr Gut der Stadt Meersburg unter der Bedingung an, dass täglich ein Ratsherr mit ihr speiste und sie sonntags, ebenfalls in Begleitung eines Ratsherrn, eine Ausfahrt machen durfte. Dies lehnten die Meersburger zwar nicht ab, überlegten jedoch zu lange. Die danach kontaktierten Konstanzer zögerten nicht lange und gingen auf ihr Angebot ein. Wendelgard bekam einen Platz im Spital zum Heiligen Geist auf der Marktstätte (Konstanz).[7]
Spottvers
Diese Geste der Konstanzer Ratsherren gegenüber Wendelgard war nicht schön. Vor dem Essen mit ihr sprachen sie ein heimliches Tischgebet:
„Zum Wohl der Stadt trotz Rüssel,
Fress' ich aus dieser Schüssel.
Die Wendelgard gleicht zwar dem Schwein,
Doch stärk' ich mich am Haltnauwein."
Wendelgard soll über 90 Jahre alt geworden sein und viele Ratsherren, die ihr den geforderten Dienst erwiesen, überlebt haben.[8]
Übertragung der Haltnau
Eine Urkunde im Konstanzer Stadtarchiv präzisiert den Sachverhalt der Sage:
„Danach schenkte am 6. November 1272 ein Konstanzer Bürger namens Ulrich, genannt Sumbri, dem Heilig-Geist-Spital in Konstanz einen Weinberg in ‚Halthuon‘ mit der Bestimmung, dass das Spital nach seinem Tod seiner Witwe Adelheid jährlich 20 Eimer Wein (ca. 1'400 Liter) abliefern müsse.[9]“
Weinbau auf der Haltnau
Die Weine, die auf der Haltnau gezogen werden, profitieren von der südwestlichen Lage der Rebhänge und von der Beschaffenheit des Bodens, der Molasse und Moränenschotter enthält. Sie gehören zur Lage Meersburger Haltnau und sind bereits seit 1272 im Eigentum der Spitalkellerei Konstanz, der ältesten Stiftungskellerei Deutschlands.[10] In der Lage Meersburg Haltnau werden folgende Rebsorten angebaut: Müller-Thurgau, Weißburgunder, Traminer, Pinot, Spätburgunder.[11]
Das Rebwächterhäusle oben am Rebhang in 439 Meter Höhe gehört auch zur Haltnau. Es ist aus der Zeit um 1600 und hat einen Grundriss von 3 × 3 Meter. Im Erdgeschoss befindet sich ein Geräteschuppen und der Treppenaufgang, das vorkragende Obergeschoss ist ein Fachwerkbau mit einem Fenster nach jeder Seite. Es diente der Beaufsichtigung der Weinberge. Auf dem Dach ist das Doppelkreuz des Spitals Konstanz angebracht.[12]
Restaurant
Das historische Gebäude der Haltnau liegt direkt am Ufer des Bodensees und dient als Ausflugs- und Veranstaltungslokal. In der verpachteten Gutsschänke wird Wein der Lage Haltnau ausgeschenkt. Bodenseefelchen und regionale Küche werden zubereitet. Eine Selbstbedienungstheke entsteht im Wendelgard-Stüble. Das Türmchen in den Weinbergen wird ebenfalls genutzt.[13] Die Pächter waren/sind:[14]
- 1965–2015: Hannelore und Werner Endres
- 2016-...: Hubert Böttcher und Stephan Düringer
Haltnau in Literatur und Kunst
- Annette von Droste-Hülshoff hat in einem Brief aus dem Jahr 1843 ihr Schutzsuchen in der Haltnau geschildert. Der Brief ging an an Elise Rüdiger, geb. Hohenhausen. Dort heißt es explizit: „das Wüten draußen“. Auf dem mühseligen Weg zurück nach Meersburg wird geschildert: „Doch blieb ich zwischen den Reben, etwa dreißig Fuß über dem Mauerwege“.[15]
- Im Jahr 1982 verfasste Martin Walser die Erzählung Brief an Lord Liszt. In der Erzählung ist das Gasthaus Haltnau ein wichtiger Schauplatz und die Wendelgard-Sage wird ebenfalls aufgegriffen.
