Gnaeus Domitius Ahenobarbus (Konsul 32 v. Chr.)
Gnaeus Domitius Ahenobarbus († 31 v. Chr.) war ein Politiker und Heerführer der späten Römischen Republik. Er war ein bedeutender Protagonist der Römischen Bürgerkriege und kämpfte zunächst gegen Gaius Iulius Caesar. Nach dessen Tod schloss er sich den Caesarmördern an und kämpfte gegen die Triumvirn. Nach der Niederlage in der Schlacht bei Philippi wechselte er auf die Seite des Marcus Antonius, der ihm im Jahr 32 v. Chr. zum Konsulat verhalf. Er versuchte den Einfluss Kleopatras, der Geliebten des Antonius, zu mindern, was ihm aber nicht gelang. Kurz vor der absehbaren Niederlage in der Schlacht bei Actium lief er schließlich zu Octavian über, starb aber noch vor der Schlacht an Fieber. Sein Urenkel Nero wurde 54 n. Chr. römischer Kaiser.
Kampf gegen Caesar
Gnaeus Domitius Ahenobarbus war der Sohn von Lucius Domitius Ahenobarbus (Konsul 54 v. Chr.) und Porcia, der Schwester Catos. In jungen Jahren erhob er 50 v. Chr. Anklage gegen Gnaeus Appuleius Saturninus,[1] wohl weil dieser daran beteiligt gewesen war, die Wahl seines Vaters zum Auguren zu verhindern. Er begleitete bei Ausbruch des römischen Bürgerkriegs im Februar 49 v. Chr. seinen Vater nach Corfinium, der dort als erbitterter Feind Gaius Iulius Caesars die ersten größeren Kämpfe gegen diesen focht. Caesar konnte sowohl Vater und Sohn gefangen nehmen, amnestierte aber beide großzügig.[2] Gnaeus Domitius Ahenobarbus folgte seinem Vater nicht nach Massalia, sondern reiste im März 49 v. Chr. über Formiae weiter nach Neapel, um seine Mutter zu treffen.[3] Wahrscheinlich trat er trotz Caesars Begnadigung sofort in die Dienste von dessen Gegenspieler um die Vorherrschaft im Römischen Reich, Gnaeus Pompeius Magnus. An dessen Seite kämpfte er im Bürgerkrieg und kehrte nach dem Scheitern seiner Partei ohne Aussöhnung mit dem siegreichen Caesar nach Italien heim. Der berühmte Redner und Politiker Marcus Tullius Cicero ermahnte ihn 46 v. Chr. brieflich, endlich Frieden mit dem Sieger zu schließen,[4] anscheinend ohne Erfolg. 45 v. Chr. sandte ihm Cicero eine Eloge auf seine Mutter Porcia.[5]
Domitius Ahenobarbus dürfte nicht an der Verschwörung zur Ermordung Caesars teilgenommen haben. Zwar gesellt ihn Cicero in seinen Philippischen Reden zu den Verschwörern, mit denen er auch 43 v. Chr. auf Betreiben des Caesarerben Octavian durch die Lex Pedia verurteilt wurde.[6] Und noch Ende 40 v. Chr., als die Triumvirn in Brundisium über einen neuen Friedensvertrag verhandelten, beschuldigte ihn Octavian der Teilnahme am Mord (siehe unten), doch widersprach Lucius Cocceius Nerva.[7] Ebenso zwiespältig ist das Urteil der antiken Autoren: Während ihn der Historiker Cassius Dio für einen der Mörder hält, glaubt der Biograph Sueton das genaue Gegenteil.[8] Der Verdacht kam sicher auf, weil Domitius früher gegen Caesar gekämpft hatte, durch seine Abstammung der Seite des Pompeius zuneigte und sich nach der Ermordung des Diktators den Hauptverschwörern Marcus Iunius Brutus und Gaius Cassius Longinus anschloss.
