German LNG Terminal
Das German LNG Terminal ist ein Projekt zur Errichtung und zum Betrieb des Flüssigerdgasterminals in Brunsbüttel. Die Bundesregierung befürwortet das Projekt, um durch den Import von Flüssigerdgas aus Übersee die Abhängigkeit von Erdgasimporten aus Russland zu vermindern,[1][2] während die Deutsche Umwelthilfe die Errichtung von Flüssigerdgas-Terminals in Deutschland aus Klimaschutzgründen verhindern will.
Das Projekt wird durchgeführt von der German LNG Terminal GmbH, die 2018 von den drei Unternehmen Gasunie LNG Holding B.V., Vopak LNG Holding B.V. und der Oiltanking GmbH (Tochterunternehmen der Marquard & Bahls AG in Hamburg)[3] als Joint Venture gegründet wurde.
Betriebliches Konzept
Geplant sind der Bau und der Betrieb eines LNG-Terminals zur Entladung von LNG-Tanker bis zur Q-Max-Größe (auch Qatar-Max), also Schiffe, die gerade noch den Hafen von Ras Laffan in Katar anlaufen können. Sie sind 345 m lang, 53,8 m breit und können 266.000 m³ verflüssigtes Erdgas transportieren. Die Lagerung, die Beladung von Schiffen, die Regasifizierung, die Einspeisung ins Erdgasnetz und der Weitertransport in Tankkraftwagen, Kesselwagen der Eisenbahn und Bunkerschiffen. 2020[veraltet] sollte der Bau und 2022 der Betrieb beginnen. Die Frist für die Investitionsentscheidung des Betreibers wurde vom Hauptausschuss der Stadt Brunsbüttel inzwischen verlängert.[4]
Das in Brunsbüttel geplante Importterminal für verflüssigtes Erdgas (LNG) kann perspektivisch auch zum Aufbau einer Infrastruktur für Wasserstoff und grüne Gase beitragen. Als Import-Hub für Norddeutschland sei der Standort grundsätzlich sehr gut geeignet. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung der Technischen Universität Hamburg (TUHH), deren Ergebnisse jetzt vorliegen.[5]
Standort
Als Standort ist Brunsbüttel geplant, da die Elbe und der Nord-Ostsee-Kanal wichtige Wasserstraßen sind. Die Ostsee, die skandinavischen und baltischen Häfen sind gut erreichbar und besonders Hamburg als größter deutscher Hafen ist nahe gelegen. In direkter Nachbarschaft westlich des vorgesehenen Bauplatzes befindet sich die Sondermüllverbrennungsanlage Sava. Östlich grenzt das stillgelegte Kernkraftwerk unmittelbar an. Nördlich beginnt jenseits der Kreisstrasse 75 das Industriegebiet „Chemcoast Park“.
Die Bürger der Region wurden frühzeitig informiert und beteiligt.[6] Die Deutsche Umwelthilfe hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, demzufolge der Standort Brunsbüttel möglicherweise nicht realisiert werden kann.[7] Die Grünen in Schleswig-Holstein lehnen einen staatlichen Zuschuss für das Projekt ab.[8]
Wirtschaftliches Konzept
German LNG plant das Terminal nach dem Betreibermodell Build, Own, Operate. Die Gesellschaft vermietet die Kapazität ihres Lagers, hält jedoch kein Eigentum an der gelagerten Ware. Sie bezeichnet sich entsprechend selbst als „unabhängiger Betreiber“.[9] Der Umstand, dass der Betreiber weder Kenntnis von noch Einfluss auf die Herkunft des LNG hat, wird ebendort beschrieben als „offener und diskriminierungsfreier Zugang“. Am 6. September 2018 hat German LNG mit RWE Supply and Trading einen Vorvertrag „Heads of Agreement“ über einen unbestimmten Teil der Gesamtkapazität des Terminals abgeschlossen.[10] Mit dem Schweizer Energieunternehmen Axpo wurde im Mai 2019 ebenfalls ein Vorvertrag über Kapazitäten geschlossen.[11] Die geplante Regasifizierungskapazität entspricht der Umschlagkapazität, sodass ein Absatz des Produkts in flüssiger Form nicht erforderlich ist. File:Croissance GNL monde.svg
Hintergrund
Bisher gibt es in Deutschland kein Terminal für LNG, wie verflüssigtes Erdgas in der Kurzform bezeichnet wird. So wird zum Beispiel das LNG zum Bunkern mit Tank-LKWs aus niederländischen oder belgischen Häfen gebracht. Kleinere LNG-Mengen erreichen Deutschlands Gasnetz über Pipelines aus den nahen europäischen Terminals.
