Glynis Johns
Glynis Johns (* 5. Oktober 1923 in Pretoria, Südafrika) ist eine walisische Schauspielerin, Pianistin, Sängerin und Tänzerin.[1] Ihre wohl bekannteste Rolle ist die der Winifred Banks im Filmmusical Mary Poppins (1964).
Leben
Glynis Johns wurde 1923 in Pretoria als Tochter des walisischen Schauspielers und Autors Mervyn Johns (1899–1992) und der Konzertpianistin Alys Steele (1901–1970) geboren. Ihre Familie befand sich zum Zeitpunkt ihrer Geburt auf Reisen in Südafrika. Ihre karrierebewussten Eltern sorgten für eine Ausbildung zur „kompletten Schauspielerin“, was auch Gesang, Tanz und Klavierspiel beinhaltete. Mit 12 Jahren gab sie ihr Bühnendebüt und spielte unter anderem 1936 in der ersten englischen Produktion von Lillian Hellmans Stück The Children's Hour.[2]
Ihre Laufbahn als Filmschauspielerin begann 1938 mit South Riding unter Regie von Victor Saville, in den folgenden Jahren arbeitete sie sich von anfänglich kleinen Auftritten zu substanziellen Rollen hoch. Der Durchbruch gelang ihr 1948 in der Titelrolle von Miranda, wo sie an der Seite von David Tomlinson und Margaret Rutherford eine Meerjungfrau spielte. Es war auch das Spielfilmdebüt des bisherigen Doku-Regisseurs Ken Annakin. 1954 wurde eine Fortsetzung unter dem Titel Mad About Men nachgeschoben, in dem Johns als Miranda und deren menschliche Cousine vor der Kamera stand. Die Reise ins Ungewisse (1951) mit James Stewart und Der Unwiderstehliche (1952) mit Alec Guinness festigten ihren Ruf. Walt Disney gab ihr dann in zwei seiner in Großbritannien hergestellten Spielfilme die weibliche Hauptrolle, beide Male an der Seite Richard Todds: Als Mary Tudor in dem ebenfalls von Annakin inszenierten Eine Prinzessin verliebt sich (The Sword and the Rose, 1953) und in Rob Roy – Der königliche Rebell (Rob Roy, the Highland Rogue, 1953).
Ihre bekannteste Rolle ist aber wahrscheinlich die der Frauenrechtlerin und Mutter Winifred Banks in der Disney-Verfilmung von P. L. Travers’ Mary Poppins (1964), einem der erfolgreichsten Filmmusicals aller Zeiten. Ihrer Enttäuschung über die geringe Präsenz ihrer Rolle begegnete Walt Disney, indem er die Sherman-Brüder beauftragte, ein zusätzliches Solo für Johns zu schreiben. Das Lied wurde unter dem Titel Sister Suffragette bekannt.[3][4] Als einziges Mitglied der Besetzung nahm Johns das Angebot wahr, sich einen Anteil an den Royaltys der Filmsongs zu sichern, was ihr bis heute Geld einbringt.[2] Zu den weiteren Höhepunkten ihrer Karriere zählen die weibliche Hauptrolle in dem humorvollen Musical Der Hofnarr (The Court Jester, 1955) mit Danny Kaye und der von Fred Zinnemann inszenierte Der endlose Horizont (The Sundowners, 1960) mit Deborah Kerr, Robert Mitchum und Peter Ustinov, für den sie eine Oscar-Nominierung in der Kategorie „Beste Nebendarstellerin“ erhielt.
Zudem stand Glynis Johns oft auf der Theaterbühne und für Fernsehproduktionen vor der Kamera. 1963 war sie Hauptdarstellerin der Fernsehserie Glynis, in der sie die Krimi-Schriftstellerin Glynis Granville spielte. Die Serie wurde allerdings bereits nach 13 Folgen wieder eingestellt. In Gastrollen war Johns in Fernsehserien wie Batman, Love Boat und Mord ist ihr Hobby zu sehen. Am Broadway spielte sie unter anderem die Titelrolle in George Bernard Shaws Major Barbara und verkörperte in der Originalproduktion von Stephen Sondheims erfolgreichem Musical A Little Night Music, basierend auf dem Ingmar-Bergman-Film Das Lächeln einer Sommernacht, die Rolle der glamourösen Schauspielerin Desiree Armfeldt. Hierfür wurde Johns im Jahr 1973 mit einem Tony Award als Beste Hauptdarstellerin in einem Musical ausgezeichnet. In A Little Night Music sang sie auch das Lied Send in the Clowns, welches Sondheim extra für ihre Stimme geschrieben hatte und später von vielen Künstlern gecovert wurde.
Eine ihrer letzten großen Rollen spielte die Schauspielerin als gutmütige Großmutter Elsie Callaghan in Jon Turteltaubs Während Du schliefst von 1995 an der Seite von Sandra Bullock und Bill Pullman. Nach einem Auftritt als Großmutter von Molly Shannons Figur in Superstar – Trau’ Dich zu träumen zog sie sich 1999 in den Ruhestand zurück.