Kampf gegen die Triumvirn
Mit den beiden Caesarmördern begab sich Domitius Ahenobarbus Mitte 44 v. Chr. nach Kampanien, um deren Flotte auszubessern und zu vergrößern.[9] Er ging mit Brutus nach Makedonien und konnte dort Ende 44 v. Chr. einen Teil der Kavallerie des Caesarianers Publius Cornelius Dolabella, der Cassius aus Syrien vertreiben wollte, auf seine Seite ziehen.[10] Anfang 43 v. Chr. ersuchte er den Senat, zum Pontifex ernannt zu werden.[11] Nach der Niederlage der Senatstruppen und der Bildung des zweiten Triumvirats setzten Marcus Antonius und Octavian zur Bekämpfung der Caesarmörder 42 v. Chr. von Italien nach Makedonien über. Zu dieser Zeit war Domitius Ahenobarbus als Promagistrat Flottenkommandant des Brutus und Cassius und schloss sich mit seinen 50 Schiffen im Ionischen Meer der Flotte des Lucius Staius Murcus an. Sie konnten nun den Nachschub für die Triumvirn unterbinden, indem sie am Tag der ersten Schlacht bei Philippi (Herbst 42 v. Chr.) dem Geschwader des Gnaeus Domitius Calvinus eine entscheidende Niederlage beibrachten und dessen zwei Legionen versenkten.[12] Wegen dieses Erfolges legte sich Domitius Ahenobarbus nun den Titel eines Imperators zu, den er durch entsprechende Legenden auf Münzen verewigte.
Zwar kämpfte Domitius Ahenobarbus nicht in der zweiten Schlacht bei Philippi mit, versammelte aber die der verheerenden Niederlage entronnenen Anhänger des Brutus und Cassius mit den übriggebliebenen Schiffen unter seinem Befehl und kommandierte so 200 Schiffe. Nachdem sich aber Staius Murcus bald mit seiner Flotte von ihm getrennt hatte, verwüstete er mit den noch 70 unter seinem Befehl stehenden Schiffen und zwei Legionen jene Küstenregionen, die den Triumvirn unterstanden. Dann gelang ihm die Zerstörung von Octavians Flotte, die im Hafen von Brundisium ankerte.[13]
Laufbahn unter Antonius
Als Anfang 40 v. Chr. Lucius Antonius, der Bruder des Triumvirn Marcus Antonius, den Perusinischen Krieg gegen Octavian verloren hatte, versöhnte sich Domitius Ahenobarbus mit Marcus Antonius, wobei Gaius Asinius Pollio als Vermittler fungierte.[14] Antonius demonstrierte sogleich sein Vertrauen zu Domitius Ahenobarbus, indem er mit nur fünf Schiffen zu dessen Geschwader stieß, und er wurde tatsächlich freundlich empfangen. Der einstige Gegner der Triumvirn brachte Antonius daraufhin zu einem Küstenort, der wahrscheinlich in Epirus lag, und unterstellte ihm dort auch seine Landtruppen.[15] Nun prägte Domitius Ahenobarbus statt seiner bisherigen eigenständigen Münzen solche mit dem Kopf des Antonius, um diesen als seinen neuen Herrn zu feiern. Octavian blieb ihm aber weiterhin feindlich gesinnt, beschuldigte ihn, wie oben gesagt, einer der Mörder Caesars zu sein, und war ihm besonders auch wegen der durch ihn zuletzt erlittenen militärischen Niederlagen gram. Als in Brundisium über eine erneute Annäherung der Triumvirn verhandelt wurde (Herbst 40 v. Chr.), äußerte der Erbe Caesars seinen Unmut über Antonius’ Friedensschluss mit Domitius Ahenobarbus, der daher als Statthalter Bithyniens weggelobt wurde,[16] aber zumindest seine Verurteilung durch die Lex Pedia aufgehoben sah.[17]
Im Vertrag von Misenum (39 v. Chr.) wurde festgelegt, dass Domitius Ahenobarbus mit Gaius Sosius in einem der nächsten Jahre Konsul werden sollte.[18] Zunächst blieb er aber bis 34 v. Chr. Statthalter Bithyniens. 36 v. Chr. beteiligte er sich am Partherkrieg des Antonius, der kläglich scheiterte.[19] Als Sextus Pompeius 35 v. Chr. nach seiner Niederlage gegen Octavian in den Osten flüchtete und einen Einfall in das Reich des Antonius startete, ersuchte der Statthalter der Provinz Asia, Gaius Furnius, Domitius Ahenobarbus um Hilfe. Dieser sollte das Opfer eines Anschlagsversuchs eines gewissen Curius während der nun folgenden Verhandlungen werden, doch wurde das Attentat rechtzeitig vereitelt.[20]
Der älteste Sohn des Gnaeus Domitius Ahenobarbus, Lucius, wurde mit Antonia der Älteren verlobt, der ältesten Tochter des Antonius von Octavia.
