Gertrud von Hohenberg
Gertrud von Hohenberg († 16. Februar 1281 in Wien) war als Gemahlin Rudolfs von Habsburg ab 1253 Gräfin von Habsburg, Kyburg und Löwenstein und ab 1273 als Anna von Habsburg römisch-deutsche Königin.
Anna von Habsburg gilt als Stammmutter der Dynastie der Habsburger.
Leben
Klärung ihrer Abstammung
Gertrud von Hohenberg war die älteste Tochter des Grafen Burkhard V. von Hohenberg und dessen Ehefrau Pfalzgräfin Mechthild von Tübingen, Tochter von Pfalzgraf Rudolf II. von Tübingen. Die schwäbischen Grafen von Hohenberg waren eine früh abgespaltene Seitenlinie der Grafen von Zollern.
Die Acta Murensia nennen sie “uxor Gertrudis, quae et Anna, Ludovici, Comitis Froburgi et Hochbergi Comitis filia” (die Ehefrau Gertrud, die auch unter dem Namen Anna erscheint, die Tochter Ludwigs, des Grafen von Frohburg und Hochberg). Der Schweizer Historiker Aegidius Tschudi († 1572) stellte folglich die These auf, dass Gertrud von Hohenberg, die Ehefrau Königs Rudolf von Habsburg, aus dem Hause Homberg-Frohburg stamme.[1] Gemäß Tschudi wäre Gertrud Tochter († 1274) des Grafen Ludwig und Schwester von Graf Hartmann und Graf Herman IV. Die Grafschaft Homberg kam jedoch erst durch Heirat ihres (von Tschudi vermuteten) Bruders Herman IV. mit der Erbtochter des Grafen Werner III. von Homberg an die Frohburger.[2]
Die ältere Auffassung wurde 1758 durch Johann Friedrich Herbster zweifelsfrei widerlegt, der Gertrud oder Anna dem schwäbischen Hause Hohenberg zuordnen konnte.[3] Grundlage dafür war ihm eine Urkunde vom 27. Februar 1271. Darin verkauft ihr Ehemann Rudolf, Graf von Kyburg[4] und Habsburg dem Kloster St. Märgen einen Hof in Tiengen (Freiburg im Breisgau), der ihm als Heiratsgut seiner Gemahlin Gertrud (“Nobilis mulieris Gertrudis uxoris”) verpfändet war. Dieser Transaktion stimmten die Brüder Gertruds “… nobilium virorum fratrum suorum Alberti, Burchardi et Vlrici Comitum de Hohinberg” ausdrücklich zu. Der Sachverhalt ist in drei Urkunden bezeugt.[5] Demzufolge stammte Gertrud mit Gewissheit aus dem Haus der schwäbischen Hohenberg.
Ehe und Nachkommen
Gertrud heiratete um 1253 im Elsass Graf Rudolf von Habsburg, Sohn des Grafen Albrecht IV. und dessen Gemahlin Gräfin Heilwig von Kyburg.
Zwanzig Jahre lang war Gertrud von Hohenberg Burggräfin auf der Burg Stein. Am 1. Oktober 1273 wählten die Kurfürsten ihren Mann in Frankfurt am Main einstimmig zum deutschen König. Nach dessen Krönung in Aachen nannte sie sich Königin Anna.
Aus der Ehe mit Rudolf gingen vierzehn Kinder hervor (sechs Söhne und acht Töchter), unter anderem:
- Mathilde (1253–1304) ⚭ 1273 in Aachen mit Ludwig II., dem Strengen, Pfalzgraf bei Rhein und Herzog von Oberbayern
- Albrecht I. (1255–1308) ⚭ 1274 in Wien mit Elisabeth von Görz und Tirol
- Katharina (1256–1282) ⚭ 1279 in Wien mit Otto III., Herzog von Niederbayern
- Agnes Gertrud (1257–1322) ⚭ 1273 in Aachen mit Albrecht II., Herzog von Sachsen-Wittenberg
- Hedwig (1259–1303) ⚭ 1279 in Wien mit Otto VI., Markgraf von Brandenburg, Sohn von Otto III. von Brandenburg aus dem Haus der Askanier
- Klementia (1262–1293) ⚭ 1281 in Wien mit Karl Martell, Titularkönig von Ungarn, Sohn von Karl II. von Neapel aus dem Haus Anjou
- Hartmann (1263–1281, ertrunken) verlobt mit Johanna, Tochter König Eduard I. von England
- Rudolf II. (1270–1290) ⚭ 1289 in Prag mit Agnes von Böhmen, Tochter König Ottokar II. Přemysl
- Guta (Jutta) (1271–1297) ⚭ 1285 in Prag mit Wenzel II., König von Böhmen
- Karl (*/† 1276)
Tod und Bestattung