Protest und Kritik
Die Organisation Ende Gelände rief im Sommer 2021 zu einer groß angelegten Protestaktion gegen das geplante LNG-Terminal sowie generell gegen fossile Infrastruktur in Brunsbüttel auf.[12] Ende Gelände und andere Organisationen[13] aus der Klimagerechtigkeitsbewegung kritisieren die Technik des Frackings und die neokolonialen Strukturen hinter dem Gasimport: „Während die Vorteile von billigem Gas nach Europa gebracht werden, werden die sozialen und ökologischen Negativfolgen in Länder des Globalen Südens ausgelagert.“ Nach Angaben von Ende Gelände beteiligten sich mehr als 2000 Personen an den Blockaden, die zum Teil über Nacht aufrechterhalten werden konnten. Die Aktion war Teil eines weltweiten Aktionsaufrufs, zu dem in 13 Ländern 23 Aktionen stattfanden, unter anderem in Südamerika, Nordamerika und Europa.[14]
Die Deutsche Umwelthilfe wendet sich aus Klimaschutzgründen gegen den Bau von Flüssigerdgas-Terminals in Deutschland[15] und hat eine Klage gegen den geplanten Bau eines Terminals in Brünsbüttel angekündigt.[16]
Aktuelles zu LNG Terminals und Gasspeichern
In Europa gibt es je nach Quelle 28 bis 36 LNG-Import -Terminals mit einer Jahreskapazität von rund einer Million Tonnen, keines in Deutschland. Im Zusammenhang mit dem russischen Überfall auf die Ukraine fand am 27. Februar 2022 eine Sondersitzung des Deutschen Bundestages statt, auf dem die deutsche Abhängigkeit von den russischen Erdgaslieferungen kritisch betrachtet wurde. Der Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte an, dass in Deutschland kurzfristig zwei LNG-Terminals errichtet werden sollen. Ein Terminal soll in Wilhelmshaven und ein Terminal soll in Brunsbüttel entstehen, um die einseitige Abhängigkeit von Russland zu beenden[17][18].
Damit wurde deutlich ein öffentliches Interesse dokumentiert, um Schaden (mangelnde zukünftige Gasversorgung) von den Bürgern der Bundesrepublik abzuwenden. Dafür wurde mit dem Paragrafen § 8a – BimSchG vorgesorgt.[19]
- § 8a Zulassung vorzeitigen Beginns
- In einem Verfahren zur Erteilung einer Genehmigung soll die Genehmigungsbehörde auf Antrag vorläufig zulassen, dass bereits vor Erteilung der Genehmigung mit der Errichtung einschließlich der Maßnahmen, die zur Prüfung der Betriebstüchtigkeit der Anlage erforderlich sind, begonnen wird, wenn
- 1. mit einer Entscheidung zugunsten des Antragstellers gerechnet werden kann,
- 2. ein öffentliches Interesse oder ein berechtigtes Interesse des Antragstellers an dem vorzeitigen Beginn besteht und
- 3. der Antragsteller sich verpflichtet, alle bis zur Entscheidung durch die Errichtung der Anlage verursachten Schäden zu ersetzen und, wenn das Vorhaben nicht genehmigt wird, den früheren Zustand wiederherzustellen.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck plant den Aufbau einer nationalen Gasreserve, damit die Gasspeicher zukünftig immer ausreichend befüllt sind. Geplant sind konkrete Vorgaben zu den Füllständen der Speicher. Eine nationale Ölreserve existiert bereits seit längeren und ist von Habeck auch für das Gas und die Kohle geplant. Bei beiden fossilen Energieträgern ist Deutschland bisher von russischen Importen abhängig.
