Giovanni Paolo Gaspari
Giovanni Paolo Gaspari (* 1712 Venedig; † 1. Mai 1775 München,[1] abweichend und von E. Nölle widerlegt auch: 1714–1780) war ein italienischer Theatermaler („Maschinenmaler“), -dekorateur und Bühnenarchitekt. Er arbeitete in Bayreuth, Erlangen, Bonn, Köln und München.
Familie
Der gebürtige Venezianer und Theatermann Giovanni Paolo Gaspari gehört mit seinem jüngeren Bruder Pietro (1720–1785) zur zweiten Generation einer italienischen Architekten- bzw. Theaterfamilie, die mit Cirillo Jacomo de Gaspari (1756–1807), seinem Sohn endet. Schon der Vater Antonio Gaspari (1670–1730) verdient in der Kunstgeschichte Beachtung als Architekt und Vedutenmaler; bei ihm lernte sein Sohn sein „handwerkliches und stilistisches“ Fundament.[2]
Bayreuth und Erlangen
Im Frühjahr 1738 kam Giovanni Paolo Gaspari an den Bayreuther Hof des Markgrafenpaares Friedrich und Wilhelmine und war von da an wohl bis nach 1744 für die Opernausstattungen des fürstlichen Hofes tätig sowie beim Bau des Theaters im Bayreuther Redoutenhaus 1739 (nicht erhalten) und Umbau des Erlanger Markgrafentheaters. Dieses ist heute das älteste noch bespielte Rokokotheater Bayerns. In den Akten des Staatsarchivs Bamberg ist Gaspari in den fürstlichen Schatullrechnungen ab dem 3. Quartal 1738 auszumachen, sowie in den Bayreuther Hofkalendern, die es seit 1739 gibt.[3] Die Verbindung zu Gaspari soll, so schreibt die Markgräfin ihrem Bruder Kronprinz Friedrich in Berlin, über den in Venedig ansässigen Graf von der Schulenburg[4] zustande gekommen sein.[5][6] Der venezianische Theaterkünstler Gaspari kam etwa gleichzeitig wie der thüringische Hof- und Cabinettmaler Wilhelm Ernst Wunder nach Bayreuth. Bereits im Jahr darauf besuchte der berühmte Kastrat Giovanni Carestini den Bayreuther Hof,[7] was als Anerkennung für ein florierendes Opernleben unter Markgräfin Wilhelmine zu bewerten ist. Schon bei den ersten Opern, die Markgräfin Wilhelmine ab 1737/1738 in der Nebenresidenz Erlangen im dortigen Opernhaus aus der Zeit des Georg Wilhelm als Intendantin in Angriff nahm, war er der Dekorateur u. a. bei der Oper „Dido“ von Giuseppe Antonio Paganelli.[8] Danach begann der Bau der neuen Bühne im Bayreuther Redoutenhaus,[9] für deren Einweihung Markgräfin Wilhelmine die Oper („Tragedia“) Argenore komponierte. Er steht zwar nicht namentlich im zugehörigen Libretto, aber es können nur seine, Gasparis, Bühnenbilder gewesen sein, die ohne „Kulissen, Soffitten und Prospekt“ der von ihm gebauten Bühne für die im Libretto beschriebenen Szenen nicht möglich gewesen wären.[10] Nach den Regieanweisungen ist auf eine gut ausgebaute Theatertechnik dieses heute nicht mehr erhaltenen Theaters zu schließen. In Erlangen wiederum baute Gaspari ab 1743 das Theater des Markgrafen Georg Wilhelm aus dem Jahr 1719 (1715?) zum heute noch erhaltenen Erlanger Rokoko-Markgrafentheater um. Dieser Umbau wurde 1744 mit der Oper „Sirace“ mit Gasparis Bühnenbildern[11] und gleichzeitig die Verlobung der Bayreuther Prinzessin Elisabeth Friederike Sophie mit Karl Eugen von Württemberg gefeiert. Nölle weist eine getuschte Federzeichnung Gasparis (ohne Signatur) dieser Oper zu, offenbar die einzige überlieferte vom Markgrafenhof: 1. Akt, 13. Szene „Ein Gefängnis in der Königlichen Burg“.[12] Für Wilhelmines Bayreuther Oper Argenore (1740) hat sich, soweit bekannt, kein Bild erhalten.