Rolle im Konflikt zwischen den Triumvirn und Tod
Während der nächsten Jahre spitzte sich der Konflikt zwischen den Triumvirn immer weiter zu. Domitius Ahenobarbus und Gaius Sosius, die beide zur Partei des Antonius gehörten, wurden am 1. Januar 32 v. Chr. Konsuln.[21] Sosius griff sogleich in einer Senatsrede den abwesenden Octavian scharf an. Dieser hatte dies erwartet und war aus Rom abgereist, um sich auf die einzelnen Punkte der gegen ihn gerichteten Anklage eine bessere Antwort überlegen zu können. Er kehrte erst im Februar 32 v. Chr. zurück und erhob seinerseits zahlreiche Vorwürfe gegen Antonius, wobei aber zahlreiche heimlich Bewaffnete mit ihm in den Senat gekommen waren. Zum Schluss erklärte er, bei der nächsten Einberufung des Senats schriftliche Beweise für seine Anklagen vorzulegen. Doch seine Machtdemonstration hatte die Konsuln so weit eingeschüchtert, dass sie zuvor Rom verließen und sich mit 300 Senatoren zu Antonius nach Ephesos begaben (März 32 v. Chr.). Diese Abreise war eher eine heimliche Flucht, und Octavian behauptete erst später, dass er die Konsuln und andere ihm feindlich gesinnte Senatoren freiwillig zu Antonius geschickt habe.[22]
Domitius Ahenobarbus war der bedeutendste Vertreter einer Gruppe von Antonianern, die den Einfluss der Geliebten des Antonius, Kleopatra VII., zurückdrängen wollten, denn diese lieferte Octavian die besten Argumente für seine Propaganda gegen Antonius. Der Konsul sprach sie als einziger Antonianer nicht mit dem Titel einer Königin, sondern nur mit ihrem Namen an[23] und verlangte, dass sie aus Ephesos nach Ägypten zurückgeschickt werden sollte. Denn nur dann hätte Antonius durch die Anwesenheit von 300 Senatoren wie einst Pompeius die Möglichkeit gehabt, einen Gegensenat zu bilden und so Octavian mithilfe des römischen Staatsrechts zu bekämpfen. Antonius soll sich den Argumenten des Domitius Ahenobarbus auch zuerst gebeugt haben, bis Kleopatra durch Fürsprache des Publius Canidius Crassus doch im römischen Lager bleiben durfte.[24]
Offenbar wurde Domitius Ahenobarbus wegen seiner früheren Erfolge in Seekriegen einer der Flottenbefehlshaber des Antonius. Er ließ den Priester Menodoros aus Tralles exekutieren, da dieser der Aufhetzung von Domitius’ Seeleuten beschuldigt wurde.[25] In den Kämpfen der Triumvirn in Griechenland 32/31 v. Chr. verschlechterte sich die Lage des Antonius zunehmend, zahlreiche Anhänger verließen ihn und liefen zu Octavian über. Auch Domitius Ahenobarbus desertierte schließlich, da er angeblich den Einfluss Kleopatras nicht mehr ertragen konnte; allerdings erfolgte sein Seitenwechsel erst kurz vor der entscheidenden Schlacht bei Actium, als er schon krank war. In einem Boot reiste er zu Octavian. Der erschütterte Antonius ließ ihm zum Zorn Kleopatras großzügig sein Gepäck nachschicken und spottete, dass er wohl Sehnsucht nach seiner Geliebten Servilia Nais habe. Wenige Tage nach dem Parteiwechsel starb Domitius Ahenobarbus an Fieber, noch vor der Schlacht bei Actium.[26]
Nachkommen
Gnaeus Domitius Ahenobarbus hatte aus seiner Ehe mit Aemilia Lepida einen Sohn namens Lucius, der 16 v. Chr. das Konsulat bekleidete und mit der älteren Antonia verheiratet war. Dessen Sohn hieß wie sein Großvater Gnaeus Domitius Ahenobarbus und amtierte 32 n. Chr. als Konsul. Mit Agrippina der Jüngeren, einer Tochter des Germanicus, hatte er den Sohn Lucius, der von Kaiser Claudius adoptiert wurde und diesem 54 n. Chr. als Kaiser nachfolgte. Dieser Urenkel des Gnaeus Domitius Ahenobarbus, der letzte Kaiser aus der julisch-claudischen Dynastie, ist heute unter dem Namen Nero bekannt.