Die Betreiber der Gasspeicher werden danach verpflichtet, dass die Speicher zum 1. August eines Jahres mit 65 Prozent befüllt sind, zum 1. Oktober zu 80 Prozent und zum 1. Dezember mit 90 Prozent. Am Ende des Winters und der Heizperiode zum 1. Februar sollen die Speicher zu 40 Prozent gefüllt sein.[20]
Weitere in Frage kommende LNG-Terminals
Johann Killinger, geschäftsführender Gesellschafter der Hanseatic Energy Hub informierte über den aktuellen Planungsstand für ein Importterminal für Flüssigerdgas (LNG) in Stade, das jährlich bis zu 12 Mrd. Kubikmeter Gas pro Jahr in die nur rund 10 Kilometer entfernten Gasnetze einspeisen soll. Es könnte frühestens Ende 2026 in Betrieb gehen. Bei Vollauslastung könnten damit rund zehn Prozent des deutschen Erdgasbedarfs gedeckt werden. Für das Projekt unmittelbar an der Elbe auf dem Gelände des Chemiekonzerns Dow Chemical sind rund 800 Mio. Euro für das Terminal an Investitionen geplant. Hinzu würden etwa 150 bis 200 Mio. Euro für öffentliche Hafenanlagen benötigt.[21]
Das ursprünglich geplante Terminal in Rostock wurde inzwischen gestoppt.[22]
Siehe auch
Literatur
- Hanns-Stefan Grosch: Hoffnungsträger LNG. In: Deutsche Seeschifffahrt, Heft 4/2013, S. 54–57, Verband Deutscher Reeder e.V., Hamburg 2013
- Sverre Gutschmidt: LNG auf dem Weg in ein neues Zeitalter der Schifffahrt. In: Hansa, Heft 8/2013, S. 62–64, Schiffahrts-Verlag Hansa, Hamburg 2013, ISSN 0017-7504
- Michael vom Baur: LNG – ein neuer Kraftstoff in den Häfen der Ostsee. In: Hansa, Heft 8/2013, S. 66–69, Schiffahrts-Verlag Hansa, Hamburg 2013, ISSN 0017-7504
- Hermann Garrelmann: LNG mit Zukunft – 2.000 Schiffe bis 2020. In: Hansa, Heft 3/2017, S. 54/55
Weblinks
- Brunsbüttel findet neuen Kunden. Handelsblatt vom 11. Februar 2019
- Bundesregierung erleichtert den Bau von LNG-Terminals. Handelsblatt vom 26. März 2019
- Hintergrundinformationen
- Website des German LNG Terminal
Einzelnachweise
- Brunsbüttel und Wilhelmshaven Deutschland baut zwei LNG-Terminals Bericht vom 27. Februar 2022 des Nachrichten-Fernsehsenders n-tv
- Scholz zu Ukraine und Angriffen aus Russland | Bundestag-Sondersitzung. Abgerufen am 27. Februar 2022 (deutsch).
- Freistellungsentscheidung für LNG-Terminal. In: Schiff & Hafen, Haft 1+2/2021, S. 9
- Stadt Brunsbüttel verlängert Entscheidungsfrist für Konsortium. SHZ vom 26. März 2020
- auch für Wasserstoff geeignet; abgerufen am 27. Februar 2022
- Informationen zur Bürgerbeteiligung
- Bericht in der DVZ
- Norddeutsche Rundschau vom 17. Mai 2019
- Informationen über das Projekt von German LNG
- Informationen über das Projekt von RWE
- Pressemitteilung
- https://www.ende-gelaende.org/press-release/pressemitteilung-vom-31-07-2021-um-9-uhr/
- https://www.robinwood.de/pressemitteilungen/demo-brunsb%C3%BCttel-%E2%80%9Esauberes-gas-ist-eine-dreckige-l%C3%BCge%E2%80%9C
- https://www.ende-gelaende.org/press-release/pressemitteilung-vom-1-8-2021-1300-uhr/
- Pressemitteilung der Deutschen Umwelthilfe: Keine Großinvestitionen in fossile Energieträger
- Pressemitteilung der Deutschen Umwelthilfe vom 28. Mai 2019: Deutsche Umwelthilfe fordert sofortigen Planungsstopp: Geplantes Terminal für Fracking-Gas aus den USA ist nicht genehmigungsfähig
- Am Sonntag den 27. Februar 2022 gab Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in einer Sondersitzung des Bundestags eine Regierungserklärung zum Krieg in der Ukraine ab.
- Scholz zu Ukraine und Angriffen aus Russland | Bundestag-Sondersitzung. Abgerufen am 27. Februar 2022 (deutsch).
- § 8a Zulassung vorzeitigen Beginns
- Robert Habeck plant den Aufbau einer nationalen Gasreserve
- LNG-Terminal-Stade; abgerufen am 27. Februar 2022
- LNG-Terminal-Rostock gestoppt; abgerufen am 27. Februar 2022