Gondwanatheria
Die Gondwanatheria sind eine Gruppe ausgestorbener Säugetiere, die von der Oberkreide bis in das Eozän auf den Kontinenten der Südhalbkugel (ehemaliger Kontinent Gondwana) lebten. Sie sind die bisher am wenigsten bekannte ausgestorbene Säugetiergruppe.
Gondwanatheria | ||||||||||||
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Unterkieferfragment von Sudamerica ameghinoi | ||||||||||||
Zeitliches Auftreten | ||||||||||||
Oberkreide bis Eozän | ||||||||||||
100 bis 40 Mio. Jahre | ||||||||||||
Fundorte | ||||||||||||
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Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Gondwanatheria | ||||||||||||
Mones, 1987 |
Merkmale
Die Funde beschränkten sich lange Zeit auf Zähne und Teile des Unterkiefers. Die Backenzähne sind hochkronig (hypsodont) und weisen quer verlaufende Höcker auf. Dieser Bau erinnert an den der Multituberculata, einer zur gleichen Zeit in den nördlichen Kontinenten lebenden Säugergruppe, weswegen die früheren Funde der Gondwanatheria in diese Gruppe eingeordnet wurden. Die gefundenen Kieferteile zeigen jedoch deutliche Unterschiede: So hatten die Gondwanatheria vier Molaren (Multituberculata hatten nur zwei) und ihre Prämolaren wiesen nicht die gezackten Höcker jener Gruppe auf. Aus den Funden lässt sich schließen, dass es sich um sehr kleine, zumeist pflanzenfressende Säugetiere gehandelt haben dürfte.
Mit der Beschreibung von Vintana im November 2014 kam mehr Licht in Anatomie und Systematik der Gruppe. Ein ca. 12,5 cm langer, stark gewölbter Schädel von Vintana wurde im nordwestlichen Madagaskar gefunden und auf das Maastrichtium datiert. Zu Lebzeiten ähnelte das Tier äußerlich wahrscheinlich einem Murmeltier, war aber mit einem berechneten Gewicht von etwa 9 kg zwei- bis dreimal so groß; es war damit das größte bisher bekannte kreidezeitliche Säugetier Gondwanas. Übertroffen wurde es in der Kreidezeit nur noch von Repenomamus auf dem Nordkontinent Laurasia. Die Augen sind mit rund drei Zentimetern Durchmesser auffallend groß, was darauf schließen lässt, dass Vintana wahrscheinlich dämmerungsaktiv war. Auch der Geruchssinn war gut entwickelt, was aus der Größe des Naseninnenraums und vor allem der Struktur des Schädelinneren, die einen großen Riechkolben annehmen lässt, abgeleitet werden kann. Wie alle Gondwanatheria der Familie Sudamericidae ernährte sich Vintana wahrscheinlich rein pflanzlich von Wurzeln, Samen und Nüssen, während die basalen Formen wie Ferugliotherium und Trapalcotherium, früher der Familie Ferugliotheriidae zugeordnet, Allesfresser waren.
Systematik
Wegen der spärlichen Funde waren die Beziehungen der Gondwanatheria zu anderen Säugetiergruppen lange Zeit umstritten. Schon früh wurde eine Verwandtschaft zu den Multituberculata angenommen und beide Gruppen in das Taxon der Allotheria eingeordnet. Wenngleich der Bau des Kiefers eher gegen diese Verwandtschaft spricht, so dürften sie doch ähnliche ökologische Nischen – kleine, pflanzenfressende Säugetiere – besetzt haben, die später von den Nagetieren übernommen wurden. Andere, heute jedoch weitgehend verworfene Theorien, sahen in den Gondwanatheria Verwandte der Nebengelenktiere oder der Kloakentiere (die im Paläozän auch in Südamerika vorkamen). Wieder andere Theorien betrachteten sie als isolierten, mit keiner anderen Säugergruppe näher verwandten Seitenzweig. In allen, bei der Untersuchung von Vintana erstellten Analysen gehören die Gondwanatheria zu den Allotheria, die sich als Monophylum erweisen, und die Klade mit den Gondwanatheria ist die Schwestergruppe der Multituberculata.
Das folgende Kladogramm nach Krause et al. zeigt die Stellung der Gondwanatheria innerhalb der Allotheria und die Beziehung der acht bisher beschriebenen Gattungen zueinander:[1]
Allotheria |
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Die meisten und bis zur Beschreibung von Vintana im November 2014 besterhaltenen Funde der Gondwanatheria stammen aus Südamerika, genauer aus Patagonien, von wo die Gattungen Ferugliotherium und Gondwanatherium aus der Oberkreide und Sudamerica aus dem Paläozän bekannt sind. Aus Madagaskar ist die Gattung Lavanify bekannt, weiteres Material wurde in Indien (Bharattherium)[3][4], Tansania[5] und der Antarktis[6] gefunden. Die antarktischen Funde stammen von der Seymour-Insel und sind mit rund 40 Millionen Jahren (Eozän) die jüngsten bekannten; sie deuten an, dass die Gondwanatheria auf diesem Kontinent bis zu dessen Vereisung überlebt haben könnten. Insgesamt dürften diese Tiere auf allen Kontinenten des ehemaligen Gondwana vorgekommen sein.
Literatur
- Thomas S. Kemp: The Origin & Evolution of Mammals. Oxford University Press, Oxford 2005, 331 Seiten, ISBN 0-19-850761-5.
- David W. Krause, Simone Hoffmann, John R. Wible, E. Christopher Kirk, Julia A. Schultz, Wighart von Koenigswald, Joseph R. Groenke, James B. Rossie, Patrick M. O’Connor, Erik R. Seiffert, Elizabeth R. Dumont, Waymon L. Holloway, Raymond R. Rogers, Lydia J. Rahantarisoa, Addison D. Kemp, Haingoson Andriamialison. First cranial remains of a gondwanatherian mammal reveal remarkable mosaicism. Nature, 2014; DOI: 10.1038/nature13922
Einzelnachweise
- Krause et al. (2014), Seite 5.
- Xiaoting Zheng, Shundong Bi, Xiaoli Wang und Jin Meng: A new arboreal haramiyid shows the diversity of crown mammals in the Jurassic period. In: Nature. Band 500, 2013, S. 199–202, doi:10.1038/nature12353 (Erstbeschreibung der Gattung).
- David W. Krause, G.V.R. Prasad, Wighart von Koenigswald, Ashok Sahni, Frederick E. Grinek (1997): Cosmopolitanism among Gondwanan Late Cretaceous mammals. Nature 390: 504-507.
- Guntupalli V.R. Prasad, Omkar Verma, Ashok Sahni, David W Krause, Ashu Khosla, Varun Parmar (2007): A new Late Cretaceous gondwanatherian mammal from central India. Proceedings of the Indian National Science Academy 73(1): 17-24.
- David W. Krause, Michael D. Gottfried, Patrick O´Connor, Eric M. Roberts (2003): A Cretaceous mammal from Tanzania. Acta Palaeontologica Polonica 48 (3): 321–330.
- Francisco J. Goin, Marcelo A. Reguero, Rosendo Pascual, Wighart von Koenigswald, Michael O. Woodburne, Judd A. Case, Sergio A. Marenssi, Carolina Vieytes, Sergio F. Vizcaíno: First gondwanatherian mammal from Antarctica. Geological Society, London, Special Publications 2006, v. 258, p. 135-144. doi:10.1144/GSL.SP.2006.258.01.10