Privates
Johns war insgesamt vier Mal verheiratet, alle Ehen wurden geschieden. Aus ihrer ersten Ehe mit Anthony Forwood zwischen 1942 und 1948 ging ihr Sohn Gareth Forwood (1945–2007) hervor, der ebenfalls Schauspieler wurde. Ihre späteren Ehemänner waren David Foster (Ehe von 1952–1956), Cecil Henderson (Ehe von 1960–1962) und Elliott Arnold (Ehe von 1964–1973). Glynis Johns lebt heute zurückgezogen in Motion Picture & Television Country House and Hospital, einem Seniorenheim in Los Angeles.[5]
Filmografie (Auswahl)
- 1938: South Riding
- 1939: On the Night of the Fire (On the Night of the Fire)
- 1940: Der Dieb von Bagdad (The Thief of Bagdad)
- 1941: 49th Parallel
- 1944: The Halfway House
- 1945: Perfect Strangers
- 1947: Ein idealer Gatte (An Ideal Husband)
- 1948: Der Spielteufel (Third Time Lucky)
- 1948: Miranda
- 1950: Staatsgeheimnis (State Secret)
- 1951: Die Reise ins Ungewisse (No Highway)
- 1951: Der wunderbare Flimmerkasten (The Magic Box)
- 1951: Dakapo (Encore)
- 1952: Der Unwiderstehliche (The Card)
- 1953: Eine Prinzessin verliebt sich (The Sword and the Rose)
- 1953: Rob Roy – Der königliche Rebell (Rob Roy, the Highland Rogue)
- 1953: Gefahr für Barbara (Personal Affair)
- 1954: Dämonen der Südsee (The Seekers)
- 1954: Mad About Men
- 1954: Ins Paradies verdammt (The Beachcomber)
- 1955: Josephine und die Männer (Josephine and Men)
- 1955: Der Hofnarr (The Court Jester)
- 1956: Heirate nie in Monte Carlo (Loser Takes All)
- 1956: In 80 Tagen um die Welt (Around the World in Eighty Days)
- 1957: Befiehl du deine Wege (All Mine to Give)
- 1959: Ein Händedruck des Teufels (Shake Hands with the Devil)
- 1960: Der endlose Horizont (The Sundowners)
- 1960: Das Spinngewebe (The Spider’s Web)
- 1962: Das Kabinett des Dr. Caligari (The Cabinet of Caligari)
- 1962: Der Chapman-Report (The Chapman Report)
- 1963: Glynis (Fernsehserie, 13 Folgen)
- 1964: Mary Poppins
- 1965: Geliebte Brigitte (Dear Brigitte)
- 1967: Batman (Fernsehserie, vier Folgen)
- 1972: Unter dem Milchwald (Under Milk Wood)
- 1973: In der Schlinge des Teufels (The Vault of Horror)
- 1974: The Happy Prince
- 1975: Mrs. Amworth (Kurzfilm)
- 1984: Love Boat (Fernsehserie, eine Folge)
- 1985: Mord ist ihr Hobby (Murder, She Wrote; Fernsehserie, eine Folge)
- 1987: Nukie
- 1988: Zelly and Me
- 1988: Scooby-Doo und die Geisterschule (Scooby-Doo and the Ghoul School, Stimme im Original)
- 1988–1989: Coming of Age (Fernsehserie, 15 Folgen)
- 1994: No Panic – Gute Geiseln sind selten (The Ref)
- 1995: Während Du schliefst (While You Were Sleeping)
- 1999: Superstar – Trau’ Dich zu träumen (Superstar)
Auszeichnungen
- 1942: National Board of Review Award für ihr Schauspiel in 49th Parallel
- 1961: Oscar-Nominierung in der Kategorie Beste Nebendarstellerin für The Sundowners
- 1963: Golden-Globe-Nominierung in der Kategorie Beste Darstellerin für Der Chapman-Report
- 1965: Laurel Award in der Kategorie Beste Nebendarstellerin für Mary Poppins
- 1965: Grammy in der Kategorie Beste Aufnahme für Kinder für Mary Poppins
- 1973: Tony Award in der Kategorie Beste Hauptdarstellerin in einem Musical für A Little Night Music
- 1998: Ernennung zur Disney Legend
Weblinks
- Glynis Johns in der Internet Movie Database (englisch)
- Glynis Johns in der Internet Broadway Database (englisch)
- Glynis Johns. In: Virtual History (englisch)
Einzelnachweise
- Biographische Daten von Glynis Johns in: Scott Palmer: British film actors’ credits, 1895–1987. McFarland, 1988, ISBN 1-55862-166-0, S. 404.
- Glynis Johns bei AllMovie, abgerufen am 21. März 2021 (englisch)
- Pat Williams, James Denney: How To Be Like Walt. Capturing the Disney Magic Every Day of Your Life. Health Communications, Deerfield Beach 2004, ISBN 978-0-7573-0231-2.
- Laura E. Nym Mayhall: Domesticating Emmeline. Representing the Suffragette, 1930–1993. In: NWSA Journal. Band 11, Nr. 2, 1999, S. 12.
- Glynis Johns - Belmont Village. In: Belmont Village. (belmontvillage.com [abgerufen am 10. Oktober 2018]).