Die Gemahlin König Rudolfs I. hatte das Basler Münster zu ihrer Grabstätte bestimmt.[6] Ausführlich schildert der Chronist von Colmar die Vorbereitungen für ihren letzten Weg sowie die Umstände der Leichenkonservierung: "Ihrem Leichnam wurden die Eingeweide entnommen, die Bauchhöhle wurde mit Sand und Asche gefüllt, das Gesicht einbalsamiert. Dann übergab man den Körper mit einem Wachstuch und hüllte ihn in prächtige seidene Gewänder. Eine goldene Kette zierte das verschleierte Haupt. Dann legte man die tote Königin in den Sarg, der aus Buchenholz gefertigt war, ihre Arme waren über die Brust gekreuzt. So sah der König seine Gemahlin zum letzten Male, ehe der Sarg mit eisernen Bändern verschlossen wurde." Der Leichenzug kam am 20. März 1281 in Basel an. „Drei Bischöfe zelebrierten das Totenamt, bei dem der Sarg senkrecht aufgestellt wurde und der Deckel geöffnet war, damit alle Anwesenden die hohe Verstorbene noch einmal sehen konnten.“[7][8]
Grabstätte
Im Chorgang des Basler Münsters befindet sich ihr Sarkophag und der ihres jüngsten Sohns Karl. Ihr Grab wurde zusammen mit dem Grab ihres Sohnes Karl nach dem Erdbeben von 1356 auf die linke Chorseite verlegt. Erstmals nach dieser Umbettung wurde das Grab 1510 durch die Basler Chorherren geöffnet. Dabei wurden die Königskrone, ein Ring und eine Halskette entnommen. Eine weitere Öffnung der Gruft folgte 1770. Dabei wurden ihre Gebeine, sowie die Gebeine ihrer verstorbenen Söhne Karl und Hartmann durch die Feierliche Übersetzung der kaiserlich-königlichen-auch-herzoglich-österreichischen höchsten Leichen in das Kloster St. Blasien verlegt; heute ruhen sie im Stift St. Paul im Lavanttal in Kärnten. In Basel verblieb ein Kenotaph.
- Grabmal im Basler Münster
- Heutige Grabstätte in St. Paul
- Miniatur um 1579/87 von Antoni Boys gen. Anton Waiss, Kunsthistorisches Museum Wien
Literatur
- Constantin von Wurzbach: Anna, nach Anderen Gertrude von Hohenberg. Nr. 18. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 6. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1860, S. 149 (Digitalisat).
- Fritz Trautz: Gertrud, Gräfin von Hohenberg. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 6, Duncker & Humblot, Berlin 1964, ISBN 3-428-00187-7, S. 333 (Digitalisat).
- Hans-Rudolf Meier und Dorothea Schwinn Schürmann; Marco Bernasconi, Stefan Hess, Carola Jäggi, Anne Nagel und Ferdinand Pajor: Das Basler Münster. (Die Kunstdenkmäler des Kantons Basel-Stadt, Band X). Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK, Bern 2019, ISBN 978-3-03797-573-2.
Weblinks
- Gertrud von Hohenberg. (PDF; 116 kB) Vereinigung Auf den Spuren der Habsburger; abgerufen am 12. Juli 2010
Einzelnachweise
- Aegidius Tschudi: Chronicon Helveticum, Band I., S. 141 und 182
- Möglich erscheinen diverse Verwechslungen des zu der Zeit häufigen Namens, so war die Gemahlin des Grafen Ludwig von Froburg-Homberg – und Mutter der nämlichen Gertrude – die Tante des Rudolf I., Gertrude von Habsburg († 1241).
- Johann Friedrich Herbster: Nachricht von Kaiser Rudolphs von Habsburg erster Gemahlinn (so!). In: Juristisches Wochenblatt, 1. Jg., Leipzig 1772, S. 118–136 (Nachdruck aus Carlsruher nützliche Sammlungen auf das Jahr 1758).
- Die ursprünglichen Kyburger wie auch die habsburgischen Grafen von Kyburg aus der Nebenlinie Laufenberg waren eigentlich immer Widersacher der österreichischen Habsburger; das Haus (Alt-)Kyburg erlosch aber 1264 im Mannesstamme, der Laufenburger Eberhard I. begründete das Haus Neu-Kyburg 1273 durch die Hochzeit mit der Erbtochter Anna von Kyburg. Dazwischen war aber Rudolph I. der gesetzliche Vormund, und damit war er 1271 auch der amtierende Graf von Kyburg.
- Ludwig Schmid: Geschichte der Grafen von Zollern-Hohenberg und ihrer Grafschaft, nebst Urkundenbuch, Stuttgart, Gebrüder Scheitlin, 1882, Bd. [2], S. 37 Nr. 60, S. 39 Nr. 61, S. 41 Nr. 62.
- Basler Münster: Grabmal der Königin Anna von Habsburg und ihres Sohnes Karl. Abgerufen am 12. April 2020.
- Johann Franzl: Rudolf I. Der erste Habsburger auf dem deutschen Thron. Verlag Styria 1986, S. 60, 201-204; siehe auch hier
- Die Odyssee einer toten Königin
Vorgängerin | Amt | Nachfolgerin |
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Interregnum | Römisch-deutsche Königin 1273–1281 | Isabella von Burgund |