Münzen und Neptunverehrung
Über das Aussehen des Domitius Ahenobarbus geben seine wenigen erhaltenen Goldmünzen Aufschluss.[27] Danach suchte man ihm auch einige Marmorbüsten zuzuordnen, doch sind diese Zuschreibungen umstritten. Als Admiral verehrte er besonders den Meeresgott Neptun, so bildete er einen dem Neptun geweihten Tempel auf der Rückseite einer Münze ab. Es sollen auch mehrere Statuen des Poseidon und anderer Meeresgötter in einem von ihm geweihten Neptuntempel im circo Flaminio gestanden haben,[28] doch bezieht die neuere Forschung diese Mitteilung eher auf jenen Gnaeus Domitius Ahenobarbus, der 122 v. Chr. Konsul wurde.
Literatur
- Jochen Bleicken: Augustus. Eine Biographie. Fest, Berlin 1998, ISBN 3-8286-0136-7.
- Joachim Brambach: Kleopatra. Herrscherin und Geliebte. Callwey, München 1991, ISBN 3-7667-0998-4.
- Friedrich Münzer: Domitius 23. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band V,1, Stuttgart 1903, Sp. 1328–1331.
- Christoph Schäfer: Kleopatra. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2006, ISBN 978-3-534-15418-0.
Anmerkungen
- Caelius bei Cicero, ad familiares 8,14,1.
- Seneca, de beneficiis 3,24; Caesar, De bello civili 1,23,2.
- Cicero, ad Atticum 9,3,1.
- Cicero, ad familiares 6,22.
- Cicero, ad Atticum 13,37,3; 13,48,2.
- Cicero, Philippica 2,27; 2,30; Sueton, Nero 3; Appian, Bürgerkriege 5,55.
- Appian, Bürgerkriege 5,61f.
- Cassius Dio 48,7,5; 48,29,2; 48,54,4; Sueton, Nero 3.
- Cicero, ad Atticum 16,4,4.
- Cicero, Philippica 10,13.
- Cicero, ad Brutum 1,5,3; auch die Repliken des Brutus und Cicero sind erhalten (Cicero, ad Brutum 1,7,2; 1,14,1).
- Appian, Bürgerkriege 4,86; 4,100; 4,108; 4,115f.
- Dazu u. a. Appian, Bürgerkriege 5,25f.; 5,61; Cassius Dio 48,7,4f.
- Appian, Bürgerkriege 5,50; Velleius Paterculus 2,76,2.
- Dazu u. a. Appian, Bürgerkriege 5,55f.; Cassius Dio 48,16,2.
- Appian, Bürgerkriege 5,61; 5,63.
- Appian, Bürgerkriege 5,65; Cassius Dio 48,29,2; Sueton, Nero 3.
- Appian, Bürgerkriege 5,73.
- Plutarch, Antonius 41,4.
- Appian, Bürgerkriege 5,137.
- So u. a. CIL I² p. 66; Cassius Dio 49,41,4; 50,2,2.
- So Cassius Dio (50,2,6f.), während Sueton (Augustus 17,2) nur die Behauptung Octavians wiedergibt; dazu Bleicken, Augustus, S. 271f.; Schäfer, Kleopatra, S. 197f.
- Velleius 2,84,2.
- Plutarch, Antonius 56,2; dazu Brambach, Kleopatra, S. 281f.; Schäfer, Kleopatra, S. 203ff.
- Strabon 14,1,42, p. 649.
- So u. a. Sueton, Nero 3,2; Cassius Dio 50,13,6; Plutarch, Antonius 63,2; Velleius 2,84,2.
- Zum Beispiel Michael Crawford: The Roman Republican Coinage. 2 Bände, Cambridge University Press, Cambridge u. a. 1974, ISBN 0-521-07492-4, Nr. 519 aus dem Jahr 41 v. Chr. (siehe das Bild eines Exemplars der Münze auf der Website des Münzkabinetts der Staatlichen Museen zu Berlin).
- Plinius der Ältere, Naturalis historia 36,26.