Gisi Fleischmann
Gizela Fleischmannová, geb. Fischer, auch Gisela, (21. Januar 1892 in Bratislava (Pressburg), Österreich-Ungarn – 18. Oktober 1944 im KZ Auschwitz) war eine slowakische Frauenrechtlerin und Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus. Sie wurde bekannt unter dem Kurznamen Gisi Fleischmann.[1]
Leben
Gizela Fischer wuchs als das älteste von drei Kindern in einer orthodoxen jüdischen Familie auf. Ihre Eltern waren Julius Fischer (1866–1936), auch Yehuda genannt, und Jetty Elinger (1871–1945). Sie betrieben ein Hotel und ein koscheres Restaurant in Preßburg. Sie hatte zwei Brüder: Desider-David (1894–mutmaßlich 1973), der Kinderarzt wurde, und Geza, auch Gershon oder Gustav (1896–1939), der Jurist wurde.[2][3]
Als junge Frau schloss sie sich der zionistischen Bewegung an. Sie heiratete 1915 den Kaufmann Josef Fleischmann (1886–1942), mit dem sie zwei Töchter hatte: Alice (1917–1996) und Judith (1920–1997). Sie wurde zu einer führenden Funktionärin der slowakischen zionistischen Frauenbewegung als Präsidentin der slowakischen Sektion der Women's International Zionist Organization (WIZO). Ab 1933 strandeten in der Tschechoslowakei Personen, die aus Deutschland wegen der rassistischen Verfolgungen geflohen waren, die aber eigentlich nach Palästina auswandern wollten. Als Mitglied des Zentralkomitees der Juden in Bratislava übernahm Gisi Fleischmann das Auswanderungsreferat der Ústredňa Židov. 1939 reiste sie nach London zu Henry Bunbery, um Möglichkeiten für die Alija zu organisieren.
1941 wurde sie zur zentralen Koordinatorin in dem Netzwerk der Hechaluz von Nathan Schwalb und Saly Mayer mit dem Ziel, die slowakischen Juden vor der Deportation zu bewahren und ihnen die Flucht aus den von den Nazis kontrollierten Ländern Europas zu ermöglichen.
Nach anfänglichem Zögern und nachdem bereits 80.000 slowakische Juden in das von den Deutschen besetzte Generalgouvernement in Polen deportiert worden waren, unterstützte sie den Verhandlungsplan der Pracovná Skupina des Rabbiners Michael Dov Weissmandel, die versuchen wollten, die noch in der Slowakei verbliebenen 20.000 Juden durch Geldzahlungen vor der Deportation zu bewahren. Es gelang ihr und ihren Mitkämpfern des slowakischen Judenrats mit Unterstützung der Jewish Agency, mehrere Hundert bereits deportierter Kinder aus Polen zurückzuholen und in Sicherheit zu bringen.
Während der Razzien nach dem slowakischen Nationalaufstand wurde sie am 28. September 1944 festgenommen und zunächst ins Arbeitslager in Sereď deportiert. Weil sie sich weigerte, andere zu verraten, wurde sie im Oktober 1944 mit dem Gestapo-Vermerk „Rückkehr unerwünscht“ nach Auschwitz deportiert und dort sofort nach ihrer Ankunft ermordet.
- Zitat: „Ich bleibe, um zu helfen.“[4]
Literatur
- Joan Campion: In the Lion's Mouth: Gisi Fleischmann & the Jewish Fight for Survival. Lanham 1987, ISBN 0-59500153-X.
- Joan Campion: Gisi Fleischmann and the Jewish fight for survival. Miami 1983-
- Peter Heumos: Die Emigration aus der Tschechoslowakei nach Westeuropa und dem Nahen Osten 1938–1945. Oldenbourg Verlag: München/Wien
- Jirmejahu Oskar Neumann: Gisi Fleischmann. Die Geschichte einer Kämpferin. WIZO (Women’s International Zionist Organization) Tel Aviv 1970.
- Yirmeyahu Oskar Neumann: Im Schatten des Todes. Ein Tatsachenbericht vom Schicksalskampf des slovakischen Judentums. Tel-Aviv 1956.
- Yehuda Bauer: Rudolf Vrba und die Auschwitz-Protokolle. Eine Antwort auf John S. Conway; In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 45-2 (1997), S. 297–308.
- Yehuda Bauer: American Jewry and the Holocaust: The American Jewish Joint Distribution Committee, 1939-1945: The American Jewish Joint Distribution Committee, 1939-45; 1981 ISBN 0814316727.
- Yehuda Bauer: Rethinking the Holocaust. 2002 ISBN 0300093004.
- Yehuda Bauer: „Onkel Saly“ − die Verhandlungen des Saly Mayer zur Rettung der Juden 1944/45 (pdf, 5,9 MB) In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 25 (1977), S. 188–219.
- Yehuda Bauer: Die dunkle Seite der Geschichte – Die Shoah in historischer Sicht. Interpretationen und Re-Interpretationen. Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag: Frankfurt am Main 2001, ISBN 3633541705.
- Saul Friedländer: Die Jahre der Vernichtung 1939–1945. Beck-Verlag: München 2006, ISBN 3-406-54966-7.
- Ladislav Lipscher: Die Juden im Slowakischen Staat 1939-1945 (Židia v slovenskom štáte). Oldenbourg, München 1979, ISBN 3-486-48661-6.
- Aron Grünhut: Katastrophenzeit des Slowakischen Judentums – Aufstieg und Niedergang der Juden von Pressburg. Tel-Aviv 1972.
- Katarína Hradská: Gizi Fleischmannova : návrat nežiaduci. Bratislava : Marenčin PT, 2012
- Dalia Ofer & Lenore J. Weitzman (Hrsg.): Women in the Holocaust. New Haven 1998, ISBN 0-300-07354-2.
- Gila Fatran: „Gisi Fleischmann 1982–1944“. In: Jewish Women: A Comprehensive Historical Encyclopedia, Jewish Women’s Archive, 2009, abgerufen am 7. Mai 2016.
- Denisa Nešťáková. Gisi Fleischmann – przywódczyni Żydów na Słowacji podczas II wojnyświatowej. In. Elity i przedstawiciele społeczności żydowskiej podczas II wojny światowej. Warszawa, (2017), Seite 473–489.
Weblinks
Einzelnachweise
- Eintrag in der Zentralen Datenbank der Namen der Holocaustopfer der Gedenkstätte Yad Vashem
- Eintrag in der Zentralen Datenbank der Namen der Holocaustopfer der Gedenkstätte Yad Vashem
- Yad Vashem: The Fischer Family, Bratislava, Czechoslovakia. In: Stay Together, The Fate of Jewish Families in 1944, abgerufen am 7. Mai 2016.
- Archivlink (Memento des Originals vom 20. November 2005 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.