- Peter Lenk erstellte im Jahr 2007 die Skulptur „Magische Säule“. Diese steht auf der Hafenmole in Meersburg und ist 15 m hoch. Die Figur der Wendelgard bildet einen Teil dieser Skulptur.[16]
Gedenken an Wendelgard
- Weinstube "Zur Wendelgard" im Konstanzer Stadtteil Niederburg, Inselgasse 5.
- Wendelgardweg (Konstanz) am Ufer des Konstanzer Trichters zum Freibad Horn.
- Wendelgard wurde 2009 als Einzel-Narrenfigur in die Alt-Konstanzer Hansele-Zunft eingeführt. Die Narrenfigur trägt eine Holzmaske aus Lindenholz mit einer Beule auf der Stirn und einem Nasenhöcker. Sie trägt eine Konstanzer Radhaube, zwei Miniatur-Weinfässle und eine Saubloter (mit Luft gefüllte Schweinsblase) mit sich und nimmt am Konstanzer Butzenlauf teil.[18][19]
Einzelnachweise
- Philipp Zieger: Viele Unbekannte auf der Haltnau. In: Südkurier vom 27. März 2017.
- Diethard Nowak: Kleindenkmale in Meersburger Landen. Meersburg, zweite erweiterte Auflage 2014. S. 200–201, Abschnitt: Wappen an der Weinstube in Haltnau Uferpromenade 107.
- Claudia Rindt: Frischzellenkur im Weingut. In: Südkurier vom 1. Dezember 2016
- Sanierungskosten leicht niedriger. In: Südkurier vom 13. Juli 2017. Autorenkürzel (phz).
- Rebgut Haltnau modernisiert. Das Rebgut Haltnau der Spitalstiftung Konstanz ist wieder geöffnet. In: „Konstanzer Amtsblatt“, 13. Juni 2018.
- Sylvia Floetemeyer: Haltnau ist wiedereröffnet. In: Südkurier, 8. Juli 2019
- Heike Thissen: Wendelgard. Erinnerungen an eine unansehnliche Frau. In: Eva Maria Bast, Heike Thissen: Geheimnisse der Heimat. Konstanz, Edition Südkurier, 2011. ISBN 978-3-00-035899-9. S. 14–16.
- Norbert Fromm, Michael Kuthe, Walter Rügert: Wendelgard von Halten. In: Ulrich Büttner und Egon Schwär: Neue Sagen der Stadt Konstanz und Umgebung. Freiburger Echo Verlag. Stegen 2011. ISBN 978-3-86028-247-2. S. 14
- Norbert Fromm, Michael Kuthe, Walter Rügert: Wendelgard von Halten. In: Internetseite www.wendelgard.com. Abgerufen am 1. August 2021.
- BodenseeWein e. V. (Hrsg.): Der Bodensee-Weinführer. Meersburg, ca. 2008, S. 15
- Haltnauer Rebsorten. Quelle: Weinpreisliste der Spitalkellerei Konstanz (Memento vom 15. April 2017 im Internet Archive)
- Diethard Nowak: Kleindenkmale in Meersburger Landen. Meersburg, zweite erweiterte Auflage 2014. S. 259–260, Abschnitt: Rebwächterhaus oberhalb von Haltnau.
- Sylvia Floetemeyer: Haltnau macht wieder auf. In: Südkurier vom 19. April 2016.
- Sylvia Floetemeyer: Haltnau ist wiedereröffnet. In: Südkurier, 8. Juli 2019
- Quelle: Maria Schlandt (Hrsg.): Der Bodensee in alten Reisebildern, Gütersloh 1977, Seite 46. Zitiert nach Keminghausen-Schulte, Karl (Hrsg.): Briefe
- Internetseite Peter Lenk: Magische Säule in Meersburg
- Heike Thissen: Wendelgard. Erinnerungen an eine unansehnliche Frau. In: Eva Maria Bast, Heike Thissen: Geheimnisse der Heimat. Konstanz, Edition Südkurier, 2011. ISBN 978-3-00-035899-9. S. 14–16.
- Philipp Zieger: Wendelgard kehrt mit Butzenlauf zurück. In: Südkurier vom 10. Februar 2015.
- Alt-Konstanzer Hanselezunft e.V.: Die Sage