Köln und Bonn
Dass ihm – Gaspari – nach seiner gut siebenjährigen Anstellung zwei Theaterkünstler der Familie Galli da Bibiena[13] für den Bau des Markgräflichen Opernhauses in Bayreuth – 2012 zum Weltkulturerbe gekürt – vorgezogen wurden, beschreibt Eckehart Nölle. Der Grund ist unbekannt. Für die folgende Zeit bis 1749, dem Jahr von Gasparis Anstellung in München, gibt es fast keine Quellen. Drei Theaterentwürfe Gasparis für den Kunst-begeisterten Kölner Erzbischof Clemens August, belegen aber, dass er für diesen, einen Wittelsbacher, arbeitete.[14] Auch trug Gaspari den Titel „Kölnisch Truchsess“. Dass Gaspari für Clemens August das (heute nicht mehr erhaltene) in diesen Jahren entstandene Bonner Hoftheater erbaute, ist zwar nirgends belegt, wird aber von Nölle anhand zweier Darstellungen des Bonner Hofmalers François Rousseau[15] argumentativ verdeutlicht.[16]
München
In München, seiner wichtigsten und längsten Station, lautete Gasparis offizieller Titel Churfürstlich Bayerischer theatralmaler und Architect. Bayerischer Kurfürst (ab 1745) war Maximilian III. Joseph, ein Neffe von Clemens August. Unter ihm stattete G. P. Gaspari ein viertel Jahrhundert lang eine Vielzahl von Opern von Bernasconi, Ferrandini, Galuppi u. a. aus. Dazu gehörten gegen Ende Glucks Orfeo ed Euridice (1773) und Mozarts La finta giardiniera (1775). Wie Nölles Dissertation zeigt, sind aus der Münchener Zeit mehrere Theaterzeichnungen erhalten: Sehr gute, teils bunte Reproduktionen von G. P. Gasparis Münchener Theater-Arbeiten enthält auch der Katalogband Macht der Gefühle. 350 Jahre Oper in München. S. 302–307.[17] Sein jüngerer Bruder Pietro Gaspari schuf eine Portraitzeichnung von ihm, die seine Lebensdaten samt Münchner Titel überliefert und im Stadtmuseum München aufbewahrt wird. Als Bühnenarchitekt gab Gaspari dem St.-Georg-Saal der Münchner Residenz, der bis zum Brand 1750 als Theatersaal diente, sein letztes Aussehen und erbaute den Bühnentrakt des nach dem Brand neu errichteten berühmten Cuvilliés-Theaters. Mit seinen beiden Kollegen der Familie Cuvilliès gab es während der zweieinhalb Jahre Bauzeit stilistische Meinungsverschiedenheiten und Streit.[18] Seine „Domäne“, die Bühnentechnik und -dekoration wusste Gaspari selbstbewusst durch zu setzen.[19]
Würdigung
Der Theatermaler Giovanni Gaspari hatte erstmals bei Markgräfin Wilhelmine die Theater-Stilistik der Familie Bibiena kennengelernt und sich damit auseinandergesetzt.
„Als Bühnenbildner gelang ihm in München die Umformung des spätbarocken Dekorationsstiles der Bibiena zu einer frühklassizistischen Spielraumgestaltung. In beispielhafter Weise verband er die Errungenschaften der bibienesken Diagonalperspektive mit seiner Absicht, geschlossene, verhältnismäßig flache Szenen zu bauen, in denen der Darsteller nicht mehr von dem Pomp der Dekorationen erdrückt und an seiner Entfaltung gehindert wurde. In dieser Hinsicht ist sein Werk exemplarisch in der Geschichte der Szenenkunst.“
Literatur
- Eckehart Nölle: Die Theatermaler Gaspari. Ein Beitrag zur Geschichte des Bühnenbildes und des Theaterbaus im 18. Jahrhundert. Diss. München 1966
- Gertrud Rudloff-Hille: Die Bayreuther Hofbühne im 17. und 18. Jahrhundert. In: Archiv für Geschichte und Altertumskunde von Oberfranken, Bayreuth 1936
- U. Hässler, J. Schläder, R. Braunmüller, W. Hösl (Hrsg.): Macht der Gefühle. 350 Jahre Oper in München. Bayerische Staatsoper München, Henschel-Verlag Berlin 2003, ISBN 3-89487-455-4.
- Herbert Brunner (Bearbeiter): Altes Residenztheater in München (Cuvilliés-Theater). Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, 1997
Weblinks
- Gàspari, Giovanni Paolo. In: Enciclopedie on line. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom. Abgerufen am 22. Juni 2021.
- Eine Zeichnung Gasparis in Hamburg. Pietro?
- Porträt Gasparis von seinem Bruder Pietro
- Deutsches Theatermuseum in München
- Ehemaliges Theater Bonn
Siehe auch
Einzelnachweise
- Daten nach Bild der Porträtsammlung des Münchner Stadtmuseums
- Eckehart Nölle, Diss. 1966, S. 8 und 16.
- Nölle 1966, S. 27.
- Biographie Schulenburgs von K. A. Varnhagen von Ense
- Volz (Hrsg.): Friedrich der Große und Wilhelmine von Bayreuth I. (Jugendbriefe), S. 376.
- Wilhelmines Vater Friedrich Wilhelm I. verlieh 1939 Graf von Schulenburg den Schwarzen Adlerorden.
- Bayreuther Hofkalender von 1740
- Nölle 1966, S. 29–31.
- Beschrieben vom Chronisten Johann Sebastian König, wiedergegeben in: Irene Hegen: Wilhelmines Oper „L'Argenore“. In: Archiv für Geschichte von Oberfranken. Bd. 83, Bayreuth 2003, S. 340 f.
- Nölle 1966, S. 33.
- Diesmal ist Gaspari im Libretto als „Ihro Königlichen Hoheit theatralischen Mahler und Baumeister“ genannt.
- Nölle 1966, S. 45.
- Giuseppe und dessen Sohn Carlo Galli da Bibiena
- Nölle 1966, Abb. 15–17.
- Nölle 1966, Abb. 13 und 14 des Bonner Hoftheaters (S. 56 und 57).
- Nölle 1966, S. 53 ff.
- Höfische Oper 1653–1818. In: U. Hässler, J. Schläder, R. Braunmüller, W. Hösl (Hrsg.): Macht der Gefühle. 350 Jahre Oper in München. Bayerische Staatsoper München, Henschel-Verlag Berlin 2003, S. 286 ff.
- Nölle 1966, S. 74 ff.
- Herbert Brunner: Altes Residenztheater in München (Cuvilliés-Theater), S. 14 f, S. 26 ff.